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Oldtimer-Kaufvertrag – unzutreffende Laufleistungsangabe / Herabsetzung des Tachometerstandes

Oldtimer-Restaurierung: Tachostand wurde manipuliert

Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass der Beklagte den Kläger arglistig über die Gesamtfahrleistung eines Oldtimers getäuscht hat, indem er den Tachometerstand auf „0“ gesetzt und eine unzutreffende Laufleistung angegeben hat. Dem Kläger steht deshalb ein Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie Schadensersatz zu.

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Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung des Urteils des Landgerichts: Das OLG München hebt das Urteil des Landgerichts Landshut auf und spricht dem Kläger Schadensersatz zu.
  2. Arglistige Täuschung: Der Beklagte hat den Kläger arglistig über die Gesamtfahrleistung des Oldtimers getäuscht, indem er den Tachostand manipulierte und eine falsche Laufleistung angab.
  3. Rückabwicklung des Kaufvertrages: Der Kläger hat Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Erstattung des Kaufpreises von 330.000 €.
  4. Zusätzliche Kosten: Der Beklagte muss dem Kläger auch Fracht-, Sachverständigen- und Anwaltskosten erstatten.
  5. Verantwortung des Verkäufers: Der Beklagte ist verantwortlich für die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Vertragserklärungen.
  6. Laufleistung als relevanter Faktor: Die Laufleistung des Fahrzeugs ist für den Kaufentschluss relevant, besonders bei einem Oldtimer.
  7. Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten: Der Beklagte hat seine Pflicht zur Aufklärung über den tatsächlichen Tachostand verletzt.
  8. Keine Revision zugelassen: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und eine Revision wird nicht zugelassen.

Oldtimer-Kaufverträge: Zwischen Traumauto und Täuschung

Oldtimer Kauf
(Symbolfoto: Pritam dutta77 /Shutterstock.com)

Oldtimer sind für viele Autoliebhaber nicht nur ein Hobby, sondern eine Leidenschaft. Der Erwerb eines solchen historischen Fahrzeugs ist oft das Ergebnis langjähriger Sehnsüchte und spiegelt nicht selten einen beträchtlichen finanziellen Aufwand wider. Doch was passiert, wenn sich das vermeintliche Traumauto als Quelle juristischer Auseinandersetzungen entpuppt? Im Mittelpunkt steht hierbei der Oldtimer-Kaufvertrag, ein komplexes juristisches Feld, das neben den üblichen Fragen des Kaufrechts spezifische Probleme wie die korrekte Angabe der Laufleistung und den Zustand des Tachometerstandes umfasst.

Diese Thematik gewinnt insbesondere dann an Brisanz, wenn der Verdacht einer arglistigen Täuschung im Raum steht. Die Frage, ob ein Verkäufer die Laufleistung eines Oldtimers bewusst falsch angegeben hat oder ob der Käufer bei der Übernahme des Fahrzeugs alle relevanten Informationen hatte, führt nicht selten zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Hierbei sind sowohl Aspekte des Autokaufrechts als auch spezielle Fragen der Oldtimer-Restaurierung und des Gewährleistungsausschlusses von Bedeutung. Entscheidungen wie die des OLG München in solchen Fällen setzen wichtige Präzedenzfälle für zukünftige Vertragsverhandlungen und Gerichtsverfahren in diesem speziellen Sektor des Automobilmarktes.

Der Streitfall: Ein Oldtimer-Kaufvertrag mit Tücken

Der Fall, der vor dem Oberlandesgericht München verhandelt wurde, dreht sich um einen Oldtimer-Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Der Kläger erwarb einen Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Baujahr 1971, für stolze 330.000 €. Wichtigster Streitpunkt war die Laufleistungsangabe des Fahrzeugs. Der Beklagte hatte im Kaufvertrag, der sich auf ein Standardformular des ADAC stützte, eine Laufleistung von lediglich 50 km angegeben, die sich später als unzutreffend herausstellte. Dies führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, die letztendlich vor dem OLG München endete.

Täuschungsvorwürfe und Rechtsstreit

Der Kläger warf dem Beklagten vor, ihn arglistig getäuscht zu haben. Er begründete dies damit, dass der Beklagte wissentlich eine falsche Laufleistungsangabe gemacht habe. Ein Dekra-Gutachten von 2010 zeigte einen Kilometerstand von 30.483 km, während der Beklagte im Kaufvertrag 2015 nur 50 km angab. Zudem behauptete der Kläger, dass der Beklagte als gewerblicher Autohändler handelte und daher den Zustand des Fahrzeugs hätte besser einschätzen müssen. Der Beklagte verteidigte sich, indem er seine Rolle als privater Sammler betonte und erklärte, dass er keine genaue Kenntnis über die Gesamtlaufleistung des Oldtimers gehabt habe.

OLG München: Entscheidung für den Kläger

Das Oberlandesgericht München gab dem Kläger recht und hob das vorherige Urteil des Landgerichts Landshut auf. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger durch die unrichtigen Angaben zur Laufleistung und zum Zustand des Fahrzeugs arglistig getäuscht wurde. Dem Kläger wurde somit die Rückabwicklung des Kaufvertrages zugesprochen, was bedeutete, dass der Beklagte den Kaufpreis von 330.000 € zurückzahlen musste. Zusätzlich wurde der Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet, der auch die Kosten für Fracht, Sachverständige und Anwaltskosten umfasste.

Juristische Schlussfolgerungen und Implikationen

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung bei Oldtimer-Kaufverträgen, insbesondere bezüglich der Laufleistungsangaben und des allgemeinen Zustandes des Fahrzeugs. Das Urteil des OLG München zeigt, dass Gerichte hohe Anforderungen an die Sorgfalt und Ehrlichkeit des Verkäufers stellen. Es verdeutlicht auch die möglichen rechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer arglistigen Täuschung ergeben können. Für Käufer und Verkäufer von Oldtimern ist es daher ratsam, sämtliche Fahrzeugdaten genau zu dokumentieren und im Zweifelsfall sachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Bedeutung hat die korrekte Angabe des Tachometerstandes beim Verkauf eines Fahrzeugs?

Die korrekte Angabe des Tachometerstandes beim Verkauf eines Fahrzeugs ist von großer Bedeutung, da sie den Wert, die Sicherheit und die Lebensdauer des Fahrzeugs beeinflusst. In Deutschland ist die Tachomanipulation, also das vorsätzliche Verändern des Kilometerstandes, eine Straftat und kann sowohl nach dem Strafgesetzbuch (§ 263 StGB) als Betrug als auch nach dem Straßenverkehrsgesetz (§ 22b StVG) geahndet werden.

Laut Angaben der Polizei und des ADAC weist jeder dritte Gebrauchtwagen in Deutschland einen manipulierten Kilometerstand auf. Durch die Manipulation des Tachostands entsteht in Deutschland ein Schaden von rund sechs bis sieben Millionen Euro pro Jahr, und Käufer zahlen im Durchschnitt etwa 3.000 Euro zu viel pro Gebrauchtwagen.

Wer beim Manipulieren des Kilometerstands erwischt wird, muss laut Gesetz mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe rechnen. Auch der Besitz von Software, die zur Tachomanipulation verwendet werden kann, ist strafbar.

Beim Verkauf eines Fahrzeugs ist es daher wichtig, den tatsächlichen Kilometerstand korrekt anzugeben, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden und den Käufer nicht zu täuschen. Im Kaufvertrag sollte die Angabe „tatsächliche Laufleistung“ verwendet werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

Inwiefern kann eine arglistige Täuschung im Autokaufrecht relevant sein?

Eine arglistige Täuschung beim Autokauf kann relevant sein, da sie dem Käufer das Recht gibt, den Kaufvertrag anzufechten. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Verkäufer absichtlich Informationen verschweigt oder Unwahrheiten ausspricht, die die Kaufentscheidung des Käufers positiv beeinflussen.

Ein typisches Beispiel für eine arglistige Täuschung ist die Tachomanipulation. In Deutschland wird geschätzt, dass etwa ein Drittel aller verkauften Gebrauchtfahrzeuge von diesem Problem betroffen sind. Wenn eine Tachomanipulation nachgewiesen und dem Verkäufer eine arglistige Täuschung nachgewiesen werden kann, sind rechtliche Schritte wie der Rücktritt vom Kaufvertrag oder Schadensersatzansprüche möglich.

Ein weiteres Beispiel ist das Verschweigen von Unfallschäden oder Getriebeschäden. Wenn der Verkäufer Kenntnis von solchen Mängeln hat und diese verschweigt, kann dies als arglistige Täuschung gewertet werden.

Die Beweispflicht für eine arglistige Täuschung liegt beim Käufer. Dies kann eine Herausforderung sein, insbesondere bei privaten Käufen. Der Käufer muss beweisen, dass der Verkäufer von der Täuschung wusste. Dies kann durch die Kontaktaufnahme mit früheren Besitzern, die Prüfung der Servicehistorie oder durch technische Untersuchungen geschehen.

Es ist zu beachten, dass die Anfechtung eines Kaufvertrags aufgrund arglistiger Täuschung mit Vorsicht erfolgen sollte. Durch die Anfechtung entfällt rückwirkend der Kaufvertrag, was sich auf die Gewährleistungsansprüche auswirken kann, da diese einen wirksamen Vertrag voraussetzen.

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In einigen Fällen kann eine arglistige Täuschung jedoch ausgeschlossen sein, beispielsweise wenn im Kaufvertrag die Laufleistung mit dem Zusatz „soweit bekannt“ angegeben wurde. In solchen Fällen kann ein Rücktritt bei Tachomanipulation nicht möglich sein.

Insgesamt ist es ratsam, bei Verdacht auf arglistige Täuschung rechtlichen Beistand zu suchen, da dies ein komplexes und langwieriges Unterfangen sein kann.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 20 U 1458/16 – Urteil vom 14.12.2016

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 11.03.2016, Az. 51 O 1707/15, aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 330.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Kraftfahrzeuges Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Fahrzeugidentifikationsnummer …

III. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Entgegennahme des in Ziffer II. bezeichneten Fahrzeugs seit dem 08.05.2015 in Annahmeverzug befindet.

IV. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.128,00 € zu bezahlen.

V. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.066,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu bezahlen.

VI. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VIII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Oldtimer-Fahrzeug sowie Erstattung von Fracht-, Sachverständigen- und Anwaltskosten.

Der Kläger kaufte am 10.4.2015 vom Beklagten den Pkw Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Baujahr 1971, zum Preis von 330.000 €; das Fahrzeug wurde an diesem Tag übergeben und bezahlt. Verwendet wurde der Formularvertrag „ADAC Kaufvertrag für den privaten Verkauf eines historischen Kraftfahrzeuges (Oldtimer)“ (Anlage K 3).

Dieser enthält in Fettdruck folgenden Gewährleistungsausschluss:

„Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für die Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten“.

Bei „Angaben des Verkäufers“ kreuzte der Beklagte unter I. 1. – „Der Verkäufer garantiert“ – an, dass das Kfz in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Unfallschaden und keine sonstigen Beschädigungen erlitten habe. Unter I.2. – „Der Verkäufer erklärt:“ – gab er u.a. an, dass das Kfz in der übrigen Zeit – soweit ihm bekannt – keine Unfallschäden und keine sonstigen Beschädigungen hatte (Ziffer 2.1), dass das Kfz – soweit ihm bekannt – eine Gesamtfahrleistung von 050 km – nur Testfahrten aufweise (Ziffer 2.4), dass das Kfz – soweit ihm bekannt – 2 Vorbesitzer (Fahrzeughalter einschließlich Verkäufer) gehabt habe (Ziffer 2.5).

In dem Dekra-Gutachten zur Wiederinbetriebnahme vom 12.4.2010 (Anlage BK 11) ist der Kilometerstand mit 30.483 angegeben, in dem Dekra-Bericht zur Hauptuntersuchung vom 2.4.2014 (Anlage B 3) mit 15.

Der Kläger hatte das Fahrzeug bei der Retro Classic Oldtimer Messe in Stuttgart Ende März 2015 besichtigt, nachdem er durch ein Inserat auf „mobile.de“ (Anlage BK 2) darauf aufmerksam geworden war. In dem Inserat war die Kilometerleistung mit 800 km angegeben. Das Fahrzeug war als „komplett neu aufgebaut“ und „vergleichbar mit einem Neufahrzeug“ beschrieben; erneuert worden seien „alle Gummiteile, alle Leitungen, Bremse komplett neu, Motor komplett erneuert (Kolben, Lager, Ventile, ect.), Automatikgetriebe komplett überholt, ebenfalls Vorder- und Hinterachse, Auspuff neu. Innenausstattung in Nappa-Leder neu, alle Chromteile neu verchromt“; ein Fahrzeug in dieser Qualität werde es in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr geben.

Mit Schreiben vom 11.4.2015 rügte der Kläger Mängel, die bei der Durchsicht in der ortsansässigen Mercedes-Fachwerkstatt festgestellt worden seien. Mit Anwaltsschreiben vom 27.4.2015 (Anlage K 7) ließ der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und vorsorglich den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären mit der Begründung, das Fahrzeug weise verschiedene Mängel auf, von denen einige auf einen vorherigen Unfallschaden hindeuteten; diesen habe der Beklagte als gewerblicher Autohändler erkannt bzw. grob fahrlässig nicht erkannt. Der Gewährleistungsausschluss gehe ins Leere. Zugleich forderte er den Beklagten unter Fristsetzung zum 7.5.2015 zur Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der Anwaltskosten auf.

Der Kläger hat in erster Instanz im Wesentlichen behauptet, der Beklagte betreibe gewerblich die Restaurierung und den Verkauf von Oldtimern. Das Fahrzeug sei als umfassend und professionell restauriert angepriesen worden. Bei der Besichtigung des Fahrzeugs auf der Messe in Stuttgart Ende März 2015 habe der Beklagte erklärt, das Fahrzeug sei unfallfrei und top restauriert. Das Fahrzeug weise jedoch zahlreiche Mängel auf. Insbesondere liege ein Unfallschaden vor, der Reparaturversuch sei nicht sachgerecht erfolgt und für den Beklagten als sachkundiger Kfz-Händler durch Sichtprüfung erkennbar gewesen. Die Restaurierung sei nicht fach- und sachgerecht durchgeführt worden.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 330.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu verurteilen, festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Entgegennahme des Kfz im Annahmeverzug befinde, und den Beklagten zur Zahlung von 3.128 € (Fracht- und Sachverständigenkosten) sowie vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 4.066,11 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er sei Rentner und sammle Oldtimer. Ein Unfall in der Zeit, als er das Fahrzeug besessen habe, habe nicht stattgefunden. Von vorangegangenen Unfällen sei ihm nichts bekannt. Nichts anderes habe er auf der Messe geäußert. Er habe das Fahrzeug vor ca. 8 Jahren bei der Fa. R. C. in S. gekauft und habe es von dieser Firma und einem Lackiercenter instand setzen lassen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Georg F., Margot N. und Alfred P.; die Zeugin B. hat schriftlich Beweisfragen beantwortet.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine arglistige Täuschung durch den Beklagten sei nicht nachgewiesen. Der Kläger habe weder dargelegt noch nachgewiesen, dass das Fahrzeug während der Besitzzeit des Beklagten einen Unfallschaden erlitten habe, und auch nicht nachgewiesen, dass dem Beklagten ein Unfallschaden in der übrigen Zeit bekannt gewesen sei. Die vom Zeugen F. berichtete Erklärung des Beklagten, es sei ein deutsches Fahrzeug, es sei vollständig restauriert und unfallfrei, sei nicht im Zuge von Vertragsverhandlungen, sondern beim Besichtigungstermin auf der Messe abgegeben worden. Im schriftlichen Kaufvertragsangebot sei sie nur eingeschränkt abgegeben worden. Über den Inhalt des Kaufvertrags hinausgehende rechtsgeschäftliche Zusicherungen zwischen den Parteien auf der Messe habe der Kläger nicht behauptet. Gewährleistungsansprüche seien wirksam ausgeschlossen. Die vom Kläger vorgetragenen Umstände reichten nicht aus, um eine gewerbliche Tätigkeit des Beklagten nachzuweisen. Die Berufung auf den Haftungsausschluss sei nicht nach § 444 BGB ausgeschlossen. Eine Garantie für Unfallfreiheit habe der Beklagte nicht übernommen. Dem Kläger sei der Nachweis nicht gelungen, dass der Beklagte einen Mangel arglistig verschwiegen habe. Die Behauptung, der Beklagte habe selbst das Fahrzeug restauriert, habe der Kläger nicht beweisen können.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

Das Landgericht habe zu Unrecht nicht geprüft, ob dem Beklagten aus Anscheins- bzw. Rechtsscheingesichtspunkten wegen der Art seines Auftretens auf der Messe eine Berufung auf den Gewährleistungsausschluss versagt sei. Er habe den Eindruck erweckt, gewerblicher Händler zu sein. Der Beklagte habe gegenüber dem Kläger und dem Zeugen F. Sachkunde bei der Restaurierung von Oldtimern dargestellt. Bei der umfassenden Restaurierung habe der Unfallschaden erkannt werden müssen. Der Beklagte habe das Fahrzeug im Inserat und auf der Messe in Stuttgart als unfallfrei, vollständig restauriert und als der Zustandsnote „1“ für Oldtimerbewertung entsprechend angepriesen und konkret beschrieben. Das Fahrzeug entspreche den Zusagen bei weitem nicht.

Erstmals im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, der Beklagte habe über die Laufleistung des Fahrzeugs getäuscht. Aus dem Gutachten der Dekra zur Wiederinbetriebnahme vom 12.4.2010 (Anlage BK 11) habe der Beklagte gewusst, dass der damalige Kilometerstand 30.483 km betragen habe, und dennoch im Kaufvertrag die Gesamtlaufleistung mit lediglich 50 km angegeben. In der Besitzzeit des Beklagten sei die Kilometerstandsanzeige von 30.483 km auf 50 km herabmanipuliert worden. Das stelle eine Straftat nach § 22b StVG dar. Ihm – dem Kläger – sei nicht bekannt gewesen, dass das Fahrzeug eine höhere Gesamtlaufleistung aufweise als angegeben; er habe es auch nicht unabhängig von der Laufleistung erwerben wollen.

Der Kläger hat in der Berufungsbegründung vom 10.6.2016 vorsorglich auch wegen arglistiger Täuschung über die Laufleistung des Fahrzeugs, die angeblich „vollständige Restaurierung“ und die angebliche Unfallfreiheit die Anfechtung und vorsorglich den Rücktritt erklärt.

Mit Schriftsatz vom 5.10.2016 hat der Kläger umfangreich Umstände dargelegt und unter Beweis gestellt, die aus seiner Sicht belegen, dass der Beklagte gewerblich laufend Oldtimer ankauft, restauriert und weiterverkauft. So seien bei einer Besichtigung von Werkstatt und Waschhalle des Beklagten durch den Zeugen S. im Oktober 2014 neun zum Verkauf stehende Fahrzeuge vorhanden gewesen.

Auf die Schriftsätze des Klägers vom 10.6.2016, 16.9.2016 und 5.10.2016 wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren, das Urteil des Landgerichts Landshut vom 11. März 2016, Az. 51 O 1707/15 im Kostenpunkt aufzuheben und im Übrigen abzuändern wie folgt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 330.000,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08. Mai 2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Kraftfahrzeuges Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Fahrzeugidentifikationsnummer …

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte hinsichtlich der unter Ziffer 1. beschriebenen Rücknahmehandlung, namentlich der Entgegennahme des in Ziffer 1 bezeichneten Fahrzeuges, seit dem 08. Mai 2015 im Annahmeverzug befindet.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 3.128,00 zu bezahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 4.066,11 sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08. Mai 2015 zu bezahlen.

5. Der Beklagte hat die Kosten des gesamten Rechtstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts als zutreffend. Was die im Kaufvertrag angegebene Fahrleistung von 50 km angehe, habe er keine Gesamtfahrleistung angegeben. Der Kläger habe nach einer derartigen Gesamtlaufleistung auch zu keinem Zeitpunkt gefragt. Es sei seriös nicht möglich, eine verbindliche Gesamtfahrleistung für ein 44 Jahre altes Fahrzeug anzugeben, wenn man es lediglich in den letzten Jahren in Besitz gehabt habe. Es gebe wahrscheinlich weltweit auch kein Fahrzeug dieses Typs mit einer Gesamtfahrleistung von nur 50 km in über 40 Jahren. Der Kläger habe redlicherweise nicht erwarten können, dass der Beklagte eine Gesamtfahrleistung angegeben habe. Der Kläger habe angesichts der im Inserat aufgeführten Arbeiten am Motor nicht von einem quasi unbenutzten Fahrzeug ausgehen können. Auch das Kombi-Instrument des Fahrzeuges (Drehzahlmesser, Tacho) habe zerlegt und wieder aufgearbeitet werden müssen. Das sei etwa im Jahr 2011 gewesen. Der Beklagte gehe davon aus, dass in diesem Zusammenhang der Tacho auf „0“ gesetzt worden sei. Eine Gesamtfahrleistung habe er daher nicht versichert. Er habe nur Angaben über die nach der Instandsetzung durchgeführten Testfahrten gemacht. Bezüglich des Dekra-Prüfberichts könne es so gewesen sein, dass der Tacho einen Stand von 30.483 km aufgewiesen habe; er habe keine konkrete Erinnerung daran. Er bestreite, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Begutachtung durch die Dekra einen Kilometerstand von 30.483 km gehabt habe. Das sei für ihn nicht nachprüfbar, möglicherweise liege ein Zahlendreher oder eine Zahlenverwechslung vor.

Der angeblich von der Dekra abgelesene Tachostand habe für den Beklagten keine Rolle gespielt, er habe bei Vertragsabschluss keine Erinnerung daran gehabt. Der Kläger habe angesichts der umfangreichen Restaurierungsarbeiten nicht davon ausgehen können, dass es sich um ein „ab Werk eingemottetes“ 44 Jahre altes Neufahrzeug handele. Auch ein Tachostand von 30.483 km sei immer noch so unterdurchschnittlich niedrig, dass der Kläger das Fahrzeug trotzdem gekauft hätte.

Die Anfechtung wegen der vermeintlichen arglistigen Täuschung über die Gesamtfahrleistung sei nach Ablauf der Jahresfrist erfolgt und deshalb nicht mehr statthaft. Beginn der Anfechtungsfrist sei der 12.5.2015. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger das Gutachten K. zur Kenntnis erhalten, das erhebliche Gebrauchsspuren aufführe. Bereits am 11.4.2015 habe er das Fahrzeug von einer Mercedes-Fachwerkstatt eingehend überprüfen lassen und Kenntnis von der höheren Gesamtfahrleistung erlangt. Im Übrigen handele es sich um ein neues Angriffsmittel, das wegen Präklusion in der Berufungsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden könne.

Auf die Schriftsätze des Beklagten vom 22.7.2016, 25.8.2016, 5.10.2016 und 10.10.2016 wird Bezug genommen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 3.8.2016 darauf hingewiesen, dass die Annahme von arglistigem Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit seinen Angaben zur Gesamtfahrleistung nahe liege.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2016 hat der Beklagte angegeben, der Tacho habe ursprünglich Meilen gezählt. Im Zuge der Umjustierung auf km sei der Tacho auf Null gestellt worden.

Auf den Hinweis des Senats vom 3.8.2016 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2016 wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 14.11.2016, auf den ergänzend verwiesen wird, hat der Beklagte erstmals vorgetragen und durch Einvernahme des Zeugen P. sowie Parteivernehmung unter Beweis gestellt, dass er bereits in einem Telefonat mit dem Kläger vor Vertragsschluss auf dessen Frage nach der Laufleistung erläutert habe, dass Angaben zur Kilometerleistung nur schwierig zu schätzen seien, da das Fahrzeug ja Vorbesitzer habe und die Laufleistung nicht dokumentiert sei. Ferner hat er vorgetragen und durch Einvernahme mehrerer Zeugen und Parteivernehmung unter Beweis gestellt, dass der Kläger bei der Besichtigung des Fahrzeugs auf der Oldtimermesse in Stuttgart das Armaturenbrett einschließlich Drehzahlmesser und Tacho in Augenschein genommen und dabei auch den im Tacho enthaltenen Kilometerstand habe ablesen können, „der einen Kilometerstand von mehr als 30 T km ausgewiesen habe“. Auf die Frage des Bekannten des Klägers habe er – der Beklagte – geantwortet, dass die exakte Laufleistung des Fahrzeugs nicht bekannt sei.

II.

Die Berufung ist begründet. Dabei kann dahinstehen, ob der vereinbarte Gewährleistungsausschluss nach §§ 475 Abs. 1, 14 BGB unwirksam ist, weil der Beklagte gewerblich mit Oldtimern handelt. Ebenso kann offen bleiben, ob das streitgegenständliche Fahrzeug die vom Kläger entsprechend dem Privatgutachten des Sachverständigen K. vom 12.6.2015 behaupteten Mängel aufweist.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung (§§ 123, 142, 812 Abs. 1 BGB) sowie Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (c.i.c., §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 BGB), weil – wie sich im Berufungsverfahren ergeben hat – die Angaben des Beklagten im Kaufvertrag vom 10.4.2015 zur Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unzutreffend sind und der Beklagte zudem pflichtwidrig verschwiegen hat, dass im Rahmen der von ihm veranlassten Restaurierungsarbeiten der Tacho auf „0“ gesetzt worden ist.

a) Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist nicht verspätet, denn es beruht nicht auf einer Nachlässigkeit des Klägers, dass der Vortrag in erster Instanz unterblieben ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Der Kläger war nicht gehalten, Nachforschungen zum Stand des Wegstreckenzählers zum Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme des Fahrzeugs durch den Beklagten im Jahr 2010 anzustellen. Es ist deshalb nicht als Nachlässigkeit des Klägers zu werten, dass er erst im Berufungsverfahren nach eingehender Untersuchung des vom Beklagten übersandten Bildmaterials durch seinen Prozessbevollmächtigten erkannte, dass auf einem am 1.4.2010 aufgenommenen Foto ein Tachostand von 30.483 ersichtlich ist.

Zudem stützt der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auf unstreitige Tatsachen. Der Beklagte hat in der Berufungserwiderung vom 22.7.2016 eingeräumt, dass der Tacho des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Zuge der von ihm veranlassten Restaurierung auf „0“ gesetzt worden ist, und hat nicht substantiiert bestritten, dass der Tacho davor eine Laufleistung von rund 30.000 (km oder Meilen) angezeigt hat.

b) Der Beklagte hat im Kaufvertrag zumindest ins Blaue hinein eine unzutreffende Gesamtlaufleistung angegeben und dadurch den Kläger arglistig getäuscht (§ 123 BGB).

(1) Ausweislich des an den Beklagten adressierten Gutachtens der Dekra vom 12.4.2010 zur Wiederinbetriebnahme (BK 11) wies das streitgegenständliche Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 30.483 km auf. Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 25.8.2016 (Bl. 187) diesen Kilometerstand bestreitet und darauf verweist, er könne nicht sagen, ob der Sachverständige diese Zahl zutreffend abgelesen habe oder ob ein Zahlendreher oder eine Zahlenverwechslung vorliege, ist das nicht hinreichend substantiiert. Konkrete Anhaltspunkte für einen Ablese- oder Übertragungsfehler des Gutachters trägt der Beklagte nicht vor. Überdies hat der Kläger dargelegt, dass das vom Beklagten übermittelte, am 1.4.2010 aufgenommene Photo des Armaturenbretts bei entsprechender Vergrößerung einen Tachostand von 30.483 Kilometern zeigt (Schriftsatz vom 16.9.2016, S. 10, Bl. 200 d.A.). Diesen Sachvortrag hat der Beklagte nicht bestritten.

(2) Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, er habe im Kaufvertrag keine Gesamtfahrleistung angegeben. An dem unter Ziffer 2.4. des Vertragsformulars vorgedruckten Text „dass das Kfz – soweit ihm bekannt – eine Gesamtfahrleistung von ____ aufweist“ hat der Beklagte nichts geändert oder gestrichen, sondern nur die Zahl in die vorgesehene Lücke eingetragen und handschriftlich hinzugefügt „nur Testfahrten“.

(3) Soweit der Beklagte meint, die Angabe von nur 50 km habe vom Kläger nicht als Gesamtfahrleistung des über 40 Jahre alten Fahrzeugs verstanden werden können, folgt der Senat dem nicht. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gerade ein Fahrzeug wie das streitgegenständliche aufgrund besonderer Umstände über Jahrzehnte hinweg nicht gefahren wird. Das gilt umso mehr, als dieser Fahrzeugtyp – wie vom Beklagten im Inserat hervorgehoben – nur in geringer Stückzahl hergestellt worden ist. Die Darlegungen des Beklagten zur üblichen Laufleistung von Kraftfahrzeugen führen nicht weiter, denn die für eine Vielzahl von Fahrzeugen anzunehmenden Erfahrungs- und Durchschnittswerte zur Laufleistung schließen nicht aus, dass in einem besonders gelagerten Einzelfall eine außergewöhnliche Abweichung von diesen Werten vorliegt. Überdies hat der Beklagte das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar einem Neufahrzeug“ beschrieben, das „es in dieser Qualität in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr geben“ werde. Der Kläger musste auch nicht aus dem Umfang der beschriebenen Restaurierungsarbeiten den Schluss ziehen, dass das Fahrzeug eine weitaus höhere Gesamtlaufleistung aufweise als vom Beklagten im Vertrag angegeben, denn aus der Darstellung der durchgeführten Arbeiten geht nicht hervor, ob diese durch nutzungsbedingten Verschleiß oder Alterung bzw. Standzeit bedingt waren.

(4) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ihm der im April 2010 angezeigte Tachostand nicht mehr erinnerlich gewesen sei. Er ist dafür verantwortlich, dass seine Erklärungen im Vertrag vollständig und richtig sind, und hat ggf. eine eingeschränkte Erinnerung durch einen Blick in die Unterlagen zu dem Fahrzeug aufzufrischen. Das gilt umso mehr, als nach dem eigenen Vortrag des Beklagten der Tachostand im Zuge der von ihm veranlassten Restaurierungsarbeiten auf „0“ gesetzt wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der (fünfstellige) Tacho möglicherweise auch vor der Herabsetzung des Kilometerstandes auf „0“ nicht die wahre Gesamtlaufleistung wiedergegeben hat.

(5) Die Laufleistung des Fahrzeugs kann bei dem streitgegenständlichen Oldtimer nicht als für den Kaufentschluss unerheblicher Umstand angesehen werden, was dem Beklagten auch bewusst sein musste. Es mag sein, dass bei Sammlerfahrzeugen der bisherigen Laufleistung als wertbildendem Faktor nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie bei einem zum täglichen Gebrauch bestimmten Fahrzeug. Das ändert aber nichts daran, dass es sich um einen – möglicherweise weniger gewichtigen – Faktor handelt, der für die Kaufentscheidung Bedeutung haben kann. Das zeigt sich schon daran, dass in den vom Beklagten verwendeten Formular-Kaufvertrag für den „Verkauf eines historischen Fahrzeugs“ eine Erklärung des Verkäufers zur Gesamtfahrleistung vorgesehen ist. Überdies hat der Beklagte in den von ihm eingestellten Inseraten jeweils einen (niedrigen) Kilometerstand angegeben, was ebenfalls belegt, dass dieser durchaus von Interesse ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar mit einem Neufahrzeug“ beschrieben hat. In diesem Zusammenhang stellt die im Kaufvertrag angegebene außergewöhnlich niedrige Gesamtlaufleistung einen mit dieser Beschreibung korrespondierenden und sie bestätigenden Umstand dar. Zudem hat der Kläger vorgetragen, dass ihm die Laufleistung des Fahrzeugs wichtig gewesen sei.

c) Darüber hinaus stellt die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ im Zuge der vom Beklagten veranlassten Restaurierungsarbeiten schon für sich betrachtet einen Umstand dar, über den der Beklagte als Verkäufer den Kläger ungefragt aufzuklären hatte. Die Veränderung des Messergebnisses des Wegstreckenzählers stellt grundsätzlich eine Straftat dar (§ 22b StVG). Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs kann sich folglich darauf verlassen, dass die Anzeige des Wegstreckenzählers die tatsächlich gemessene gesamte Laufleistung des Fahrzeugs wiedergibt. Ist das nach Kenntnis des Verkäufers nicht der Fall, hat er den Käufer darauf hinzuweisen. Hier ist überdies aufgrund einer vom Beklagten veranlassten Maßnahme das Messergebnis des Wegstreckenzählers verändert worden ist. Unerheblich ist, ob die Veränderung des Messergebnisses als Verfälschung im Sinne des § 22b StVG einzuordnen ist oder nicht, etwa weil sie im Rahmen der Reparatur, Justierung oder Konvertierung des Wegstreckenzählers erfolgt ist. Die berechtigte Erwartung des Käufers, dass der Tachostand der tatsächlichen Laufleistung entspricht, wird in beiden Fällen nicht erfüllt. Es kommt somit nicht darauf an, ob die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ deshalb erfolgt ist, weil der Tacho ursprünglich Meilen gezählt hat und im Zuge der Restaurierung auf die Zählung von Kilometern umgestellt worden ist, wie von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt.

d) Der Kläger hat die Anfechtung fristgerecht erklärt (§ 124 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Die Anfechtungsfrist beginnt, sobald der Anfechtungsberechtigte vom Irrtum und vom arglistigen Verhalten des anderen Teils Kenntnis erlangt hat; ein bloßer Verdacht oder Kennenmüssen genügt nicht. Die Kenntnis vom arglistigen Verhalten des Beklagen hat der Kläger erst erlangt, als ihm aufgrund der im Berufungsverfahren durchgeführten Nachforschungen bekannt geworden ist, dass der Tacho vor der Restaurierung einen Stand von rund 30.000 (km oder Meilen) ausgewiesen hat. Es ist folglich ohne Belang, ob die im Gutachten K. vom 11.5.2010 festgestellten Mängel auch für einen Laien erkennbar allenfalls bei einer Laufleistung von 100.000 km eintreten können; der Einholung des hierfür angebotenen Sachverständigengutachten bedarf es nicht. Nichts anderes gilt für das Untersuchungsergebnis der Fachwerkstätte S. & W. GmbH & Co. KG vom 11.4.2015.

e) Im Übrigen bleibt der zugleich bestehende Anspruch aus c.i.c. auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist bestehen (Palandt/Ellenberger BGB 76. Aufl. 2017 § 124 Rn. 1 m.w.N.).

(1) Die unzutreffende Angabe der Gesamtlaufleistung im Kaufvertrag stellt ebenso eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht dar wie das Verschweigen der Veränderung des Tachostandes. Bei den Angaben unter Ziffer I. 2. des Kaufvertrages („Der Verkäufer erklärt“) handelt es sich um Wissenserklärungen. Der Verkäufer, der eine solche Wissensmitteilung abgibt, haftet nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB dafür, dass die Angaben vollständig und richtig sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.3.2008, NJW 2008, 1517, Tz. 13; Palandt/Weidenkaff § 434 Rn. 15 m.w.N.). Das ist hinsichtlich der Angaben des Beklagten zur Gesamtfahrleistung nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. b) Bezug genommen.

(2) Die Veränderung der Anzeige des Wegstreckenzählers hatte der Beklagte offenzulegen (vgl. oben 1. c). Das hat er unstreitig unterlassen.

2. Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 14.11.2016 erstmals unter Beweisantritt vorträgt, er habe bereits in einem Telefonat mit dem Kläger auf dessen Frage nach der Laufleistung erläutert, dass diese nicht verlässlich angegeben werden könne, ist dieses Vorbringen ebenso verspätet wie die unter Beweis gestellte Behauptung, der Kläger habe bei der Besichtigung des Fahrzeugs bei der Oldtimer-Messe in Stuttgart einen Tachostand von rund 30.000 wahrnehmen können (§ 530 i.V.m.§ 296 Abs. 1 ZPO). Die Zulassung würde den Rechtsstreit verzögern und ist nicht hinreichend entschuldigt. Dem Beklagten wurde eine Schriftsatzfrist eingeräumt im Hinblick auf den Schriftsatz des Klägers vom 5.10.2016. Damit stehen die neuen Behauptungen nicht in Zusammenhang.

Der Hinweis des Senats im Termin vom 12.10.2016, wonach sich eine Haftung des Beklagten auch aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten ergeben könne, bietet keinen Anlass zu neuem Sachvortrag. Dieser rechtlichen Einordnung liegt kein anderer Sachverhalt zu Grunde als derjenige, aus dem sich die arglistige Täuschung ergibt. Der Beklagte hat weder in der Berufungserwiderung vom 22.7.2016 noch in seiner Stellungnahme vom 25.8.2016 zum Hinweis des Senats vom 3.8.2016, wonach die Annahme von arglistigem Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit seinen Angaben zur Gesamtfahrleistung nahe liege, die nun behaupteten Gespräche mit dem Kläger bzw. mit dessen Bekannten über die schwierig zu schätzende Kilometerleistung erwähnt. Demgegenüber hat er in diesen Schriftsätzen umfangreich dargelegt, weshalb aus seiner Sicht dem Kläger bewusst sein musste, dass die Angabe im schriftlichen Vertrag nicht die Gesamtlaufleistung betreffen konnte. Im Schriftsatz vom 25.8.2016 (S. 1) hat er zudem vorgetragen, der Kläger habe nach einer Gesamtlaufleistung zu keinem Zeitpunkt gefragt. Auch hat er in der Berufungserwiderung ausdrücklich vorgetragen, der Tacho sei im Rahmen der Restaurierung auf „0“ gesetzt worden (was durch den Bericht zur Hauptuntersuchung vom 2.4.2014 – Anlage B 3 – belegt wird, in dem der Kilometerstand mit „15“ angegeben ist), so dass der ursprüngliche Stand bei der Besichtigung durch den Kläger Ende März 2015 nicht mehr angezeigt worden sein kann.

3. Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 330.000 €, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sowie auf Erstattung der Fracht- und Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 3.128 € und der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 4.066,11 € (§ 249 BGB). Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, die Feststellung des Annahmeverzugs aus § 286 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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