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Nichtbeförderung wegen nachträglicher Flugverlegung – Ausgleichszahlungsanspruch

AG Bremen, Az.: 9 C 61/17, Urteil vom 18.01.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1) und 2) jeweils einen Betrag in Höhe von 600 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligem Basiszinssatz seit dem 02.03.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die den Klägern zu 1) und 2) als Gesamtgläubiger vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.03.2017 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Kläger machen Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung geltend.

Nichtbeförderung wegen nachträglicher Flugverlegung - Ausgleichszahlungsanspruch
Symbolfoto: Von NicoElNino /Shutterstock.com

Die Kläger buchten am 02.08.2016 bei der C… einen Flug von Bremen nach Punta Cana mit Flugdatum vom 28.12.2016. Dieser setzte sich aus zwei getrennten Flügen – einem Zubringerflug von Bremen nach München mit der Bezeichnung LH 2109 und einem Anschlussflug von München nach Punta Cana mit der Bezeichnung DE 2240 zusammen. Die Flugbuchung wurde den Klägern von der Firma C…, nicht aber der Beklagten, bestätigt (Anlage K1, Bl. 6, 7 d.A.).

Als die Kläger am 28.12.2016 zum Abflug am Airport Bremen erschienen, erfuhren sie am Counter der Beklagten, dass sie auf den Flug vom Vortag umgebucht worden waren. Der Flug LH 2109 nach München fand am 28.12.2016 somit zwar statt, jedoch ohne die Kläger.

Die Kläger machten gegenüber der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 16.02.2017 unter Fristsetzung zum 01.03.2017 ergebnislos Ausgleichszahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 1.200 € geltend.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagte ausführendes Luftfahrtunternehmen gewesen und also passivlegitimierte sei, was aus dem IATA Code LH in der Buchungsbestätigung folge. Eine Vorverlegung um mehr als 10 Stunden sei als Annullierung zu bewerten, zumindest läge eine Nichtbeförderung vor. Die Kläger behaupten, dass sie eine Mitteilung über die Flugvorverlegung vorab nicht erhalten hätten; auch seien sie entsprechend Art. 14 der Fluggastrechteverordnung nicht informiert worden. Die Strecke von Bremen nach Punta Cana betrage mehr als 3500 km, weshalb die Beklagte Ausgleichszahlung in Höhe von insgesamt 1.200 € schulde.

Die Kläger beantragen,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1) und 2) jeweils einen Betrag in Höhe von 600 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligem Basiszinssatz seit dem 02.03.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, die den Klägern zu 1) und 2) als Gesamtgläubiger vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.03.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass allenfalls die Firma C… – als Vertragspartnerin der Kläger – passivlegitimiert wäre. Als Subunternehmerin der C… sei die Beklagte dagegen weder in die Buchung noch in die Verwaltung involviert gewesen. Aus dem Amadeus-Buchungsauszug ergebe sich, dass die C… die Kläger bereits am 04.08.2016 auf den 27.12.2016 umgebucht habe. Laut Buchungsauszug habe C. die Kläger per Mail am 04.08.16 darüber auch informiert. Im System der Beklagten existiere für die Kläger keine bestätigte Buchung für 28.12.2016. Die Buchungsbestätigung nach Anlage K1 beinhalte keine Ticketnummer und keine Buchungsnummer der Beklagten, welche mit 220 anfange. Eine Flugannullierung läge schon deshalb nicht vor, weil der Flug LH 2109 am 28.12.2016 tatsächlich stattgefunden habe. Eine Nichtbeförderung sei nicht gegeben, weil die Kläger am 27.12.2016 zur Abfertigung nicht erschienen. Die Beklagte habe auch keine Möglichkeit Regress gegenüber der C… zu nehmen; denn die Verpflichtung, die Buchungen ordnungsgemäß zu verwalten, bestehe nur gegenüber den Klägern und nicht gegenüber der Beklagten.

Das Gericht hat den Parteien im Termin vom 24.08.2017 und mit Beschluss vom 28.09.2017 Hinweise erteilt.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig. Die Beklagte ist passivlegitimiert. Denn sie ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Fluggastrechteverordnung (EG VO Nr. 261/2004 vom 11.02.2004) ist. Irrelevant für die Anwendung der Verordnung ist die Tatsache, dass die Beklagte keine Vertragspartnerin der Kläger geworden ist.

Für die Begründung eines Ausgleichsanspruchs gemäß Art. 7 der Fluggastrechteverordnung kommt es alleine darauf an, wer das „ausführende Luftfahrtunternehmen“ des streitgegenständlichen Fluges ist. Nach Art. 2 lit. b der Verordnung, ist „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt.“ Indem die Begriffsbestimmung auf die Durchführung des Fluges abstellt und hiervon die zugrunde liegende Vertragsbeziehung abgrenzt, die der Fluggast auch zu einem anderen Unternehmen begründen könne, macht die Legaldefinition in der deutschen Sprachfassung deutlich, dass für den Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens allein maßgeblich ist, welches Unternehmen mit dem von ihm bereit gestellten Flugzeug und Personal die Beförderungsleistung tatsächlich erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 – Xa ZR 113/08 -, juris; BGH, Urteil vom 26. November 2009 – Xa ZR 132/08 -, juris; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – X ZR 73/16 -, juris; BGH, Urteil vom 08. August 2017 – X ZR 101/16 -, juris).

Ferner kann das ausführende Luftfahrtunternehmen nur ein solches sein, das die operationelle Verantwortung für die Durchführung des Fluges hat. Denn nur das Unternehmen, welches die operationelle Verantwortung für den Flug hat, ist in der Lage, die Verpflichtungen aus der Verordnung zu erfüllen. Nur dieses Unternehmen hat die notwendige Präsenz an den Flughäfen und die Informationen über die Passagiere (LG Hamburg, EuGH-Vorlage vom 29. Juni 2017 – 309 S 89/16 -, Rn. 5, juris). Die Kläger hätten mit dem Flug LH 2109 befördert werden sollen. Der Carriercode LH steht für die D… Dies wurde in der den Klägern zur Verfügung stehenden Buchungsbestätigung auch kenntlich gemacht. Der Flug wurde tatsächlich am 28.12.2016 planmäßig von der D… unter deren Flugnummer durchgeführt. Die Beklagte hatte an dem Tag auch die operationelle Verantwortung für ihren eigenen Flug und war an dem Counter am Flughafen Bremen präsent.

Es kann dahinstehen, ob es sich bei diesem Flug um einen Fall des „Code-Sharing“ handelt. Beim „Code Sharing“ teilen sich zwei oder mehrere Fluggesellschaften einen Linienflug, wobei jede beteiligte Gesellschaft den Flug unter einer eigenen Flugnummer durchführt. Abgesehen davon, dass dazu von der Beklagtenseite substantiiert nicht vorgetragen wurde, ändert das Vorliegen einer solchen Vereinbarung nichts an der Tatsache, dass die Beklagte auch in diesem Fall als ausführendes Luftfahrtunternehmen anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH wird bei Kooperationen von Luftfahrtunternehmen (wie etwa dem Code-Sharing) nur das jeweilige ausführende Luftfahrtunternehmen Ansprüchen aus der Fluggastrechteverordnung ausgesetzt, unabhängig davon, mit wem der Fluggast den Luftbeförderungsvertrag geschlossen hat (BGH, Urteil vom 08. August 2017 – X ZR 101/16 -Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 26. November 2009 – Xa ZR 132/08 – Rn. 5, juris).

Ferner kann kein Fall des „Wet Leasing“ angenommen werden. Dies wäre dann der Fall, wenn die C. Flugdienst GmbH im Rahmen einer „Wet Lease“ Vereinbarung die ganze Maschine mit Besatzung für die Durchführung des streitgegenständlichen Fluges bei der Beklagten angemietet hätte. Wäre dies der Fall gewesen, wäre die C. Flugdienst GmbH als ausführendes Luftfahrtunternehmen zu bewerten gewesen. Im Rahmen einer „Wet Lease“- Vereinbarung gilt als ausführendes Luftfahrtunternehmen nämlich dasjenige Unternehmen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung angemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird. Die im Flugverkehr häufigen Fälle der Anmietung eines Flugzeuges, sog. Dry-Lease, und eines Flugzeuges nebst Crew, sog. Wet-Lease, führen nicht dazu, dass das Flugzeug und Crew zur Verfügung stellende Luftfahrtunternehmen nach der Fluggastrechteverordnung hafte (vgl. AG Köln, Urteil vom 07. August 2017 – 142 C 511/16 -, juris). Abgesehen davon, dass die Beklagte zu einer Vermietung ihres Flugzeugs an C… nichts vortrug, spricht gegen eine „Wet Lease“ Vereinbarung der Umstand, dass der Flug LH 2109 tagtäglich stattfindet. Somit handelt es sich um einen Linienflug der Beklagten. Außerdem wurde den Klägern angezeigt, dass der von C… bestätigte Flug durch die Beklagte durchgeführt werden soll. Für die Beförderung der Kläger wurde also offenbar nicht die komplette Maschine angemietet, sondern lediglich zwei Plätze auf dem Flug der Beklagten eingebucht.

Der BGH hat zum Wet-Lease zwar entschieden, dass der Ausgleichsanspruch gegenüber dem Vertragsunternehmen geltend zu machen ist und nicht gegenüber dem vermietenden Luftfahrtunternehmen (BGH Urteile vom 12.09.2017 – X ZR 102/16, X ZR 106/16). Der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall liegt neben der Anmietung einer ganzen Maschine aber darin, dass im BGH-Fall der Flug in der Buchungsbestätigung mit dem IATA Code des Vertragsunternehmens ausgewiesen wurde, sodass für die Fluggäste nur das Vertragsunternehmen als ausführendes Unternehmen erkennbar war. Im Gegensatz dazu war der Flug LH 2109 in der Buchungsbestätigung als Flug der Beklagten kenntlich gemacht und nicht als Flug der C… mit dem IATA Code DEXXXX.

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II. Die Klage ist begründet. Den Klägern steht gegenüber der Beklagten ein Ausgleichsanspruch in Höhe von jeweils 600,00 € gemäß Art. 7 I lit. c) i. V. m. Art. 4 der Verordnung EG Nr. 261/2004 zu.

1. Eine Annullierung im Sinne des Art. 5 der Verordnung lag nicht vor. Eine „Annullierung“ ist gemäß Art. 2 lit. l der Fluggastrechteverordnung die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges. Der Flug LH 2109 fand aber am 28.12.16 aber wie geplant statt, nur ohne die Kläger am Board. Die Kläger wurden vielmehr mit dem gebuchten Flug nicht befördert.

2. Eine Nichtbeförderung liegt nach Art. 4 der Fluggastrechteverordnung vor, wenn dem Fluggast die Beförderung gegen seinen Willen ohne vertretbare Gründe verweigert wird. Gemäß Art. 3 II lit. a der VO EG Nr. 261/2004 müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: Der Fluggast muss in Besitz einer bestätigten Buchung sein, sich zur angegeben Zeit, aber spätestens 45 Minuten vor dem Abflug zur Abfertigung eingefunden haben, und der Einstieg muss ihm ohne vertretbare Gründe verweigert werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 78/08 – Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 28. August 2012 – X ZR 128/11 – Rn. 22, juris).

3. Den Klägern wurde der Flugantritt bereits an dem Counter der Beklagten verwehrt, weil die Kläger auf einen anderen Flug umgebucht worden waren. Dieser Umstand ist indessen unbeachtlich, weil eine Umbuchung nach der Rechtsprechung des BGH gleich dem Fall einer Nichtbeförderung zu behandeln ist (BGH, EuGH-Vorlage vom 07. Oktober 2008 – X ZR 96/06 -, juris). Der Geltungsbereich der Fluggastrechteverordnung ist auch dann gemäß Art. 3 II lit. b der Fluggastrechteverordnung eröffnet, wenn Fluggäste von einem Luftfahrtunternehmen oder einem Reiseunternehmen auf einen anderen Flug umgebucht werden, unabhängig von dem Grund dafür. Wenn ein Passagier unfreiwillig von dem geplanten und tatsächlich durchgeführten Flug auf einen anderen Flug umgebucht wird, liegt bezogen auf den ursprünglichen Flug eine Nichtbeförderung vor (BGH, EuGH-Vorlage vom 07. Oktober 2008 – X ZR 96/06 – Rn. 11, juris).

Eine Beförderungsweigerung liegt bei der Umbuchung in dem Umbuchungsvorgang selbst und nicht – wie in dem klassischen Fall der Nichtbeförderung – erst am Flugsteig, wenn der Einstieg verwehrt wird. Ebenso braucht sich der Fluggast bei einer Flugumbuchung nicht zur Abfertigung des ursprünglich geplanten Fluges einzufinden, da der BGH in der Mitteilung über eine Flugumbuchung, die ohne Zustimmung des Fluggastes erfolgt, eine vorweggenommene Beförderungsverweigerung sieht (BGH, Urteil vom 17. März 2015 – X ZR 34/14 – Rn. 26, BGHZ 204, 291-302).

Die Kläger wurden unstreitig 2 Tage nach der bestätigten Buchung von ihrem ursprünglich gebuchten Flug LH 2109 am 28.12.16 auf den gleichen Flug am Vortag, den 27.12.16, umgebucht. Eine Zustimmung zur Umbuchung seitens der Kläger lag nicht vor. Sie sind außerdem planmäßig zur Abfertigung ihres am 28.12.16 ursprünglich gebuchten Fluges erschienen. Die Beklagte bleibt beweisfällig, dass die Kläger eine Mitteilung über die Umbuchung erhalten haben. Für den Zugang der Umbuchungsmitteilung als einen die Beklagte begünstigten Umstand ist die Beklagte beweispflichtig (vgl. Art. 5 IV Fluggastrechte verordnung für Annullierung). Diesbezüglich erfolgten aber keine Beweisangebote. Der Vermerk in dem Amadeus-Buchungssystem, dass eine informatorische Email an die Kläger rausgegangen ist, beweist noch keinen Zugang der Mail bei den Klägern (vgl. Palandt, 77. A., § 130, Rn. 21 m.w.N.).

4. Auch besaßen die Kläger nach Ansicht des erkennenden Gerichts eine bestätigte Buchung für den Flug LH 2109 am 28.12.16. Nach der Legaldefinition des Art. 2 lit. f der VO EG Nr. 261/2004 ist eine „Buchung“ – ein Flugschein oder ein anderer Beleg, aus dem hervorgeht, dass die Buchung von dem Luftfahrtunternehmen oder dem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurde. Die Definition macht deutlich, dass eine Buchung nicht zwingend von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen selbst ausgestellt sein muss. Daher ist es unschädlich, dass die streitgegenständliche Buchungsbestätigung von der C…, der Vertragspartnerin der Kläger, ausgestellt wurde. Wenn schon ein Reiseunternehmen befugt ist, eine nach der Fluggastrechteverordnung gültige Flugbuchung zu tätigen, muss ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung die Flugplätze für den Flug seines Kooperationspartners einbuchen darf, erst recht gültige Buchungsbestätigungen ausstellen dürfen (vgl. LG Landshut, Urteil vom 18. Mai 2015 – 12 S 2435/14 – Rn. 26, juris). Die Buchungsbestätigung, über die die Kläger verfügen (Bl. 6, 7 d.A.), beinhaltet die Buchungsnummer der C… und sonst alle nötigen Informationen über den Flug wie Flugstrecke, Abflug- und Ankunftszeiten, Namen der Fluggäste und Buchungscode (Filekey). In der Praxis wird die Mehrzahl der Flugtickets auch über dritte Anbieter gebucht. Dabei bekommt der Fluggast in der Regel lediglich eine von diesem Anbieter ausgestellte Buchungsbestätigung. Von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen erhält er kein Originalflugticket. Dieses wird vielmehr erst bei der Abfertigung am Flughafen gegen Vorlage einer Buchungsbestätigung ausgestellt.

Dass zusätzlich zu den oben ausgeführten Daten auch eine Ticketnummer sowie eine Buchungsnummer der Beklagten in der Buchungsbestätigung hätte mitangegeben werden müssen, ist insofern nicht ersichtlich.

5. Irrelevant ist die Tatsache, dass die Umbuchung nicht von der Beklagten selbst getätigt wurde. Art. 3 II lit. b der Fluggastrechteverordnung sieht zumindest zwei Möglichkeiten vor: Eine Umbuchung durch ein Luftfahrtunternehmen oder durch ein Reiseunternehmen. Aber selbst im letzteren Fall wird das ausführende Luftfahrtunternehmen von seiner Haftung nach der Fluggastrechteverordnung nicht entbunden.Der BGH geht sogar von einer grundsätzlichen Zurechenbarkeit des Verhaltens des Reiseveranstalters dem ausführenden Luftfahrtunternehmen gegenüber aus (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2015 – X ZR 34/14 – Rn. 26, BGHZ 204, 291-302 zur Zurechenbarkeit einer Umbuchungsmitteilung). Die Verlegungen (Umbuchungen) durch Dritte sollen nicht anders zu behandeln sein, als Verlegungen durch das Luftfahrtunternehmen selbst, auch deswegen, weil ein Fluggast nicht überprüfen kann, wer die Änderung tatsächlich veranlasst hat; er erfährt dies in der Regel erst mit der Mittelung, dass einer Umbuchung stattgefunden hat (BGH, EuGH-Vorlage vom 07. Oktober 2008 – X ZR 96/06 -Rn. 16, juris).

Außerdem muss das ausführende Luftfahrtunternehmen ohnehin für die Flugverlegungen, die aus den o.g. Gründen der Nichtbeförderung gleichgestellt sind, verschuldensunabhängig einstehen; das Luftfahrtunternehmens kann sich bei Ansprüchen wegen Nichtbeförderung nicht exkulpieren (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2007 – 22 S 435/06 – Rn. 12, 15-17, juris; Führich, Reiserecht, 5. Auflage, Rdn. 1021).

Diese strenge Regelung entspricht dem Sinn und Zweck der Fluggastrechteverordnung – nämlich dem Schutz des Fluggasts. Indem die Passagiere sich bei Problemen an das ausführende Unternehmen halten dürfen, haben sie einen Ansprechpartner vor Ort am Flughafen. Werden zwischen Flugfahrtunternehmen Kooperationsvereinbarungen getroffen, sei es „Code-Sharing“, „Dry- oder Wet-Lease“, dürfen sich diese internen Absprachen nicht zulasten der Fluggäste auswirken. Sollten Buchungsfehler oder andere Unstimmigkeiten auftreten, darf sich der Fluggast vielmehr grundsätzlich an das Luftfahrtunternehmen halten, das für ihn im Außenverhältnis erkennbar als ausführendes Unternehmen auftritt, sprich als solches in einer Buchungsbestätigung ausgewiesen ist. Dies ist der Fall, wenn ein Flug durch einen IATA Code des entsprechen Flugunternehmens gegenzeichnet ist.

Unabhängig davon bleiben gem. Art. 13 der Fluggastrechteverordnung die Regressansprüche im Innenverhältnis zwischen den kooperierenden Flugfahrtunternehmen und dem Vertragsunternehmen unberührt. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten, dass außer einer Vergütungsverpflichtung keinerlei Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der C… bestünden, aus denen sich Regressansprüche für die Beklagte ergeben könnten. Ob ein Regressanspruch bei eigenmächtiger oder nicht kommunizierter Umbuchung bereits aus § 280 I BGB folgen würde, kann dahinstehen. Der Beklagten steht es schließlich frei, in einem Kooperations- bzw. Subunternehmervertrag mit der Firma C… (oder anderen Firmen) Regressansprüche vorab vertraglich zu normieren, insbesondere für den Fall der nicht hinreichend kommunizierten Umbuchung.

6. Die den Tatbestand der Nichtbeförderung ausschließenden vertretbaren Gründe sind nicht ersichtlich. Vertretbare Gründe sind gemäß Art. 2 lit. j der Fluggastrechteverordnung solche, die im Zusammenhang mit der Gesundheit, der Sicherheit oder unzureichenden Reiseunterlagen stehen. Eine Umorganisation der Flugplanung ist nach dem bereits Ausgeführten dagegen mit diesen Gründen nicht vergleichbar (AG Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 16. Mai 2017 – 41 C 192/16 -, juris; gegenteilige Auffassung vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 20. Januar 2017 – 3 C 923/16 (37) -, juris). Andernfalls wäre das durch die verschuldensunabhängige Haftung eines ausführenden Luftfahrtunternehmens geprägte Konzept der Fluggastrechteverordnung ausgehöhlt.

7. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs beträgt für die Kläger jeweils 600 €, insgesamt 1.200 €. Nach Art. 7 I lit. c der Fluggastrechteverordnung errechnet sich die Ausgleichshöhe nach Entfernung der gebuchten Flugstrecke, wobei der letzte Zielort zugrunde gelegt wird. Die Strecke von Bremen nach Punta Cana, Endreiseziel der Kläger, beträgt mehr als 3500 km.

III. Außerdem haben die Kläger gemäß Art. 12 Fluggastrechteverordnung i.V.m. § 280 I BGB einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten (1,5 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und MwSt.) auf Basis eines begründeten Streitgegenstandswertes in Höhe von 1.200 €, mithin in Höhe von 229,08 € brutto. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, die Kläger hinreichend informiert zu haben; insofern kommt es auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Mandatierung bereits (schuldhafter) Zahlungsverzug vorlag, nicht mehr an (vgl. BGH Urt. v. 25.02.2016 – X ZR 35/15). Die Geschäftsgebühr war wegen des Doppelmandats anzuheben. Angesichts der aufgeworfenen rechtlichen Fragen war die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts vorliegend eine zweckdienliche Rechtsverfolgungsmaßnahme. Die Aufwendungen der Kläger sind daher als Schaden im Sinne des § 249 BGB zu bewerten.

IV. Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet, da sich die Beklagte seit dem 02.03.17 im Verzug befindet.

V. Die Kostenentscheidung resultiert aus § 91 I ZPO.

VI. Die Entscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11 Alt. 1, 711 ZPO.

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