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Nettolohnabrede

Hessisches Landesarbeitsgericht

Az: 2 Sa 274/01

Verkündet am 09.10.2001

Vorinstanz: ArbG Wetzlar – Az.: 1 Ca 162/00


In dem Rechtsstreit hat das Hessische Landesarbeitsgericht , Kammer 2 in Frankfurt am Main

auf die mündliche Verhandlung vom 09. Oktober 2001 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Wetzlar vom 16. Januar 2001 1 Ca 162/00 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte.

Der Kläger ist Werkzeugmacher. Als solcher war er im Klagezeitraum in dem Werk „Bärenstein“ der GmbH in W tätig. Dort werden u.a. mit Diamanten bestückte Bohr- und/oder Fräsköpfe, sog. Ziehsteine, aufgearbeitet, insbesondere die Diamanten nachgeschliffen. Für diese Arbeit ist der Kläger Spezialist. Er vergab einen Teil der Arbeiten an die Beklagte. Diese wollte etwa 1994 diese Aufträge nicht ablehnen, aber angesichts des schwankenden Auftragsvolumens auch nicht entsprechende Kapazitäten selbst aufbauen. Der damalige technische Abteilungsleiter des Klägers nahm für die Beklagte mit dem Kläger Kontakt auf, ob dieser bereit sei, diese Arbeiten neben seiner Arbeit bei W für die Beklagte auszuführen. Der Kläger vereinbarte mit dem damaligen, inzwischen verstorbenen Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, dass er diese Arbeiten in der Kellergarage seiner Wohnung in Werdohl ausführen und dafür DM 11,00 je Stück von der Beklagten erhalten würde; zu welchen Bedingungen im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig geblieben; jedoch sollte die organisatorische und buchhalterische Durchführung durch die Beklagte erfolgen. Die Beklagte stellte dem Kläger die erforderliche Ausrüstung zur Verfügung, und die Werkstatt des Klägers wurde eingerichtet. Ob der Kläger auf eigene Rechnung Maschinen gekauft hat, ist zwischen den Parteien streitig geblieben. Der Kläger erhielt die jeweiligen Aufträge in der Weise, dass er die von der Beklagten zu bearbeitenden Ziehsteine jeweils nebst einem an die Beklagte gerichteten, von dem Abteilungsleiter Peuser abgezeichneten Versandauftrag (Bl. 46 – 54 d.A.) unmittelbar in seinem Betrieb ausgehändigt erhielt und nach Bearbeitung mit einem von der Beklagten ausgestellten Lieferschein an die dort wieder ablieferte. Die Beklagte erstellte eine Rechnung für Krupp. Der Kläger führte die Arbeit in der genannten Weise selbst oder gelegentlich unter Mithilfe Dritter von Februar 1994 bis Februar 1999 aus und erhielt in dieser Zeit von der Beklagten DM 384.317,20 ohne Abzüge in Teilbeträgen abschnittsweise per Scheck ausgezahlt (im Einzelnen Aufstellung BI. 19 d.A.). Eine Lohnsteuerkarte gab er bei der Beklagten nicht ab. Der Kläger richtete auf Veranlassung des damaligen Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten eine entsprechende Werkstatt in seinem Haus in Uzice in Serbien ein. Zur Vorbereitung des Betriebs dieser Werkstatt absolvierten zwei verwandte Landsleute des Klägers ein Praktikum bei und der Beklagten. Zur Aufnahme einer Tätigkeit dort kam es entweder wegen des Kosovo-Krieges und/oder anderer Vorstellungen der neuen Geschäftsführerinnen der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten nicht. Anlässlich einer Außenprüfung der Beklagten sah die Finanzverwaltung die Abwicklung der Geschäftsbeziehungen zwischen ihr und dem Kläger als umsatzsteuerpflichtigen Vorgang an. Die Beklagte stellte für den Kläger für die von diesem für sie bearbeiteten Ziehsteine Rechnungen unter Ausweis der Mehrwertsteuer aus (Schreiben der Beklagten vom 28. Juni 1999, BI. 154 d.A.), die der Kläger unterzeichnete, und zahlte dem Kläger jedenfalls die sich daraus ergebende Umsatzsteuer, die der Kläger an das zuständige Finanzamt weiterleitete. Auf Rat des Steuerberaters der Beklagten erstattete der Kläger unter Abgabe berichtigter Einkommenssteuererklärungen unter Berücksichtigung der Einkünfte von der Beklagten Selbstanzeige bei der Finanzverwaltung. Auf deren Grundlage zog diese ihn zur Zahlung von – weiterer – Einkommenssteuer und von Solidarzuschlag heran. Außerdem musste der Kläger Gewerbesteuer nachentrichten. Nachdem die Beklagte es abgelehnt hatte, dem Kläger die an Einkommens- und Gewerbesteuer (nach-)gezahlten Beträge sowie die Aufwendungen für die Einrichtung der Werkstatt in Serbien zu erstatten, verfolgt der Kläger mit der Klage diese Ansprüche weiter.

Der Kläger hat behauptet, mit der Beklagten sei die Bezahlung der Ziehsteine als Nettovergütung in dem Sinne vereinbart worden, dass ihm auf jeden Fall DM 11,00 je Stück hätten verbleiben sollen. Der Buchhaltungsleiter – der Beklagten habe diese Vereinbarung dem Steuerberater gegenüber bestätigt, worauf dieser erklärt habe, da müsse die Beklagte die Steuern für den Kläger tragen. Die Beklagte habe pro Ziehstein zwischen DM 60,00 und DM 100,00 zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Er habe angesichts dessen, dass er keine Kenntnisse der Rechte und Pflichten eines Unternehmers und Gewerbetreibenden gehabt habe und der deutschen Sprache nicht so weit mächtig sei, dass er Zugang zu entsprechenden Informationen gehabt habe, auf die Beklagte vertraut. Er habe sich nicht als Unternehmer gefühlt und keine Veranlassung dazu gehabt. Er habe DM 129.027,00 Einkommenssteuer (im Einzelnen BI. 14 d.A.) und DM 3.846,00 Gewerbesteuer (im Einzelnen BI. 15 d.A.) nachzahlen müssen und für die Werkstatt in Serbien rund DM 15.000,00 aufgewandt. Die Finanzverwaltung habe zwischenzeitlich anerkannt, dass er im Verhältnis zur Beklagten Arbeitnehmer gewesen sei. Für die Beschaffung dieser Beträge als Darlehen von Privatpersonen müsse er Zinsen in Höhe von 10,5% zahlen. Er ist der Ansicht gewesen, er sei als Heimarbeiter Arbeitnehmer der Beklagten gewesen. Die Beklagte als Arbeitgeber habe für ihn Steuern einbehalten und abführen müssen. Die tatsächliche Abwicklung spreche für die Richtigkeit seiner Behauptung.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 147.873,27 nebst 10,5% Zinsen auf DM 129.027,00 seit dem 14. Oktober 1999 und 10,5% Zinsen auf den Differenzbetrag zur Klageforderung seit dem 02. März 2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt und beantragt, die Klage abzuweisen, und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat ihr Rechtsverhältnis mit dem Kläger nicht für ein Arbeits- oder Heimarbeitsverhältnis, sondern für einen freien Dienst- oder Werkvertrag gehalten. Steuerschuldner sei der Kläger. Für einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Gewerbesteuer gebe es überhaupt keine rechtliche Grundlage. Sie hat behauptet, eine Vereinbarung dahingehend, dass sie die Steuerschuld des Klägers tragen wolle, sei nicht abgeschlossen worden. Sie habe je Ziehstein DM 23,50 berechnet. Allein daraus ergebe sich unter Berücksichtigung der dem Kläger auf ihre Kosten zur Verfügung gestellten Maschine und ihre Verwaltungskosten, dass die von dem Kläger behauptete Vereinbarung nicht geschlossen worden sei.

Das Arbeitsgericht in Wetzlar hat mit einem am 30. Mai 2000 verkündeten Beschluss den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unter Annahme eines Heimarbeitsverhältnisses für zulässig angesehen (BI. 58 – 65 d.A.). Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit einem Beschluss vom 06. Oktober 2000 – 3 Ta 226/00 (BI. 87 – 94 d.A.).- die gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts von der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde zurückgewiesen, ist dabei allerdings davon ausgegangen, dass der Kläger Hausgewerbetreibender gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat alsdann mit einem am 16. Januar 2001 verkündeten, dem Kläger am 18. Januar 2001 zugestellten Urteil – 1 Ca 162/00 (Bl. 110 – 117 d.A.) – die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 16. Februar 2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. April 2001 an diesem Tag begründet.

Der Kläger wendet sich gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, es habe sich bei der von ihm behaupteten Vereinbarung um eine „Schwarzgeldabrede“ gehandelt, die eine Nettolohnvereinbarung ausschließe. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen insbesondere mit der Behauptung, er sei davon ausgegangen, dass die Beklagte alle in Betracht kommenden Kosten, vor allem die Steuern; für ihn tragen würde. Das sei so in dem Gespräch mit dem damaligen Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten vereinbart worden. Das habe der frühere Abteilungsleiter Peuser wenige Tage vor Weihnachten 2000 in einem Gespräch seinen Arbeitskollegen gegenüber bestätigt (Beweis: Zeugin Aramandesis, Zeuge Stenzel; Bi. 130 – 153 d.A.).

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 16. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm DM 147.373,27 nebst 10,5% Zinsen auf DM 129.027,00 seit dem 14. Oktober 1999 und 10,5% Zinsen auf den Differenzbetrag zur Klageforderung seit dem 02. März 2000 zu zahlen.

Die Beklagte bittet darum, die Berufung zurückzuweisen, indem sie mit einem am 02. Oktober 2001 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz (Berufungserwiderung) ebenfalls unter Wiederholung ihres Vorbringens vor dem Arbeitsgericht das angefochtene Urteil, abgesehen von der Annahme einer Schwarzgeldabrede, verteidigt (BI. 175 – 181 d.A.).

Zu dem Inhalt des angefochtenen Urteils und der genannten Schriftstücke im Übrigen und im Einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Wetzlar vom 16. Januar 2001 – 1 Ca 162/00 – ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, §§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG, und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG.

In der Sache kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet ist. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht folgt dem angefochtenen Urteil im Ergebnis, wenn auch überwiegend aus anderen Gründen. Mit den drei Teil-Hauptansprüchen entfällt jeweils auch ein Anspruch auf die begehrten Zinsen, so dass auf deren Höhe nicht einzugehen ist. Mit der Frage, ob die Beklagte eventuellen Ansprüchen des Klägers gem. § 222 Abs. 1 BGB die Einrede der Verjährung entgegenhalten konnte, braucht sich das Gericht nicht auseinander zu setzen, weil solche Forderungen weder der Höhe noch auch dem Grunde nach bestehen.

1.

Die Klage ist schon deshalb unbegründet, weil der Kläger die Höhe seiner Teilansprüche bezüglich des Anspruchs auf Erstattung von Einkommenssteuer und Solidarzuschlag (im Folgenden stets nur:

Einkommenssteuer) im Hinblick auf den sich aus den von ihm behaupteten Tatsachen möglicherweise ergebenden Klagegrund und bezüglich des Anspruchs auf Erstattung seiner Aufwendungen für die Herrichtung einer Werkstatt in Serbien nicht substantiiert dargelegt, abgesehen davon insoweit und bezüglich des Anspruchs auf Erstattung von ihm gezahlter Gewerbesteuer trotz Bestreitens der Beklagten – auch – nicht unter Beweis gestellt hat.

a) Zwar hat der Kläger die Höhe der von ihm nachgezahlten Einkommenssteuer durch Vortrag der Teilbeträge für die Jahre 1994 bis 1999 im Einzelnen dargelegt. Er übersieht aber, dass sich die Höhe der von der Finanzverwaltung verlangten Nachzahlung nicht allein daraus ergibt, dass er nachträglich die von der Beklagten erhaltenen DM 384.317,20 mit den jährlichen Teilbeträgen versteuern musste, sondern die neue abweichende Festsetzung von Einkommenssteuer für die Jahre 1994 bis 1999 sich aus diesen zusammen mit seinen übrigen Einkünften errechnet. Die Beklagte könnte, auch wenn man der Auffassung des Klägers folgen wollte, nur für den Einkommenssteuer-Teilbetrag haften, der dann, wenn eine Nettovergütung von DM 11,00 je Stück dem Lohnsteuerabzug unterworfen gewesen wäre, von ihr für den Kläger an die Finanzverwaltung abzuführen gewesen wäre. Für die Höhe dieses Betrages hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen, so dass diese Teilforderung insgesamt in der Höhe unschlüssig ist.

Davon abgesehen hat die Beklagte die Höhe der Einkommenssteuer-Nachzahlung in erheblicher Weise bestritten, der Kläger für sie aber keinen Beweis angetreten. Entgegen der von dem Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer vertretenen Ansicht ist das Bestreiten der Beklagten zulässig, denn daraus, dass die Beklagte dem Kläger einen Steuerberater vermittelt hat, folgt im Hinblick auf das Berufsgeheimnis für Steuerberater gem. § 57 Abs. 1 StBerG, dass die Beklagte von den Einzelheiten der Einkommenssteuererklärungen des Klägers Kenntnis hatte. Soweit sich der Kläger im Termin zu diesbezüglichen, den Steuerberater eines gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB mit Strafe bedrohten Verhaltens bezichtigenden Behauptungen verstiegen hat, ist er jeden tatsächlichen Anhaltspunkt schuldig geblieben. Dem Kläger war, soweit die Beklagte in der am 02. Oktober 2001 bei dem Gericht eingegangenen – der Eingang bei dem Kläger ist dem Gericht nicht bekannt – Berufungserwiderung seine Behauptungen zur Höhe der Einkommenssteuernachzahlung bestritten hat, auch keine Frist einzuräumen, für deren Höhe Beweis anzutreten, denn die Beklagte hatte die Höhe der Teilansprüche bereits in der Klageerwiderung vom 05. Mai 2000 bestritten, ohne dass der Kläger dem Rechnung getragen hätte.

b) Auch für die Höhe der angeblich von ihm entrichteten Gewerbesteuerzahlung ist der Kläger mangels Beweisantritt beweisfällig geblieben. Hier gilt das zuvor Gesagte in gleicher Weise; hinzu kommt, dass aus dem Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar wird, woher die Beklagte die Höhe von dem Kläger verlangter Gewerbesteuer schon angesichts der örtlich unterschiedlichen Hebesätze hätte kennen sollen.

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c) Für die Höhe seiner Aufwendungen für die Werkstatt in Uzice ist der Kläger jeder ins Einzelne gehende Darlegung schuldig geblieben; insbesondere hat er die in der Klageschrift angekündigten Unterlagen nicht beigebracht, sondern in der Berufungsbegründung selbst erklärt, dass das nicht möglich sei. Soweit er stattdessen Beweismittel benannt hat, würde die Erhebung der Beweise einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen.

2.

Die Forderungen, deren Erfüllung der Kläger mit der Klage verfolgt, bestehen aber auch dem Grunde nach nicht.

a) Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von ihm wegen des von der Beklagten für seine Leistungen gezahlten Lohnes an die Finanzverwaltung gezahlten – weiteren – Einkommenssteuer.

(1) Zwischen den Parteien bestand schon aus Rechtsgründen keine sog. Nettolohnabrede.

Dem Arbeitsgericht kann allerdings nicht darin gefolgt werden, dass der Kläger gegen die Beklagte schon deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm (nach-)gezahlten Einkommenssteuer hätte, weil zwischen den Parteien eine sog. Schwarzgeldabrede bestanden hätte. Eine solche lag in der von dem Kläger behaupteten Vereinbarung schon deshalb nicht, weil nach der von dem Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.05.1992 – 5 StR 38/92 – NJW 1992, 2240) – die entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht schon deshalb nicht maßgeblich ist, weil es sich um ein Strafurteil handelt – eine solche darin liegt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenwirken, um u.a. dem Staat Einkommenssteuer vorzuenthalten, und voraussetzt, dass es in dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis einen Arbeitgeber gibt, der zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist.

Das Arbeitsgericht hat versäumt zu klären, ob der Kläger überhaupt Arbeitnehmer der Beklagten war, wovon es in dem angefochtenen Urteil stillschweigend ausgegangen ist. Das wäre aber notwendig gewesen, weil es allein im Arbeitsverhältnis in der Person des Arbeitgebers eine Vertragspartei gibt, die regelmäßig verpflichtet ist, von der Vergütung des Arbeitnehmers als ihrem Vertragspartner Lohnsteuer zu berechnen und an die Finanzverwaltung abzuführen und ggf. auch für diese zu haften. Bei der üblichen Bruttolohnabrede ist die Lohnsteuer von der Vergütung des Arbeitnehmers einzubehalten, bei einer Nettolohnabrede ist sie auf den Nettolohn durch Hochrechnung zu ermitteln und vom Arbeitgeber aus eigenen Mitteln zu tragen (BFH, Urteil vom 28.02.1992 – VI R 147/87 – AP Nr. 5 zu § 611 BGB Nettolohn unter 1 a). Auch eine Nettolohnabrede setzt voraus, dass ein Arbeitgeber für Rechnung des Arbeitnehmers Steuern vom Bruttoentgelt einzubehalten und abzuführen hätte, zu deren Tragung er sich aber im Innenverhältnis verpflichtet hat (BAG, Urteil vom 08.09.1998 – 9 AZR 255/97 – AP Nr. 10 zu § 619 BGB Nettolohn unter ll/ 1 c bb).

Das Arbeitsgericht selbst ist noch in dem Beschluss vom 30. Mai 2000 davon ausgegangen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen in dieser Sache deshalb gegeben ist, weil der Kläger zu der Beklagten in einem Heimarbeitsverhältnis stand, § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Warum das Arbeitsgericht in der Hauptsacheentscheidung dem nicht mehr nachgegangen ist, ist nicht ersichtlich. Das Hessische Landesarbeitsgericht ist der Ansicht des Arbeitsgerichts in dem Beschluss vom 06. Oktober 2000 nicht gefolgt, sondern hat den Kläger als Hausgewerbetreibenden angesehen. Zwar ist die Berufungskammer in der Hauptsache daran nicht gebunden, weil der Beschluss des Arbeitsgerichts nach Zurückweisung der Beschwerde nur insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als es ihre Bindung daran betrifft, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist, nicht aber an die dafür gegebene Begründung. Den beiden Beschlüssen ist aber gleichwohl darin zu folgen, dass der Kläger in seinem Rechtsverhältnis zu der Beklagten nicht Arbeitnehmer war. Auch Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende sind keine Arbeitnehmer, sie werden nur in Teilbereichen wie in § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG für den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl., § 5 RdNr. 17) und in § 6 Abs. 1 Satz 2 BetrVG für die Betriebsverfassung als solche fingiert (vgl. GK-BetrVG/Kraft, 4. Aufl., § 6 RdNr. 8 u. 9).

Der Kläger war im Verhältnis zu der Beklagten Werkunternehmer gern. § 631 Abs. 1 BGB, weil er der Beklagten keine Dienste gern. § 611 Abs. 1 BGB, also die Tätigkeit des Diamantenschleifens als solche, sondern jeweils die Herstellung eines Werkes, nämlich den gebrauchsfertigen Nachschliff der Diamanten für die Köpfe von Werkzeugmaschinen, also einen bestimmten Erfolg, schuldete (vgl. ErfK/Preis, § 691 BGB RdNr. 17). Der Kläger selbst hat keine Tatsachen vortragen können, aus denen sich Merkmale eines Dienst- oder gar eines Arbeitsverhältnisses entnehmen ließen, insbesondere nicht seine Verpflichtung zur Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit von der Beklagten. Unerheblich ist, ob der Kläger sich nicht als Unternehmer fühlte oder diese Sachlage erkennen konnte und wie ggf. die Finanzverwaltung die Rechtslage beurteilt.

(2) Der Kläger hat keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, dass die Beklagte sich gem. § 305 BGB in einem atypischen Vertrag verpflichtet hätte, die den Kläger als Werkunternehmer und damit als Gewerbetreibenden gern. § 15 EStG treffende Einkommenssteuerpflicht im Umfang der auf den von der Beklagten erhaltenen Werklohn entfallenden Einkommenssteuer zu tragen. Er hat zwar mit unterschiedlicher Wortwahl und Intensität behauptet, die Beklagte habe ihm eine Netto-„Vergütung“ versprochen und alle anfallenden Kosten tragen.wollen. Aus seinem Vortrag wird aber nicht klar, ob es sich dabei um seine Auffassung von der Vereinbarung der Parteien, die er möglicherweise aufgrund der von ihm betonten, für solche Dinge unzureichenden Sach-, Rechts- und Sprachkenntnisse auch im Hinblick auf das von ihm gewünschte Ergebnis, „unter dem Strich“ möglichst hohe Einkünfte zu erzielen, falsch verstanden hat, oder um Tatsachenvortrag handeln soll. Jedenfails nachdem die Beklagte eine solche Vereinbarung bestritten hatte, wäre es im Sinne einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast prozessuale Obliegenheit des Klägers gewesen, im Einzelnen vorzutragen, mit welchen Worten der Geschäftsführer der Beklagten und er die entsprechende Vereinbarung getroffen haben sollen.

Das gilt umso mehr, als es bei Vorliegen eines Werkvertrages nach der Verkehrssitte völlig unüblich ist, dass der Besteller die den Werkunternehmer treffende Steuerlast für den Werklohn vertraglich übernimmt, zumal auch im Arbeitsverhältnis schon eine Abrede, dass der Arbeitgeber die Steuerlast des Arbeitnehmers als dem an sich Steuerpflichten (BAG, Urteil vom 19.12.1963 – 5 AZR 174/63 – AP Nr. 15 zu § 670 BGB unter 2; vom 18.01.1974 – 3 AZR 183/73 – AP Nr. 19 zu § 670 BGB unter I) übernimmt, strenge Anforderungen zu stellen sind. Die bloße Erklärung, dass eine Zahlung „steuerfrei“ gewährt werde (BA G, Urteil vom 18.01.1974, a.a.O., unter ll) oder die Zusage einer Zahlung zur Erreichung eines bestimmten Prozentsatzes eines Nettogehalts reicht dafür nicht aus (BAG, Urteil vom 08.09.1998, a.a.O., unter 111 1 c). Aus der im Werkverhältnis üblichen Nettozahlung konnte der Kläger danach einen entsprechenden Geschäftswillen der Beklagten, für ihn Steuerlasten zu übernehmen, nicht entnehmen. Bei dem von dem Kläger angenommenen Inhalt, dass sich die Beklagte verpflichtet hätte, den gesamten Betrag der Einkommenssteuernachzahlung zu übernehmen, der sich zusätzlich aus dem Lohn für die Schleifarbeiten ergeben würde, hätte es sich inhaltlich um eine Blankoverpflichtung der Beklagten gehandelt, weil diese die Gesamthöhe der Steuer ebenfalls beeinflussenden übrigen Einkünfte des Klägers keine genauen Kenntnisse hatte und haben konnte.

(3) Ein Anspruch des Klägers auf Auslagenersatz gern. § 670 BGB scheitert insoweit daran, dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger mit der Zahlung der Einkommenssteuer ein Geschäft der Beklagten besorgt hätte, weil er – wie ausgeführt – für eine Verpflichtung der Beklagten, diese zu tragen, keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen hat.

(4) Schließlich steht dem Kläger der Teilanspruch nicht aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes zu. Das käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte durch Nachlässigkeit oder in anderer Weise schuldhaft dazu beigetragen hätte, dass der Werklohn, den der Kläger von der Beklagten erhalten hat, steuerfrei hätte gewährt werden können, aber wegen derartiger Versäumnisse vom Kläger zu versteuern ist (BAG, Urteil vom 18.09.1974, a.a.O., unter III 2). Für

ein solches Verhalten oder gar ein entsprechendes Verschulden der Beklagten gern. § 276 BGB hat der Kläger ebenfalls keinen Tatsachenvortrag gehalten.

b) Für einen Anspruch des Klägers darauf, dass die Beklagte ihm die entrichtete Gewerbesteuer erstattet, hat der Kläger gleichfalls ausreichende Tatsachen nicht vorgetragen. Insofern gilt das vorstehend unter II. 2. a) (2) – (4) Gesagte. Abgesehen davon würde sich aus einer Nettolohnabrede ohnehin kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Übernahme auch der Gewerbesteuer ergeben.

c) Soweit der Kläger Aufwendungsersatz für die Einrichtung der Werkstatt in Serbien gern. § 670 BGB verlangt, ist aus dem Vortrag des Klägers schon nicht zu erkennen, dass dabei ein ihm von der Beklagten übertragenes, für diese auszuführendes Geschäft vorgelegen hätte, § 662 BGB. Es handelte sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers um Vorbereitungsarbeiten dafür, dass dieser dort die Geschäftsbeziehungen reit der Beklagten in Form eines Werkvertrages fortsetzen oder wiederaufnehmen sollte. Die Durchführung ist gerade daran gescheitert, dass die Beklagte die Tätigkeit dort zumindest auch als ihre eigene sichergestellt wissen wollte, der Kläger damit aber nicht einverstanden war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung des Klägers erfolglos bleibt.

Für die Zulassung der Revision ist kein gesetzlicher Grund ersichtlich, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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