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Sachverständigengebühren – Vorschussbewilligung des Gerichts nicht anfechtbar

OLG Frankfurt – Az.: 6 WF 81/22 – Beschluss vom 27.06.2022

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 29. April 2021 hat das Amtsgericht in einer Güterrechtssache Beweis erhoben über den Wert zweier im Großraum London gelegener Immobilien zu für die Wertermittlung von Anfangs- und Endvermögen maßgeblichen Stichtagen jeweils auf Antrag eines Ehegatten. Es hat einen Sachverständigen bestellt und nach telefonischer Rücksprache mit dem Sachverständigen zur geschätzten Höhe entstehender Kosten von beiden Ehegatten einen Kostenvorschuss in Höhe von 6.000,00 Euro verlangt, den nur der Antragsteller eingezahlt hat.

Mit Schreiben vom 4. April 2022 bat der Sachverständige im Hinblick auf Auslagen für Reise-, Übernachtungs-, Dolmetscher- und sonstige Kosten um Auszahlung eines Vorschusses in Höhe von netto 6.000,00 Euro zzgl. USt. entspricht 7.140,00 Euro. Nach Anhörung der Beteiligten zu einer beabsichtigten Festsetzung eines Vorschusses nach § 4 JVEG in Höhe des bisher als Vorschuss geleisteten Betrags von 6.000,00 Euro und Anforderung eines ergänzenden Vorschusses in Höhe von 4.000,00 Euro vom Beschwerdeführer bewilligte das Amtsgericht mit Beschluss vom 3. Mai 2022 dem Sachverständigen den beantragten Vorschuss in Höhe von 6.000,00 Euro. Eine versehentlich erfolgte weitere Vorschussanforderung vom 3. Mai 2022 wurde zwischenzeitlich aufgehoben.

Mit am 18. Mai 2022 eingegangener Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer, unter Abänderung des Beschlusses vom 3. Mai 2022 wird die Anforderung des Sachverständigen auf Zahlung eines weiteren Vorschusses zurückgewiesen.

Der Antrag des Sachverständigen auf Zahlung eines weiteren Vorschusses sei nur begründet und berechtigt, wenn dieser erforderlich ist, was nicht der Fall sei. Der Be- schwerdeführer habe bereits einen Vorschuss in Höhe von 6.000,00 Euro geleistet. Eine Ortsbesichtigung könne nicht durchgeführt werden, weil die zu besichtigenden Objektive vermietet oder verkauft seien und die Besitzer keinen Zutritt gewährten. Eine Begutachtung könne auf der Grundlage bereits vorgelegter oder gegebenenfalls weiter anzufordernder Unterlagen erfolgen. Mit dem geleisteten Vorschuss könne das Gutachten erstellt werden.

Mit Beschluss vom 18. Mai 2022 half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab. Der Sachverständige habe ausdrücklich mitgeteilt, dass ein Ortstermin nötig und erkenntnisbringend sei. Privatgutachten ersetzten kein gerichtliches Gutachten, die mit Schriftsatz vom 8. März 2021 vorgelegten Unterlagen stellten keine Gutachten dar.

In seiner als Gegenvorstellung gegen den Nichtabhilfebeschluss bezeichneten, mangels Statthaftigkeit der Gegenvorstellung als weitere Beschwerdebegründung zu behandelnden, Eingabe vom 31. Mai 2022 führt der Beschwerdeführer weiter aus, eine Ortsbesichtigung der Immobilie in Großbritannien sei ausgeschlossen, die Umgebung können über Google Earth ermittelt werden. Eine Vorschusszahlung von 6.000,00 Euro sei bereits ungewöhnlich hoch. Die wertbildenden Faktoren seien mitgeteilt, weitere Informationen könnten übermittelt werden. Im Fall einer erforderlichen Reise bedürfe es jedenfalls keiner Übernachtung, der Sachverständige könne ohne Weiteres vormittags nach London und nachmittags nach München zurückfliegen.

II.

Die Beschwerde zurückzuweisen.

Soweit die Beschwerde nach ihrem Antrag dahingehend auszulegen sein sollte, dass sie sich gegen die auf § 4 Abs. 1 JVEG basierende Festsetzung eines an den Sachverständigen auszuzahlenden Vorschusses nach § 3 JVEG richtet, ist sie unzulässig. Gemäß § 4 Abs. 3 JVEG können gegen den Beschluss nach § 4 Abs. 1 JVEG nur der Berechtigte und die Staatskasse Beschwerde einlegen. Die Parteien des Rechtsstreits gehören nicht zu den Anspruchsberechtigten im Sinne des § 1 JVEG (zu einer Auflistung der nach § 4 Abs. 3 JVEG beschwerdeberechtigten Personen vgl. Schneider, JVEG, 4. Aufl. 2021, § 4 Rn. 56). Vorliegend ist Berechtigter im Sinne des § 4 Abs. 3 JVEG der Sachverständige, der Beschwerdeführer ist es nicht. Im Gegenzug wirkt der Beschluss nach § 4 Abs. 1 JVEG gemäß § 4 Abs. 9 JVEG nicht zu Lasten des Kostenschuldners, für den Kostenansatz entfaltet das Verfahren nach § 4 JVEG keine Bindungswirkung (vgl. Binz/Dörndörfer/Zimmerman/Binz, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, JVEG § 4 Rn. 21).

Soweit der Beschwerdeantrag unter Berücksichtigung der Begründung dahingehend auszulegen ist, dass die Beschwerde sich gegen die Anforderung eines weiteren Kostenvorschusses in Höhe von 4.000,00 Euro nach § 16 Abs. 1 FamGKG durch das Amtsgericht vom Beschwerdeführer richtet, ist sie zulässig. Vorliegend wendet sich der Antragstellung gegen die Anforderung eines „weiteren“ Vorschusses durch den Sachverständigen. Da der gerichtlich bestellte Sachverständige einen Vorschuss von dem Gericht und nicht den Beteiligten verlangt und dem Wort Vorschuss „weiteren“ vorangestellt ist, ist damit wohl die gerichtliche Anforderung eines weiteren Kostenvorschusses in Höhe von 4.000,00 Euro von dem Beschwerdeführer gemeint, gegen die sich der Beschwerdeführer auch in seiner Begründung in der Sache wendet. Diese Beschwerde ist statthaft, denn gemäß § 58 Abs. 1 FamGKG ist die Beschwerde gegen die Anordnung einer Voraus- zahlung nach § 16 Abs. 1 FamGKG statthaft (vgl. Binz/Dörndörfer/Zimmerman/Binz, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, FamGKG § 16 Rn. 8).

Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil die Voraussetzungen für die Forderung eines Auslagenvorschusses nach § 16 Abs. 1 FamGKG in vom Höhe von insgesamt 10.000,00 Euro vorliegen.

Nach § 16 Abs. 1 FamGKG anzufordern ist der zur Deckung der Auslagen hinreichende Vorschuss. Die Bemessung von Vorschüssen für Zeugen oder Sachverständige erfolgt unter Berücksichtigung der entsprechenden Bestimmungen im JVEG. Bei Sachverständigenvorschüssen kann auf die Kostenschätzung des Sachverständigen zurückgegriffen werden. Die Vorschusspflicht erstreckt sich auf alle mit der beantragten Handlung verbundenen Auslagen (Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, FamGKG § 16 Rn. 21, beckonline; BeckOK KostR/Boiczenko, 37. Ed. 1.4.2022, FamGKG § 16 Rn. 24). Dem Begriff hinreichend lässt sich zudem klar entnehmen, dass der Vorschuss die voraussichtlichen Kosten nicht nur anteilig, sondern voll decken soll.

Nach diesen Maßstäben ist die Höhe des Vorschusses nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht war offenbar bereits bei Erlass des Beweisbeschlusses von nach telefonischer Rücksprache mit dem Sachverständigen geschätzten Auslagen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 12.000,00 Euro ausgegangen. Diese hat das Amtsgericht ursprünglich kostenerleichternd auf beide Beteiligte verteilt, was aber nichts daran ändert, dass ein überwiegender Teil der Kosten auch bei einer Bewertung der zwei Immobilien auf entsprechenden Beweisantrag des Beschwerdeführers nur für einen der Stichtage anfällt. Es kann zwar nicht davon ausgegangen werden, dass es durch eine Bewertung zu unterschiedlichen Zeitpunkten (14. Juni 2015 und 10. Mai 2019) zu einer Doppelung der Kosten kommt. Denkbare Einsparungen durch die Beschränkung auf einen Stichtag hat das Amtsgericht durch die Reduzierung der verbleibenden Vorschussanforderung auf 4.000,00 Euro aber bereits angemessen berücksichtigt. Bei der Bemessung des hinreichenden, d.h. die Kosten voraussichtlich deckenden, Vorschusses ist darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG ein Honorar, soweit es nach Stundensätzen zu bemessen ist, für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt wird und nur lebensnotwendige Pausenzeiten ausgenommen sind (vgl. KG Berlin, BeckRS 2015, 11728).

Ebenfalls erfasst sind Reisevorbereitungszeiten (Schneider, JVEG, 4. Aufl. 2021, JVEG § 8 Rn. 46). Dass der Berechnung der (notwendigerweise überschlägige) Ansatz eines offenkundig übermäßigen Zeitaufwands zugrunde liegt, ist bei dem nach der Anlage zu § 9 Abs. 1 JVEG zu bemessenden Stundensatz des Sachverständigen zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennbar. Zu berücksichtigen ist dabei zum einen, dass es um die Wertermittlung von zwei Häusern geht und zum anderen, dass die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer gesondert ersetzt wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 JVEG) und von einem hinreichenden Vorschuss entsprechend zu erfassen ist. Darüber hinaus erfasst der Vorschuss die vom Sachverständigen in seinem Antrag auf Gewährung eines Vorschusses genannten Auslagen des Sachverständigen, die ebenfalls zumindest teilweise für zwei Häuser gesondert anfallen.

Im Übrigen hat die Beschwerde gegen den Vorschuss nach § 16 FamGKG nicht den Zweck, bereits im Vorfeld der endgültigen Vergütung eines Sachverständigen, über Fragen der Erforderlichkeit nach § 8 JVEG zu entscheiden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verfahren sind gemäß § 4 Abs. 8 JVEG gebührenfrei und Kosten werden nicht erstattet.

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