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Kündigung eines Privatschulvertrags nach Drohungen und Vorwürfen der Eltern

Rechtmäßigkeit der Kündigung von Privatschulverträgen bei Elternkonflikten

Die zentrale Rechtsfrage, die in dem folgenden Urteil behandelt wird, dreht sich um die Gültigkeit der Kündigung eines Privatschulvertrags. Hierbei steht insbesondere im Fokus, ob Drohungen und Vorwürfe seitens der Eltern gegenüber der Schule einen legitimen Kündigungsgrund darstellen können. Das Kernthema umfasst dabei die Abwägung zwischen dem Interesse der Schule an einem störungsfreien Betrieb und der Einhaltung vertraglicher Pflichten gegenüber den Rechten der Eltern und Schüler. Die Problemstellung berührt somit Aspekte wie die Auslegung von Vertragsklauseln, die Anforderungen an eine einstweilige Verfügung und die Bewertung des Verhaltens der Vertragsparteien im Kontext einer Schulvereinbarung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 W 75/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht entschied, dass die Kündigung eines Privatschulvertrags aufgrund von Drohungen und Vorwürfen der Eltern gegen die Schule rechtens ist, da diese das Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt hatten.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Kündigung des Privatschulvertrags: Die Schule kündigte die Verträge mit den Eltern zweier Schülerinnen nach Drohungen und Vorwürfen gegen die Schule und ihre Mitarbeiter.
  2. Einstweilige Verfügung: Die Eltern beantragten eine einstweilige Verfügung, um die Kündigung auszusetzen und ihre Kinder weiterhin an der Schule unterrichten zu lassen.
  3. Verfügungsgrund fehlt: Das Gericht sah keinen Grund für eine einstweilige Verfügung, da die Eltern zu lange gewartet hatten, um diese zu beantragen.
  4. Vertragsklausel: Die Kündigungsklausel im Vertrag wurde als nicht unangemessen betrachtet und die Schule hatte berechtigte Gründe für die Kündigung.
  5. Vertrauensverhältnis: Das Vertrauensverhältnis zwischen Schule und Eltern wurde durch die Äußerungen der Eltern als nachhaltig beschädigt angesehen.
  6. Meinungsfreiheit: Das Gericht betonte, dass die Kündigung nicht dazu diente, einen kritischen Diskurs zu unterbinden, sondern aufgrund des haltlosen Verhaltens der Eltern erfolgte.
  7. Interessenabwägung: Die Interessen der Schule, ein störungsfreies Lernumfeld zu gewährleisten, wurden höher bewertet als die Meinungsfreiheit der Eltern.
  8. Rechtsmissbräuchliche Kündigung: Eine willkürliche Kündigung aufgrund einer vorgeschobenen Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses wäre als rechtsmissbräuchlich eingestuft und damit unwirksam gewesen.

Konflikt an der Privatschule: Kündigung nach Elternprotesten

In dem vorliegenden Fall geht es um die Kündigung eines Privatschulvertrags, die von einer Schule ausgesprochen wurde, nachdem die Eltern von zwei Schülerinnen Drohungen und Vorwürfe gegen die Schule und ihre Mitarbeiter geäußert hatten. Die Eltern hatten sich gegen die Corona-Schutzmaßnahmen ausgesprochen und die Schule beschuldigt, ihre Kinder zu gefährden. Sie hatten zudem behauptet, dass die Schule und ihre Mitarbeiter Teil einer Verschwörung seien. Diese Anschuldigungen und Drohungen führten dazu, dass die Schule das Vertrauensverhältnis als zerrüttet ansah und den Privatschulvertrag kündigte.

Rechtliche Herausforderungen: Vertragspflichten und Meinungsfreiheit

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Frage, ob die Kündigung des Privatschulvertrags rechtens ist und ob die Eltern durch ihre Äußerungen ihre vertraglichen Pflichten verletzt haben. Die Herausforderung besteht darin, die Interessen der Schule, die ein störungsfreies Lernumfeld gewährleisten möchte, gegen die Meinungsfreiheit und die Interessen der Eltern abzuwägen, die ihre Kinder vor vermeintlichen Gefahren schützen möchten.

Gerichtsentscheidung: Keine einstweilige Verfügung

Die Eltern legten gegen die Kündigung Beschwerde ein und beantragten eine einstweilige Verfügung, um die Kündigung auszusetzen und ihre Töchter weiterhin an der Schule unterrichten zu lassen. Sie argumentierten, dass die Vertragsklausel im Vertrag unangemessen sei und ihre Kinder unverhältnismäßig benachteilige.

Das Gericht entschied jedoch gegen die Eltern. Es befand, dass kein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung vorlag und dass die Kündigung des Privatschulvertrags rechtens war. Das Gericht stellte fest, dass die Kündigungsklausel im Vertrag nicht unangemessen war und dass die Schule berechtigte Gründe für die Kündigung hatte, da das Vertrauensverhältnis durch die Äußerungen der Eltern nachhaltig beschädigt worden war.

Auswirkungen und Fazit: Grenzen der Meinungsfreiheit

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Schule ein berechtigtes Interesse daran habe, ein störungsfreies Lern- und Arbeitsumfeld zu gewährleisten und dass die Äußerungen der Eltern dieses Umfeld erheblich gestört hätten. Es wurde betont, dass die Kündigung nicht dazu diente, einen kritischen Diskurs zu unterbinden, sondern aufgrund des haltlosen und unangemessenen Verhaltens der Eltern erfolgte.

Die Auswirkungen dieses Urteils könnten weitreichend sein, da es Schulen stärkt, die sich gegen störendes und potenziell schädliches Verhalten von Eltern wehren möchten. Gleichzeitig zeigt es, dass Meinungsfreiheit ihre Grenzen hat, wenn sie das Vertrauensverhältnis in einem Vertragsverhältnis nachhaltig beschädigt.

Das Fazit des Urteils ist, dass Schulen das Recht haben, Verträge zu kündigen, wenn das Vertrauensverhältnis durch das Verhalten der Eltern nachhaltig gestört wird, und dass solche Kündigungen rechtlich Bestand haben können, sofern sie auf einer angemessenen Vertragsklausel basieren und gerechtfertigt sind.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist ein Privatschulvertrag und welche Besonderheiten gelten hierbei?

Ein Privatschulvertrag ist ein spezieller Vertrag zwischen den Eltern eines Schülers und einer Privatschule. Dieser Vertrag regelt die Bedingungen, unter denen der Schüler die Schule besucht. Er ist in der Regel befristet, da ein Kind eine Ersatzschule normalerweise nicht für unbegrenzte Zeit besucht, sondern bis zum Erreichen des vorgesehenen Abschlusses oder dem Ende eines Bildungsganges (z.B. Primarstufe, Sekundarstufe I) .

Ein wesentlicher Bestandteil des Privatschulvertrags ist das Schulgeld. Dieses ist ein wichtiges Element der Finanzierung dieser Schulen. Im Jahr 2016 bezahlten Eltern in Deutschland im Durchschnitt 2.000 Euro pro Jahr für einen Platz an einer Privatschule.

Die Privatschulfreiheit garantiert die Umsetzung verschiedenster Erziehungsziele und Bildungsideen und ist damit Ausdruck eines in einer demokratischen Gesellschaft unabdingbaren Pluralismus. Kennzeichnend für Privatschulen ist deshalb ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis sowie die Lehrmethoden.

Die Anzahl der Privatschulen in Deutschland steigt seit vielen Jahren. Im Schuljahr 2018/19 gab es in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 5.811 allgemeinbildende und berufliche Privatschulen. Das waren 14% aller Schulen.

Ein Privatschulvertrag ist ein Dienstvertrag, der sich dadurch auszeichnet, dass der zur Dienstleistung Verpflichtete gegen Zahlung einer Vergütung nur die Erbringung einer Tätigkeit („Dienste“), aber darüber hinaus kein bestimmtes Leistungsergebnis schuldet.


Das vorliegende Urteil

OLG Stuttgart – Az.: 4 W 75/22 – Beschluß vom 7.9.2022

1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts Ulm vom 08.08.2022, Az. 3 O 289/22, wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Verfahrens wird in beiden Instanzen auf 24.360,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer begehren im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens, dem Beschwerdegegner aufzugeben, unter Rücknahme der schulvertraglichen Kündigungserklärungen vom 22.03.2022 und 29.04.2022 den Töchtern der Beschwerdeführer, M… P… (geb. …) und E… P… (geb. …), den Schulbesuch an der F… W… F… in G…-F… mit Beginn des Schuljahres 2022/23 ab dem 12.09.2022 wieder zu gestatten.

Diesem Antrag liegt nach dem im einstweiligen Verfügungsverfahren gehaltenen Vortrag der Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Parteien haben am 08.10.2015 jeweils eine Schulvereinbarung (Anlage K 1 und K 2) über die Aufnahme der beiden Kinder der Beschwerdeführer an der F… W… F… in G…-F… geschlossen. Beide Töchter nehmen seitdem am Unterricht des Beschwerdegegners teil. Vor den Sommerferien befand sich die Tochter M… in der 9. Klasse, die Tochter E… in der 7. Klasse. Beide Kinder zeigen ansprechende schulische Leistungen und sind gut und ohne Probleme in die jeweiligen Klassenverbände integriert.

Im Zusammenhang mit der Umsetzung von Corona-Schutzmaßnahmen, insbesondere der Einführung einer Maskenpflicht, ist es zu Konflikten mit den Beschwerdeführern gekommen. Die Beschwerdeführerin richtete am 13.01.2022 eine E-Mail (Anlage K 9) an den Beschwerdegegner.

Am 22.03.2022 (Anlage K 3) und am 29.04.2022 (Anlage 5) kündigte der Beschwerdegegner die Schulverträge mit den Beschwerdeführern zum 31.07.2022. Nachdem ein Gespräch mit dem Schulleiter nicht zu Stande gekommen ist, beauftragten die Beschwerdeführer Ende Juli 2022 einen Prozessbevollmächtigten, der sich mit weiterem Anwaltsschreiben vom 15.07.2022 an den Beschwerdegegner wandte und um Stellungnahme bis 28.07.2022 bat. Mit Schriftsatz vom 04.08.2022, eingegangen beim LG Ulm, haben die Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Sie begründen dies im Wesentlichen damit, dass die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam seien. Der Kündigung vom 22.03.2022 fehle es an der notwendigen Begründung. Die weitere Kündigung vom 29.04.2022 sei unwirksam, da weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Kündigungsrecht bestehe. Ziffer 5 der Schulvereinbarung verstoße insofern gegen §§ 307 ff. BGB. Beide Schülerinnen würden durch die Regelung unangemessen benachteiligt, weil durch die Kündigung wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Schulvertrages ergeben, derart eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks (dauerhafte Beschulung bis zum Abschluss der 12. Klasse) gefährdet sei. Hinzu komme eine unangemessene Benachteiligung beider Kinder entgegen dem Gebot von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Auch ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bestehe nicht; zumal der Beklagte die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe. Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass die Äußerungen der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit nicht zum Anlass einer Kündigung des Schulvertrags genommen werden können. Hinzu komme, dass den betroffenen Kindern kein Fehlverhalten angelastet werden kann. Es erscheine unbillig, dass die Kinder unter Missachtung ihrer Rechte für das Verhalten der Beschwerdeführer einstehen müssen.

Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 08.08.2022 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführer vom 12.08.2022, eingegangen beim OLG Stuttgart am gleichen Tag. Die Beschwerdeführer verfolgen damit ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihren bisherigen Vortrag, wonach die gerügte Vertragsklausel wegen der Gefährdung des Vertragszwecks und der unangemessenen Benachteiligung der Beschwerdeführer und ihrer Kinder führe. Das Verhalten des Beschwerdegegners sei zudem rechtsmissbräuchlich, da die Kinder die gegenständliche E-Mail nicht verfasst haben und die darin enthaltenen Aussage, keine individuelle Diskreditierung darstelle. Ein kritischer Diskurs müsse nach den Vorgaben des Grundgesetzes möglich sein. Das Landgericht hat dem Beschwerdegericht am 30.08.2022 die Verfahrensakten zur Entscheidung in der Sache vorgelegt.

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II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.

Das Beschwerdegericht kann im vorliegenden Einzelfall ohne Durchführung des Abhilfeverfahrens in der Sache entscheiden. Angesichts des nahenden Schulbeginns am 12.09.2022 und den nachvollziehbar geschilderten schweren Nachteilen für die Töchter der Beschwerdeführer bei einer späteren Entscheidung handelt es sich um einen Eilfall, bei dem im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes und zur Vermeidung einer Verzögerung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ohne vorherige Durchführung eines Abhilfeverfahrens entschieden werden kann (vgl. OLG Koblenz, ZfWG 2009, 25; VGH BW, NVwZ-RR 1991, 166 zu § 148 VwGO; OLG Naumburg, BeckRS 2014, 19295). Überdies ist die Durchführung des Abhilfeverfahrens, das allein der Entlastung des Beschwerdegerichts dient, nach gefestigter höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung nicht Verfahrensvoraussetzung des Beschwerdeverfahrens (BGH, NJW-RR 2017, 707; OLG Frankfurt a. M., JurBüro 2008, 422; OLG Karlsruhe, BeckRS 2006, 8296; OLG Celle, BeckRS 2021, 10606), so dass das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall, in dem sich die angegriffene Entscheidung als rechtmäßig darstellt (vgl. im Einzelnen Ziffer 2.) und deshalb auch im Abhilfeverfahren keine andere Entscheidung hätte ergehen können (OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2002, 30261495; OLG Dresden, BeckRS 2020, 28365), sogleich zur eigenen Sachentscheidung befugt.

2.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht und mit überzeugender Begründung zurückgewiesen. Für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung fehlt es sowohl an einem Verfügungsgrund (a.) als auch an einem Verfügungsanspruch (b.) der Beschwerdeführer.

a.)

Aus Sicht des Beschwerdegerichts fehlt es bereits an einem Verfügungsgrund.

Eine einstweilige Verfügung setzt voraus, dass die objektiv begründete Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des status quo die Rechtsverwirklichung des Antragstellers in einem möglichen Hauptsacheverfahren vereitelt oder erschwert werden könnte, sie ist nur dann zu erlassen, wenn sie zur Abwendung einer Gefährdung des Gläubigerinteresses zur vorläufigen Sicherung im Eilverfahren dringlich geboten und notwendig ist. Als besondere Form des Rechtschutzinteresses und damit als Prozessvoraussetzung ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes von Amts wegen zu prüfen, wobei es dem Antragsteller obliegt, das Vorliegen des Verfügungsgrundes mit den Beweismitteln des § 294 ZPO hinreichend glaubhaft zu machen (vgl. etwa OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.7.2020 – 6 W 66/20, GRUR-RS 2020, 17750 Rn. 6).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es fehlt an der Eilbedürftigkeit der beantragten einstweiligen Verfügung, weil die Beschwerdeführer die Annahme der Dringlichkeit durch ihr vorprozessuales Verhalten selbst widerlegt haben. Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass ein Verfügungsgrund dann nicht besteht, wenn ein Antragsteller trotz ursprünglich bestehenden Sicherungsbedürfnisses zu lange zugewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt, weil der Antragsteller durch seine Untätigkeit manifestiert, dass er die Angelegenheit nicht für eilbedürftig hält (vgl. etwa zur ständigen Rechtsprechung des Senats OLG Stuttgart, NJW-RR 2016, 932).

Dass die Beschwerdeführer und ihr Prozessbevollmächtigten zwischenzeitlich versucht haben, ein „klärendes Gespräch“ mit dem Schulleiter der Beklagten zu führen, steht dem nicht entgegen. Zwar kann die Frist, aufgrund derer von einer dringlichkeitsschädigenden Selbstwiderlegung auszugehen ist, durch Verhandlungen der Parteien verlängert werden, wenn die begründete Hoffnung besteht, dass dadurch der drohenden oder behaupteten Rechtsverletzung abgeholfen wird und wenn die Verhandlungen in der gebotenen Eile geführt werden (OLG Schleswig, Beschluss vom 07.10.2014 – 5 W 37/14; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.11.2018 – 3 W 2064/18). Diesen Anforderungen genügt das Verhalten der Beschwerdeführer bis zur Einschaltung des Prozessbevollmächtigten jedoch nicht. Der Beschwerdegegner hat das Vertragsverhältnis vorliegend zweimal gekündigt, zuletzt mit Schreiben vom 29.04.2022. Ein klärendes Gespräch sei mit dem Schulleiter nicht zustande gekommen. Gleichwohl wurde erst Ende Juli 2022 ein Prozessbevollmächtigter mit der Durchsetzung der eigenen Rechtsposition beauftragt. Es erschließt sich aus dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht, aus welchen Gründen fast drei Monate bis zur Einschaltung eines Rechtsanwalts zugewartet worden ist; zumal sich aus dem außergerichtlichen Schriftverkehr eine Verhandlungsbereitschaft des Beschwerdegegners zu keinem Zeitpunkt ergibt. Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass bis Ende Juli 2022 die begründete Hoffnung bestanden hat, dass der Beschwerdegegner der behaupteten Rechtsverletzung abhelfen wird. Die konsequent ablehnende Haltung des Beschwerdegegners folgt auch daraus, dass er das Rechtsverhältnis nach Einwendungen der Beschwerdeführer vorsorglich erneut gekündigt hatte und damit deutlich machte, dass er in jedem Fall an seinem Ziel der Beendigung der Schulvereinbarung mit den Beschwerdeführer festhalten wird. Folglich haben die Beschwerdeführer durch ihr monatelanges Zuwarten bis zum Schuljahresende deutlich gemacht, dass es ihnen mit der Verfolgung ihres Begehrens nicht eilig ist. Denn spätestens im Rahmen eines Zeitraums von ca. zwei Wochen nach dem erneuten Ausspruch der Kündigung ohne Reaktion des Beschwerdegegners auf das Gesprächsangebot stand fest, dass nicht mehr mit einem Entgegenkommen des Beschwerdegegners zu rechnen ist und kein Anlass mehr bestand, weiteren außergerichtlichen Bemühungen Erfolgsaussichten beizumessen. Dem Antrag der Beschwerdeführer fehlt es vor diesem Hintergrund nach ihrem Vortrag bereits an einem Verfügungsgrund.

2.

Den Beschwerdeführern steht auch kein Verfügungsanspruch zu.

Das Vertragsverhältnis mit der Beschwerdegegnerin ist wirksam durch ordentliche Kündigung zum 31.07.2022 beendet worden. Aus Sicht des Beschwerdegerichts bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der (Kündigungs-) Regelung in Ziffer 5 der Schulvereinbarung zwischen den Parteien (a.). Das Beschwerdegericht ist weiter davon überzeugt, dass die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung vorliegend erfüllt sind. Dem stehen insbesondere nicht die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführer noch die betroffenen grundgesetzlich geschützten Rechte der Kinder der Beschwerdeführer entgegen (b.).

a.)

Nach Auffassung der Beschwerdeführer und des Landgerichts handelt es sich bei der Regelung um eine allgemeine Geschäftsbedingung, die wirksam gem. § 305 Abs. 1 BGB in die beiden Schulvereinbarungen einbezogen worden ist. Hieran zweifelt auch das Beschwerdegericht nicht; zumal die Klausel – auch nach dem äußeren Erscheinungsbild – nicht ungewöhnlich und so überraschend ist, dass mit ihr nicht hätte gerechnet zu werden braucht.

Im Anschluss an das Landgericht geht auch das Beschwerdegericht davon aus, dass die einschlägige Regelung in Ziffer 5 der Schulvereinbarung, wonach nach Ablauf der Probezeit „das Schulverhältnis zum Schuljahresende am 31.07. oder zum 31.01. Mit einer Frist von drei Monaten gekündigt“ und als Kündigungsgrund insbesondere ein unzureichendes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien angesehen werden kann (vgl. Anlage K 1, Ziffer 5), einer Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 307 f. BGB standhält.

aa.)

Ziffer 5 der Schulvereinbarung stellt keine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Die Regelung ist weder mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung iSd. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unvereinbar (1.), noch enthält diese eine Einschränkung iSd. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, die den Vertragszweck gefährdet (2.) oder die Beschwerdeführer und die mittelbar betroffenen Dritten entgegen dem Gebot nach Treu und Glauben iSd. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt (3.).

(1.)

Der Bundesgerichtshof hat sich bereits im Jahr 2008 (BGH, Urteil vom 17.01.2008, Az. III ZR 74/07) mit der Inhaltskontrolle einer weitgehend identischen Klausel in einer Schulvereinbarung befasst und deren Wirksamkeit bestätigt. Dabei lag der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs folgende Klausel zu Grunde:

„Das Vertragsverhältnis kann von jeder Vertragspartei nur schriftlich zum 31. Januar oder zum 31. Juli unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 2 Monaten gekündigt werden.“

Im Vergleich zur hiesigen Klausel bestätigte der Bundesgerichtshof damit eine Klausel zum ordentlichen Kündigungsrecht, die binnen einer kürzeren Frist von zwei Monaten und ohne Nennung eines Kündigungsgrundes erklärt werden konnte.

(2.)

Die gerügte Klausel ist am Anschluss an die o.g. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach Überzeugung des Beschwerdegerichts mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vereinbar. Zwar entspricht vorliegend mangels Anwendbarkeit der §§ 621, 627 BGB nur die Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund iSd. § 626 BGB den Regelungen des Dienstvertragsrechts. Jedoch geht das Gesetz selbst davon aus, dass sich bei langfristigen Dienstverträgen der Dienstverpflichtete nach Ablauf von fünf Jahren nach § 624 BGB vom Vertrag lösen kann, auch wenn die Voraussetzungen des § 626 BGB nicht vorliegen. Auch darf bei der Bewertung der für selbstständige Dienstverhältnisse jeglicher Art geltenden Normen der §§ 611 ff., 620 ff. BGB die besondere Natur des Schulvertrags nicht unberücksichtigt bleiben, wonach gerade das Ende eines Schulhalbjahres, das mit der Vergabe eines Zeugnisses einhergeht, eine deutliche Zäsur darstellt (BGH, NJW 2008, 1064). Soweit die Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift auf eine Entscheidung des OLG Dresden vom 29.03.2000, Az. 8 U 477/00, Bezug nehmen, übersehen sie, dass der Bundesgerichtshof der abweichenden – und aus Sicht des Beschwerdegerichts nicht überzeugenden – Auffassung im zitierten Urteil ausdrücklich nicht gefolgt ist (vgl. BGH, NJW 2008, 1064).

(3.)

Die Zuerkennung des Rechts zur ordentlichen Kündigung des Schulvertrags durch den Schulträger zum Ende eines Schul(halb-)jahres stellt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch keinen Verstoß gegen das Verbot der den Vertragszweck gefährdenden Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB dar. Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang entscheidend darauf abstellen, dass § 90 Abs. 6 SchulG BW einen Ausschluss nur bei einem Fehlverhalten der Schüler und nicht der Eltern der Schüler vorsieht, lassen die Beschwerdeführer außer Acht, dass diese Regelung nach § 2 Abs. 2 SchulG BW für Schulen in freier Trägerschaft nicht gilt. Auch der Rechtsgedanke dieser Ausschlussregelung führt nicht dazu, dass ein Kündigungsrecht, das nicht ausschließlich an das Verhalten der Schüler anknüpft, i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam ist. Der Bundesgerichtshof hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass diese von den Beschwerdeführern bemühte Diskussion außer Acht lässt, dass Bestandteil des grundrechtlich geschützten Rechts zur Einrichtung von privaten Schulen nach Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG das Recht zur freien Schülerwahl ist (vgl. BVerfGE 112, 74 [83] = NVwZ 2005, 923) und die Gewährleistung dieses Grundrechts letztlich auch bedeutet, dass sich ein privater Schulträger von Schülern wieder trennen können muss, und zwar nicht nur zu den erschwerten Bedingungen, die für die staatlichen Schulen gelten (BGH, NJW 2008, 1064).

(4.)

Schließlich benachteiligt Ziffer 5 der Schulvereinbarung die Beschwerdeführer und die mittelbar betroffen Dritten nicht entgegen Treu und Glauben unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Die Anwendung dieses Maßstabs setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist (BGH, NJW 2005, 1774 [1775]).

Nach diesem Maßstab stellt die Kündigungsmöglichkeit des Privatschulvertrags zum Ende eines Halbjahres mit einer Frist von drei Monaten unter Angaben von Gründen für die Beschwerdeführer keine missbräuchliche Durchsetzung der eigenen Belange auf Kosten ihrer Vertragspartner dar. Zumindest gleichwertige Interessen des Beschwerdegegners rechtfertigen die Abweichung von der gesetzlichen Regelung (ebenso BGH, NJW 2008, 1064, für die o.g. Klausel, die eine Kündigung ohne Begründung vorsieht).

Den Beschwerdeführern ist zuzugestehen, dass das Interesse, den Schulvertrag bis zum Erreichen des Ausbildungsziels durch ihre Töchter fortzusetzen, schwer wiegt. Ein Schulwechsel stellt für einen jungen Menschen regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Sie verlieren ihr persönliches Umfeld und gegebenenfalls ihre Freunde. Sie müssen sich bei einem solchen Wechsel auf neue Lehrer und nicht selten auch auf neue Lehrmethoden und einen anderen Stand des bereits unterrichteten Lernstoffes einstellen. Dies wiegt um so schwerer, wenn die betroffenen Schüler seit Jahren die Schule besuchen, voll in die Schulgemeinschaft integriert sind und gute schulische Leistungen zeigen.

Demgegenüber sind zu Gunsten des Beschwerdegegners jedoch gleichermaßen gewichtige Interessen einer jeden Privatschule an der effektiven Verwirklichung ihrer Bildungsziele anzuerkennen. Kennzeichnend für eine Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte (vgl. BVerfGE 27, 195 [200f.] = NJW 1970, 507). Diese eigenverantwortliche Prägung und Ausgestaltung des Unterrichts bedingt die Freiheit des Schulträgers, für seine Schule die Schüler so auszuwählen, dass ein seinen Vorstellungen entsprechender Unterricht durchgeführt werden kann (BVerfGE 112, 74 [83] = NVwZ 2005, 923). Es versteht sich, dass eine allein auf den Zeitpunkt der Aufnahme des Schülers in die Schule beschränkte „Auswahlfreiheit” des Schulträgers dem grundrechtlich geschützten Anliegen des Schulträgers auf Verwirklichung seines Erziehungs- und Bildungskonzepts nicht genügen könnte. Beruht dieses Konzept etwa wie hier gerichtsbekannt auf einer intensiven individuellen Betreuung und Förderung der Schüler, so liegt es auf der Hand, dass auf Seiten der Schüler und auch deren Eltern die Bereitschaft zur Einordnung und Mitarbeit unerlässliche Voraussetzung ist. Fehlt oder entfällt diese Voraussetzung, was sich bei Abschluss des Schulvertrags nur selten zuverlässig feststellen oder prognostizieren lässt, besteht ein billigenswertes Interesse der Schule, sich vom Vertrag lösen zu können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 1985, 2585 [2586]) ist weiter zu berücksichtigen, dass bei Fehlen einer (wirksamen) Kündigungsklausel dem Vertragspartner des Schulträgers gem. §§ 242, 157 BGB ein ordentliches Kündigungsrecht (jedenfalls) zum Ende des ersten Schulhalbjahres und zu jedem Schuljahresende zuzugestehen ist. Vor dem Hintergrund, dass das Dienstvertragsrecht sowohl dem Dienstberechtigten als auch dem Dienstverpflichteten im Allgemeinen dieselben Kündigungsmöglichkeiten einräumt, ist es nicht zu missbilligen, wenn sich ein Schulträger formularmäßig dieselben Möglichkeiten einer ordentlichen Kündigung vorbehält, die er seinem Vertragspartner einzuräumen gehalten ist.

Hinzu kommt, dass ein ordentliches Kündigungsrecht des Schulträgers – je nach Fallgestaltung – auch und gerade den Interessen der vom Verhalten mittelbar beeinträchtigten anderen Mitschüler und ihrer Eltern dienlich sein kann.

Angesichts dessen ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Regelung auszugehen. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass die gegenständliche Klausel – abweichend zu der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallgestaltung – sogar eine Begründung verlangt und als möglichen Kündigungsgrund ein unzureichendes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien ansieht. Soweit die Beschwerdeführer rügen, dass insofern an ein Verhalten der Eltern angeknüpft werde, lassen diese außer Acht, dass Vertragspartner die sorgeberechtigten Eltern sind und der Schulerfolg maßgeblich auch von einer gedeihlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Schulträger und den sorgeberechtigten Eltern abhängt. In diesem Sinne hat auch der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung nicht auf ein Fehlverhalten des Schülers, sondern auf die unverhältnismäßige Reaktion der Eltern des Schülers auf eine gegen diesen ausgesprochene Disziplinierungsmaßnahme abgestellt, die letztlich zu einer die Kündigung auslösenden Beschädigung des Vertrauensverhältnisses geführt hat (BGH, NJW 2008, 1064 Rn. 27 f.). Damit hat der Bundesgerichtshof sogleich die Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien als möglichen Kündigungsgrund nach Maßgabe der § 307 f. BGB anerkannt (vgl. ebenso jüngst ausdrücklich OLG Schleswig, Beschluss vom 24.08.2009, Az. 3 U 86/09). Hinzu kommt, dass die Gefahr der willkürlichen Kündigung aufgrund einer vorgeschobenen Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses, insbesondere aufgrund der einhergehenden finanziellen Nachteile für den Beschwerdegegner, gering sein dürfte und eine derartige Kündigung mit Rücksicht auf die Nachteile, die die Beendigung des Schulverhältnisses für den weiteren Lebensweg eines Schülers mit sich bringen kann, als rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB einzustufen und damit unwirksam wäre (vgl. BGH, NJW 2008, 1064 Rn. 25).

b.)

In diesem Sinne ist die konkrete Entscheidung des Beschwerdegegners, die beiden Schulverträge zu kündigen, keinesfalls als rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB einzustufen.

Nach der E-Mail-Nachricht der Beschwerdeführerin vom 13.01.2022 (Anlage K 9) ist das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien derart nachhaltig gestört, dass dem Beschwerdegegner eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch unter Berücksichtigung der auf Seiten der Beschwerdeführer stehenden gewichtigen Interessen nicht zuzumuten ist.

Die E-Mail-Nachricht der Beschwerdeführerin, die an mehrere, bei dem Beschwerdegegner beschäftigten Lehrkräfte sowie an die Geschäftsleitung gerichtet war, steht im Zusammenhang mit den nach der Verordnung des Landes Baden-Württemberg geltenden Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und insbesondere der Geltung einer Maskenpflicht im Schulbetrieb. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer beschränken sich die Ausführungen nicht auf einen kritischen Diskurs der staatlichen Corona-Maßnahmen. Nach dem (insofern maßgeblichen) objektiven Sinngehalt enthalten die Äußerungen vielmehr haltlose Drohungen, Unterstellungen und Vorwürfe an die bei der Beschwerdegegnerin beschäftigten Lehrkräfte und die Geschäftsleitung. So werfen die Beschwerdeführer der Beklagten vor, dass ihre Mitarbeiter, die „alle menschenverachtenden Maßnahmen und Verordnungen durchsetzen“, „Verbrechen gegen die Menschheit begehen“ (Anlage K 9 S. 1 unten). Zugleich wird diesen im Zusammenhang angedroht, dass sie seitens der Beschwerdeführer einem „Zentrum zur Aufarbeitung, Aufklärung, juristischen Verfolgung und Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgrund der Corona-Maßnahmen“ gemeldet werden (Anlage K 9 S. 1 unten). Weiter kündigen die Beschwerdeführer an, dass alles in ihrer Macht stehende unternommen werde, um die „Verantwortlichen vor das Deutsche und Internationale Gericht“ zu bringen (Anlage K 9 S. 1 unten). Schließlich behaupten die Beschwerdeführer, dass „die Kindeswohlgefährdung ([richtig: Kindeswohlschutz] wie auch die Sorgfalts- und Obhutspflicht nach der aktuellen Lage [bei dem Beschwerdegegner] nicht mehr gegeben sei“ (Anlage K 9 S. 2 mittig). Schließlich teilen die Beschwerdeführer mit, dass sie den konkreten Verdacht hegen, dass es einzelnen Lehrkräften Freude bereitet „Kinder zu erniedrigen und zu belehren“ (Anlage K 9 S. 2 mittig).

Mit diesen Äußerungen hat die Beschwerdeführerin auf die angeordneten, nach der Verordnungslage gesetzlich vorgegebenen Schutzmaßnahmen gänzlich unverhältnismäßig reagiert. Die gegenständliche E-Mail ist in Ton und Inhalt unangemessen, insbesondere, weil sie verschiedenste Drohungen enthält (Gerichtsverfahren, Meldung an ein Zentrum) und kompromisslos und plakativ formuliert ist, ohne die pandemiebedingte Konfliktsituation anzuerkennen, in der sich der Beschwerdegegner befunden hat. Die Angriffe gegen die Mitarbeiter des Beschwerdegegners sind auch derart maßlos, dass eine Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses in einem klärenden Gespräch nicht aussichtsreich erschien und daher dem Beschwerdegegner nicht zuzumuten war. Die Beschwerdeführer übersehen, dass es sich vorliegend nicht um die Ausräumung immer wieder auftretender Differenzen oder unterschiedliche Auffassung im Schulalltag handelt. Die Beschwerdeführer stellen mit ihren maßlosen Angriffen vielmehr die Grundlage, auf dem ein jedes Vertrauensverhältnis beruht, grundsätzlich und endgültig in Frage.

Nicht gegenteiliges folgt daraus, dass sich die Beschwerdeführer bei ihren Äußerungen auf das grundgesetzlich geschützte Recht auf Meinungsfreiheit berufen können. Den Beschwerdeführern steht es (weiterhin) frei, ihre Meinung zu äußern und zu vertreten. Dieses Recht schützt die Beschwerdeführer, die als sorgeberechtigte Eltern die Interessen ihrer Kinder wahrnehmen, aber nicht davor, dass sie zivilrechtliche Nachteile dadurch erlangen, dass sie mit ihrem konkreten Verhalten gegen wirksame Vereinbarungen verstoßen (vgl. instruktiv zur Reichweite der mittelbaren Grundrechtswirkung BGH, NJW 2021, 3179 Rn. 55 ff.). Im Rahmen der Abwägung haben insofern angesichts der Schärfe der Angriffe, die jeden Rahmen einer sachgemäßen Auseinandersetzung verlassen und das Vertrauensverhältnis zum Beschwerdegegner nachhaltig beschädigt haben, die Interessen der Beschwerdeführer, dass sie ihre Meinung ohne Nachteile äußern können und dass ihre Töchter – trotz der nachhaltig geschädigten Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien – bis zum Schulabschluss die gewählte Schule besuchen dürfen, zurückzutreten. Entscheidend ist dabei zu berücksichtigen, dass die Kündigung nicht erfolgte, um einen kritischen Diskurs zu unterbinden, sondern aufgrund des in Art und Maß völlig haltlosen und unangemessenen Verhaltens der Beschwerdeführerin gegenüber den Mitarbeitern des Beschwerdegegners, die verschwörungstheoretische Anleihen nimmt und sich – wie dargelegt – auf konkrete Drohung und Unterstellungen erstreckte. Soweit der Prozessvertreter der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass zwischenzeitlich sämtliche Corona-Schutzmaßnahmen zurückgenommen worden seien und eine Wiederholung des Verhaltens der Beschwerdeführer nicht zu erwarten sei, greift diese Argumentation zu kurz. Zum einen ist berücksichtigen, dass das Vertrauensverhältnis derart beschädigt erscheint, dass für den Beschwerdegegner keine Gewähr dafür besteht, dass bei künftigen Konfliktlagen, die auf krisenhaften Entwicklungen beruhen, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein kann. Hinzu kommt, dass es keinesfalls ausgeschlossen ist, dass es gerade im anstehenden Herbst und Winter 2022/2023 wieder zur Einführung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen kommen muss. Es ist aus Sicht des Beschwerdegerichts überdies bezeichnend, dass die Beschwerdeführer bis heute die (in der Beschwerdeschrift angekündigte) Entschuldigung gegenüber dem Beschwerdegegner nicht ausgesprochen haben.

Vor diesem Hintergrund war es dem Beschwerdegegner nicht zuzumuten, an der Fortsetzung der Schulvereinbarung trotz der nachhaltigen Beschädigung des Vertrauensverhältnisses durch die Beschwerdeführer festzuhalten. Die bedauerlichen Nachteile, die die Töchter der Beschwerdeführer aufgrund des Verhaltens ihrer sorgeberechtigten Eltern erleiden, treten aufgrund der zentralen Bedeutung des Vertrauensverhältnisses beim Betrieb einer (Privat-) Schule zurück. Die Kündigung ist daher in keiner Weise grundlos oder willkürlich erfolgt, sondern hält sich ohne Weiteres in den durch Ziffer 5 der Schulvereinbarungen in nicht zu beanstandender Weise gezogenen Grenzen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Beschwerdegericht setzt den Streitwert gem. § 68 Abs. 3 GKG abweichend auf 24.360,00 EUR fest. Die Festsetzung beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO. Aufgrund des nachvollziehbar geschilderten hohen Interesses der Beschwerdeführer an der Sicherung des Anspruchs und der Besonderheit, dass sich das Interesse im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Beginn des Schuljahres weitgehend dem Befriedigungsinteresse in der Hauptsache deckt, greift das Beschwerdegericht auf die ungekürzten Prozessstreitwerte, namentlich dem dreieinhalbfachen Jahresbetrages der Elternbeiträge (2 x 290 EUR x 12 x 3,5), zurück.

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