OLG Koblenz 14. Zivilsenat – Az.: 14 W 71/14 – Urteil vom 06.02.2014
Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors werden der Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 03.12.2013 aufgehoben und der Kostenansatz vom 21.10.2013 im Verfahren 8 O 222/12 Landgerichts Koblenz, Kassenzeichen 0713220100422, wieder hergestellt.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Kläger hatte im März 2012 ein Prozesskostenhilfegesuch nebst Klageentwurf eingereicht, das unter dem Aktenzeichen 4 O 81/12 registriert worden war.
Nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe reichte er im August 2012 ohne Angabe eines Aktenzeichens und ohne irgendeinen Hinweis auf das zuvor eingetragene Verfahren eine dem Entwurf deckungsgleiche Klage ein, die vom Landgericht unter dem Aktenzeichen 8 O 222/12 neu registriert wurde.
Nach Abschluss des Verfahren 4 O 81/12, in dem der Kläger weitgehend obsiegt hat, hat die Staatskasse gegen ihn für das Verfahren 8 O 222/12 eine ermäßigte Gerichtsgebühr von 265,00 € angesetzt.
Auf die Erinnerung des Klägers hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Kostenansatz aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor unter Bezug auf die Entscheidung des Senats vom 11.01.2011 (14 W 14/11).
II.
Die gemäß § 66 Absatz 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist begründet. Die (auf 1,0 ermäßigte) Gebühr ist angefallen. Kostenschuldner ist der das Verfahren 8 O 222/12 einleitende Kläger (§ 22 GKG). Es liegt auch keine unrichtige Sachbehandlung durch das Landgericht vor, die die Niederschlagung der Kosten erforderte (§ 21 Abs. 1 GKG).
Mit seiner Entscheidung vom 11.01.2011 (JurBüro 2011, 538 = MDR 2011, 1135) hat der Senat ausgeführt:
„Die streitige, nach Nr. 1211 GKG-KV ermäßigte Gebühr ist am 25.10.2010 mit Einreichung des Schriftsatzes vom 21.10.2010 erfallen (§ 6 Abs. 1 GKG). Dieser Schriftsatz musste nach den Umständen als eigenständige Klageschrift betrachtet werden (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1670). Der Wille der Kläger, einen Bezug zu dem bereits laufenden Verfahren LG Koblenz 16 O 245/10 herzustellen, in dem ihnen für eine gegen dieselbe Partei beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, kam nicht zum Ausdruck; das dortige Aktenzeichen wurde an keiner Stelle erwähnt. Dass der Bezug nachträglich erkannt und ihm dann Rechnung getragen wurde, ist unerheblich. Da der Gebührentatbestand der Nr. 1211 GKG-KV ein gerichtliches Handeln nicht voraussetzt (OLG Düsseldorf a.a.O.), kann die Gebühr grundsätzlich nicht nach § 21 Abs. 1 GKG unter Hinweis auf ein Fehlverhalten oder organisatorisches Versäumnis des Gerichts in Frage gestellt werden. Die Dinge mögen anders liegen, wenn einem Kläger nach Klageeinreichung vom Gericht auf Anfrage fälschlich mitgeteilt wird, ein Eingang sei nicht festzustellen, und er daraufhin ein weiteres Exemplar der bereits bei Gericht befindlichen Klageschrift fertigt und bei Gericht einreicht (vgl. dazu OLG München MDR 2001, 896). Im vorliegenden Fall hat es jedoch an einer vergleichbaren gerichtlichen Veranlassung gefehlt.“
An dieser Auffassung hält der Senat trotz der Ausführungen im angefochtenen Beschluss fest. Jede Handlung, jeder Schriftsatz einer Partei, die/der notwendig ist, um ein gerichtliches Verfahren in Gang zu setzen, ist mit der Vornahme, bzw. Einreichung als eine prozesseinleitende Parteihandlung zu behandeln, setzt die daraufhin erforderlichen Maßnahmen in Gang und führt zum Anfall der Verfahrensgebühr (§ 6 GKG; Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. § 6, RN 4, 5).
Der Sinn einer solchen Prozesshandlung ist aus dem Empfängerhorizont, nicht aus der Sicht des Einreichenden, wie die Kammer meint, zu ermitteln. Wenn sie eindeutig ist, ist sie nicht auslegungsfähig. Insbesondere ist es nicht zulässig, einer solchen Erklärung nachträglich einen Sinn zu geben, der dem (wohlmeinenden) Interesse des Erklärenden entspricht (Zöller-Greger ZPO, 30. Aufl. vor § 128 RN 16 ff, 21, 25).
Dass der Kostenansatz die „Bedürftigkeit des Klägers konterkarieren … und gegen die sozialstaatlich motivierten Vorschriften der §§ 114 ff ZPO verstößt“, sieht der Senat nicht. Zwar ist der Kläger Kostenschuldner. Er vermag sich aber bei dem schadlos zu halten, der das Versehen zu verantworten hat.
Die Beschwerde hat nach alledem Erfolg; der Kostenansatz ist berechtigt und wieder herzustellen.
Ein Kostenausspruch erübrigt sich (§ 66 Absatz 8 GKG).