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Reisevertrag – Verletzung Mitwirkungs­obliegenheiten bei Flughafenanreise

LG Frankfurt – Az.: 2-24 S 40/17 – Urteil vom 07.11.2017

Die Berufung des Klägers gegen das am 7.3.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Az. 30 C 2075/16 (45) – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).

II.

Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte und fristgemäß begründete Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung für vertane Urlaubszeit zu (§ 651 f Abs. 1, 2 BGB).

Zwar hat der Kläger infolge einer Zugverspätung das Flugzeug zu seinem Urlaubsort verpasst und musste er deswegen Übernachtungskosten und weitere Flugkosten aufwenden. Allerdings beruhten diese Kosten auf einer Verletzung der dem Kläger obliegenden Mitwirkungspflichten.

Zwar gehörte die Zugfahrt zum Flughafen zu den von der Beklagten geschuldeten Reiseleistungen und muss sich die Beklagte eine Schlechtleistung der Deutschen Bahn AG als ihr Erfüllungsgehilfe zurechnen lassen. Allerdings hat der Kläger zum Verpassen des Fluges vom Flughafen in Frankfurt am Main in entscheidender Weise mitgewirkt, indem er die Zugverbindungen so gewählt hat, dass er den Flughafen nicht 3 Stunden vor dem Abflug erreicht hätte. Hätte er diese Vorgabe beachtet, hätte er den Abfertigungsschalter der Fluggesellschaft noch vor dessen Schließung erreicht und wäre er noch auf den Flug nach Madrid noch mitgenommen worden.

Grundsätzlich obliegen einem Reisenden bei der Durchführung einer Reise Mitwirkungsobliegenheiten (vgl. Führich Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 5 R. 148). So hat er bei Flugreisen die Pflicht, rechtzeitig am Flughafen zur Abfertigung zu erscheinen und hat er bei vereinbarter Bahnanreise („rail & fly“) die Pflicht, die Zugverbindung so zu planen, dass er rechtzeitig am Flughafen erscheinen kann. Diesbezüglich hat der Reiseveranstalter das Recht, dem Reisenden Vorgaben zu machen, die gewährleisten, dass der Reisenden seiner Mitwirkungsobliegenheit genügen kann.

Im konkreten Fall hat die Beklagte den Kläger in den Reiseunterlagen aufgefordert, die Zugverbindung so zu wählen, dass er den Abflughafen spätestens 3 Stunden vor Abflug erreicht. Dieser Vorgabe hat der Kläger nicht genügt, indem er die Zugverbindungen so geplant hat, dass er den Bahnhof am Flughafen in weniger als 3 Stunden erreicht. Nach der gewählten Verbindung hätte der Kläger den Flughafen um 16.22 Uhr erreicht, während das Flugzeug bereits um 19.10 Uhr starten sollte.

Die Verkürzung der 3-Stunden-Frist um 12 Minuten war auch erheblich. Dabei kommt es nicht auf einen prozentualen Anteil an, wie vom Kläger in der Berufungsbegründung gerechnet. Vielmehr hätte das Erreichen des Flughafens 12 Minuten früher dazu geführt, dass der Check-in-Schalter noch 45 Minuten vor dem Abflug erreicht worden wäre. Auch nach dem Vortrag des Klägers war der Check-in-Schalter der Fluggesellschaft bis 45 Minuten vor dem Abflug, mithin bis 18.25 Uhr, geöffnet. Ein Eintreffen um 17.53 Uhr am Bahnhof des Flughafens hätte ausgereicht, um den Check-in-Schalter bis 18.25 Uhr zu erreichen. Die Entfernung vom Bahnhof des Flughafens zu den Abfertigungsschaltern der Fluggesellschaften ermöglicht es, diese innerhalb von 30 Minuten zu erreichen.

Grundsätzlich genügt die Mitteilung des Reiseveranstalters, bis wann der Reisende am Flughafen zu erscheinen hat, in den Reiseunterlagen. Es handelt sich bei der Mitteilung dieses Zeitpunktes nicht um die Vereinbarung einer vertraglichen Nebenpflicht. Die vertragliche Nebenpflicht, rechtzeitig am Abfertigungsschalter zu erscheinen, um der Mitwirkungsobliegenheit zu genügen, wird bereits mit Abschluss des Reisevertrages vereinbart. Die Mitteilung eines Zeitpunkts, bis wann der Reisende am Flughafen eintreffen muss, kann auch in den Reiseunterlagen erfolgen, damit der Reisende in die Lage versetzt wird, die ihm obliegende Anreiseplanung sorgfältig zu gestalten. Der Reisende erhält damit hinreichende Informationen, damit er seiner Mitwirkungsobliegenheit auch genügen kann. Beachtet der Reisende diese Informationen nicht, läuft er Gefahr, seine Mitwirkungspflicht zu verletzen und die Durchführung der Reise ernsthaft zu gefährden. Es liegt im Risiko des Reisenden, wenn er solche Hinweise in den Reiseunterlagen missachtet.

Eine weitere Obliegenheit des Reisenden hat darin bestanden, die Beklagte über eine mögliche Verzögerung der Anreise zu informieren, damit diese Maßnahmen ergreifen kann, um die weitere Beförderung per Flugzeug zu realisieren. Der Kläger hat jedoch die ihm mitgeteilten Notrufnummern nicht genutzt, um die Bahnverspätungen zu kommunizieren.

Mitwirkungsobliegenheiten bei Flughafenanreise
(Symbolfoto: Von Prostock-studio/Shutterstock.com)

Wegen der Verletzung der ihm obliegenden Mitwirkungsobliegenheiten kann der Kläger wegen des verpassten Fluges nach Madrid keinen Schadensersatz verlangen und steht ihm auch wegen der verloren gegangenen Urlaubstage keine Entschädigung zu.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos war (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung besteht nicht, nachdem die Beschwer für eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO in der Fassung des 2. Justizmodernisierungsgesetzes vom 22.12.2016 nicht erreicht wird.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Ausspruch gemäß § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO erfolgt deklaratorisch, weil das Urteil des Amtsgerichts ohnehin für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt wurde.

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