AG Wiesbaden, Az.: 93 C 5006/15 (11), Urteil vom 11.01.2017
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1087,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Regress nach der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens durch die Klägerin.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Versicherungsunternehmen. Die Beklagte beantragte bei der Klägerin über das Internetportal C am 15.01.2014 den Abschluss einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug des Fabrikats BMW, Typ 316 i, mit dem amtlichen Kennzeichen … . Sie erhielt per Email eine elektronische Versicherungsbestätigung, die die Antragsdaten enthielt. Dort waren als Versicherungsbeginn der 15.01.2014, der Beitrag in Höhe von 208,82 Euro vierteljährlich sowie die Zahlweise „Lastschrift von Konto … 3092, N Sparkasse“ angegeben.
Die Beklagte erhielt den Versicherungsschein vom 28.01.2014 mit der Versicherungsnummer … . Auf dessen erster Seite wird auf folgendes hingewiesen: „Wenn Sie Ihren Versicherungsbeitrag nicht rechtzeitig bezahlen, können Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren. Bitte beachten Sie hierzu die Belehrung „Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung des ersten oder einmaligen Versicherungsbeitrags“ am Ende (auf der letzten Seite) des nummerierten Versicherungsscheins vor den Unterschriften.“ Auf Seite 5 zum Versicherungsschein wird ausführlich auf die Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung des ersten oder einmaligen Beitrags hingewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein vom 28.01.2014, Bl. 23 ff. d. A., Bezug genommen. Unter dem gleichen Datum stellte die Klägerin den Erstbeitrag in Höhe von 176,34 Euro in Rechnung und erklärte, den Betrag von dem Konto bei der N … Sparkasse W, IBAN …, BIC …, abzubuchen.
Die Klägerin veranlasste die Einziehung des Erstbeitrags zum 15.02.2014 von dem Konto mit der Nummer … Bankleitzahl … bei der N Sparkasse W, erhielt jedoch am 18.02.2014 eine Rücklastschrift.
Die Beklagte zahlte den Erstbeitrag nicht.
Mit Datum vom 29.03.2014 erhielt die Klägerin eine unvollständig ausgefüllte, von der Beklagten unterzeichnete Schadenanzeige betreffend einen Auffahrunfall des bei der Klägerin versicherten Fahrzeugs vom 27.02.2014, in der die Beklagte mitteilte, „leicht gegen das Auto vor mir geknallt“ zu sein. Die Klägerin regulierte den Schaden der Unfallgegnerin in Höhe der Klageforderung.
Mit Schreiben vom 08.05.2014 teilte sie der Beklagten mit, dass für den Schaden kein Versicherungsschutz bestehe. Mit weiterem Schreiben vom 08.06.2014 forderte sie die Beklagte zur Zahlung des regulierten Schadens in Höhe von 1087,60 Euro mit einer Zahlungsfrist von 14 Tagen auf. Eine weitere Zahlungsaufforderung erfolgte mit Schreiben vom 25.08.2014.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe in ihrem Versicherungsantrag über das Internetportal C als Bankverbindung das Konto Nummer … Bankleitzahl … bei der N … Sparkasse W angegeben. Sie – die Klägerin – habe der Beklagten mit Schreiben vom 28.01.2014 den Lastschrifteinzug für die Kraftfahrtversicherung von diesem Konto angekündigt und ihr nach Erhalt der Rücklastschrift mit Schreiben vom 26.02.2014 den Erstbeitrag in Rechnung gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 1087,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe der Klägerin keine Bankdaten genannt und die Beitragsrechnung der Klägerin vom 26.02.2014 nicht erhalten. Bei dem von der Klägerin angegebenen Konto handle es sich nicht um ihr Konto. Sie habe am 27.02.2014 keinen Unfall verursacht.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M und L …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.10.2016, Bl. 166 ff. d. A., sowie die schriftliche Zeugenaussage vom 03.11.2016, Bl. 173 ff., Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 1087,60 Euro aus §§ 426 Abs. 1 BGB, 116 Abs. 1 S. 2, 37 Abs. 2 VVG zu.
Sie war der Unfallgegnerin nach §§ 1,3 PflVG, 115 VVG, 7 Abs. 1 StVG zum Ersatz des durch den Verkehrsunfall vom 27.02.2014 entstandenen Schadens verpflichtet. Dabei haften die Parteien nach § 115 Abs. 1 S. 4 VVG als Gesamtschuldner.
Die Klägerin ist allerdings im Innenverhältnis zwischen den Parteien nach § 37 Abs. 2 VVG nicht leistungspflichtig, da die Beklagte die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht bezahlt hatte. Gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 VVG ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht gezahlt ist, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten.
Die Erstprämie in Höhe von 176,34 Euro war zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls am 27.02.2014 fällig. Der Versicherungsschein vom 28.01.2014 ist der Beklagten unstreitig zugegangen. Sie kann der Klägerin nicht entgegenhalten, die Beitragsrechnung vom 26.02.2014 und die Vorankündigung zum Lastschrifteinzug vom 28.01.2014 nicht erhalten zu haben, da ihr jedenfalls die Beitragsrechnung vom 28.01.2014 mit dem Versicherungsschein zugegangen ist. Auf den Hinweis des Gerichts vom 20.05.2016 hat sie dies nicht substantiiert bestritten. Einfaches Bestreiten genügte nicht, denn die Klägerin hat im Einzelnen dargetan, der Klägerin mit Datum vom 28.01.2014 insgesamt drei Schreiben, nämlich den Versicherungsschein, die Beitragsrechnung und die Lastschriftankündigung, übersandt zu haben.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte die Nichtzahlung zu vertreten hat, weil sie eine Kontoverbindung angegeben hat, von welcher der Erstbeitrag jedoch von der Klägerin nicht eingezogen werden konnte.
Die Zeugin M hat ausgesagt, es sei in dem über C zugegangenen Antrag mitgeteilt worden, dass die Versicherungsnehmerin auch Beitragszahlerin sein sollte. Es sei eine Kontoverbindung mitgeteilt worden. Der ganze Datensatz werde mit allen für die Vertragserstellung benötigten Daten übermittelt. Auch die Kontodaten seien dabei. Es könne nicht vorkommen, dass Daten verschiedener Anträge miteinander vermischt werden.
Der Zeuge L hat schriftlich bekundet, die Beklagte habe am 15.01.2014 bei dem Vergleichsportal C eine Kfz-Versicherung bei der Klägerin beantragt. Bei Antragstellung sei im Vergleichsrechner die Konto-Nr. … BLZ … für den Lastschrifteinzug angegeben worden. Diese Kontonummer sei der Beklagten in der Bestätigungs-Email schriftlich bestätigt worden. Sie sei der Klägerin über eine Schnittstellenverbindung mit den Antragsdaten in Form der IBAN mitgeteilt worden. Durch die automatisierten Prozesse von C sei gewährleistet, dass nur die vom Kunden eingegebenen Daten gespeichert und an den Versicherer übermittelt würden.
Die Beklagte hat zwar bestritten, Kontodaten über das Vergleichsportal C an die Klägerin übermittelt zu haben, aber nicht in Abrede gestellt, die elektronische Versicherungsbestätigung mit den Kontodaten erhalten zu haben. Sie hat auch nicht im Einzelnen dargetan, wie das Versicherungsverhältnis mit der Klägerin ansonsten zustande gekommen sein soll, während die Klägerin substantiiert zu dem Versicherungsantrag der Beklagten vom 15.01.2014 vorgetragen hat. Einfaches Bestreiten genügt daher nicht. Die Beklagte als Versicherungsnehmerin trifft die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Tatsachen, die belegen, dass sie den Zahlungsverzug nicht zu vertreten hat.
Aufgrund der nachvollziehbaren Angaben der Zeugen ist das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte die von der Klägerin genannten Kontodaten übermittelt und als Zahlungsart das Lastschriftverfahren vereinbart hat. Es ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin ansonsten an die Daten gelangt sein sollte. Eine Verwechslung erscheint angesichts der automatisierten Abläufe ausgeschlossen. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass irgendwelche anderen übermittelten persönlichen Daten wie Namen, Geburtsdatum, Anschrift und Telefonnummer falsch sein sollten, weshalb ihr Vortrag, gerade die Kontodaten seien nicht in dieser Form über das Vergleichsportal C übermittelt worden, in keiner Weise plausibel erscheint, da nicht nachvollziehbar ist, wie die Beklagte ansonsten das von ihr beabsichtigte Versicherungsverhältnis beginnend mit dem 15.01.2014 eingehen wollte.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte Inhaberin des angegebenen Kontos war und ob die Einziehung des Erstbeitrags durch die Klägerin an einem Widerspruch der Beklagten oder mangelnder Deckung scheiterte. Die Beklagte hat die Nichtzahlung nämlich ohnehin zu vertreten, weil sie aufgrund der Mitteilung in der elektronischen Versicherungsbestätigung und in der Beitragsrechnung vom 28.01.2014 Kenntnis von den an die Klägerin übermittelten Kontodaten hatte. Sie wäre demnach verpflichtet gewesen, die Klägerin über die fehlerhaft angegebene Zahlungsweise per Lastschriftverfahren bzw. die falschen Kontodaten zu informieren und für eine ausreichende Kontodeckung Sorge zu tragen.
Die Beklagte wurde über die Folgen der Nichtzahlung des Erstbeitrags auch gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 VVG ordnungsgemäß belehrt. Die Belehrung ist auf der Vorderseite des Versicherungsscheins und auf dessen Seite 5 erteilt worden.
Der von der Klägerin regulierte Unfallschaden von 1087,60 Euro ist der Höhe nach unstreitig. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe keinen Verkehrsunfall vom 27.02.2014 verursacht, da sie unter dem 29.03.2014 eine unterzeichnete Schadenmeldung mit einer Schilderung des Unfallhergangs bei der Klägerin eingereicht hat. Auf die Hinweise des Gerichts vom 30.05.2016 und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.07.2016 hat die Beklagte dazu nichts vorgetragen. Die Klägerin war berechtigt, den Unfallschaden vom 27.02.2014 im Rahmen ihres Regulierungsermessens auszugleichen. Ihre Regulierungsentscheidung ist für die Beklagte als Versicherungsnehmerin verbindlich. Aufgrund der Angaben der Geschädigten in deren anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2014, Anlage K 5, und der Schadenanzeige der Beklagten vom 29.03.2014 ist ein Ermessensmißbrauch der Klägerin weder ersichtlich noch wurde ein solcher behauptet.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.