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Prüfungsumfang des Berufungsgerichts bzgl. der Sachverhaltsfeststellung des Erstgerichts

LG Osnabrück – Az.: 10 S 641/08 (29) – Urteil vom 29.03.2011

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 17.11.2008, Aktz.: 14 C 193/08 (3), wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Die Beklagte räumt ein, für die dem Kläger entstandenen Schäden zu 100 % haften zu müssen. Sie hält jedoch den vom Kläger im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung noch geltend gemachten Restanspruch in Höhe von 1.930,23 € nicht für begründet. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger die bereits in I. Instanz geltend gemachten Ansprüche weiter.

Prüfungsumfang des Berufungsgerichts bzgl. der Sachverhaltsfeststellung des Erstgerichts
Symbolfoto: Von SOMKID THONGDEE/Shutterstock.com

Er ist der Auffassung, dass die von ihm geltend gemachten Schäden an Reifen und Felgen zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden. Hierzu trägt er vor, der Sachverständige sei bei der Erstellung seines Gutachtens von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Im Zeitpunkt des Unfalles habe es an der Unfallstelle eine durchgehende Mittelleitplanke gegeben. Es sei deshalb durchaus vorstellbar, dass die Schäden an Reifen und Felgen durch eine Berührung mit dieser entstanden seien. Im Übrigen sei er auch bei einer fiktiven Schadensabrechnung berechtigt, das von ihm eingeholte Gutachten und die dort zu Grunde gelegten Kosten einer BMW Fachwerkstatt seiner Berechnung zu Grunde zu legen. Damit seien auch UPE-Aufschläge und Verbringungskosten zu berücksichtigen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Hinsichtlich der beschädigten Felgen und Reifen ist gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO von dem durch das Amtsgericht festgestellten Sachverhalt auszugehen. Das Amtsgericht hat hierzu Beweis durch ein mündlich erstelltes Gutachten des Sachverständigen … erhoben. Die mit der Berufung geltend gemachten Einwände rechtfertigen eine Berücksichtigung der geltend gemachten Schäden jedoch nicht. Es kann dahinstehen, ob der jetzige Vortrag des Klägers verspätet ist. Der Sachverständige hat erklärt, dass er auf den ihm vorliegenden Fotos die behaupteten Schäden nicht habe feststellen können. Zwar sind Schäden auf Fotos sicherlich weniger gut zu erkennen als bei einer Inaugenscheinnahme der Fahrzeuge selbst. Der Sachverständige ist jedoch überaus erfahren. Häufig sind auch Fotos die einzige Möglichkeit der Feststellung des Schadensumfanges. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, dass das Amtsgericht diese Feststellung des Sachverständigen als zutreffend gewertet hat. Im Übrigen hat der Sachverständige ausgeführt, bei einer Berührung der Mittelleitplanke wäre zu vermuten, dass nicht nur die Reifen und Felgen Schäden aufweisen, sondern die gesamte Seite des Fahrzeuges Kratzer und Spuren davonträgt. Dies gilt unabhängig von der konkreten Ausgestaltung einer Mittelleitplanke. Zu Recht hat das Amtsgericht deshalb zu diesem Streitpunkt auch keine Zeugen vernommen. Es fehlen Angaben dazu, wann genau die Zeugen Beobachtungen zu den vorgetragenen Schäden gemacht haben sollen. Damit kann das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Schäden an Reifen und Felgen in der Berufung keinen Erfolg haben.

Hinsichtlich der weiteren Schadenspositionen ist von der rechtlichen Bewertung im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 09. Dezember 2009, Aktz.: VI ZR 53/09, auszugehen. Danach hat der Geschädigte grundsätzlich das Recht, seinen Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Gutachtens abzurechnen und dabei auch die Kosten einer Fachwerkstatt seines Vertrauens einschließlich UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten zu Grunde zu legen. Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch betont, dass im Rahmen der Schadensminderungspflicht Ausnahmen hiervon bestehen. Eine solche liegt hier vor.

Die Beklagte verweist darauf, dass eine Reparatur in der Werkstatt … wesentlich günstiger sei und deshalb der Abrechnung zu Grunde gelegt werden müsse. Bei der Werkstatt … handelt es sich unstreitig um einen Meisterbetrieb, der zu einer technisch gleichwertigen Reparatur in der Lage wäre. Die günstigeren Reparaturkosten beruhen in erster Linie auf niedrigen Stundenlöhnen. Auch wäre die Werkstatt für den Kläger problemlos zu erreichen. Die Entfernung zur Werkstatt … beträgt nach dem in erster Instanz unstreitigen Vortrag 12,98 km. Die Entfernung zu der vom Kläger angegebenen BMW-Werkstatt beträgt 6 km bis 7 km. Die Differenz von ca. 5 km führt jedoch nicht dazu, dass ein Verbringen des Fahrzeuges in die Werkstatt … für den Kläger unzumutbar wäre. Zudem bietet die Werkstatt nach dem Vortrag der Beklagten an, das Fahrzeug zu holen und zurückzubringen.

Bei Fahrzeugen im Alter von unter drei Jahren hält der BGH es für zulässig, sich auf die Reparatur durch eine bestimmte Fachwerkstatt zu berufen. Das Fahrzeug des Klägers war im Unfallzeitpunkt jedoch bereits neun Jahre alt. Damit greift dieser Einwand nicht.

Trotz des Alters könnte sich der Kläger auf eine Reparatur durch eine Werkstatt seines Vertrauens berufen, wenn sein Fahrzeug „scheckheftgepflegt“ wäre, weil dies für den Wert des Fahrzeuges von Bedeutung sein könnte. Dies hat der Kläger allerdings nicht vorgetragen.

Schließlich könnte der Kläger nicht auf eine günstigere Reparatur durch die Firma … verwiesen werden, wenn die Beklagte mit dieser Firma spezielle Konditionen ausgehandelt hätte. Zwar weist der Kläger darauf hin, dass die Firma … bereits in mehreren Prozessen von der Beklagten genannt worden sei. Eine Preisabsprache zwischen der Firma … und der Beklagten behauptet der Kläger jedoch nicht. Damit muss der Kläger sich im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht auf die günstigere Reparatur bei der Firma … verweisen lassen.

Wenn aber die von der Firma … veranschlagten Kosten für eine fiktive Abrechnung zu Grunde zu legen sind, entfallen auch die vom Kläger geltend gemachten UPE-Aufschläge sowie die Verbringungskosten. Unstreitig wären diese Kosten bei einer Reparatur in Firma … nicht angefallen.

Damit war die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

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