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Niederschlagung von Notarkosten

OLG Dresden – Az.: 17 W 265/21 – Beschluss vom 17.05.2021

Die Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 16.03.2021 (Az. 2 OH 30/20) wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 7.447,02 €

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme aus einer Notarkostenrechnung.

Am 23.02.2017 schloss sie mit notarieller Urkunde des Antragsgegners (UR …) einen Grundstückskaufvertrag. Im Rahmen der Beurkundung wies die den Antragsgegner vertretende Notarassessorin darauf hin, dass die Wirksamkeit des Grundstücksverkaufvertrages einen notariell beurkundeten Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung bedinge. Dem Hinweis folgend fassten die Gesellschafter der Antragstellerin einen solchen Beschluss, der mit notarieller Urkunde des Antragsgegners (UR …) beurkundet wurde. Die Kosten für diese Beurkundung machte der Antragsgegner zunächst mit Kostenberechnung vom 02.03.2017 (Anlage A2) und später nochmals mit korrigierter Kostenrechnung vom 16.12.2019 (Anlage A3) geltend. Aufgrund von Einwendungen der Antragstellerin wandte sich der Antragsgegner an die Ländernotarkasse; nach Vorlage von deren Stellungnahme berechnete der Antragsgegner die Kosten erneut und stellte sie der Antragstellerin mit – allein noch verfahrensgegenständlichem – Schreiben vom 30.03.2020 (Anlage A 1) in Höhe von 7.447,02 € in Rechnung.

Daraufhin beantragte die Antragstellerin die Überprüfung der Notarrechnung beim Landgericht Leipzig. Mit Beschluss vom 16.03.2021 wies das Landgericht den Kostenprüfungsantrag als unbegründet zurück. Notarkosten seien nur bei einer unrichtigen Sachbehandlung durch den Notar nicht zu erheben, wenn gegen eindeutige gesetzliche Normen verstoßen bzw. wenn bei mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere gewählt worden sei. Grundsätzlich habe ein Notar den sichersten Weg zu gehen und den Beteiligten anzuraten. Die rechtliche Einschätzung des Streitgegenstandes und die Entscheidung, welches der beste Weg zur Wahrung der Interessen der Beteiligten sei, treffe der Notar im Rahmen der ihm gesetzlich gewährleisteten Unabhängigkeit. Der Notar müsse dabei nicht in eine für den rechtlichen Laien kaum nachvollziehbare Belehrung eintreten. Zum Zeitpunkt der Beurkundung habe die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach es bei einer Grundstücksveräußerung durch eine GmbH grundsätzlich keines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung bedürfe, noch nicht vorgelegen. Wegen der deshalb noch unsicheren Rechtslage sei in der Beurkundung eines Zustimmungsbeschlusses durch die Notarassessorin keine unrichtige Sachbehandlung zu sehen.

Gegen die am 22.03.2021 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am 20.04.2021 Beschwerde eingelegt. Sie beanstandet, dass der Antragsgegner nicht von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die Kostengünstigere gewählt, sondern vorgegeben habe, dass der für die Veräußerung der Immobilie notwendige Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter vor einem Notar gefasst und beurkundet werden müsse. Ein nicht beurkundeter Gesellschafterbeschluss wäre jedoch gleichermaßen sicher gewesen. Gegebenenfalls hätte er auch nur die Unterschriften der Gesellschafter beglaubigen können. Überdies verkenne das Landgericht, dass es zu den Obliegenheitspflichten eines Notars gehöre, seinem Mandanten zu erläutern, was er für die richtige Gestaltung im Sinne von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit halte.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin (§ 129 Abs. 1, § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG, § 64 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 FamFG) bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Durch die Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung zum Abschluss des Kaufvertrages sind die von dem Notar mit Kostenrechnung vom 30.03.2020 in Rechnung gestellten Gebühren angefallen.

2. Eine Nichterhebung der Gebühren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG kommt nicht in Betracht.

Niederschlagung von Notarkosten
(Symbolfoto: Daniel Jedzura/Shutterstock.com)

Eine Kostenniederschlagung gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG setzt eine offenkundig unrichtige Sachbehandlung voraus. Eine solche liegt nur vor bei einem offen zutage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder bei einem offensichtlichen Versehen des Notars sowie dann vor, wenn der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere wählt (BGH, Beschluss vom 01.10.2020 – Az. V ZB 67/19). Die unrichtige Beurteilung schwieriger, höchstrichterlich nicht abschließend entschiedener Rechtsfragen durch den Notar stellt grundsätzlich keine unrichtige Sachbehandlung dar (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.09.1985 – Az. 8 W 411/85; KG Berlin, Beschluss vom 15.03.1999 – Az. 25 W 2837/97).

So war dies auch vorliegend. Zwar bedurfte es – entgegen des Hinweises der handelnden Notasassessorin – keines notariell beurkundeten Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung, weil § 179a AktG nicht analog auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung anwendbar ist. Dass dem so ist, war jedoch im Zeitpunkt der Beurkundung am 23.02.2017 nicht eindeutig geklärt. Erst mit Urteil vom 08.01.2019 (Az. II ZR 364/18) hat sich der Bundesgerichtshof zu dieser Frage positioniert. Zuvor gab es hierzu keine gerichtliche Entscheidung. Im Schrifttum war die Frage der analogen Anwendung von § 179a AktG umstritten; das überwiegende Schrifttum befürwortete sogar eine Analogie (so der Bundesgerichtshof a.a.O. mit entsprechender Darstellung des Meinungsstandes und Nachweisen). Die umfangreichen Ausführungen des Bundesgerichtshofes belegen auch, dass die von ihm vertretene Rechtsauffassung nicht offen auf der Hand lag. Bei dieser Sachlage lässt sich ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige Normen und damit eine unrichtige Sachbehandlung nicht bejahen (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.11.2015 – Az. I-10 W 120/15).

Anders als die Antragstellerin meint, gab es keine zwei gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten, von denen eine Günstiger und deshalb vom Notar zu empfehlen gewesen wäre. Bei Verzicht auf den Zustimmungsbeschluss hätte die Gefahr bestanden, dass der Kaufvertrag unwirksam wäre, wenn – was Anfang 2017 noch denkmöglich war – der Bundesgerichtshof die Rechtslage doch entsprechend der überwiegend im Schrifttum vertretenen Meinung beurteilt und § 179a AktG für eine GmbH wie die Klägerin für anwendbar erklärt hätte.

Deshalb war auch die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses nicht verzichtbar. Beschlüsse nach § 179a AktG sind mit Blick auf § 311b Abs. 3 BGB zu beurkunden. Wird die Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nach § 125 S. 1 BGB nichtig; eine Heilung ist weder in § 179a AktG noch in § 311b Abs. 3 BGB vorgesehen (Stein in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 179a Rn 32; Holzborn in: beck-online.Großkommentar, GesamtHrsg: Henssler, Hrsg: Spindler/Stilz, Stand: 01.02.2021, § 179a AktG Rn. 19; jeweils mit weiteren Nachweisen).

Dass die sonstigen Voraussetzungen des § 179a AktG nicht vorgelegen hätten, etwa dass der veräußerte Grundbesitz nicht im Wesentlichen einziger Vermögensgegenstand der Antragstellerin war, wird von ihr nicht vorgebracht.

3. Vor diesem Hintergrund sind der Antragsgegnerseite auch keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen, die in Gestalt eines Schadenersatzanspruches ggf. im Aufrechnungswege dem Gebührenanspruch entgegengehalten werden könnten. Ein Notar hat in allen Phasen seiner Tätigkeit den sichersten Weg zu gehen, d.h. den Beteiligten zur sichersten Gestaltung zu raten. Nur wenn zur Erreichung des angestrebten Erfolgs mehrere in jeder Hinsicht gleich sichere und zweckmäßige Wege zur Verfügung stehen, hat er die Pflicht, unter diesen Wegen den kostengünstigsten zu wählen (BGH, Beschluss vom 01.10.2020 – Az. V ZB 67/19). Wie ausgeführt war es aus zulässiger Sicht der Notarassessorin kein sicherer Weg, auf den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zu verzichten oder ihn auch nur nicht zu beurkunden. Sie war deshalb auch nicht gehalten, auf unsichere Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen.

III.

Der Kostenausspruch folgt aus § 130 Abs. 3 GNotKG iVm § 84 FamFG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 130 Abs. 3 GNotKG iVm § 70 Abs. 1 FamFG, § 133 GVG) liegen nicht vor.

 

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