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Reisevertrag – Beförderungsverweigerung bei Alkoholisierung

AG München – Az.: 182 C 18938/18 – Urteil vom 23.07.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 88,33 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.05.2017 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.920,57 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten unter anderem um Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Reisevertrag mit der Beklagten.

Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau, die Mitreisende Zeugin … am 03.11.2016 eine Pauschalreise über eine Pazifikkreuzfahrt mit dem Kreuzfahrtschiff Legend of the Seas sowie Flügen von Frankfurt über Dubai nach Brisbane und von Brisbane über Dubai nach Frankfurt in dem Gesamtreisezeitraum vom 13.01.2017 bis 29.01.2017 zu einem Gesamtreisepreis von 7.398,00 €. Wegen der Einzelheiten der Buchung wird auf die als Anlage K1 vorgelegte Rechnung der Beklagten vom 03.11.2016 Bezug genommen.

Der Kläger und seine Ehefrau wurden am 15.01.2017 nicht zum vereinbarten Zeitpunkt von dem Transfertaxi abgeholt, woraufhin der Kläger die Beklagte von seinem Diensthandy anrief und von einem Mitarbeiter der Beklagten die Auskunft erhielt, in der Leitung zu bleiben, bis dies geklärt sei. Hierdurch entstanden dem Kläger Telefonkosten in Höhe von 88,33 € auf seinem Diensthandy, welche er zu ersetzen hatte.

Nachdem der Kläger und seine Ehefrau am 29.01.2017 ihre Plätze in dem Flugzeug eingenommen hatten, wurde ihnen mit der Begründung, sie seien stark alkoholisiert und fluguntauglich, nach Rücksprache mit dem Kapitän des Flugzeugs die Beförderung verweigert. Sie mussten daraufhin das Flugzeug verlassen. Der Kläger und seine Ehefrau buchten sodann einen Rückflug mit einem anderen Carrier, der Lufthansa, für den Folgetag. Hierfür wendete der Kläger 1.752,64 € auf.

Mit Email vom 07.02.2017 machte der Kläger seine Schadensersatzansprüche gegenüber der …-Reisen geltend und forderte diese zur Zahlung bis 28.02.2017 auf. Mit Email vom 08.02.2017 antwortete diese und teilte mit, die Bearbeitung beim Reiseveranstalter werde erfahrungsgemäß mehrere Wochen dauern.

Der Kläger setzte der …-Reisen mit Email vom 11.05.2017 unter dem Briefkopf seiner Rechtsanwaltskanzlei eine weitere Zahlungsfrist bis 19.05.2017. Mit Schreiben vom 19.05.2017, ebenfalls unter dem Briefkopf seiner Kanzlei, zeigte er die anwaltliche Vertretung an und forderte die …-Reisen erneut zur Zahlung bis spätestens 29.05.2017 sowie zur Begleichung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 382,59 € auf.

Der Kläger behauptet, ihm und seiner Ehefrau sei die Beförderung zu Unrecht verweigert worden. Ihm sei neben den für den Ersatzflug aufgewendeten Kosten ein Schaden in Form eines Umsatzverlustes als Rechtsanwalt in Höhe von mindestens 600,00 € entstanden. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünden die geltend gemachten Positionen aus Schadensersatzgesichtspunkten zu. Er ist ferner der Ansicht, er habe hilfsweise einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, welche sich aus dem Reisepreis in Höhe von 7.398,00 € zuzüglich der von ihm eigens bei der Airline hinzugebuchten Upgradekosten für den Rückflug in Höhe von je 3.836,00 € mithin aus insgesamt 15.070,00 € dividiert durch 16 Tage, also auf 941,88 errechnen würden. Mit weiterem Schriftsatz behauptet er, dieser Schadensersatzanspruch stünde ihm in Höhe von mindestens 800,00 € zu. Der Kläger ist weiter der Ansicht, einen Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 1.479,60 € wegen einer Minderung desselben aufgrund der verzögerten Rückreise gegen die Beklagte zu haben. Eine Mangelanzeige am 29.01.2017 bei der Beklagten mit Abhilfeverlangen sei entbehrlich gewesen, da der Kläger am 15.01.2017 bereits erfahren habe, dass dies nicht zielführend sei, und die Zeit gedrängt habe. Eine Selbstabhilfe habe der Schadensminderungspflicht entsprochen.

Der Kläger beantragt zuletzt:

Reisevertrag – Beförderungsverweigerung bei Alkoholisierung
(Symbolfoto: Stephen March Photography/Shutterstock.com)

1. Beklagte Partei wird verurteilt, an Klagepartei € 2.440,97 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz ab 01.03.2017 sowie vorgerichtliche Kosten von 382,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz ab 01.03.2017 sowie weitere 1.479,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz seit 19.03.2019.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, der Kläger und dessen Ehefrau seien zu Recht des Flugzeugs verwiesen worden, da sie reiseuntauglich gewesen seien. Ein ihr zurechenbares Verschulden des Flugkapitäns liege nicht vor. Sie ist der Ansicht, dass jedenfalls ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers vorliege, so dass ein Schadensersatzanspruch gegen sie ausscheide. Eine Minderung des Reisepreises käme nicht in Betracht, da es an einer Mangelanzeige mit Abhilfeverlangen gefehlt hätte. Ferner beruhe der Umstand der verzögerten Rückbeförderung auf Umständen, die der Kläger zu vertreten habe.

Zu Beweiszwecken wurde auf Antrag der Beklagtenpartei die Verfahrensakte des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 31 C 1981/17, beigezogen. Der Kläger selbst reichte mit Schriftsatz vom 09.04.2019 Ablichtungen aus der Verfahrensakte des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 31 C 1981/17, zur Akte, auf die Bezug genommen wird. Beide Parteien waren mit einer Verwertung insbesondere der Zeugenaussagen aus der Verfahrensakte des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 31 C 1981/17, einverstanden. Die Parteien erklärten mit Schriftsätzen vom 04.05.2019 und vom 06.05.2019 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2019, den Akteninhalt im Übrigen sowie auf den Akteninhalt des beigezogenen Verfahrens des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 31 C 1981/17, insbesondere auf die dortigen Aussagen der Zeuginnen … (dort Bl. 203/204), … (dort Bl. 190/191) und … (dort Bl. 193), Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

A.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München sachlich und örtlich zuständig, §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG und § 17 ZPO.

B.

I. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der durch ihn unstreitig aufgewendeten Telefonkosten im Zusammenhang mit dem verspäteten Transfer in Höhe von 88.33 € gemäß den §§ 651a, 651 f Abs. 1 a.F. BGB gegen die Beklagte.

Da die vorliegende Reise vor dem 01.07.2018 gebucht wurde, finden gemäß Art. 229 § 42 EGBGB die Vorschriften der §§ 651a ff. BGB in der bis dahin gültigen Fassung Anwendung.

Unstreitig fand der Transfer am 15.01.2017 nicht wie gebucht statt, und entstanden dem Kläger durch die Benachrichtigung der Beklagten Telefonkosten auf seinem Diensthandy in Höhe von 88,33 €. Bei der Verspätung des Transfers um ca. 7 Stunden handelt es sich auch nicht mehr um eine bloße Unannehmlichkeit, sondern um einen Reisemangel. Ein Reisemangel liegt dann vor, wenn der „Ist- Zustand“ der Reise negativ von dem vertraglich geschuldeten „Soll-Zustand“ abweicht, und dadurch der Nutzen der Reise für den Reisenden beeinträchtigt wird (vgl. Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 651c Rn. 2 m.w.N.). Ein Verschulden der von der Beklagten zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verbindlichkeiten eingesetzten Personen ist ihr gemäß § 278 BGB zuzurechnen und wird im Übrigen gemäß § 651 f Abs. 1 Hs. 2 BGB vermutet. Zu einer möglichen Entlastung ist seitens der Klagepartei weder vorgetragen noch ist eine solche sonst ersichtlich.

II. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Buchung eines Ersatzfluges und Gewinnausfalls in Höhe von insgesamt 2.354,64 € gemäß den §§ 651a, 651f a.F. BGB gegen die Beklagte.

Eine schuldhafte Verletzung der sich aus dem Reisevertrag ergebenden Pflicht der Beklagten zur (Rück-)Beförderung des Klägers und seiner Ehefrau am 29.01.2017 liegt nicht vor. Der Beklagten ist vorliegend der Nachweis gelungen, dass die Verweisung des Klägers und seiner Ehefrau von Board des Flugzeugs am 29.01.2017 in Brisbane zu Recht erfolgt ist und damit nicht von ihr verschuldet war.

Die Beklagte muss sich das Verhalten des Flugkapitäns, der den Kläger und seine Ehefrau von dem Flug ausgeschlossen hat, hier grundsätzlich gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, da sie sich seiner und weiterer Hilfspersonen bediente, um ihrer Charterverpflichtung nachzukommen. Der Flugkapitän handelte vorliegend auch nicht aufgrund luftpolizeilicher Hoheitsgewalt als „Beliehener“ gemäß § 29 Abs. 3 LuftVG, da sich der vorliegende Vorfall nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen … und … noch vor dem Schließen der Türen des Flugzeugs während des Boardings ereignete. Vielmehr wurde der Flugkapitän hier aufgrund seiner privatrechtlichen Weisungsbefugnisse, die sich aus dem mit dem Fluggast geschlossenen Beförderungsvertrag ergeben, tätig, so dass eine Zurechnung nach § 278 BGB an die Beklagte stattfindet.

Der Flugkapitän verletzte hier allerdings weder fahrlässig noch vorsätzlich die sich aus dem Reisevertrag mit dem Kläger ergebende Pflicht zur Beförderung, indem er diesen und seine Ehefrau des Flugzeugs verwiesen hat.

Soweit es zur Aufrechterhaltung der Sicherheit an Board erforderlich ist, hat der Flugkapitän die Befugnis, einem Fluggast den Zutritt zum Flugzeug zu untersagen oder diesen von Board zu weisen. Im Rahmen dieser Befugnis steht dem Flugkapitän grundsätzlich ein Ermessensspielraum zu, in dessen Rahmen er das Bestehen einer Fremd- oder Eigengefährdung beurteilen kann. Voraussetzung einer fehlerfreien Ermessensentscheidung ist das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Fremd- oder Eigengefährdung (vgl. LG Duisburg, Urteil vom 31.05.2007, Az.: 12 S 151/06).

Die Handhabung des Ermessens des Flugkapitäns ist der gerichtlichen Prüfung insoweit entzogen, als sie die Natur einer „Ermessensentscheidung“ konterkarieren würde. Allerdings sind sowohl die Voraussetzungen für diese Ermessensentscheidung, deren Vorliegen sowie die Grenzen ihrer Ausübung einer Prüfung zugänglich.

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a) Der Flugkapitän hat hier eine eigene Ermessensentscheidung getroffen, indem er nach Schilderung der Situation durch die Chefstewardess, die Zeugin … eine Verweisung des Klägers und seiner Ehefrau von Board angeordnet hat. Die Chefstewardess hatte zu diesem Zeitpunkt bereits sämtliche Maßnahmen, wie etwa ein Einzelgespräch mit dem Kläger, ergriffen, die zur Beurteilung der Situation erforderlich waren. Dass der Kapitän sich nicht selbst ein Bild von den betroffenen Fluggästen gemacht und auf die Angaben der Chefstewardess vertraut hat, ist nach Auffassung des Gerichts nicht als ermessensfehlerhaft zu werten. Zum einen steht es ihm zu, eigene Aufgaben etwa an die Chefstewardess zu delegieren, zum anderen kommen einem Flugkapitän, dem die Sicherheit und das Leben zahlreicher Menschen an Board eines Flugzeugs anvertraut sind, Aufgaben zu, die als wesentlicher anzusehen sind, als die eigenständige Beurteilung des Grades der Alkoholisierung eines Fluggastes. Dass er hierbei auf erfahrenes und geschultes Kabinenpersonal zurückgreift, steht seiner eigenen Ermessensentscheidung nicht entgegen. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Flugkapitän über eine größere Kompetenz bei der Beurteilung des Alkoholisierungsgrades bzw. der Flugtauglichkeit eines Fluggastes verfügt hätte, als die Chefstewardess.

b) Nach Auffassung des Gerichts lagen hier auch hinreichend konkrete Anhaltspunkte sowohl in der Person des Klägers als auch seiner Ehefrau vor, die Anlass für die getroffene Ermessensentscheidung des Flugkapitäns gegeben haben. Das Gericht stützt sich hierbei sowohl auf die überzeugenden und schlüssigen Aussagen der Zeuginnen … und … als auch auf die Aussage der Zeugin … aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main, Az.: 31 C 1981/17, welches hier zu Beweiszwecken beigezogen wurde. Das Gericht ist sich des begrenzteren Beweiswertes der nur schriftlich vorliegenden Zeugenaussagen im Vergleich zu einer persönlichen Einvernahme der Zeugen bewusst. Allerdings handelt es sich vorliegend – zumindest in Bezug auf die Zeuginnen … und … – um einen Vorfall, in den diese allein auf beruflicher und nicht auf persönlicher Ebene involviert waren. Eine etwaige Parteilichkeit der Zeuginnen ist daher hier weder zu erwarten noch anhand der vorliegenden Aussagen zu erkennen.

Die Flugbegleiterin … sagte als Zeugin aus, sie sei gerade mit dem Einsteigen der Kunden im Business-Class-Bereich beschäftigt gewesen, als sie eine Frau mit rotem Gesicht gesehen habe, die geweint habe und sich nach besten Kräften bemüht habe, einen Herrn mit einem rot angelaufenen Gesicht zu seinem Platz zu führen. Bevor er sich gesetzt habe, habe er nach einem Glas Champagner gefragt, welches nur ein höherrangiges Besatzungsmitglied ihm habe verweigern können. Sie sei dann zu ihrem Vorgesetzten gegangen und habe ihm von dem Vorfall erzählt. Dieser habe sich den Kunden angesehen und sei zu dem Fazit gelangt, der Kunde werde nicht bis Dubai durchhalten. Daraufhin habe man ihn des Flugzeugs verwiesen. Als der Kunde mit Hilfe des Sicherheitsdienstes von Board gebracht werden sollte, habe er sich geweigert und angefangen zu schreien. Nach ein paar Minuten habe er allerdings doch Folge geleistet und Drohungen ausgestoßen, als er durch die Reihen gegangen sei.

Das Gericht geht dabei davon aus, dass mit „dem“ Vorgesetzten aufgrund einer Ungenauigkeit in der Übersetzung aus dem Englischen „die“ Vorgesetzte … gemeint sein muss. Dies ergibt sich zwanglos aus beiden Zeugenaussagen.

Die Zeugin …, die Chefstewardess auf den fraglichen Flug war, bestätigte die Aussage der Zeugin … und führte aus, sie habe beim Besteigen des Flugzeugs einen Anruf von der Zeugin … erhalten, welche ihr mitgeteilt habe, der Kläger und seine Ehefrau befänden sich offensichtlich unter dem Einfluss von Rauschmitteln. Ihr sei aufgefallen, dass beide nicht direkt geradeaus zu ihren Sitzen gegangen seien. Die Ehefrau des Klägers sei aufgebracht gewesen und habe geweint. Sie sei von der Besatzung informiert worden, sie hätten sich an dem Champagner der Servicetabletts bedient, als die Besatzung an ihnen vorbeigegangen sei. Als sie bei dem Ehepaar … eingetroffen war, habe sie gesehen, dass Frau … geweint habe und der Kläger auf sie eingeredet habe. Einer von beiden habe ihr gesagt, dass Frau … sich nicht wohl fühle. Sie habe daraufhin den Kläger gebeten, von seinem Platz aufzustehen, um sich unter vier Augen mit ihm zu unterhalten. Ein anderes Besatzungsmitglied sollte sich inzwischen um Frau … kümmern. Der Kläger habe sich freiwillig mit ihr hinter die Trennwand bei UL2 begeben, welches ein geräumiger Bereich sei. Dort habe sie starken Alkoholgeruch wahrgenommen, wobei sich der Kläger an der Wand festhalten anlehnen musste, um nicht umzufallen. Sein Gesicht sei ganz rot gewesen und er habe sich nicht normal konzentrieren können. Als sie mit ihm gesprochen habe, seien seine Augen ganz glasig gewesen und er habe Probleme gehabt, dem Gespräch zu folgen. Er habe bestätigt, Alkohol getrunken zu haben. Als sie nochmals nach Frau … gefragt habe, die offensichtlich angeschlagen gewesen sei, habe er nochmals angegeben, diese fühle sich nicht gut. Sie habe ihm dann ihre Bedenken bezüglich ihrer beider Flugtauglichkeit mitgeteilt und ihn in Kenntnis gesetzt, dass sie sich mit dem Kapitän besprechen und dann wiederkommen werde. Die Zeugin habe dann mit dem Kapitän gesprochen und ihm den Vorfall geschildert. Der Kapitän habe dann entschieden, er wolle mit dem Bodenpersonal sprechen und eine Verweisung beider Kunden aus dem Flugzeug veranlassen.

Die Zeugin … bestätigte die Aussagen der beiden vorgenannten Zeuginnen insoweit, als sie einräumte, ihr sei es „letztlich damals eher schlecht“ gegangen. Sie habe bereits an Bord des Kreuzfahrtschiffes gesundheitliche Probleme gehabt und Infusionen erhalten. Sie sagte aus, vor dem Rückflug am 29.01.2017 Alkohol zu sich genommen zu haben, vordem Einchecken wohl ein Glas Prosecco und an Board des Flugzeugs ein Glas Champagner. Ferner räumte sie ein, dass sie „möglicherweise herumgejammert“ habe, als sie an Bord gewesen sei.

Auch der Kläger führt aus, dass jeder in der Lounge etwa ein oder zwei Gläser Wein und an Board des Flugzeugs noch ein Glas Champagner getrunken hätten. Wenn der Kläger weiter der Meinung ist, weder er noch seine Ehefrau seien alkoholisiert gewesen und sie seien beide flugtauglich gewesen, so bestehen hieran aufgrund der Aussagen der Zeuginnen … und … aber auch aufgrund der Aussage der Zeugin … erhebliche Zweifel.

Jedenfalls aber ist nicht ersichtlich, dass der Flugkapitän sein ihm zustehendes Ermessen hier fehlerhaft ausgeübt, dessen Grenzen nicht eingehalten oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hätte. Zusammenfassend lagen nach den glaubhaften Aussagen der Zeuginnen folgende Anknüpfungstatsachen für eine Verweisung von Board vor: Ein wankender Gang beider Fluggäste, gerötete Gesichter, glasige Augen, Stützen des Klägers, Weinen der Ehefrau des Klägers, die Aussage, es gehe ihr nicht gut, starker Alkoholgeruch und mangelnde Konzentrationsfähigkeit des Klägers sowie der Umstand, dass dieser sich zum Stehen an die Wand anlehnen musste. Dies ist nach Auffassung des Gerichts als ausreichend anzusehen. Das Gericht berücksichtigt hierbei weiter, dass der Flugkapitän seine Ermessensentscheidung stets aufgrund einer „ex-ante“ Einschätzung der Situation zu treffen und zahlreiche auf den Einzelfall bezogene Faktoren, wie etwa die Länge des jeweiligen Fluges, zu berücksichtigen hat. Dementsprechend sagte die Zeugin … aus, ihr Vorgesetzter, also die Zeugin …, habe sich den Kunden angesehen und sei mit dem Fazit zurückgekommen, dieser werde nicht bis Dubai durchhalten. In die Ermessensentscheidung ist hier mithin auch eingeflossen, dass es sich um einen Langstreckenflug handelte.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung eines zu viel gezahlten Reisepreises wegen einer Reisepreisminderung gemäß § 651d Abs. 1 a.F. BGB in Höhe von 1.479,60 € gegen die Beklagte wegen der verspäteten Rückreise.

Ein aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammender Reisemangel liegt hier nach Auffassung des Gerichts nicht vor, da der Kläger bzw. seine Ehefrau den Reisemangel selbst herbeigeführt haben. Durch deren von den Zeuginnen … und … übereinstimmend geschildertes höchst auffälliges Verhalten, kam es zu der Verweisung von Board des Flugzeugs.

Das Gericht ist – wie bereits ausgeführt – aufgrund der Aussagen der oben genannten Zeuginnen davon überzeugt, dass der Flugkapitän eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen hat, als er den Kläger und seine Ehefrau von Board des Flugzeugs verwiesen hat.

Eine Minderung des Reisepreises scheidet daher vorliegend aus. Auf die Frage, ob ein Abhilfeverlangen gemäß § 651 d Abs. 2 a.F. BGB an die Beklagte schuldhaft unterblieben ist, kommt es mithin nicht an.

3. Soweit der Kläger zunächst die Rechtsansicht äußerte, ihm stünde hilfsweise ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 941,88 € reisetäglich zu, und später vorträgt, er habe einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von mindestens 800,00 € gegen die Beklagte, war eine Entscheidung hierüber nicht möglich, da es bereits an einem entsprechenden Klageantrag fehlte. Darüber hinaus, wäre auch nicht klar, für welchen Fall der hilfsweise Anspruch erhoben werden sollte, oder ob er überhaupt hilfsweise geltend gemacht werden sollte. Jedenfalls aber würde ein derartiger Anspruch wegen des oben näher ausgeführten fehlenden Verschuldens der Beklagten ausscheiden.

C.

1. Soweit die Beklagte zur Zahlung in der Hauptsache verurteilt wurde, hat der Kläger einen Anspruch auf Verzugszinsen gemäß den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, § 187 Abs. 1 analog BGB seit dem 20.05.2017.

Soweit Verzugszinsen bereits seit dem 01.03.2017 beantragt waren, war die Klage abzuweisen. Eine einseitige Fristsetzung in einer Rechnung oder einem Schreiben mit Zahlungsaufforderung, wie der Kläger es mit Email vom 07.02.2017 an die Lidl-Reisen gesandt hat, wirkt nicht verzugsbegründend im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Auch eine eigenständige Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB war mit dieser Email nicht verbunden. Die Beklagte geriet damit erst durch den Schriftsatz der Rechtsanwaltskanzlei des Klägers vom 11.05.2017 mit Fristsetzung bis 19.05.2017, mithin analog § 187 Abs. 1 BGB am 20.05.2019 in Zahlungsverzug.

Nachdem bereits die Mahnung vom 11.05.2017 durch Rechtsanwalt erfolgt ist, wie dem Schriftsatz vom 11.05.2017 zu entnehmen ist, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus Verzugsgesichtspunkten. Die Klage war insoweit abzuweisen.

Im Übrigen besteht mangels Anspruchs auf die Hauptforderung auch kein Anspruch auf die beantragten Nebenforderungen, und war die Klage auch insoweit abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt wurde, handelt es sich um einen nur geringfügigen Betrag von unter 10 % des Streitwertes.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708, 711, 713 und 709 ZPO.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 3 ff. ZPO, 48 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG und folgt der Hauptforderung. Soweit in der Anspruchsbegründung weitere Ansprüche begründet, aber kein entsprechender Antrag gestellt wurde, waren diese bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen.

 

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