Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Celle: Erwerb geringer Cannabis-Mengen nach KCanG ist keine strafbare Geldwäsche gemäß § 261 StGB, auch bei illegaler Herkunft
- Der Fall: Teilfreispruch für Cannabisbesitz und die Revision der Staatsanwaltschaft
- Streitpunkt vor dem OLG Celle: Geldwäsche (§ 261 StGB) durch Erwerb legaler Cannabismengen?
- Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle: Freispruch bestätigt, Revision unbegründet
- Die Urteilsbegründung des OLG Celle: Warum der Erwerb kleiner Cannabismengen keine Geldwäsche ist
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Geldwäsche im juristischen Sinne und welche Rolle spielt dabei das Strafgesetzbuch (StGB)?
- Wie beeinflusst das Konsumcannabisgesetz (KCanG) die Strafbarkeit von Handlungen im Zusammenhang mit Cannabis?
- Was bedeutet „teleologische Reduktion“ im juristischen Kontext und wann wird sie angewendet?
- Unter welchen Umständen kann der Erwerb von Cannabis trotz des KCanG weiterhin strafbar sein?
- Welche Rolle spielt der Eigenbedarf bei der Beurteilung von Cannabisbesitz und -erwerb?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 2 ORs 18/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Celle
- Verfahrensart: Revision
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Betäubungsmittelrecht (Cannabis)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Staatsanwaltschaft (legte Revision gegen den Freispruch ein)
- Beklagte: Angeklagter (gegen den sich die Revision der Staatsanwaltschaft richtete)
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Angeklagte wurde vom Vorwurf des Handeltreibens mit Cannabis an einem bestimmten Tag freigesprochen. Er hatte dabei 6 Gramm Cannabis bei sich, konnte aber keine Verkaufsabsicht nachgewiesen werden.
- Kern des Rechtsstreits: Ob der Erwerb oder Besitz einer geringen Menge Cannabis, der nach dem neuen Gesetz (KCanG) nicht strafbar ist, dennoch Geldwäsche darstellt, wenn das Cannabis aus einer illegalen Quelle stammt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Celle wies die Revision der Staatsanwaltschaft zurück. Der Freispruch des Angeklagten für den Vorfall vom 20.04.2023 bleibt bestehen.
- Begründung: Das Gericht bestätigte die Bewertung des Landgerichts, dass Handeltreiben nicht nachgewiesen wurde. Der Erwerb oder Besitz geringer Mengen Cannabis, der nach dem KCanG nicht strafbar ist, stellt auch keine Geldwäsche dar, selbst wenn das Cannabis aus illegalen Quellen stammt. Der Gesetzgeber wollte solche konsumnahen Handlungen entkriminalisieren.
- Folgen: Der Freispruch des Angeklagten ist endgültig. Das Urteil stellt klar, dass der Erwerb oder Besitz von geringen, nach dem KCanG erlaubten Mengen Cannabis nicht als Geldwäsche verfolgt werden kann.
Der Fall vor Gericht
OLG Celle: Erwerb geringer Cannabis-Mengen nach KCanG ist keine strafbare Geldwäsche gemäß § 261 StGB, auch bei illegaler Herkunft
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in einer wegweisenden Entscheidung klargestellt, dass der Erwerb oder Besitz geringer Mengen Cannabis, die nach dem neuen Konsumcannabisgesetz (KCanG) straffrei sind, nicht als strafbare Geldwäsche nach § 261 Strafgesetzbuch (StGB) verfolgt werden kann, selbst wenn das Cannabis aus einer illegalen Quelle stammt.

Diese Entscheidung bestätigt einen Freispruch des Landgerichts Hannover und weist die Revision der Staatsanwaltschaft zurück. Im Kern ging es um die Frage, ob die Entkriminalisierung des Erwerbs kleiner Cannabismengen durch das KCanG eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche ausschließt, wenn das erworbene Cannabis aus einer Straftat (z.B. illegalem Anbau) herrührt.
Der Fall: Teilfreispruch für Cannabisbesitz und die Revision der Staatsanwaltschaft
Das Verfahren nahm seinen Ausgangspunkt vor dem Amtsgericht Hannover, das einen Mann am 23. Januar 2024 wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung verurteilt hatte. Die Taten bezogen sich auf Vorfälle am 10. April 2023 und 20. April 2023.
Ursprüngliche Verurteilung und Berufungsverfahren vor dem Landgericht Hannover
Der Verurteilte legte gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung ein. Das Landgericht Hannover änderte mit Urteil vom 25. Juni 2024 die Entscheidung ab. Hinsichtlich des Vorfalls vom 10. April 2023, bei dem der Mann 24,5 Gramm Cannabis in 25 Verkaufseinheiten zum Weiterverkauf besaß (erworben für 70 Euro mit der Absicht, sich eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen), sprach ihn das Landgericht des Handeltreibens mit Cannabis schuldig. Es bejahte die Gewerbsmäßigkeit und verhängte unter Anwendung des Strafrahmens des § 34 Abs. 3 KCanG eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Der strittige Vorfall: 6 Gramm Cannabis und die Frage des Handeltreibens
Bezüglich des zweiten Tatvorwurfs vom 20. April 2023 sprach das Landgericht den Mann jedoch frei. An diesem Tag hatte er um 21:00 Uhr in Hannover insgesamt 6 Gramm Cannabis (netto) in acht einzeln verpackten Verkaufseinheiten bei sich, die er zuvor für 50 Euro erworben hatte. Das Landgericht konnte sich in diesem Fall nicht vom Vorliegen eines Handeltreibens überzeugen. Für diese Einschätzung berücksichtigte es mehrere Faktoren: den vom Angeklagten angeführten Eigenkonsum bzw. Eigenbedarf, die „relativ geringe Menge“ des Cannabis, den Umstand, dass der Mann nicht an einem typischen Drogenumschlagplatz angetroffen wurde, sowie das Fehlen beobachteter Verkaufshandlungen und das Nichtmitführen einer größeren Bargeldmenge. Diese Aspekte wog das Gericht gegen die einschlägigen Vorstrafen des Mannes wegen Drogenhandels ab und kam zu dem Schluss, dass ein Handeltreiben nicht nachweisbar sei.
Streitpunkt vor dem OLG Celle: Geldwäsche (§ 261 StGB) durch Erwerb legaler Cannabismengen?
Gegen diesen Teilfreispruch legte die Staatsanwaltschaft Revision beim Oberlandesgericht Celle ein. Sie rügte, das Landgericht habe den Sachverhalt nicht unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt. Insbesondere beanstandete die Anklagebehörde, dass das Landgericht den Erwerb der 6 Gramm Cannabis nicht als strafbare Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB geprüft habe. Die Staatsanwaltschaft vertrat die Auffassung, der Erwerb stelle auch bei geringen Mengen dann Geldwäsche dar, wenn das Cannabis – wie im vorliegenden Fall mutmaßlich – aus einer illegalen Vortat, beispielsweise illegalem Anbau, stamme. Eine einschränkende Auslegung (Teleologische Reduktion) des § 261 StGB oder eine Sperrwirkung des KCanG lehnte die Staatsanwaltschaft ab.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle: Freispruch bestätigt, Revision unbegründet
Das Oberlandesgericht Celle verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet. Damit ist der Freispruch des Mannes hinsichtlich des Vorfalls vom 20. April 2023 rechtskräftig.
Die Urteilsbegründung des OLG Celle: Warum der Erwerb kleiner Cannabismengen keine Geldwäsche ist
Das OLG Celle führte in seiner Begründung mehrere Punkte an, warum der Teilfreispruch des Landgerichts Bestand hat und der Erwerb der 6 Gramm Cannabis keine strafbare Geldwäsche darstellt.
Beweiswürdigung des Landgerichts zum Handeltreiben nicht zu beanstanden
Zunächst überprüfte das OLG die Beweiswürdigung des Landgerichts bezüglich des Vorwurfs des Handeltreibens mit den 6 Gramm Cannabis. Es kam zu dem Ergebnis, dass die Würdigung des Landgerichts, die zu dem Schluss kam, dem Mann sei kein Handeltreiben nachzuweisen, keine Rechtsfehler aufweist. Das Landgericht habe den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft und seine Schlussfolgerungen seien frei von Widersprüchen oder Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze.
Straflosigkeit des Besitzes von 6 Gramm Cannabis nach dem neuen Konsumcannabisgesetz (KCanG)
Das OLG stellte klar, dass eine Strafbarkeit des Mannes wegen des bloßen Besitzes der 6 Gramm Cannabis nach dem seit April 2024 geltenden Konsumcannabisgesetz ausscheidet. Gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG beginnt die Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis erst ab einer Menge von mehr als 30 Gramm. Da dieser Grenzwert hier deutlich unterschritten wurde, ist der Besitz an sich nicht strafbar. Das Gericht verwies auf den Grundsatz des milderen Gesetzes (lex mitior, § 2 Abs. 3 StGB), wonach das KCanG als die für den Betroffenen günstigere Regelung gegenüber dem früheren Betäubungsmittelgesetz (BtMG) anzuwenden ist.
Keine Geldwäsche (§ 261 StGB): Die zentrale Argumentation zur teleologischen Reduktion
Den Kern der Entscheidung bildete die Auseinandersetzung mit der von der Staatsanwaltschaft aufgeworfenen Frage der Geldwäsche. Das OLG verneinte, dass das Landgericht seine Prüfungspflicht (Kognitionspflicht gemäß § 264 Abs. 2 StPO) verletzt habe, indem es den Erwerb der 6 Gramm Cannabis nicht unter dem Gesichtspunkt der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB gewürdigt hat. Zwar gebietet die Kognitionspflicht, einen einheitlichen Lebenssachverhalt unter allen denkbaren rechtlichen Aspekten zu prüfen. Eine solche Prüfungspflicht entfällt jedoch, wenn die in Betracht kommende Strafnorm offensichtlich nicht anwendbar ist – was hier der Fall sei.
Anschluss an OLG Hamburg: § 261 StGB „zu weit geraten“
Das OLG Celle schloss sich einer früheren Entscheidung des OLG Hamburg (Urteil vom 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24) an. Dieses hatte überzeugend dargelegt, dass eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 StGB in Fällen des Erwerbs geringer Cannabismengen ausscheide. Der Tatbestand der Geldwäsche sei insoweit „zu weit geraten“ und müsse für Mengen unterhalb der Schwelle des § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG (der den Erwerb von bis zu 25 Gramm zum Eigenkonsum entkriminalisiert) teleologisch reduziert werden. Eine solche teleologische Reduktion bedeutet vereinfacht gesagt, dass ein Gesetzestext enger ausgelegt wird, als sein reiner Wortlaut es eigentlich zulassen würde. Dies geschieht, wenn eine wortgetreue Anwendung zu Ergebnissen führen würde, die der Gesetzgeber so nicht gewollt haben kann, insbesondere wenn neuere Gesetze andere Wertungen vornehmen.
Planwidrige Regelungslücke und der Vorrang des KCanG-Gesetzgebers
Eine teleologische Reduktion setzt eine sogenannte verdeckte Regelungslücke voraus, also eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. Diese liege hier vor: Der Gesetzgeber habe mit dem KCanG den Erwerb bzw. die Entgegennahme von Cannabis unterhalb bestimmter Grenzwerte straflos gestellt. Dabei habe er aber offenbar übersehen, dass der Wortlaut des Geldwäscheparagrafen § 261 StGB dennoch erfüllt sein könnte, wenn das Cannabis aus einer illegalen Quelle stammt. Die durch § 261 StGB geschützten Rechtsgüter, insbesondere die Rechtspflege, seien durch die nach dem KCanG nun straflos gestellten Handlungen entweder gar nicht oder zumindest nicht in einem strafwürdigen Maße berührt. Eine teleologische Reduktion sei daher nicht nur möglich, sondern notwendig, um Wertungswidersprüche mit dem KCanG zu vermeiden.
Entkriminalisierungsabsicht des KCanG und die Einheit der Rechtsordnung
Das OLG Celle betonte, dass die eindeutige Entkriminalisierungsintention des Gesetzgebers des KCanG gegen eine Strafbarkeit nach § 261 StGB für geringe Mengen spreche. Unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung müsse der Wille des aktuellen Gesetzgebers (des KCanG) aufgrund seiner klaren Absicht zur Entkriminalisierung bestimmter konsumnaher Handlungen (§ 34 KCanG) den Willen des historischen Gesetzgebers des Geldwäschetatbestandes überlagern oder ersetzen (mit Verweis auf BT-Drs. 20/8704, S. 86). Das Fehlen einer expliziten Regelung zur Anwendbarkeit des § 261 StGB in den Gesetzesmaterialien zum KCanG sei angesichts dieser klaren Intention als ein Versehen zu werten, welches gerade die Möglichkeit der teleologischen Reduktion eröffne.
Schwarzmarktbekämpfung als Argument gegen teleologische Reduktion?
Auch das Ziel des KCanG, den illegalen Schwarzmarkt einzudämmen, stehe der teleologischen Reduktion nicht entgegen. Dies sei vielmehr ein dem Gesetz immanenter Widerspruch, der dem Fehlen legaler Bezugsquellen zum Zeitpunkt der Entkriminalisierung geschuldet sei. Der Gesetzgeber verzichte hier, so das OLG, zugunsten der Entlastung der Strafverfolgungsbehörden auf das Rechtsgut der Strafrechtspflege – selbst unter Inkaufnahme einer möglichen Gefährdung des Ziels der Schwarzmarktbekämpfung – bezüglich des Erwerbs oder der Entgegennahme kleinerer Mengen Cannabis, unabhängig von der Bezugsquelle (mit Verweis auf BT-Drs. 20/8704, S. 1, 131).
Gesetzeskonkurrenz: KCanG als privilegierende Spezialregelung
Dieses Ergebnis werde auch durch die Grundsätze zur Gesetzeskonkurrenz gestützt. Schon vor Inkrafttreten des KCanG sei anerkannt gewesen, dass Delikte nach dem Betäubungsmittelgesetz (wie der Erwerb zum Eigenverbrauch nach § 29 Abs. 1 BtMG) dem Geldwäschetatbestand (§ 261 StGB) im Wege der Gesetzeskonkurrenz vorgingen. Im vorliegenden Fall liege ein Fall der privilegierenden Spezialität vor: Das KCanG stellt den Erwerb kleiner Mengen Cannabis gerade nicht unter Strafe und privilegiert den Handelnden insoweit. In solchen Fällen könne nicht auf das im Wege der Konkurrenz eigentlich verdrängte, allgemeinere Gesetz (§ 261 StGB) zurückgegriffen werden, um dennoch eine Strafbarkeit zu begründen.
Fazit zur Kognitionspflicht: Landgericht musste Geldwäsche nicht prüfen
Da nach diesen Ausführungen eine Strafbarkeit des Mannes wegen Geldwäsche für den Erwerb der 6 Gramm Cannabis ausscheidet, musste das Landgericht diesen Gesichtspunkt nicht prüfen. Es hat somit nicht gegen seine Kognitionspflicht verstoßen. Der Freispruch ist daher im Ergebnis zutreffend und wurde vom OLG Celle bestätigt. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Celle stellt klar, dass der Erwerb kleiner Cannabismengen (bis zu 25g) nicht als Geldwäsche strafbar ist, selbst wenn das Cannabis aus illegalen Quellen stammt. Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit für Konsumenten, indem sie bestätigt, dass der Gesetzgeber mit dem Konsumcannabisgesetz bewusst eine Entkriminalisierung kleiner Mengen zum Eigenkonsum beabsichtigte, unabhängig von der Herkunft. Das Urteil verhindert, dass die Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz durch die „Hintertür“ der Geldwäsche wiedereingeführt wird, und respektiert damit den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers zur Entlastung der Strafverfolgungsbehörden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Geldwäsche im juristischen Sinne und welche Rolle spielt dabei das Strafgesetzbuch (StGB)?
Geldwäsche bedeutet im juristischen Sinne, dass Geld oder andere Vermögenswerte, die aus Straftaten stammen, in den legalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden, um deren illegalen Ursprung zu verschleiern. Man kann es sich vorstellen wie den Versuch, „schmutziges“ Geld „reinzuwaschen“, damit es legal aussieht und straflos genutzt werden kann.
Was genau ist Geldwäsche nach dem Gesetz?
Die wichtigste gesetzliche Grundlage für die Geldwäsche in Deutschland ist Paragraph 261 des Strafgesetzbuchs (StGB). Dieser Paragraph beschreibt genau, welche Handlungen als Geldwäsche strafbar sind.
Es geht dabei immer um Vermögenswerte, die aus bestimmten, im Gesetz aufgezählten Straftaten stammen. Das Gesetz spricht hier von sogenannten „Vortaten“. Das können sehr schwere Verbrechen sein, wie organisierte Kriminalität, Drogenhandel oder Terrorismusfinanzierung. Aber auch Vermögen aus weniger schweren Straftaten wie bestimmten Betrugsdelikten oder Diebstahl kann betroffen sein, wenn die Summe einen bestimmten Wert übersteigt. Es muss also Geld da sein, das durch eine Straftat erwirtschaftet wurde.
Welche Handlungen sind strafbar?
Nach § 261 StGB macht sich jemand der Geldwäsche strafbar, der solche illegal erwirtschafteten Vermögenswerte
- erwirbt, besitzt oder verwendet: Zum Beispiel, wenn man von einer anderen Person Geld annimmt, von dem man weiß, dass es aus einem illegalen Geschäft stammt, und dieses Geld dann ausgibt oder auf sein Konto einzahlt.
- verwaltet oder in Umlauf bringt: Wenn man hilft, das Geld weiterzugeben oder zu investieren, um den Ursprung zu vertuschen.
- die Herkunft verschleiert: Das ist der Kern der Geldwäsche – Handlungen, die darauf abzielen, die Spur des illegalen Geldes zu verwischen. Das kann durch komplexe Finanztransaktionen, Scheinverträge oder den Kauf von Luxusgütern geschehen.
Die Rolle des Strafgesetzbuchs (§ 261 StGB)
Paragraph 261 StGB ist das zentrale Werkzeug des Staates, um gegen Geldwäsche vorzugehen. Das Ziel dieses Gesetzes ist es, Kriminellen die Möglichkeit zu nehmen, ihre illegalen Gewinne nutzen zu können, und so die Kriminalität selbst zu bekämpfen. Wer Geldwäsche betreibt, kann nach diesem Paragraphen mit einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe bestraft werden.
Es ist wichtig zu verstehen, dass man sich auch dann der Geldwäsche schuldig machen kann, wenn man selbst die ursprüngliche Straftat, aus der das Geld stammt, nicht begangen hat. Es reicht aus, wenn man weiß oder zumindest damit rechnen muss, dass das Geld aus einer illegalen Tat stammt, und man dann eine der oben genannten Handlungen vornimmt.
Auch wenn man oft an große, internationale Kriminalfälle denkt: Geldwäsche kann prinzipiell auch bei Vermögenswerten aus kleineren oder weniger spektakulären Straftaten relevant werden, sobald versucht wird, diese Gelder in den normalen Wirtschaftskreislauf zu bringen und ihre Herkunft zu verschleiern.
Wie beeinflusst das Konsumcannabisgesetz (KCanG) die Strafbarkeit von Handlungen im Zusammenhang mit Cannabis?
Das Konsumcannabisgesetz (KCanG) hat die rechtliche Einordnung von Cannabis in Deutschland grundlegend verändert. Seit dem 1. April 2024 sind bestimmte Handlungen im Zusammenhang mit Cannabis, die vorher strafbar oder eine Ordnungswidrigkeit waren, unter bestimmten Bedingungen erlaubt oder nicht mehr strafrechtlich relevant.
Für volljährige Personen ist der Besitz von geringen Mengen Cannabis zum Eigenkonsum nun grundsätzlich straffrei. Das Gesetz zieht hier klare Grenzen: Sie dürfen zu Hause bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen. Wenn Sie unterwegs sind, liegt die Grenze bei bis zu 25 Gramm getrocknetem Cannabis. Diese Mengen gelten pro Person.
Auch der Anbau von Cannabispflanzen zum Eigenkonsum ist unter Auflagen legalisiert. In Ihrem privaten Wohnsitz dürfen Sie maximal drei lebende Cannabispflanzen pro volljähriger Person anbauen. Stellen Sie sich vor, Sie wohnen allein – dann dürfen Sie bis zu drei Pflanzen haben. Wenn Sie mit einer anderen volljährigen Person zusammenwohnen, die ebenfalls anbauen möchte, wären bis zu sechs Pflanzen im Haushalt möglich, solange sie klar zuzuordnen sind. Wichtig ist, dass der Cannabis vor dem Zugriff von Kindern oder Dritten geschützt wird.
Der Erwerb von Cannabis ist ebenfalls geregelt. Neben dem Eigenanbau ist der Bezug nur über sogenannte Anbauvereinigungen (Cannabis Social Clubs) für deren Mitglieder erlaubt. Diese Clubs müssen strenge Vorgaben einhalten, zum Beispiel in Bezug auf die Menge, die an Mitglieder abgegeben wird.
Es gibt aber weiterhin klare Verbote und Grenzen, deren Überschreitung weiterhin strafbar ist:
- Mengen überschreiten: Wer mehr als die erlaubten 50 Gramm zu Hause oder mehr als 25 Gramm unterwegs besitzt, macht sich weiterhin strafbar. Auch der Anbau von mehr als drei Pflanzen pro Person ist illegal.
- Handel und Weitergabe: Der kommerzielle Verkauf oder die gewerbliche Weitergabe von Cannabis bleibt verboten. Auch die unentgeltliche Abgabe an Minderjährige ist strengstens untersagt und strafbar.
- Konsumverbote an bestimmten Orten: Das Rauchen oder Konsumieren von Cannabis ist in bestimmten Bereichen verboten, zum Beispiel in Schulen und Kitas sowie in deren Sichtweite, auf Spielplätzen, in öffentlichen Sportstätten und in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr.
- Fahren unter Cannabiseinfluss: Das Führen von Fahrzeugen unter dem Einfluss von Cannabis bleibt eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat, ähnlich wie bei Alkohol.
Für Sie als juristischen Laien bedeutet das: Das KCanG schafft Spielräume für den privaten Konsum und Besitz in geringen Mengen und unter klaren Bedingungen. Gleichzeitig bleiben viele Handlungen im Zusammenhang mit Cannabis weiterhin strafrechtlich relevant, insbesondere wenn es um größere Mengen, den Handel, den Schutz Minderjähriger oder den Straßenverkehr geht. Die Grenzen und Verbote sind im Gesetz detailliert festgelegt und ihre Missachtung kann rechtliche Konsequenzen haben.
Was bedeutet „teleologische Reduktion“ im juristischen Kontext und wann wird sie angewendet?
Teleologische Reduktion ist ein Werkzeug, das in der Rechtswissenschaft und von Gerichten genutzt wird. Stellen Sie sich vor, ein Gesetz hat einen bestimmten Wortlaut, der auf den ersten Blick einen Sachverhalt erfasst. Bei genauer Betrachtung des Sinnes und Zwecks (des „Telos“) dieses Gesetzes stellt sich aber heraus, dass der Gesetzgeber diese spezielle Situation eigentlich gar nicht regeln oder erfassen wollte.
Der Sinn und Zweck entscheidet
Der Name „teleologische Reduktion“ leitet sich vom griechischen Wort „Telos“ ab, das „Ziel“ oder „Zweck“ bedeutet. Es geht also darum, das Gesetz auf seinen eigentlichen Zweck zu „reduzieren“ oder einzuschränken. Obwohl der Wortlaut des Gesetzes eine Anwendung zulassen würde, wird das Gesetz in einem bestimmten Fall NICHT angewendet, weil das dem klar erkennbaren Zweck des Gesetzes widersprechen würde.
Warum wird sie angewendet?
Gesetze werden oft sehr allgemein formuliert, um möglichst viele Fälle zu erfassen. Manchmal entstehen aber Situationen, die der Gesetzgeber bei der Formulierung nicht bedacht hat oder auch gar nicht regeln wollte. Eine starre, wörtliche Anwendung des Gesetzes in solchen Fällen könnte zu unvernünftigen, unfairen oder vom Gesetzgeber ungewollten Ergebnissen führen.
Durch die teleologische Reduktion können Gerichte verhindern, dass ein Gesetz in einem Fall angewendet wird, der zwar vom Wortlaut her passt, aber eindeutig außerhalb des Regelungszwecks liegt. Es ist ein Weg, die Rechtsanwendung flexibel und am Sinn der Vorschrift ausgerichtet zu gestalten.
Ein alltägliches Beispiel zum Verständnis
Stellen Sie sich vor, es gibt ein Ortsschild, auf dem steht: „Einfahrt für Fahrzeuge verboten“. Der klare Zweck dieses Schildes ist es, Verkehr zu verhindern, der gefährlich ist oder Lärm macht. Nun fährt ein kleines Kind mit einem Tretroller auf dem Bürgersteig in die Straße. Passt das vom Wortlaut? Ein Tretroller könnte als „Fahrzeug“ im weitesten Sinne gesehen werden. Würde man das Schild aber wörtlich auf das Kind mit dem Tretroller anwenden, wäre das unsinnig und widerspräche dem Zweck, gefährlichen Verkehr zu verhindern. In diesem sehr vereinfachten Beispiel könnte man sagen, dass das Verbot „teleologisch reduziert“ wird und sich eben nicht auf spielende Kinder mit Tretrollern bezieht, weil diese nicht den Verkehr im Sinne des Verbots stören.
Wann kommt sie zur Anwendung?
Eine teleologische Reduktion wird angewendet, wenn:
- Der Wortlaut eines Gesetzes einen Sachverhalt erfasst.
- Der Sinn und Zweck des Gesetzes (der Wille des historischen Gesetzgebers oder der objektive Gesetzeszweck) diesen Sachverhalt NICHT erfassen soll.
- Eine wörtliche Anwendung im konkreten Fall zu einem unerträglichen oder sinnwidrigen Ergebnis führen würde, das eindeutig nicht gewollt war.
Es ist eine Form der Auslegung, die über den reinen Wortlaut hinausgeht, um den wahren Geltungsbereich einer Norm im Lichte ihrer Zielsetzung zu bestimmen.
Unter welchen Umständen kann der Erwerb von Cannabis trotz des KCanG weiterhin strafbar sein?
Obwohl das Konsumcannabisgesetz (KCanG) den Besitz und den Anbau von Cannabis unter bestimmten Bedingungen legalisiert hat, kann der Erwerb von Cannabis in verschiedenen Situationen nach wie vor strafrechtliche Konsequenzen haben. Dies hängt maßgeblich davon ab, woher das Cannabis stammt und um welche Menge es sich handelt.
Illegaler Bezugsweg
Ein zentraler Punkt ist die Herkunft des Cannabis. Der Erwerb von Cannabis auf dem illegalen Markt, also zum Beispiel von einem Händler auf der Straße (Schwarzmarkt), bleibt weiterhin strafbar. Das Gesetz erlaubt den Erwerb künftig nur über legale Wege, wie etwa Anbauvereinigungen (ab 1. Juli 2024) oder durch erlaubten privaten Eigenanbau. Wenn Sie Cannabis von einer nicht zugelassenen Quelle beziehen, verstoßen Sie gegen das Gesetz.
Überschreitung der erlaubten Mengen
Das KCanG erlaubt den Besitz von Cannabis nur bis zu bestimmten Höchstmengen. Wenn Sie Cannabis in Mengen erwerben, die diese gesetzlichen Grenzen überschreiten, kann dies strafbar sein. Die erlaubten Grenzen für den persönlichen Besitz liegen bei maximal 25 Gramm getrocknetem Cannabis im öffentlichen Raum und maximal 50 Gramm getrocknetem Cannabis in der privaten Wohnung. Der Erwerb größerer Mengen lässt vermuten, dass diese nicht ausschließlich für den erlaubten Eigenkonsum bestimmt sind und fällt daher nicht unter die Legalisierung.
Erwerb für verbotene Zwecke
Auch der Zweck des Erwerbs ist wichtig. Der Erwerb von Cannabis für bestimmte verbotene Aktivitäten bleibt strafbar. Dazu gehört insbesondere der Erwerb, um damit illegal Handel zu treiben oder das Cannabis an Minderjährige weiterzugeben. Solche Handlungen sind nach dem KCanG ausdrücklich verboten und haben strafrechtliche Folgen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Solange Sie Cannabis nicht aus einer erlaubten Quelle beziehen, die erlaubten Mengen überschreiten oder das Cannabis für verbotene Zwecke erwerben, bewegen Sie sich außerhalb des Rahmens, den das KCanG geschaffen hat, und können sich strafbar machen.
Welche Rolle spielt der Eigenbedarf bei der Beurteilung von Cannabisbesitz und -erwerb?
Unter dem Stichwort „Eigenbedarf“ versteht man, dass jemand Cannabis ausschließlich für den persönlichen Konsum besitzt oder erwirbt und nicht, um damit Handel zu treiben. Die Beurteilung, ob Cannabisbesitz oder -erwerb in Deutschland erlaubt ist, hängt maßgeblich von der Menge ab, die jemand bei sich hat oder sich beschafft.
Das Gesetz (das sogenannte Cannabisgesetz) hat klare Grenzen festgelegt, bis zu denen der Besitz von Cannabis für den Eigenbedarf grundsätzlich erlaubt ist:
- In der Öffentlichkeit: Sie dürfen bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich führen.
- In der privaten Wohnung: Sie dürfen bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis in Ihrer Wohnung besitzen.
Diese Mengengrenzen sind entscheidend. Besitzt oder erwirbt jemand eine Menge, die innerhalb dieser Grenzen liegt, wird dies in der Regel als für den persönlichen Konsum bestimmt (Eigenbedarf) angesehen und ist nach dem Gesetz erlaubt.
Wenn die Menge über diesen gesetzlichen Grenzen liegt, ist der Besitz oder Erwerb grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Je deutlich höher die Menge über den erlaubten Grenzen liegt, desto eher kann dies auch darauf hindeuten, dass die Person nicht nur Eigenbedarf decken möchte, sondern möglicherweise Handel treibt oder eine nicht unerhebliche Menge besitzt, was rechtlich anders und strenger bewertet wird.
Es ist wichtig zu verstehen: Die gesetzlichen Mengengrenzen sind die maßgeblichen Kriterien, um zu beurteilen, ob der Besitz oder Erwerb von Cannabis für den Eigenbedarf im Sinne des Gesetzes erlaubt ist. Alles, was diese Grenzen überschreitet, wird rechtlich anders eingeordnet.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Geldwäsche (§ 261 StGB)
Geldwäsche bedeutet, dass jemand Vermögenswerte, die aus einer Straftat stammen (sogenannte Vortaten), verwendet oder verbirgt, um ihre illegale Herkunft zu verschleiern. § 261 Strafgesetzbuch (StGB) regelt diese Straftat und macht etwa das Erwerben, Verwalten oder Verbergen von „schmutzigem“ Geld strafbar. Entscheidend ist, dass der Täter zumindest wissen oder damit rechnen muss, dass die Vermögenswerte aus einer Straftat stammen. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob der Erwerb von Cannabis aus illegaler Quelle als Geldwäsche gilt, was das Gericht aber verneinte.
Beispiel: Wenn jemand Geld aus illegalem Drogenverkauf nimmt und es in ein legales Geschäft investiert, um die Herkunft zu verschleiern, macht er sich wegen Geldwäsche strafbar.
Teleologische Reduktion
Die teleologische Reduktion ist ein juristisches Auslegungsprinzip, nach dem ein Gesetzestext nicht wörtlich, sondern nach seinem Sinn und Zweck eingeschränkt angewendet wird. Wenn die wörtliche Anwendung zu einem Ergebnis führt, das offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers widerspricht oder unvernünftig ist, wird der Anwendungsbereich des Gesetzes eingeschränkt. Im konkreten Fall wurde § 261 StGB teleologisch reduziert, weil eine Geldwäsche-Strafbarkeit für den Erwerb geringer Cannabis-Mengen zum Eigenkonsum dem Entkriminalisierungszweck des neuen Konsumcannabisgesetzes widersprechen würde.
Beispiel: Ein Verkehrsverbotsschild gilt nicht für Fußgänger, obwohl diese unter dem Wortlaut ebenfalls als „Verkehrsteilnehmer“ gelten könnten – hier wird der Sinn des Verbots berücksichtigt.
Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 2 StPO)
Die Kognitionspflicht verpflichtet ein Gericht, bei der Prüfung eines Sachverhalts alle rechtlichen Gesichtspunkte und relevanten Tatbestände von Amts wegen zu prüfen. Das heißt, ein Gericht muss alle anwendbaren strafrechtlichen Vorschriften berücksichtigen, auch ohne entsprechenden Antrag der Parteien. Im vorliegenden Fall ging es darum, ob das Landgericht auch auf den Geldwäschetatbestand hätte prüfen müssen. Das OLG stellte klar, dass eine Prüfungspflicht entfällt, wenn die Strafvorschrift offensichtlich nicht anwendbar ist, wie hier bei § 261 StGB und geringen legalen Cannabis-Mengen.
Beispiel: Wenn bei einem Diebstahlverfahren offensichtlich keine Haftungsgründe für eine weitere Straftat vorliegen, muss das Gericht diese nicht zusätzlich untersuchen.
Gesetzeskonkurrenz und privilegierende Spezialität
Gesetzeskonkurrenz liegt vor, wenn zwei oder mehr Gesetze auf denselben Sachverhalt anwendbar sein könnten. Dabei verdrängt in der Regel das speziellere Gesetz das allgemeinere (privilegierende Spezialität). Im Fall des KCanG und § 261 StGB bedeutet dies, dass das speziell auf den Cannabisbesitz zugeschnittene KCanG Vorrang hat und eine Anwendung des allgemeineren Geldwäscheparagraphen ausgeschlossen ist, wenn das KCanG eine bestimmte Handlung gerade entkriminalisiert oder privilegiert.
Beispiel: Bei einem Raub mit einer Waffe kann das Waffengesetz spezielle Strafen vorsehen, die vor allgemeinen Strafvorschriften zum Raub vorrangig angewendet werden.
Eigenbedarf
Eigenbedarf bezeichnet den Besitz oder Erwerb von Cannabis ausschließlich für den persönlichen Gebrauch und nicht zum Weiterverkauf oder Handel. Die Bewertung, ob es sich um Eigenbedarf handelt, hängt vor allem von der mitgeführten Menge ab. Nach dem KCanG ist der Besitz geringerer Mengen (bis 25 Gramm unterwegs, bis 50 Gramm zu Hause) grundsätzlich straffrei, wenn er dem Eigenbedarf dient. Im vorliegenden Fall war die geringe Menge von 6 Gramm maßgeblich für die Annahme, dass der Besitz auf Eigenbedarf und nicht auf Handeltreiben gerichtet war, was keine Straftat darstellt.
Beispiel: Jemand, der eine kleine Menge Cannabis für sich selbst kauft und nicht mehrfach verkauft, handelt aus Eigenbedarf.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG (Konsumcannabisgesetz): Diese Vorschrift definiert die Grenze der strafbefreiten Besitzmenge von Cannabis mit 30 Gramm. Besitz unterhalb dieses Grenzwerts ist nicht strafbar, was eine Entkriminalisierung des kleinen Eigenverbrauchs bewirkt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Besitz von 6 Gramm Cannabis fällt klar unter diese Grenze, sodass das KCanG den Besitz legalisiert und keine Strafbarkeit wegen Betäubungsmittelbesitzes vorliegt.
- § 261 StGB (Geldwäsche): Regelt die Strafbarkeit der Geldwäsche, insbesondere die Verwendung von Gegenständen aus Straftaten, um deren Herkunft zu verschleiern. Der Tatbestand umfasst auch den Erwerb von Sachen aus Straftaten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG stellte klar, dass der Erwerb geringer Cannabis-Mengen, die nach dem KCanG straflos sind, nicht als Geldwäsche zu bewerten ist, selbst wenn das Cannabis aus illegaler Quelle stammt.
- § 2 Abs. 3 StGB (Grundsatz des milderen Gesetzes – lex mitior): Bestimmt, dass bei Rückwirkung eines neuen Gesetzes das günstigere Recht anzuwenden ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das neue KCanG verdrängt hier das ältere BtMG, weil es für den Betroffenen günstiger ist, was zur Folge hat, dass der Besitz kleiner Mengen nicht mehr strafbar ist.
- § 264 Abs. 2 StPO (Kognitionspflicht): Verpflichtet Gerichte, den Sachverhalt umfassend unter allen rechtlich relevanten Gesichtspunkten zu prüfen. Eine Ausnahme besteht, wenn die Anwendung einer Norm offensichtlich nicht möglich ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG entschied, dass das Landgericht keine Pflicht hatte, den Erwerb der 6 Gramm Cannabis unter dem Gesichtspunkt der Geldwäsche zu prüfen, da eine solche Anwendung offensichtlich ausscheidet.
- Teleologische Reduktion (Rechtsauslegung): Ein Auslegungsprinzip, bei dem Gesetzesnormen enger ausgelegt werden, um unbillige oder gesetzgeberisch nicht beabsichtigte Folgen zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG nahm eine teleologische Reduktion des § 261 StGB vor, um Widersprüche mit dem KCanG zu vermeiden und nicht eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche bei geringen Cannabis-Mengen zu begründen.
- Grundsätze der Gesetzeskonkurrenz: Regeln das Verhältnis zwischen mehreren anwendbaren Normen, insbesondere, dass spezielle oder neuere Gesetze allgemeine verdrängen (Spezialitätsprinzip). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das KCanG wirkt als privilegierende Spezialregelung, die eine Strafbarkeit nach § 261 StGB ausschließt, weil der Erwerb kleiner Mengen Cannabis ausdrücklich nicht strafbar ist.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Celle – Az.: 2 ORs 18/25 – Urteil vom 11.04.2025
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