Oberlandesgericht Brandenburg
Az: 13 U 105/06
Urteil vom 04.04.2007
In dem Rechtsstreit hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2007 für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. Juli 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Restwerklohnansprüche in erster Instanz zunächst aus der Schlussrechnung vom 3. März 2005 und nunmehr in der Berufungsinstanz aus der neu erstellten Schlussrechnung vom 21. August 2006 geltend.
Die Parteien haben unter dem 2. Dezember 2003 einen Bauvertrag unter Einbeziehung der VOB/B zur Errichtung eines Einfamilienhauses zu einem Festpreis von 133.650 EUR geschlossen. Unter § 10 des Vertrages haben sie die förmliche Abnahme unter Hinweis auf § 12 Nr. 4 (1) VOB/B vereinbart.
Am 28. November 2004 sind die Beklagten in die von dem Kläger im Wesentlichen errichtete Immobilie eingezogen. Der Kläger übersandte den Beklagten unter dem 28. Januar 2005 eine sogenannte Fertigstellungsanzeige und unter dem 3. März 2005 sodann die Schlussrechnung. Gemäß Ziffer 4 der Leistungsbeschreibung zum Bauvertrag war der Kläger verpflichtet, am Hauseingang eine Vorlegestufe inklusive Rampe einzubauen. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hat der Kläger diese Arbeit nicht durchgeführt. Streitig zwischen den Parteien ist, ob dies in Form einer einverständlichen Teilaufhebung des Werkvertrages oder aufgrund einer Kündigung der Beklagten geschehen ist.
Nach Erhalt der Schlussrechnung vom 3. März 2005 haben die Beklagten mit Schreiben vom 12. März 2005 zunächst Mängel gerügt. Mit Anwaltsschreiben vom 12. April 2005 haben die Beklagten darauf hingewiesen, dass bisher die vereinbarte förmliche Abnahme nicht stattgefunden habe und dass sie diese nicht verweigert haben. Ferner haben die Beklagten in diesem Schreiben auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung vom 3. März 2005 unter anderem im Hinblick auf die nicht ausgeführte Leistung zu Ziffer 4 der Leistungsbeschreibung zum Bauvertrag hingewiesen.
Im Prozess haben die Beklagten diesen Hinweis mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 wiederholt und das Landgericht hat den Kläger im Termin am 12. Juni 2006 auf die Erfordernisse der Prüffähigkeit der Schlussrechnung hingewiesen, insbesondere im Hinblick auf die nicht erbrachte Werkleistung Vorlegestufe/Rollrampe. Beiden Parteien wurde sodann vom Landgericht im Anschluss an die Erörterungen im Termin zur Stellungnahme auf die gegenseitig noch eingereichten Schriftsätze ein Schriftsatznachlass gewährt.
Der Kläger hat in erster Instanz keine neue Schlussrechnung gelegt. Zur Abnahme hat er vorgetragen, dass hier ein Verzicht auf die förmliche Abnahme vorliege, da die Beklagten das Haus in Benutzung genommen hätten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klageforderung als derzeit nicht begründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es der vorgelegten Schlussrechnung an der erforderlichen Prüffähigkeit mangele. Der Kläger habe die unstreitig nicht erstellte Rollrampe kalkulatorisch nicht in der Schlussrechnung berücksichtigt. Hierauf sei der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden, habe aber in der ihm eingeräumten Frist zur Stellungnahme nicht angegeben, welchen Wert die nicht erbrachte Werkleistung habe. Ebenso wenig habe er eine neue Schlussrechnung gelegt.
Gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er insbesondere die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt. Der Hinweis auf die fehlende Prüffähigkeit sei zwar erteilt, aber ihm sei nicht aufgegeben worden, bereits im Rahmen der Erwiderung auf den Sachvortrag hierzu ergänzend vorzutragen. Auch sei der Tenor, nämlich die unbedingte Klageabweisung, falsch.
Ferner überreicht der Kläger mit der Berufungsbegründung die Schlussrechnung vom 21. August 2006, aus der die nicht erbrachte Leistung mit einem Nettobetrag von 104,79 EUR (brutto = 121,56 EUR) hervorgeht und in der Anlage die Kalkulation der nicht erbrachten Leistung dargelegt wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 24.7.2006 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 11.989,97 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basissatz seit dem 14. April 2005 zu zahlen, hilfsweise
das Urteil des Landgerichts aufzuhheben und das Verfahren an das Landgericht Potsdam zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagten rügen, dass der nunmehr noch geltend gemachte Restwerklohnanspruch nicht mit der Forderung aus der nunmehr zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachten neuerlichen Schlussrechnung vom 21. August 2006 übereinstimme und bestreiten weiterhin die Fälligkeit des Schlussrechnungsbetrages.
Hilfsweise rechnen sie mit Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln auf.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Landgericht die Klage als derzeit nicht begründet abgewiesen, da es die Klageabweisung auf das Fehlen einer prüffähigen Schlussrechnung und damit auf fehlende Fälligkeit gestützt hat. Unschädlich ist, wenn dies nicht im Tenor zum Ausdruck gebracht wird, sondern sich erst in Auslegung der Urteilsgründe erschließt (BGH Baurecht 2001, 124).
Bereits aus dem ersten Satz der Entscheidungsgründe, der lautet: „Die zulässige Klage ist derzeit unbegründet“ ergibt sich eindeutig, dass das Landgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen hat, da es allein auf die fehlende Fälligkeit wegen der nicht prüffähigen Schlussrechnung abgestellt hat.
Die geltend gemachte Restwerklohnforderung ist auch in zweiter Instanz nicht fällig und entsprechend ist die Berufung des Klägers nicht begründet.
Fälligkeitsvoraussetzung für die Schlusszahlung sind beim VOB/B- Bauvertrag zum einen die Abnahme der Werkleistung und zum anderen die Erstellung einer prüfbaren Schlussrechnung. Zwar scheitert die Fälligkeit der geltend gemachten Restwerklohnforderung nicht mehr an einer nicht prüfbaren Schlussrechnung. Die Erstellung und Vorlage einer neuen Schlussrechnung im Berufungsverfahren, wie sie der Kläger hier mit der Schlussrechnung vom 21. August 2006 eingeführt hat, ist nicht als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel im prozessrechtlichen Sinne zu werten, da hierdurch erst im Laufe des Verfahrens die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch geschaffen und alsdann in den Prozess eingeführt werden. Die prozessrechtlichen Präklusionsvorschriften sollen die Partei zwar anhalten, rechtzeitig zu einem bereits vorliegenden Tatsachenstoff vorzutragen, sie verfolgen hingegen nicht den Zweck, auf eine beschleunigte Schaffung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen hinzuwirken. Die nunmehr vorgelegte Schlussrechnung ist nicht etwa als Klageänderung anzusehen und unterliegt folglich nicht der Zurückweisung nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO. Im Gegensatz zur zunächst gelegten Schlussrechnung ist die vom 21. August 2006 datierende Schlussrechnung auch prüfbar. Dennoch ist die Schlusszahlung hier nicht fällig, denn es fehlt an der weiteren Voraussetzung, der Abnahme der Werkleistung.
Die Parteien haben im Bauvertrag ausdrücklich die förmliche Abnahme unter Hinweis auf § 12 Nr. 4 (1) VOB/B und der Erstellung eines Protokolls vereinbart. Weiter heißt es in § 10 des Bauvertrages „Die Abnahme kann nicht wegen lediglich geringfügiger Arbeiten, welche die Bezugsfertigkeit nicht wesentlich beeinträchtigen, verweigert werden.“ Unstreitig hat eine Abnahme des Bauwerkes nicht stattgefunden. Der Kläger hat weder in der Fertigstellungsanzeige noch in der Schlussrechnung vom 3. März 2005 die Abnahme verlangt, was die Beklagten auch bereits mit Schreiben vom 12. April 2005 gerügt haben.
Die förmliche Abnahme ist auch nicht deshalb entbehrlich geworden, weil die Beklagten bereits im Laufe des Monats November 2004 in das Haus eingezogen sind, denn unstreitig war dieses zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig hergestellt. Wie der Beklagte zu 3. – im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat persönlich angehört- erklärt hat, war der Einzug in das noch nicht vollständig fertig gestellte Haus, in dem noch alle Innentüren fehlten und die Badinstallation im Erdgeschoss noch nicht fertig gestellt war, deshalb notwendig, weil der Mietvertrag für die zuvor von den Beklagten bewohnte Wohnung gekündigt war und zum anderen die Wohnungsbauförderung für das Jahr 2004, die Teil des Finanzierungsplanes der Beklagten war, nicht verloren gehen sollte. Diesen Vortrag hat der Kläger nicht bestritten. Auch nach Erhalt der Schlussrechnung vom 3. März 2005 haben die Beklagten nicht etwa weitere Zahlungen auf diese geleistet, sondern bereits mit Schreiben vom 12. März 2005 die von ihnen bis dahin festgestellten Mängel dem Kläger angezeigt. Auch soweit sich der Kläger bzw. der Klägervertreter bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens das Haus mit den Beklagten gemeinsam angesehen hat, um die gerügten Mängel festzustellen, ist es zu einer förmlichen Abnahme nicht gekommen
Die Beklagten haben die Abnahme auch nicht etwa zu Unrecht verweigert. Bereits bei den mit Schreiben vom 12. März 2005 gerügten Mängeln handelte es sich nicht nur um unwesentliche Mängel. Zwischenzeitlich ist aber nach Darstellung der Beklagten ein längerer Riss in einer der Treppenstufen entstanden, was auch weitere Risse in weiteren Treppenstufen befürchten lässt.
Auf die fehlende Abnahme ist der Kläger und dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers war nach alledem nicht begründet, da die Klageforderung derzeit noch immer nicht fällig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, denn die in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen liegen nicht vor.