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Pferdkaufvertrag – Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit

LG Heidelberg – Az.: 3 O 28/14 – Urteil vom 30.12.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.050,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2014 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des am 17.05.2008 geborenen braunen Wallachs der Quarter-Horse-Rasse, Eintragungsnummer …, abstammend von „O.R.“.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1 näher bezeichneten Pferdes in Verzug befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle die über den im Klageantrag Ziffer 1 enthaltenen Betrag in Höhe von 11.660,43 € hinaus entstandenen und entstehenden notwendigen Aufwendungen für die Unterstellung, tierärztliche Behandlung und Beauftragung eines Hufschmiedes für das in Ziffer 1 näher bezeichnete Pferd zu bezahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreites zu 73%, der Kläger zu 27%.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.660,43 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht Gewährleistungsansprüche aus einem Pferdekauf geltend.

Der Kläger erwarb am 14.10.2011 von der Beklagten das in Ziffer 1 des Tenors näher bezeichnete Quarter-Horse „Q.“ zu einem Kaufpreis von 17.000,00 Euro. Dabei trat die Beklagte als Unternehmerin und der Kläger als Verbraucher auf. Dem Abschluss eines schriftlichen Kaufvertrages sowie der Übergabe an diesem Tag waren zwei Proberitte im September 2011 sowie eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung vorangegangen, deren Ergebnis Grundlage für eine „Beschaffenheitsvereinbarung“ im schriftlichen Kaufvertrag wurde. Im Rahmen der Untersuchung waren Röntgenbilder von den Beinen des Pferdes, nicht aber von dessen Rücken erstellt worden.

§ 5 des Vertrages enthielt hinsichtlich der Nachbesserung folgende Regelung:

[…] Die Parteien sind sich einig, dass eine Nachbesserung durch Lieferung eines vergleichbaren Pferdes erfolgen kann.

Hinsichtlich der Verjährung sah § 7 des Kaufvertrages folgende Regelung vor:

„Sollten etwaige Sachmangelhaftungsansprüche des Käufers bestehen, verjähren solche Ansprüche innerhalb von acht Wochen ab Übergabe des Pferdes, wenn beide Parteien Unternehmer sind. Andernfalls verjähren Ansprüche binnen eines Jahres ab Übergabe des Pferdes.

„Hiervon ausgenommen sind Ansprüche, die auf einer grobfahrlässigen Pflichtverletzung von ….. oder einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Pflichtverletzung ihres gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen beruhen. Davon ausgenommen sind Ansprüche wegen eines Körper- oder Personenschadens, den ….. durch eine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung ihres gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen verursacht haben.“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Regelung wird auf den schriftlichen Vertrag (Anlage K1) verwiesen.

In den ersten Wochen nach dem Erwerb zeigte sich die frühere Ehefrau des Klägers, die Zeugin R., welche das zunächst Pferd regelmäßig ritt, mit dem Pferd zufrieden. Am 19.11.2011 ereignete sich nach Angaben des Klägers dann jedoch ein Reitunfall, bei dem sich die Zeugin R. eine Radius-Trümmer-Fraktur im linken Handgelenk zuzog. Nach einem weiteren vom Kläger geschilderten eigenen Reitunfall, den die Beklagtenseite bestreitet, wurde das Pferd von Mitte Dezember 2011 bis Mai 2012 in professionellen Beritt bei dem Zeugen S. gegeben.

Im März 2012 erklärte der Kläger per E-Mail an den Vater der Beklagten, den Zeugen H. J., dass die Beklagtenseite das Pferd zurücknehmen solle, weil es nicht anfängergeeignet sei und öfter durchgehe. Der Zeuge J. solle „bis kommenden Freitag“ antworten, wie er dazu stehe und er sich „Rücknahme/Wandel vorstellen“ könne (Anlage K2).

Mit E-Mail vom 14.03.2012 erklärte daraufhin der Zeuge J., nicht zur Rücknahme des Pferdes verpflichtet zu sein, da die Ehefrau des Klägers ein junges Pferd gewollt habe und das Pferd bei den J.s „immer ein einfaches und sehr braves rittiges Pferd“ gewesen sei und sich die Ehefrau des Klägers mit dem Pferd ja anfangs auch zufrieden gezeigt habe. Trotzdem sei man bereit, das Pferd gegen ein älteres Pferd mit mehr Erfahrung zu tauschen, wenn man ein geeignetes fände. Eine Frist lasse man sich nicht vorgeben.

Von Mitte Mai bis Oktober 2012 war das Pferd im Beritt bei der Zeugin L-S. Diese nahm mit dem Pferd an verschiedenen Jungpferdeturnieren im August und September 2012 teil und konnte dabei Erfolge erzielen. Hinsichtlich der einzelnen Turnierteilnahmen und der dabei erzielten Platzierungen wird auf die Anlagen B1 bis B6 verwiesen.

Zwischen September 2012 und Anfang Januar 2013 kam es zu Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger und dem Zeugen Ja. über das Pferd, in deren Rahmen das Pferd für 24.000,00 Euro angeboten wurde, die aber letztlich scheiterten.

Pferdkaufvertrag - Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit
(Symbolfoto: Gstrau/Shutterstock.com)

Bei einer Röntgenuntersuchung durch die „Pferdeklinik M.“ am 15.04.2013 wurden Veränderungen der Klasse III und IV diagnostiziert. Diese Befunde wurden im Rahmen einer weiteren Begutachtung der Röntgenbilder von der „Pferdeklinik an der Rennbahn“ in I. bestätigt.

Mit Schreiben vom 15.07.2013 erklärte der Kläger über seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt den „Rücktritt vom Vertrag“ und setzte eine Frist für die Rückzahlung des Kaufpreises und die Abholung des Pferdes an seinem Standort bis zum 29.07.2013. Mit Schreiben vom 08.08.2013 wies die Beklagte über ihre bevollmächtigte Rechtsanwältin die behaupteten Ansprüche vollumfänglich als unbegründet zurück. Mit Schreiben vom 23.09.2013 forderte der Kläger über seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt die Beklagte „vorsorglich“ zur Nacherfüllung durch Lieferung eines gleichwertigen Pferdes und entsprechendem Angebot bis zum 21.10.2013 sowie einer schriftlichen Bestätigung des Anspruchs bis zum 07.10.2013 auf. Mit Schreiben vom 02.10.2013 wies die Beklagte über ihre bevollmächtigte Rechtsanwältin den behaupteten Nacherfüllungsanspruch erneut als unbegründet zurück. Mit Schreiben vom 11.10.2013 erklärte der Kläger mit Schreiben seines bevollmächtigten Rechtsanwaltes erneut den Rücktritt vom Vertrag und setze eine Frist für die Rückzahlung des Kaufpreises und die Abholung des Pferdes an seinem Standort bis zum 21.10.2013.

Der Kläger behauptet, das Pferd zeige eine notorische Neigung zum panikartigen Durchgehen. Zunächst habe die frühere Ehefrau des Klägers, die Zeugin R., am 19.11.2011 einen Reitunfall mit dem Pferd gehabt. Das Pferd sei auf dem Reitplatz gestolpert und daraufhin durchgegangen, weshalb die Zeugin von dem Pferd abgesprungen sei und sich eine Radius-Trümmer-Fraktur im linken Handgelenk zugezogen habe. Am 26.11.2011 habe das Pferd den Kläger abgeworfen, wobei dieser eine Kahnbeinfraktur erlitten habe. Auch im Beritt beim Zeugen S. sei das Pferd panikartig und kopflos durchgegangen. Somit habe sich die Unreitbarkeit des Pferdes innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe gezeigt. Das Pferd eigne sich nicht zum vertraglich vorausgesetzten Zweck des Reitens. Zudem habe der Rückenbefund der Röntgenklasse III-IV bereits bei Übergabe und ebenso im vorgelegen. Dieser Befund sei auch klinisch relevant. Die mangelnde Reitbarkeit, insbesondere das Buckeln und Durchgehen, zeigten eindeutig, dass das Pferd pathologische Schmerzzustände habe.

Der Kläger ist der Meinung, dass der Röntgenbefund als solcher bereits einen Mangel darstelle. Die Erklärung des Klägers in der E-Mail aus dem März 2012, dass Q. wieder zurückgenommen werden solle, stelle eine Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag dar. Eine Fristsetzung sei entbehrlich gewesen, weil Heilung der Krankheit nicht möglich sei und die Lieferung eines anderen Pferdes mangels entsprechenden Parteiwillens bei Vertragsschluss nicht in Betracht komme. Zudem sei der Rücktritt mit vorheriger nochmals in dem anwaltlichen Schreiben vom 11.10.2013 erklärt worden.

Neben der Rückzahlung des Kaufpreises schulde die Beklagte Verwendungsersatz in Höhe von insgesamt 11.660,43 €. Für die Unterbringung des Pferdes im Gestüt der Familie S. von Mitte Januar 2012 bis April 2012 seien Kosten in Höhe von monatlich 300,00 €, mithin insgesamt 1.050,00 € angefallen (Anlage K 12), für die anschließende Unterbringung im Gestüt L. von Mai 2012 bis Januar 2014 monatlich 420,00 €, mithin ein Gesamtbetrag von 8.400,00 €. Darüber hinaus seien Kosten in Höhe von insgesamt 2.210,43 € für verschiedene medizinische Behandlungen und Untersuchungen des Pferdes angefallen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K14 bis K20 verwiesen.

Der Kläger hat mit Klageschrift vom 27.01.2014, die der Beklagten am 04.02.2014 zugestellt wurde, Klage erhoben.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.660,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des am 17.05.2008 geborenen braunen Wallachs der Quarter-Horse-Rasse, Eintragungsnummer …, abstammend von „O.R.“.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Klageantrag Ziffer 1 näher bezeichneten Pferdes in Verzug befindet.

3. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle die über den im Klageantrag Ziffer 1. enthaltenen Betrag in Höhe von 11.660,43 EUR hinaus entstehenden Aufwendungen für Unterstellung, tierärztliche Behandlung, Beauftragung eines Hufschmiedes für das im Klageantrag Ziffer 1. näher bezeichnete Pferd zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung i.H.v. 961,28 EUR zuzüglich Zinsen mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das Pferd sei kein notorischer Durchgänger und sei dies auch bei Übergabe nicht gewesen (As. 35). Sie behauptet weiter, Befunde der Klasse III-IV hätten zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes nicht vorgelegen, sondern seien vielmehr durch eine Nutzung des Pferdes in einem tierschutzbedenklichen Übermaß in der Zeit zwischen Übergabe und Röntgenuntersuchung am 15.04.2013 entstanden. Dass die Befunde erst später entstanden seien, zeigten auch die erfolgreichen Turnierteilnahmen des Pferdes im Jahr 2012. Zudem handle es sich bei einem Engstand der Dornfortsätze im Sinne von Kissing Spines um eine übliche Beschaffenheit von Pferden, nicht um eine Abweichung von der Norm. Die Höhe der entstandenen Tierarztkosten wird bestritten.

Die Beklagte führt unter Verweis auf das Urteil des BGH vom 07.02.2007, Az. VIII ZR 266/06, aus, dass allein das Vorliegen eines Röntgenbefundes juristisch keinen Mangel darstelle. Zudem beruft sich die Beklagte auf die Verjährung etwaiger Gewährleistungsansprüche, was sich aus § 7 des schriftlichen Kaufvertrages ergebe. Der am 11.10.2013 erklärte Rücktritt sei nach Ablauf der dort bestimmten Jahresfrist ab Übergabe erfolgt. Eine frühere wirksame Rücktrittserklärung liege nicht vor. Insbesondere sei eine solche Rücktrittserklärung nicht durch Email im März 2012 (Anlage K2) erfolgt. Zum einen sei eine Rücktrittserklärung per Email generell nicht zulässig, zum anderen lasse sich dem Inhalt der Email eine Rücktrittserklärung nicht entnehmen. Für den Fall einer Rückabwicklung seien jedenfalls die gezogenen Nutzungen, welche insbesondere in den zahlreichen Turnierteilnahmen bestünden, mit mindestens 1.000,00 Euro pro Monat zu vergüten.

Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 13.06.2014 mit Abänderung vom 28.10.2014 ein schriftliches Sachverständigengutachten des tiermedizinischen Sachverständigen Dr. B. zu der Frage der Mangelhaftigkeit des Pferdes bei Gefahrübergang eingeholt, welches am 15.05.2015 vorlag. Auf Antrag der Beklagten hat das Gericht durch Beweisbeschluss vom 07.07.2015 ein Ergänzungsgutachten eingeholt, das am 29.01.2016 vorlag. In der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2016 hat das Gericht weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R. (ehem. B.), S., L-S, H. und C. J., D. Ja. und L. G. im Beisein des Sachverständigen sowie durch anschließende mündliche Anhörung des Sachverständigen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 06.05.2014 wurde bereits der Kläger informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sachverständigengutachten vom 15.05.2015 und vom 29.01.2016 sowie auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle vom 06.05.2014 und vom 28.11.2016 verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

I.

Die Klage ist hinsichtlich aller Anträge zulässig. Das für die Feststellunganträge erforderliche Feststellunginteresse ist sowohl hinsichtlich Ziffer 2 als auch hinsichtlich Ziffer 3 gegeben. Bezüglich des Antrages auf Feststellung des Annahmeverzuges ergibt sich dieses aus § 756 ZPO, bzgl. des Antrages auf Feststellung einer Ersatzpflicht für entstandene Kosten über den im Klageantrag Ziff. 1 enthaltenen Betrag hinaus jedenfalls aus dem Aspekt der Verjährungshemmung. Der Kläger hat insoweit unbestritten dargelegt, dass auch nach Klageerhebung am 27.01.2014 Kosten im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Pferd entstanden sind, welche zum Zeitpunkt der Klage noch nicht entstanden waren, bzw. noch nicht beziffert werden konnten. Das damit zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestehende Feststellungsinteresse erlischt auch nicht nachträglich, wenn zu einem späteren Zeitpunkt konkrete Schadensbeträge bezifferbar werden. Die Klagepartei ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich wird (Becker-Eberhard in Müko ZPO, 5. A., § 256, Rn 60 m.w.N.).

II.

Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 21.050,00 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pferdes „Q.“ gemäß §§ 437, 323, 346 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich des darüberhinausgehenden Betrages war die Klage als unbegründet abzuweisen.

a) Die Voraussetzungen des Rücktritts liegen vor.

aa) Ein wirksamer Kaufvertrag über das Pferd „Q.“ wurde zwischen den Parteien unstreitig am 14.10.2011 geschlossen.

bb) Das streitgegenständliche Pferd ist auch mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB. Die Parteien haben im Kaufvertrag als Beschaffenheit den in der Ankaufsuntersuchung festgestellten gesundheitlichen Zustand des Pferdes vereinbart. Ein Rückenleiden (kissing spines) wurde dort mangels Erhebung entsprechender Röntgenaufnahmen nicht dokumentiert. Hieraus kann gefolgert werden, dass die Parteien hinsichtlich der Beschaffenheit vereinbart haben, dass das Pferd kein Rückenleiden aufweist. Soweit man davon ausgeht, dass hinsichtlich des Rückens keine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt, weil sich der untersuchende Tierarzt hiermit nicht befasst hat, liegt jedenfalls eine Mangelhaftigkeit nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Aufgrund seines Rückenleidens eignet sich das Pferd nicht zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung des Reitens (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) und weist darüber hinaus auch nicht die Beschaffenheit auf, die bei gleichartigen Pferden üblich ist (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Die Mangelhaftigkeit ergibt sich vorliegend aus dem diagnostizierten Kissing-spines-Syndrom sowie den Röntgenbefunden der Klasse III-IV, welche für sich genommen bereits einen Sachmangel begründen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2011 – 6 O 1147/12, vorgelegt als Anlage K21). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen sowohl in den schriftlichen Gutachten als auch im Rahmen der mündlichen Anhörung, der sich das Gericht nach eigener Überprüfung vollumfänglich anschließt, ist das Gericht davon überzeugt, dass eine Mangelhaftigkeit nicht nur zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegt, sondern auch bereits bei Gefahrübergang am 14.10.2011 vorlag.

(1) Zunächst steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass das Pferd jedenfalls seit April 2013 ein Rückenleiden aufweist, welches einer Reitbarkeit des Pferdes entgegensteht.

Im Rahmen seiner eigenen Erhebungen hinsichtlich der Dornfortsätze des Pferdes stellte der Sachverständige Dr. B. Röntgenbefunde der Klasse III-IV RöLF (Röntgenleitfaden) sowie Veränderungen im Bereich der kleinen Wirbelkörper fest (Gutachten, S. 8). Zu diesem von ihm als gravierend bezeichneten Befund kam er sowohl nach Auswertung der von ihm selbst am 11.04.2015 gefertigten Röntgenbilder, als auch nach Auswertung der bereits am 15.04.2013 durch die „Pferdeklinik M.“ erstellten Röntgenaufnahmen. Auch die Tierärztin Dr. O. von der Pferdeklinik an der Rennbahn in I. bestätigte ausweislich der von Klägerseite vorgelegten Anlage K4, dass die am 15.04.2013 gefertigten Aufnahmen einen Röntgenbefund der Klasse III-IV zeigen. Nach diesen Feststellungen bestehen für das Gericht keine Zweifel am Vorliegen eines solchen Befundes, jedenfalls seit April 2013.

Das Gericht ist weiter davon überzeugt, dass diese Befunde einer Eignung des Pferdes „Q.“ als Reit- oder gar Rennpferd entgegenstehen. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung keinen Zweifel daran gelassen, dass ein weiteres Reiten des Pferdes aufgrund der festgestellten Befunde mit erheblichen Risiken verbunden und daher unverantwortlich wäre. Dies hat auch die Zeugin L.-S. bestätigt, welche als professionelle Reiterin durchaus über eine gewisse Sachkunde verfügt. Sie gab an, dass nach der Vorstellung des Pferdes in der Klinik im April 2013 und den dort erhobenen Befunden klar gewesen sei, dass das Pferd – auch von Profis – nicht mehr geritten werden könne. Dementsprechend sei das Pferd auf die Rentnerweide gebracht worden, wo es nach wie vorstehe.

Gemäß dem Röntgenleitfaden 2007 handelt es sich bei Befunden der Klasse III um „Befunde, die von der Norm abweichen, bei denen das Auftreten von klinischen Erscheinungen in unbestimmter Zeit mit einer Häufigkeit von 5 % bis 20 % geschätzt wird (Akzeptanzzustand)“, bei Klasse IV um „Befunde, die erheblich von der Norm abweichen, bei denen klinische Erscheinungen wahrscheinlich (über 50%) sind (Risikozustand)“. Das Vorliegen eines solchen Röntgenbefundes stellt wegen der erhöhten Wahrscheinlichkeit drohender Erkrankungen des Pferdes bereits für sich, d.h. auch bereits ohne Hinzutreten klinischer Symptome einen Sachmangel dar (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2011, 6 O 1147/12, vorgelegt als Anlage K21). Besteht eine Wahrscheinlichkeit von 20% bis zu 50%, dass ein Pferd, für das ein Kaufpreis von 17.000 € gezahlt wurde, aufgrund des Auftretens klinischer Symptome infolge des Rückenleidens nicht mehr geritten werden kann, ist dies dem Käufer nicht zuzumuten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2011 – 6 O 1147/12).

Die von Beklagtenseite zitierte Entscheidung des BGH (Urteil vom 07.02.2007, VIII ZR 266/06) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Dort hat der BGH ausgeführt, dass die Eignung eines klinisch unauffälligen Reitpferdes nicht schon dadurch beeinträchtigt wird, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine geringe Wahrscheinlichkeit (3-5 % bei Röntgenklasse II-III) dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen. Diese Entscheidung lässt sich aus zweierlei Gründen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Zum einen handelt es sich bei den hier vorliegenden Befunden um solche der Klasse III-IV, bei denen für eine Erkrankung eine erheblich höhere Wahrscheinlichkeit spricht, als in dem vom BGH entschiedenen Fall. Dass ein vom Zustand der Kaufsache ausgehendes erhebliches Risiko, bei dessen Verwirklichung die gekaufte Sache für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung ungeeignet wird, einen Mangel darstellt, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH NJW 1972, 1464; OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 134). Zum anderen handelt es sich hier nicht um ein klinisch unauffälliges Pferd. Vielmehr sind hier neben den Röntgenbefunden gerade auch klinische Symptome in Form von Rittigkeitsproblemen aufgetreten, welche zur Überzeugung des Gerichtes auf das Rückenleiden des Pferdes zurückzuführen sind.

(2) Aufgrund des Zusammentreffens der im Jahr 2013 erhobenen Röntgenbefunde und der bereits kurz nach der Übergabe des Pferdes am 14.10.2011 zu Tage getretenen Verhaltensauffälligkeiten und Rittigkeitsprobleme, ist das Gericht davon überzeugt, dass die durch das Rückenleiden bedingte Mangelhaftigkeit des Pferdes bereits zum Zeitpunkt der Übergabe am 14.10.2011 vorlag, auch wenn zu diesem Zeitpunkt keine Röntgenbilder gefertigt wurden, welche Aufschluss über den Zustand der Dornfortsätze zum damaligen Zeitpunkt geben könnten.

Da es sich vorliegend um einen Gebrauchsgüterkauf nach § 474 BGB handelt, greift hinsichtlich der Frage, ob eine Mangelhaftigkeit bereits bei Gefahrübergang vorlag, die Regelung des § 476 BGB ein. Die Vorschrift ist grundsätzlich auch auf den Tierkauf anwendbar (BGHZ 167, 40). Gründe dafür, die Anwendbarkeit im konkreten Fall wegen der Art des Mangels zu verneinen, sind nicht ersichtlich. Nach § 476 BGB genügt es, wenn der hinsichtlich der Frage der Mangelhaftigkeit grundsätzlich beweisbelastete Kläger nachweist, dass ein Mangel zumindest innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang vorlag. In diesem Fall wird das Vorliegen des Mangels bereits bei Gefahrübergang vermutet. Ein solcher Nachweis ist dem Kläger gelungen.

In richtlinienkonformer Auslegung des § 476 BGB kommt dem Kläger die dort geregelte Vermutungswirkung im Übrigen auch dahingehend zugute, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2016 – VIII ZR 103/15 anders noch BGH, Urteil vom 15. Januar 2014 – VIII ZR 70/13 –, BGHZ 200, 1-9, Rn. 21). Es genügt, dass sich eine Mangelerscheinung – hier die plötzlichen Panikattacken verbunden mit einem Durchgehen des Pferdes – zeigt. Die Ursache dieser Mangelerscheinung und die Zurechenbarkeit gegenüber der Beklagten als Verkäuferin muss der Kläger als Käufer im Anwendungsbereich des § 476 BGB nicht beweisen. Vorliegend wurde die Ursache für die Mangelerscheinungen, nämlich das Rückenleiden sogar nachgewiesen (zum Eingreifen der Vermutung in derartigen Konstellationen eines bewiesenen latenten Mangels bereits nach der früheren Rechtsprechung BGH, Urteil vom 15. Januar 2014 – VIII ZR 70/13 –, BGHZ 200, 1-9, Rn. 21).

(a) Die Beklagenseite weist zu Recht darauf hin, dass aus Röntgenbildern aus dem Jahr 2013 nicht automatisch geschlossen werden kann, dass der dort zu sehende Zustand bereits im Jahr 2011 vorlag. Insoweit hat der Sachverständige jedoch im Rahmen der mündlichen Anhörung ausgeführt, dass aufgrund der Gesamtumstände – insbesondere der Kumulation der Röntgenbilder aus den Jahren 2013 und 2015 sowie den von den Zeugen geschilderten Beobachtungen über die Auffälligkeiten und das Durchgehen des Pferdes – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes im Herbst 2011 die radiologisch feststellbare Veränderung der Klasse III-IV vorgelegen hätte. Dieser überzeugenden Einschätzung schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung an.

Zunächst führt der Sachverständige überzeugend aus, dass bereits die Röntgenbilder aus dem Jahr 2013 sehr nahelegten, dass ein solcher oder jedenfalls vergleichbarer Befund bereits im Jahr 2011 bestanden habe. Die genannten Veränderungen lägen höchst wahrscheinlich bereits seit dem Fohlenalter vor. Diese Einschätzung steht in Einklang mit der Stellungnahme der Tierärztin Dr. O. in der als Anlage K 4 vorgelegten Röntgenbefundung vom 31.05.2013. Da es sich bei dem im April 2013 erstmals festgestellten Befund um einen besonders gravierenden handele, sei jedenfalls davon auszugehen, dass dieser bereits deutlich länger als ein Jahr zuvor und damit in dem maßgeblichen Zeitraum zwischen dem 14.10.2011 und dem 14.04.2012 vorgelegen habe. Derartige gravierende Veränderungen, die auch bereits die kleinen Wirbelkörper des Pferdes beträfen, bildeten sich über einen längeren Zeitraum, teilweise über mehrere Jahre aus.

Eine kurzfristige Entstehung durch ein Trauma sei zwar theoretisch möglich, eine solche Ursache könne aber jedenfalls für den Zeitraum nach Übergabe des Pferdes ausgeschlossen werden. Zum einen gebe es keinerlei Hinweise auf eine Fraktur (etwa radiologisch nachweisbare Frakturlinien), zum anderen hätte das Pferd im Falle einer Fraktur über einen längeren Zeitraum nicht geritten werden können. Die Aussagen der Zeugen R., S. und L-S belegen jedoch, dass das Pferd nach Gefahrübergang sehr regelmäßig geritten wurde, so dass das Gericht ein Trauma nach Gefahrübergang als Ursache für die im Jahr 2013 erhobenen Röntgenbefunde ausschließt.

Selbst wenn bei Gefahrübergang noch kein Befund der Klasse III-IV, sondern eine geringere Ausprägung, etwa der Klasse II-III vorgelegen hätte, wovon das Gericht nicht ausgeht, stünde dies der Annahme eines Mangels nicht entgegen, weil das Pferd neben den Röntgenbefunden klinische Erscheinungen gezeigt hat und zwar bereits in den ersten sechs Monaten nach Gefahrübergang. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 07.02.2007 (VIII ZR 266/06) nur hinsichtlich eines klinisch unauffälligen Pferdes entschieden, dass Röntgenbefunde der Klasse II-III für sich genommen keinen Mangel darstellen.

(b) Jedenfalls nach Würdigung der Zeugenaussagen bestehen für das Gericht keine Zweifel daran, dass eine Mangelhaftigkeit des Pferdes bereits bei Gefahrübergang gegeben war.

Verschiedene Zeugen haben unabhängig voneinander ähnliche, ansonsten für das Pferd untypische Verhaltensauffälligkeiten und Rittigkeitsprobleme geschildert, welche sich nach Einschätzung des Sachverständigen, die das Gericht teilt, nur durch das Rückenleiden erklären lassen.

(aa) Die Zeugin R., die ehemalige Ehefrau des Klägers, schilderte einen Reitunfall am 19.11.2011, also einen Monat nach Übergabe des Pferdes. Das Pferd sei auf dem Reitplatz gestolpert und daraufhin durchgegangen, weshalb die Zeugin von dem Pferd abgesprungen sei und sich dabei eine Radius-Trümmer-Fraktur im linken Handgelenk zugezogen habe. Einen ähnlichen Unfall schilderte auch der Kläger. Am 26.11.2011 habe Q. ihn abgeworfen, wodurch er eine Kahnbeinfraktur erlitten habe. Aufgrund dieser Vorkommnisse habe man das Pferd anschließend bei der Familie S. in professionellen Beritt gegeben.

Der Zeuge S., welcher das Pferd von Anfang Dezember 2011 bis April 2012 beritt, bekundete ebenfalls, dass das Pferd durchgegangen sei, ohne dass dies auf eine auffällige Situation habe zurückgeführt werden können. Der Beritt sei abgebrochen worden, weil keine Fortschritte hätten erzielt werden können. Ähnliche Erfahrungen schilderte die Zeugin L.-S., welche das Pferd seit Frühjahr/Sommer 2012 ritt. Nach ihren Angaben habe sich das Pferd zwar im Sommer 2012 symptomfrei gezeigt, weshalb es auch habe auf Turnieren vorgestellt werden können. Im Herbst/Winter sei es allerdings drei bis vier Mal zu einem plötzlichem Durchgehen gekommen, weshalb man ein körperliches Problem vermutet und das Pferd im März 2013 in eine Pferdeklinik gebracht habe.

Schließlich schilderte auch der Zeuge Ja. ein zumindest einmaliges Durchgehen während eines Proberittes einer reiterfahrenen Freundin seiner Tochter im September 2012.

(bb) Das Gericht ist zunächst davon überzeugt, dass sich die geschilderten Verhaltensauffälligkeiten so auch tatsächlich zugetragen haben. Die Zeugen R., S., L.-S. und Ja. haben ihre Erlebnisse sämtlich objektiv geschildert und keinerlei irgendwie geartete Belastungstendenzen gezeigt. Soweit sie sich an einzelne Umstände nicht mehr erinnern konnten, haben sie dies offen eingeräumt. Die Schilderungen sind nicht nur jeweils in sich widerspruchsfrei, auch die verschiedenen Schilderungen weisen starke Ähnlichkeiten auf und lassen sich ohne weiteres miteinander in Einklang bringen. In dieses Gesamtgeschehen fügt sich auch der vom Kläger behauptete Abwurf am 26.11.2016 ein, welchen das Gericht ebenfalls für glaubhaft hält.

(cc) Das Gericht teilt die überzeugend begründete Einschätzung des Sachverständigen, dass diese Verhaltensauffälligkeiten auf das Rückenleiden des Pferdes zurückzuführen sind. Es handelt es sich bei den geschilderten Verhaltensauffälligkeiten – insbesondere Durchgehen und Buckeln – um solche, die typischerweise mit der diagnostizierten Erkrankung bzw. hieraus resultierenden Schmerzen einhergehen und andere Ursachen kommen nach der Überzeugung des Gerichtes nicht in Betracht.

Ein einmaliges Durchgehen mag auch bei einem ansonsten ruhigen und umgänglichen Pferd, welches Q. grundsätzlich nach den Angaben aller Beteiligten ist, durch etwaige Schlüsselreize, insbesondere optische oder akustische Reize vorstellbar sein, erscheint jedoch in der von den Zeugen geschilderten Häufigkeit ausgeschlossen, zumal keiner der Zeugen Anhaltspunkte für solche äußeren Reize bemerkt hat.

Auch Reitfehler und/oder einen falschen Sattel hat der Sachverständige als Ursache für die Verhaltensauffälligkeiten nachvollziehbar und für das Gericht überzeugend ausgeschlossen. Dabei war zunächst zu sehen, dass es sich bei den Zeugen S. und L.-S. um professionelle Reiter handelt. Die Zeugin R. ist zwar keine professionelle Reiterin, verfügt jedoch ebenfalls über eine erhebliche Reiterfahrung. Lediglich der Kläger selbst kann als Reitanfänger bezeichnet werden, wobei dieser das Pferd aber auch nur kurze Zeit geritten hat. Sicherlich kann nicht zu 100% ausgeschlossen werden, dass auch erfahrenen oder gar professionellen Reitern Fehler unterlaufen, jedoch erscheint dies deutlich unwahrscheinlicher als bei Laien. Dass gleich mehreren solcher erfahrenen Reiter in einem kurzen Zeitraum entsprechende Fehler unterlaufen, welche das grundsätzlich gutmütige und umgängliche Pferd „Q.“ zu den geschilderten massiv atypischen Verhaltensweisen veranlasst haben, hält das Gericht für ausgeschlossen.

Denkbar erschiene demnach allenfalls, dass die Auffälligkeiten durch das Rückenleiden hervorgerufen wurden, das Rückenleiden seinerseits aber seine Ursache in einem falschen Beritt durch den Kläger und die Zeugin R. unmittelbar nach dem Erwerb hatte, etwa durch Überforderung des Pferdes. Auch eine solche Ursache für das Rückenleiden schloss der Sachverständige jedoch in überzeugender Weise aus. Er betonte, dass ein Rückenleiden durch falschen Ritt allenfalls über einen längeren Zeitraum in Betracht komme. Vorliegend hätten sich die ersten Auffälligkeiten jedoch bereits nach einem Monat gezeigt, weshalb ein falscher Beritt als Ursache für das Rückenleiden nicht in Betracht komme.

(c) Nach den Schilderungen der Zeugen, insbesondere denen der Zeugen R. und S. steht zur Überzeugung des Gerichtes jedenfalls fest, dass das Rückenleiden, welches in den Verhaltensauffälligkeiten zum Ausdruck kommt, innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe eingetreten ist. Dass die Erkrankung damit auch zum Zeitpunkt der Übergabe bereits bestand, wird nach § 476 BGB vermutet.

Im Rahmen des § 476 BGB hat die Beklagte als Verkäuferin den Beweis zu erbringen, dass die aufgrund eines binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang eingetretenen mangelhaften Zustands eingreifende gesetzliche Vermutung, bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs habe ein – zumindest in der Entstehung begriffener – Sachmangel vorgelegen, nicht zutrifft. Eine Widerlegung dieser Vermutung des § 476 BGB ist der Beklagten nicht gelungen. Zwar haben die Zeugen C. und H. J. sowie L. G. Andeutungen gemacht, dass die Zeugin R. das Pferd möglicherweise durch zu frühes und intensives Trailreiten überfordert haben könnte. Diese Bekundungen erschöpften sich jedoch in Angaben vom Hörensagen. Konkrete Wahrnehmungen zum Reitverhalten der Zeugin R. hat niemand gemacht, weshalb keine belastbaren Hinweise auf eine solche Überforderung bestehen.

Die Annahme des Vorliegens des im April 2013 erstmals röntgenologisch erkannten Rückenleidens bereits im Zeitraum von Oktober 2011 bis April 2012 wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass es immer wieder Phasen ohne Auffälligkeiten gab und das Pferd zwischenzeitlich an Jungpferdeprüfungen auf Turnieren teilnehmen konnte. Dass die Vorfälle vor und nach, nicht aber während der Turnierphase im Sommer 2012 aufgetreten sind, führt der Sachverständige nachvollziehbar auf die Art der in den Turnieren ausgeführten Übungen zurück, welche in lockerem Reiten bestehen und den Rücken des Pferdes nur in geringem Maße anstrengen. Erst bei der Aufnahme von Körperspannung wölbe sich sie Wirbelsäule und erhalte tragende Funktion, was bei dem vorliegenden röntgenologischen Befund Schmerzen auslöse.

(3) Für die Einholung eines von der Beklagtenseite beantragten Obergutachtens zur Frage der Mangelhaftigkeit bzw. der Kausalität zwischen den Röntgenbefunden und den Verhaltensauffälligkeiten des Pferdes besteht kein Anlass. Der Sachverständige hat die an ihn gestellten Beweisfragen umfassend, widerspruchsfrei und aus Sicht des Gerichtes überzeugend beantwortet. Worauf die Beklagtenvertreterin die im Schriftsatz vom 21.12.2016 geäußerte Behauptung stützt, das Gericht habe die Widersprüchlichkeit des Sachverständigengutachtens festgestellt, erschließt sich dem Gericht nicht. Eine entsprechende Äußerung wurde in der mündlichen Verhandlung nicht getätigt. An der Sachkunde des Sachverständigen hat das Gericht keine Zweifel. Dieser hat angegeben, pro Jahr etwa 200-300 Pferde der Rasse Quarter-Horse, davon etwa 50 Pferde pro Jahr mit Rückenleiden zu untersuchen und dürfte damit über eine mehr als ausreichende Erfahrung in diesem Bereich verfügen. Darüber hinaus reitet der Sachverständige auch selbst. Ein eigener Erfahrungsschatz im Bereich „Westernreiten“ erscheint aus Sicht des Gerichtes nicht erforderlich, um die an den Sachverständigen gerichteten Beweisfragen zu beantworten.

Auch die von Beklagtenseite vorgelegten Gutachten anderer Sachverständiger aus anderen Verfahren veranlassen nicht zu einer anderen Beurteilung. In diesen findet sich lediglich die Aussage, dass Röntgenbilder nicht oder nur in bedingtem Maße Aufschluss über den röntgenologischen Zustand eines Pferdes zu einem deutlich früheren Zeitpunkt geben können. Dies stellt auch der Sachverständige Dr. B. nicht grundsätzlich in Abrede. Vielmehr hat er auf Grundlage der besonderen Umstände in diesem konkreten Fall nachvollziehbar und für das Gericht überzeugend erläutert, dass sich aus den Röntgenbildern gewisse Rückschlüsse ziehen ließen, welche jedenfalls in Kumulation mit aufgetretenen klinischen Erscheinungen zu der Überzeugung führten, dass das Rückenleiden und entsprechende Röntgenbefunde bereits im Jahr 2011 vorlagen. Diese Einschätzung des konkreten Falles, wird durch solche anderen Gutachten, denen andere Sachverhalte zugrundeliegen nicht erschüttert.

cc) Auch die weiteren Voraussetzungen des Rücktritts nach § 323 Abs. 1 BGB sind gegeben. Der Kläger hat durch Email vom März 2012, deren genaues Datum nicht bekannt ist, welche aber jedenfalls vor dem 14.03.2012 versandt wurde, den Rücktritt erklärt. Eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung war wegen Unmöglichkeit entbehrlich.

(1) Die Erklärung des Rücktritts gemäß § 349 BGB bedarf grundsätzlich keiner Form, sodass eine Erklärung per Email nicht zu beanstanden ist. Auch inhaltlich genügt diese Email den Anforderungen an eine Rücktrittserklärung. Für die Annahme einer Rücktrittserklärung ist ausreichend, wenn der Erklärung des Rücktrittsberechtigten gemäß §§ 133,157 BGB entnommen werden kann, er wolle die beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Vertrag beenden und die bereits ausgetauschten Leistungen wieder rückgängig machen (OLG Düsseldorf Urt. v. 30.7.2014 – 21 U 43/14). Dies kommt hier mit dem Satz: „Wir möchten, dass Du / ….. Q. wieder zurücknehmt“ klar zum Ausdruck. Darüber hinaus erläutert der Kläger sogar noch die Gründe für den Rücktritt, was für eine wirksame Rücktrittserklärung nicht zwingend erforderlich wäre.

(2) Die nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Setzung einer Frist zur Nacherfüllung ist hier wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung entbehrlich, da das Rückenleiden des Pferdes (kissing-spines-Syndrom) chronisch und nicht behandelbar ist. Demnach wäre allenfalls eine Nacherfüllung durch Lieferung eines vergleichbaren Ersatzpferdes denkbar, eine solche kommt hier aber nach den Gesamtumständen nicht in Betracht. Maßgeblich für diese Frage ist der durch Auslegung zu ermittelnde Wille der Vertragparteien. Möglich ist eine Ersatzlieferung nach der Vorstellung der Parteien dann, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann. Ist bei einem Tierkauf eine persönliche Besichtigung vorausgegangen und beruht die Entscheidung für einen bestimmten Kaufgegenstand auf einer persönlichen Beurteilung einer Vielzahl von Faktoren, schließen die Parteien eine Ersatzlieferung im Regelfall aus. (BGHZ, 168, 64, Rz 23, 24). So liegt der Fall hier. Nach dem unbestrittenen Klägervortrag hat der Kläger das Pferd besichtigt und Probe geritten und sich letztlich aufgrund der individuellen Eigenschaften des Pferdes zum Kauf entschieden. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung zum Kauf des Pferdes kann daher nicht angenommen werden, dass der Kläger mit einer Nacherfüllung durch Ersatzlieferung einverstanden war. Dass der Kläger sich nach der Rücktrittserklärung dem Angebot der Beklagten auf Lieferung eines Ersatzpferdes nicht grundsätzlich verschlossen hat, ändert hieran nichts.

Schließlich ändert auch die im Vertrag unter § 5 enthaltene Klausel „Die Parteien sind sich einig, dass eine Nachbesserung durch Lieferung eines vergleichbaren Pferdes erfolgen kann“ nichts an dieser Bewertung. Nach dem letztlich unbestrittenen Klägervortrag wurde eine solche Vereinbarung zwischen den Parteien nicht explizit getroffen. Die Beklagte hat eine solche Abrede nie behauptet und sich auch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens nie auf diese Vertragsklausel berufen. Es handelt sich hierbei um eine in dem von der Beklagtenseite verwendeten Vertragsformular vorgegebene Formulierung, und damit um eine von Beklagtenseite verwendete allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 BGB, die wegen Verstoßes gegen § 475 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Die Klausel weicht zum Nachteil des Verbrauchers, hier des Klägers, von § 439 Abs. 1 BGB ab. Nach dieser Vorschrift hat grundsätzlich der Käufer ein Wahlrecht zwischen Nacherfüllung durch Nachbesserung oder Neulieferung. Durch die Klausel wird der Beklagten als Unternehmerin die Möglichkeit eingeräumt, durch Lieferung einer vergleichbaren Sache nachzubessern. Dies erschwert die Ausübung von sekundären Gewährleistungsrechten für den Verbraucher, weil dieser aufgrund dieser Klausel eine eigentlich entbehrliche Frist setzen müsste. Zugleich wird durch die Formulierung „kann“ die Entscheidung ob bzw. wie eine Nachbesserung erfolgt, in die Hände des Unternehmers gelegt. Da eine Nachbesserung durch Neulieferung nur dann erfolgen kann, wenn dem Unternehmer ein vergleichbares Pferd zur verfügt steht, könnte im Falle der Geltung der Klausel faktisch der Unternehmer, in diesem Fall die Beklagte, darüber entscheiden, ob und wie eine Nacherfüllung erfolgt.

(3) Selbst wenn man in der Email vom März 2012 keine wirksame Rücktrittserklärung sehen würde, so wäre jedenfalls durch Anwaltschreiben vom 11.10.2013 nach vorangegangener Fristsetzung zur Lieferung eines Ersatzpferdes mit Schreiben vom 23.09.2013 wirksam der Rücktritt erklärt worden.

Der geltend gemachte Anspruch wäre auch in diesem Fall nicht verjährt, da die Rücktrittserklärung vom 11.10.2013 innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist ab Übergabe für Gewährleistungsansprüche nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB bzw. innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB erfolgte (welche der Regelungen anzuwenden ist, kann dahinstehen). Inwieweit durch die Verhandlungen über eine mögliche Ersatzlieferung in den Jahren 2012 und 2013 eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB eintrat, kann damit ebenfalls offenbleiben.

Zwar bestimmt § 7 des Kaufvertrages abweichend von der gesetzlichen Verjährungsfrist, dass Gewährleistungsansprüche bereits nach einem Jahr nach Übergabe verjähren. Die Regelung des § 7, bei der es sich um eine von Beklagtenseite gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) nach § 305 Abs. 1 BGB handelt, stellt jedoch wegen eine Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 a) und b) BGB eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar und ist daher unwirksam. Gemäß § 306 Abs. 2 BGB verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 438 BGB (bzw. §§ 195, 199 BGB).

Die Verkürzung der Verjährungszeit auf ein Jahr ist grundsätzlich nicht zu beanstanden und insbesondere mit § 475 Abs. 2 BGB vereinbar, da es sich bei dem Pferd um eine „gebrauchte Sache“ handelt. Die Regelung enthält jedoch keine ausreichenden Ausnahmeregelungen für mögliche Schadensersatzansprüche hinsichtlich der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit (§ 309 Nr. 7a) BGB) bzw. hinsichtlich Schadensersatzansprüchen wegen groben Verschuldens (§ 309 Nr. 7b) BGB). In § 7 Abs. 2 S.1 des Vertrages werden von der Verjährungsverkürzung zunächst Ansprüche wegen grobfahrlässiger oder gar vorsätzlicher Pflichtverletzung ausgenommen. Nachfolgend heißt es dann jedoch in § 7 Abs. 2 S. 2: „Davon ausgenommen sind Ansprüche wegen eines Körper- oder Personenschadens […]“. Die Anknüpfung „davon ausgenommen“ kann grundsätzlich so verstanden werden, dass sie auf den vorangegangenen Satz Bezug nimmt. Demnach würde Satz 2 eine Rückausnahme für Körper- und Personenschäden zu der in Satz 1 aufgestellten Ausnahme von der Verjährungsverkürzung darstellen, mit der Folge, dass die verkürzte Verjährung für Schadensersatzansprüche wegen Körper- oder Personenschäden doch gelten würde. Klauseln, die die Verjährung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche verkürzen, ohne davon die in § 309 Nr. 7a) und b) genannten Tatbestände explizit auszunehmen, sind wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam (MüKoBGB/Wurmnest, 7. A., § 309 Nr. 7 Rn. 38; BGH NJW 2014, S. 211)

Dass ein solches Verständnis der Regelung möglicherweise nicht der Intention der Beklagten als Verwenderin der AGB entspricht, ist unschädlich, denn jedenfalls ist die gewählte Formulierung missverständlich und unklar. Es wird in keiner Weise deutlich, dass § 7 Abs. 2 S. 2 eine weitere/zusätzliche Ausnahme von der in Absatz 1 geregelten Verjährungsverkürzung darstellen soll. Eine entsprechende Klarstellung wäre etwa durch eine Formulierung wie „Davon ebenfalls ausgenommen…“ ohne weiteres möglich gewesen, wurde hier aber nicht vorgenommen. Damit bestehen jedenfalls Zweifel bei der Auslegung der Klausel, welche nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders gehen und zu einer Unwirksamkeit der Regelung führen. Wegen des von der Rechtsprechung aufgestellten Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. A., § 306, Rn 6) führt dies zur Unwirksamkeit der gesamten Verjährungsregelung in § 7 des Vertrages. Eine teilbare Klausel in dem Sinne, dass im Falle des Wegstreichens eines abgrenzbaren unwirksamen Teils eine aus sich heraus verständliche und wirksame Klausel verbleiben würde, ist nicht gegeben.

Das Gericht teilt damit nicht die Einschätzung des Landgerichtes Dortmund, das in dem von Beklagtenseite vorgelegten Urteil vom 14.05.2013 (6 O 339/12) die Klausel für wirksam erachtet, sich aber dabei mit der Problematik des unklaren Wortlautes des § 7 Abs. 2 nicht erkennbar auseinandergesetzt hat.

b) Der Kläger hat einen Anspruch in Höhe von insgesamt 21.050,00 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pferdes. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Kaufpreis in Höhe von 17.000,00 € sowie ersatzfähigen notwendigen Verwendungen in Höhe von 4.500,00 € abzüglich eines zu leistenden Wertersatzes für die gezogenen Nutzungen in Höhe von 450,00 €.

aa) Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises folgt unmittelbar aus § 346 Abs. 1 BGB.

bb) Der Anspruch auf Verwendungsersatz ergibt sich aus § 347 Abs. 2 S. 1 BGB. Verwendungen sind notwendig, wenn sie zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache erforderlich sind und nicht nur Sonderzwecken des Herausgabeschuldners dienen. (MüKoBGB/Gaier, 7. A.,§ 347 Rn. 19, m.w.N.).

(1) Die Kosten für die Unterbringung des Pferdes stellen grundsätzlich notwendige Verwendungen dar, nicht jedoch die Kosten für den Beritt des Pferdes.

Für die Unterbringung des Pferdes im Gestüt der Familie S. macht der Kläger monatlich 300,00 € geltend und legt als Beleg hierfür den Pferdetrainingsvertrag mit S. vom 15.01.2012 (Anlage K12) vor. Ausweislich dieses Vertrages handelt es sich bei dem Betrag von 300,00 € um die monatlichen Kosten des Trainings. Kosten für das Training des Pferdes stellen jedoch keine notwendigen Verwendungen dar. Dem Vertrag lässt sich zwar Entnehmen, dass der Betrag neben dem Training auch die Einstellung des Pferdes beinhaltet, eine genaue Aufschlüsselung, welche Kosten auf das Training und welche auf die Unterbringung entfallen findet sich jedoch zunächst nicht. Allerdings ist in Ziff. 10 des Vertrages geregelt, dass für die Reservierung einer Box nach Beendigung des Trainings 200,00 Kaltmiete monatlich anfallen. Das Gericht geht daher davon aus, dass in diesem Zeitraum zumindest 200,00 € für die Unterbringung des Pferdes anfielen, sodass sich insoweit ein erstattungsfähiger Betrag von 500,00 € ergibt.

In dem Einstellungs- und Ausbildungsvertrag mit Li. L. vom 17.05.2012 (Anlage K 13) wird ausdrücklich differenziert zwischen den monatlichen Kosten der Einstellung (420,00 €) und des Beritts (400,00 €). Zwar stellen Kosten für die Einstellung grundsätzlich notwendige Verwendungen dar, vorliegend hat der Kläger jedoch nicht dargetan, warum die Verlegung vom Gestüt der Familie S. in das Gestüt L. für die Erhaltung der Gesundheit des Pferdes notwendig gewesen sein sollte. Die Kosten für die Ausbildung des Pferdes stellen wie bereits ausgeführt keine notwendigen Verwendungen dar. Wechselt der Kläger das Gestüt, um eine bessere Ausbildung für das Pferd zu erhalten, so stellen auch die mit diesem Wechsel entstehenden Mehrkosten der Unterbringung keine notwendigen Verwendungen dar. Dementsprechend handelt es sich auch bei den Mehrkosten der Unterbringung, welche mit einer Verlegung mit dem Ziel, eine bessere Ausbildung des Pferdes zu erreichen, einhergehen, nicht mehr um notwendige Verwendungen. Das Gericht hat daher auf der Grundlage des Vertrages mit S. (Anlage K 12) nach seiner freien Überzeugung (§ 287 ZPO) die als notwendige Verwendungen zu ersetzenden monatlichen Unterbringungskosten für das Pferd auf monatlich 200 € begrenzt. Für die Zeit der Unterstellung bei Li. L. bis Januar 2014 (20 Monate) ergibt sich hieraus ein Betrag von 4.000 €.

(2) Ein weitergehender Verwendungsersatzanspruch hinsichtlich durchgeführter medizinischer Behandlungen des Pferdes besteht nicht. Zwar stellen grundsätzlich auch die Kosten für solche medizinischen Behandlungen notwendige Verwendungen dar, die zum Erhalt der Gesundheit des Pferdes erforderlich sind. Hierunter fallen Behandlungen von Verletzungen, aber auch bloße Vorsorgeuntersuchungen, auch wenn diese nicht zu Befunden führen. Der Kläger ist jedoch seiner Darlegungs- und Beweislastpflicht insoweit nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Er hat zwar verschiedene Rechnungen vorgelegt, aus denen sich Kosten für medizinische Behandlungen des Pferdes ergeben (Anlage K 14 – K 20), allerdings hat er trotz entsprechenden Bestreitens der Beklagten keinen Beweis dafür angeboten, dass er diese Rechnungen auch bezahlt hat. Insbesondere wurden keinerlei Überweisungsbelege vorgelegt. Von besonderer Relevanz ist dieser Umstand nicht zuletzt deshalb, weil sämtliche Rechnungen mit Ausnahme der von Dr. H. vom 18.02.2013 nicht an den Kläger, sondern an seine ehemalige Ehefrau Sonja B. (nunmehr R.) gestellt wurden.

Hinzu kommt, dass der Kläger in keiner Weise dargelegt hat, warum die einzelnen Behandlungen für die Erhaltung der Gesundheit des Pferdes notwendig gewesen sein sollen. Anlass und Hintergrund der jeweiligen Untersuchung werden nicht erläutert. Kosten für Ankaufuntersuchungen stellen beispielsweise keine notwendigen Verwendungen dar, da diese einer Dokumentation des gesundheitlichen Zustandes für einen etwaigen Verkauf dienen, nicht aber dem Erhalt der Gesundheit des Pferdes. Zwei der Rechnungen, nämlich die des Tierarztes Dr. Happe vom 09.02.2013 (Anlage K 15) und vom 26.05.2013 (K19) enthalten ersichtlich Positionen für solche Ankaufsuntersuchungen. Ob möglicherweise weitere Untersuchungen – etwa die Lahmheitsuntersuchung der Pferdeklinik M. (Rechnung vom 20.03.2013, Anlage K 17) – einen solchen Hintergrund hatten, lässt sich dem Klägervortrag nicht entnehmen. Hinsichtlich der osteopathischen Behandlung durch K. G. (Anlage K18) ist der Kläger bereits den Nachweis schuldig geblieben, dass die vorgelegte Rechnung sich auf eine Behandlung des streitgegenständlichen Pferdes bezieht. Die Beklagte hat dies bestritten, da der Kläger mehrere Pferde habe, der Name des behandelten Pferdes aber aus der vorgelegten Rechnung nicht hervorgehe. Hierauf hat der Kläger nicht erwidert und auch keinen entsprechenden Beweis angeboten.

(3) Über die notwendigen Verwendungen hinaus sind andere Aufwendungen gemäß § 347 Abs. 2 S. 2 BGB nur zu ersetzen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert ist. Dies ist hier nicht ersichtlich. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass durch die Investition in die Ausbildung des Pferdes und durch Turnierteilnahmen eine Wertsteigerung erreicht wird, durch welche der Gläubiger nach der Rückabwicklung bereichert ist, dies ist aber vorliegend wegen der krankheitsbedingten Unreitbarkeit des Pferdes ausgeschlossen.

cc) Die Beklagte hat im Rahmen der Rückabwicklung neben dem Anspruch auf Rückgabe und Rückübereignung des Pferdes gemäß § 346 Abs. 1, Abs. 2 BGB auch einen Anspruch auf Wertersatz für die gezogenen Nutzungen, welche mit den notwendigen Verwendungen zu verrechnen sind.

Entgegen der Einschätzung der Beklagten, geht das Gericht nicht davon aus, dass der Kläger für den Zeitraum, in dem das Pferd sich im professionellen Beritt befand, Nutzungsersatz schuldet. Der Kläger und seine Frau haben das Pferd in diesem Zeitraum aufgrund der vorangegangenen Vorfälle nicht selbst geritten, es also nicht selbst genutzt. Für den Beritt wie auch die Turnierteilnahmen haben sie Geld bezahlt. Dass sie hierdurch auch Geld verdient hätten, wurde nicht vorgetragen. Nutzungsersatz kommt nur für den Zeitraum vom 14.10.2011 bis 26.11.2011 in Betracht. Danach wurde das Pferd vom Kläger und seiner damaligen Frau nicht mehr genutzt. Zumindest ist nichts Gegenteiliges vorgetragen. Den geldwerten Vorteil einer solchen Nutzung hat das Gericht nach freier Überzeugung gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um ein sehr junges Pferd handelte, welches sich noch in Ausbildung befand, auf 300 € pro Monat festgesetzt. Da der Kläger und seine Frau das Pferd etwa eineinhalb Monate genutzt haben, ist vom Anspruch des Klägers auf Verwendungsersatz somit ein Betrag von 450 € in Abzug zu bringen.

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

3. Die Begründetheit des Feststellungsantrages Ziffer 2 folgt daraus, dass sich die Beklagte spätestens seit Ablauf der mit Anwaltsschreiben vom 15.07.2013 bis 29.07.2013 gesetzten Frist zur Abholung des Pferdes im Annahmeverzug befindet.

4. Die Begründetheit des Feststellungsantrages Ziffer 3 folgt aus den unter Ziffer 1 des Urteils gemachten Ausführungen. Da die Beklagte wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist, hat sie dem Grunde nach auch einen Anspruch auf notwendige Verwendungen für das Pferd, welche bislang noch nicht mit dem Klageantrag 1 geltend gemacht wurden. Die in dem Feststellungsantrag genannten Kosten für Unterstellung, tierärztliche Behandlungen und die Beauftragung eines Hufschmiedes sind daher ebenfalls zu ersetzen, jedoch nur, wenn es sich um notwendige Verwendungen handelt. Dahingehend war der gestellte Antrag im Tenor einzuschränken.

5. Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 961,28 € besteht nicht. Zwar kommt die Geltendmachung von Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden grundsätzlich in Betracht, jedoch setzt dies voraus, dass sich die Gegenseite zum Zeitpunkt der Einschaltung des Rechtsanwaltes bereits im Verzug befindet. Dies ist hier nicht der Fall, da der Kläger die Beklagte vor dem ersten Anwaltsschreiben vom 15.07.2013 nie zur Rückzahlung des Kaufpreises aufgefordert hat. Dieses Schreiben begründete vielmehr erst den Vollzug.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 GKG. Für den mit Ziff. 3 der Klage geltend gemachten Feststellungsantrag hat das Gericht einen Betrag von 5.000 € angesetzt. Der Feststellungsantrag Ziff. 2 der Klage (Feststellung des Annahmeverzugs) wirkte sich dagegen nicht streitwerterhöhend aus, da im Verhältnis zur Klageforderung Ziffer 1 wirtschaftliche Identität besteht, sodass eine Zusammenrechnung nach § 5 ZPO zu unterbleiben hat. (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30. 06.2004 – 1 U 10/04).

 

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