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Shill Bidding bei eBay – Scheingebot durch Verkäufer unwirksam

OLG Frankfurt – Az.: 15 U 102/18 – Urteil vom 26.03.2021

Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. Juni 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Marburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.989,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2014 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 887,03 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Shill Bidding bei eBay - Scheingebot durch Verkäufer unwirksam
(Symbolfoto: /Shutterstock.com)

Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung von sogenanntem großen Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines über die Internetplattform eBay geschlossenen Kaufvertrags.

Der Kläger war im Jahr 2014 auf der Plattform eBay unter dem Mitgliedsnamen „a“ aktiv, der Beklagte mit dem Namen „b“. Der Kläger war dabei zum damaligen Zeitpunkt als Käufer in einer Vielzahl von „Auktionen“ involviert, in denen er nach Aufforderung von Übergabe und Übereignung der jeweils erworbenen Sachen großen Schadensersatz wegen Nichterfüllung deutschlandweit auch prozessual geltend machte, allerdings auch zwei Autos und zwei bis drei Uhren tatsächlich erlangte. Im Falle des „Ersteigerns“ eines Pkw im Wert von etwa 11.000,00 € hatte der Kläger zudem auf Herausgabe geklagt.

Die Plattform eBay gibt den Bietern bei solchen „Auktionen“ ausgehend vom Startgebot abhängig von der Höhe des aktuellen Gebots so genannte Erhöhungsschritte in Form des Mindestbetrags vor, um den die Teilnehmer das aktuelle Höchstgebot überbieten müssen, um selbst Höchstbietender werden zu können.

Der Kläger bot im Jahr 2014 unter seinem Mitgliedsnamen „b“ ein Fahrzeug „Marke1 Typ1“ über die Plattform eBay bereits dreimal zum Verkauf an, wobei es in der Folge weder zur Zahlung des Kaufpreises noch zur Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs kam.

Am 9. Oktober 2014 um 18:35 Uhr bot der Kläger unter seinem Mitgliedsnamen „b“ bei eBay im Rahmen einer Auktion, welche am 12. Oktober 2014 um 18:35:02 Uhr ablief, erneut ein Fahrzeug „Marke1 Typ1“ im Zustand „unfallfrei“ und „scheckheftgepflegt“ mit einem Startgebot von 1,99 € und folgender Sonderausstattung („Extras“) an:

  • BI-Xenon Plus Scheinwerfer mit Scheinwerfer-Reinigungsanlage
  • Tagesfahrlicht
  • autom. Fahrlichtschaltung (ALS)
  • Nebelscheinwerfer
  • Außenspiegel elektr. einklappbar und beheizbar
  • DPF (Dieselpartikelfilter)
  • Rückleuchten in LED Optik On, ab Werk
  • Sonderlackierung ab Werk verändert Farbe bei Lichteinfall Dunkelblau /Diamantschwarz
  • Sportpaket (V:20mm/H:20mm Tiefergelegt ab Werk sehr Dezent, sehr gute Kurven und Straßenlage)
  • Lichtpaket innen und aussen (Ambientelicht, Nebelscheinwerfer, Tagfahrlicht)
  • Comming/Leaving Home System
  • Kurvenlicht (Scheinwerfer bewegen sich beim Lenken mit, für bessere Sicht bei Kurvenfahrten)
  • Sportsitze vorn
  • Sitzheizung vorn
  • Multifunktions-Lederlenkrad im 4-Speichen-Design
  • Sideguard (10 Airbags, Fahrer-, Beifahrer-, Seiten- und Kopfairbags, vorn und hinten)
  • Navigationssystem großes MMI Plus
  • Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat)
  • Innenspiegel autom. abblendbar
  • Servotronic
  • Ablagepaket
  • Diebstahlwarnanlage
  • Radio/CD mit 6fach CD-Wechsler
  • Audiosystem mit 10 Lautsprechern und Subwoofer (DSP Top Klang)
  • Dekoreinlagen Aluminium gebürstet
  • Raucherpaket (jedoch ist das Auto ein Nicht Raucher Auto)
  • TV/DVD Schnittstellen
  • Voll Alcantara Leder Ausstattung
  • 3 Klima Zonen Klimaautomatik mit Belüftungsschlitzen in den B-Säulen
  • elektr. 4-Wege-Lendenwirbelstütze vorn
  • Ski-/Durchladesack“

Ferner wies der Beklagte darauf hin: „Preisvorschläge unter 10.000 Euro könnt ihr euch sparen“.

Auf diese Auktion gab es ein Gebot durch den – anonymisierten – Bieter „c“ mit einem Höchstbetrag (Maximalgebot) von 10.300,00 €. Der Kläger wiederum gab bereits zwei Stunden nach Auktionsbeginn mehrere Gebote ab, wobei sein Maximalgebot in Höhe von 10.350,00 € bis zum Ablauf der Aktion das Höchstgebot blieb. Das dritthöchste Gebot eines weiteren Bieters „d“ lag bei 2.001,00 €.

In der Folge forderte der Kläger den Beklagten über das eBay-Nachrichtensystem am 13. Oktober 2014 unter Fristsetzung bis 19. Oktober 2014 zur Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 2.011,00 € unter Annahme eines gültigen Höchstgebots von 2.011,00 € auf. In dieser Nachricht wies der Kläger zudem darauf hin, dass der Beklagte das Fahrzeug mutmaßlich bereits dreimal dem Anschein nach verkauft habe, ohne dass es zur Übereignung des Fahrzeugs gekommen sei. Ferner wies der Kläger darauf hin, dass Gebote über 2.001,00 € hinaus manipulierte und deshalb gemäß § 117 BGB unwirksame Scheingebote eines „pushers“ des Beklagten gewesen seien. Der Beklagte wiederum war nur gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 10.350,00 € zur Vertragsabwicklung bereit.

Unter dem 30. Oktober 2014 erfolgte sodann ein anwaltliches Schreiben des Klägers, in welchem erneut unter Fristsetzung zum 12. November 2014 Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung von 2.011,00 € gefordert wurde. In diesem Schreiben wurde erneut darauf hingewiesen, dass die Gebote unter dem Mitgliedskonto „c“ unwirksam seien, weil sie entweder vom Kläger selbst oder im Zusammenwirken mit einem Dritten zu dem Zweck abgegeben worden seien, den Kaufpreis „in die Höhe zu treiben“ (sogenanntes „shill-bidding“). Zudem wurde dem Beklagten ein Vergleichsangebot in Form der Zahlung von 3.000,00 € und Übernahme der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemacht. Nachdem es auch hierauf weder zur Abwicklung des Vertrags noch zu einer Vergleichsregelung kann, erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 28. November 2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 7.989,00 € unter Annahme eines Fahrzeugwerts in Höhe von 10.000,00 € (10.000,00 € – 2.011,00 €). Eine Zahlung erfolgte ebenso wenig wie es weitere Kommunikation der Parteien bis zur Klageerhebung im Dezember 2017 gab.

Mit seiner am 21. Dezember 2017 erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 7.989,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,83 € unter Zugrundelegung einer 1,5-Gebühr geltend gemacht und seine vorgerichtliche Behauptung aufrechterhalten, dass der Bieter mit dem Mitgliedskonto „c“ mit einem Höchstbetrag (Maximalgebot) von 10.300,00 € entweder der Kläger selbst oder ein kollusiv mit ihm zusammenwirkender Dritter gewesen sei. Das folge auch daraus, dass bei vormaligen Angeboten desselben Fahrzeugs durch den Beklagten stets ein Bieter mit demselben Mitgliedskonto „c“ Höchstbietender gewesen sei.

Ferner betrage der Wert des Fahrzeugs mindestens 10.000,00 €. Der Kläger hat gemeint, unter Annahme der Unwirksamkeit der Gebote des Bieters „c“ habe das sodann höchste Gebot bei 2.001,00 € gelegen, sodass der Kaufvertrag unter Annahme von Bieterschritten in Höhe von 10,00 € sodann zum Preis von 2.011,00 € zustande gekommen sei.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, die Angebote des streitgegenständlichen Fahrzeugs vor dem 9. Oktober 2014 hätten deshalb nicht zum Vollzug der jeweiligen Kaufverträge geführt, weil dort sogenannten Spaßbieter mitgeboten hätten, die am Vollzug des Kaufvertrags kein Interesse gehabt und sich nach der Auktion nicht gemeldet hätten. Diese wiederum sei dem Kläger als sogenanntem „Abbruchjäger“, also jemandem, der auf den unberechtigten Abbruch von „Auktionen“ spekuliert, bekannt gewesen, der seinerseits niemals ein Interesse am Vollzug des Kaufvertrags gehabt habe, sondern dem es von Anfang an auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen angekommen sei. Ein solches Verhalten, so hat der Beklagte gemeint, sei rechtsmissbräuchlich, sodass sich der Kläger auf das Zustandekommen eines Kaufvertrags nicht berufen könne.

Im Übrigen wird hinsichtlich des diesem Rechtsstreits zugrundeliegenden Sachverhalts auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Durch dieses Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Parteien sei kein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden. Es spreche zwar viel dafür, dass der Beklagte bei der wiederholten Einstellung des Fahrzeugs dergestalt missbräuchlich gehandelt habe, dass er selbst oder ein Dritter in Absprache mit ihm durch Angebotsabgabe den Preis habe „in die Höhe treiben“ wollen, was ungeachtet der AGB von eBay zu einem Kaufvertragsschluss in Höhe des zuletzt abgegebenen wirksamen Gebots eines anderen Bieters führe, weil schon der Gebotsabgabe nur ein dahingehender Erklärungswert entnommen werden könne. Dies greife im vorliegenden Fall allerdings nicht durch, weil nach Überzeugung des Landgerichts es der Kläger als sogenannter „Abbruchjäger“ von vornherein auf die Geltendmachung von Schadensersatz und nicht auf die tatsächliche Vertragsdurchführung abgesehen habe. Dies folge bereits aus der Nachricht des Klägers nach Angebotsende, in welcher der Kläger zu erkennen gegeben habe, dass er die Auktionen des Beklagten bereits zuvor beobachtet habe. Zudem sei sodann zeitnah der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt worden. Hinzu komme, dass der Kläger die Sache bis kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist habe „ruhen“ lassen. Ferner habe der Kläger in weiteren Gerichtsverfahren erklärt, er habe seinerzeit auf eine Vielzahl von Angeboten – 300-350 Artikel im Monat – geboten, zunächst Herausgabe verlangt und bei Weigerung dann in etwa 100 Fällen Schadensersatzprozesse geführt. Tatsächlich erworben habe er nur zwei Autos und zwei bis drei Uhren. Schließlich sei er auch nunmehr von der Plattform eBay ausgeschlossen worden. Aus diesem Grund stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung der Wirksamkeit der klägerischen Willenserklärungen entgegen. Eigenes möglicherweise treuwidriges Verhalten des Beklagten hingegen könne bei Unwirksamkeit der klägerischen Willenserklärung nicht zur Fiktion eines wirksamen Vertrags führen. In der Folge könne der Kläger auch kein Erfüllungsinteresse wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung des Beklagten geltend machen.

Zweitinstanzlich ist Folgendes zu ergänzen:

Im Anschluss an das „Auktionsende“ bot der Kläger dem Beklagten über das eBay-Nachrichtensystem erfolglos an, das Fahrzeug gegen Zahlung von 2.000,00 € abzunehmen und weitere 3.000,00 € zu zahlen, wenn sich innerhalb von drei Monaten keine Mängel zeigen sollten. Sollten sich Mängel zeigen, solle der Kläger die Kosten für die Mängelbeseitigung nach Behebung in einer Fachwerkstatt von den noch zu zahlenden 3.000,00 € abziehen gegen Übergabe der entsprechenden Rechnung.

Nachdem der Kläger sich mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt hatte, suchte sich der Beklagte ferner im Internetforum „www.e.net“ rechtlichen Rat und gab in diesem Zusammenhang an, dass im Rahmen der vorliegenden Auktion das zweite Höchstgebot „gepusht“ gewesen und er zudem nicht Eigentümer des angebotenen Fahrzeugs gewesen sei.

Gegen das am 7. Juni 2018 verkündete Urteil des Landgerichts richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er dessen Abänderung und Verurteilung des Beklagten entsprechend der von ihm im ersten Rechtszug gestellten Anträge begehrt. Der Kläger wendet zunächst ein, das Landgericht habe rechtlich fehlerhaft wegen unzulässiger Rechtsausübung die Unwirksamkeit der auf den Vertragsschluss gerichteten klägerischen Willenserklärung angenommen. Ein etwaiger Rechtsmissbrauch könne nach ständiger Rechtsprechung allenfalls zur Annahme einer rechtshindernden Einrede führen, nicht aber zur Unwirksamkeit der Willenserklärung. Auch gemäß §§ 117, 118 BGB könne die Willenserklärung des Klägers nicht wirkungslos gewesen sein, weil selbst bei unterstelltem Ziel der alleinigen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen dies einen wirksamen Vertragsschluss voraussetze. Hinzu komme, dass für den Kläger ungewiss gewesen sei, ob nicht ein weiterer Bieter ein Gebot bis kurz vor das Maximalgebot des Klägers abgebe und sich der Kläger an seinem Maximalgebot festhalten lassen müsse. Es könne nicht angehen, die Wirksamkeit der abgegebenen Willenserklärung flexibel von solchen Umständen abhängig zu machen.

Im Übrigen könne ihm – dem Kläger – auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden. Er sei kein „Abbruchjäger“, sondern – sehr umtriebiger – Schnäppchenjäger, zumal vorliegend kein Fall des Auktionsabbruchs vorliege, sodass sich auch eine Übertragung der dazu vertretenen Auffassungen verbiete. Denn in Fällen des Auktionsabbruchs mag es schützenswerte Interessen insoweit unbedarfter eBay-Nutzer geben, was im Fall des hier vorliegenden „shill-bidding“ nicht der Fall sei. Der Beklagte sei selbst rechtswidrig vorgegangen. Im Übrigen verlange die Annahme von Rechtsmissbrauch eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und sei auf Ausnahmefälle beschränkt, was jedenfalls über das bloße „Abbruchjagen“ hinaus das Vorliegen zusätzlicher Umstände erfordere, die hier nicht vorlägen.

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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vorbringens, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien des Rechtsmissbrauchs beim „shill-bidding“, weil es sich um ein atypisches Bieterverhalten gehandelt habe in der Erwartungshaltung, dass die Auktion manipuliert sei. Bereits das Bieten auf die Auktion binnen zweier Stunden nach Aktionsbeginn zeige, dass der Kläger habe sicherstellen wollen, in jedem Fall Höchstbietender zu bleiben. Ein Schnäppchenjäger demgegenüber biete typischerweise kurz vor Schluss einer Auktion. Hierzu hat der Beklagte im Berufungsverfahren ergänzend vorgetragen, nach dem Ausschluss des Klägers von der Plattform eBay betrieben nun dessen Bruder und Schwester das Geschäftsmodell „shill-bidding“.

II.

Die fristgerecht nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils (26. Juni 2018) am 28. Juni 2018 eingelegte und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am 14. August 2018 begründete Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO).

Sie hat auch in der Sache weit überwiegend Erfolg.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten in der Hauptforderung Anspruch auf Zahlung von 7.989,00 € aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 Satz 1, 325 BGB.

a) Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ist zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Pkw zu einem Kaufpreis in Höhe von 2.011,00 € zustande gekommen. Der Kläger ist bei der eBay-Auktion mit seinem im Auktionsverlauf nicht mehr wirksam übertroffenen Gebot von 2.011,00 € Meistbietender gewesen, wodurch zu diesem Preis über das angebotene Fahrzeug zwischen den Parteien ein Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 BGB zustande gekommen ist.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat uneingeschränkt anschließt, kommt ein Kaufvertrag im Rahmen einer bei eBay durchgeführten Internetauktion gemäß §§ 145 ff. BGB durch aufeinander bezogene korrespondierende Willenserklärungen der Parteien zustande (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 3. November 2004 – VIII ZR 375/03 -, juris, Rn. 8 ff. und zuletzt BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 -, juris, Rn. 19). Der Beklagte hat daher dadurch, dass er die Auktion des zum Verkauf gestellten Fahrzeugs mit einem Anfangspreis von 1,99 € gestartet hat, ein verbindliches Verkaufsangebot im Sinne von § 145 BGB abgegeben, welches an denjenigen gerichtet war, der zum Ablauf der Auktionslaufzeit als der nach § 148 BGB bestimmten Annahmefrist das Höchstgebot abgegeben haben würde.

bb) Dieses Höchstgebot hat der Kläger abgegeben und zwar in einer Höhe von 2.011,00 €. Darauf, dass die Auktion tatsächlich mit einem Höchstgebot des Klägers in Höhe von 10.350,00 € geendet hat, kommt es hingegen nicht an. Denn hierzu kam es nur deshalb, weil durch das automatische Bietsystem das klägerische Gebot infolge des weiteren Gebots in Höhe von 10.300,00 € vom Mitgliedskonto „c“ auf diesen Betrag erhöht wurde. Dieses Gebot vom Mitgliedskonto „c“ ist aber unwirksam, weil zur Überzeugung des Senats Kontoinhaber dieses Mitgliedskontos entweder der Beklagte selbst war, oder aber es hat ein Dritter im Zusammenwirken mit dem Beklagten mitgeboten, um den Preis „in die Höhe zu treiben“, sodass ein sogenanntes „shill-bidding“ vorlag.

(1) Hierfür spricht bereits der Umstand, dass unstreitig der Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug vor der hier relevanten Auktion bereits mehrmals angeboten hat, aber der Vertragsschluss unstreitig nicht vollzogen wurde. Der Vortrag des Beklagten, bei den Höchstbietenden habe es sich jeweils um sogenannte Spaßbieter gehandelt, ist schon im Ansatz unglaubhaft. Es erscheint wenig nachvollziehbar, dass dies in insgesamt drei Fällen hintereinander der Fall gewesen sein sollte. Ferner hat der Beklagte im Berufungsverfahren dem Kläger rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen, weil dieser gezielt nach Auktionen mit „shill-bidding“ suche und dies zu seinem Geschäftsmodell gemacht habe. Auch daraus folgt, dass der Beklagte offenbar selbst einräumt, tatsächlich „shill-bidding“ betrieben zu haben. Darauf kommt es letztlich aber nicht an, da der Kläger in der Berufungsinstanz vom Beklagten jedenfalls unbestritten und damit ungeachtet der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 – VIII ZR 247/06 -, juris, Rn. 15) vorgetragen hat, der Beklagte habe im Internetforum „www.e.net“ rechtlichen Rat gesucht und in diesem Zusammenhang mehrfach angegeben, das zweithöchste Angebot sei „gepusht“ gewesen. Da dem Senat kein Grund erkennbar ist, weshalb der Beklagte diese Angabe in einem Internetforum zu Unrecht machen sollte, ist davon auszugehen, dass sie zutrifft. Dann aber steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte das zweithöchste Gebot, namentlich das vom Mitgliedskonto „c“ abgegebene, entweder selbst abgegeben oder im kollusiven Zusammenwirken mit einem Dritten, der Inhaber des Kontos ist, hat abgeben lassen. Denn eben dies bedeutet gerichtsbekanntermaßen die Aussage, das Gebot sei „gepusht“ gewesen.

(2) Sollte der Beklagte selbst Inhaber des Kontos „c“ gewesen sein, wäre das entsprechend abgegebene Gebot über 10.300,00 € bereits deshalb unwirksam, weil – ohne Rückgriff auf die AGB von eBay – das mit Eröffnung der Auktion erklärte Angebot des Beklagten von vornherein nur an von ihm personenverschiedene Bieter gerichtet war. Denn das in § 145 BGB geregelte Angebot ist bereits definitionsgemäß darauf angelegt, die Schließung eines Vertrages „einem anderen“ als dem Anbietenden anzutragen. Ein Vertrag setzt deshalb zu seiner wirksamen Entstehung begrifflich mindestens zwei zustimmende Willenserklärungen verschiedener Rechtssubjekte voraus. War danach das in die Auktion eingestellte Angebot des Beklagten zu seiner Annahmefähigkeit begriffsnotwendig an einen anderen gerichtet, konnte es von ihm selbst als vom Adressatenkreis Ausgeschlossenem bereits mangels Adressateneignung nicht wirksam angenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 -, juris, Rn. 21, 23).

(3) Sollte das Gebot vom Konto „c“ dagegen im Zusammenwirken mit einem Dritten abgegeben worden sein, um den Preis in die Höhe zu treiben, wäre eine solche Willenserklärung gemäß § 117 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie im Einverständnis mit dem Beklagten nur zum Schein abgegeben worden wäre und die Beteiligten die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen tatsächlich nicht eintreten lassen wollten (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 11. Juni 2014 – 1 U 90/13 -, juris, Rn. 52 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Juni 2014 – 12 U 51/13 -, juris, Rn. 17 ff.; OLG München, Urteil vom 26. September 2018 – 20 U 749/18 -, juris, Rn. 5).

(4) Da die Gebote des Beklagten selbst oder auf dessen Veranlassung demnach von vornherein nicht geeignet waren, einen Vertragsschluss herbeizuführen, handelte es sich bei ihnen auch nicht um Gebote, die der Kläger übertreffen musste und – entsprechend dem Erklärungsgehalt der Maximalgebote – wollte, um Höchstbietender zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 -, juris, Rn. 28). Denn Maximalgebote stellen noch keine unbedingten, betragsmäßig bezifferten Annahmeerklärungen dar. Mit ihnen wird lediglich erklärt, das im Vergleich zum Mindestbetrag oder bereits bestehenden Geboten jeweils nächsthöhere Gebot abzugeben, um dadurch den Mindestbetrag zu erreichen oder bereits bestehende Gebote zu übertreffen und auf diese Weise bis zum Erreichen des von ihm vorgegebenen Maximalbetrages Höchstbietender zu werden oder zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 -, juris, Rn. 27). Deshalb ist das letzte echte Gebot eines Dritten, das der Kläger überboten hat, zur Kaufpreisbestimmung heranzuziehen, also das Gebot des unbekannten Bieters „d“ in Höhe von 2.001,00 €. Dies hat der Kläger nach den gerichtsbekanntermaßen im Bereich zwischen 1.000,00 € bis 4.999,99 € jeweils geltenden Bieterschritten von 10,00 € mit einem Betrag von € 10,00 überboten, sodass der zum Auktionsende maßgebliche Kaufpreis in Höhe von 2.011,00 € wirksam vereinbart wurde.

cc) Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts war das Gebot des Klägers auch nicht wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unwirksam, weil es dem Kläger niemals auf die Erfüllung des Kaufvertrags, sondern allein auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen angekommen wäre. Zwar trifft es zu, dass ein Bieter in derartigen Konstellationen rechtsmissbräuchlich handeln kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 24 für den Fall von sogenannten Abbruchjägern). Allerdings besteht anerkanntermaßen die Rechtsfolge der unzulässigen Rechtsausübung darin, dass die dem Recht entsprechenden Rechtswirkungen oder Rechtsfolgen versagt werden (vgl. Schubert, in: Münchener Kommentar zum BGB 8. Auflage 2019, § 242 Rn. 221), dass also das tatsächlich bestehende Recht nicht ausgeübt werden darf (vgl. Kähler, in: BeckOKG, Stand: 01.01.2021, § 242 Rn. 1030, dazu sogleich). Dass hingegen eine Rechtshandlung wie hier die Willenserklärung des Klägers wegen unzulässiger Rechtsausübung per se schon unwirksam ist, wird soweit ersichtlich nicht vertreten und auch im vom Landgericht zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs nicht bejaht.

b) Da der Beklagte den wirksam geschlossenen Kaufvertrag unstreitig nicht erfüllt hat, war der Kläger nach erfolgloser Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits mit Nachricht über die eBay-Plattform vom 13. Oktober 2014 zum Rücktritt vom Kaufvertrag und daneben (§ 325 BGB) berechtigt, sogenannten großen Schadensersatz statt der Leistung geltend zu machen. Der dem Kläger entstandene Schaden ist auf das positive Interesse gerichtet und besteht in dem Differenzbetrag zwischen dem Marktwert des Kfz und dem vereinbarten Kaufpreis von 2.011,00 € im Zeitpunkt des Erlöschens des Primärerfüllungsanspruchs (vgl. nur OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Juni 2014 – 12 U 51/13 -, juris, Rn. 27; OLG Stuttgart, Urteil vom 14. April 2015 – 12 U 153/14 -, juris, Rn. 116; OLG München, Urteil vom 26. September 2018 – 20 U 749/18 -, juris, Rn. 13).

Dabei schätzt der Senat den Marktwert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Erlöschens des Primärerfüllungsanspruchs (Rücktritt vom Kaufvertrag) gemäß § 287 ZPO auf mindestens 10.000,00 €.

Dies folgt zum einen daraus, dass der Beklagte durch sein – unwirksames – Maximalgebot von 10.300,00 € zu erkennen gegeben, dass dies der Preis ist, denn er mindestens für das Fahrzeug erlangen wollte, zumal er zugleich darauf hingewiesen hatte, dass von Angeboten unter 10.000,00 € abzusehen ist. Dass dieser Preis in etwa dem Marktwert des Fahrzeugs entspricht, folgt bereits daraus, dass andernfalls die Intention des Beklagten, den Preis „hoch zu treiben“, keinen Sinn ergäbe, da er bei einem Preis weit jenseits des Marktwertes nicht damit rechnen konnte, dass das Eigengebot von einem redlichen Bieter noch überboten wird und damit zu einem erfolgreichen Verkauf führt, was gerade Ziel jeder Auktion ist (vgl. zur Schätzung des Marktwerts anhand von Eigengeboten bzw. dem vom Bieter geforderten Betrag auch BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 -, juris, Rn. 46 sowie OLG Hamm, Urteil vom 30. Juli 2020 – 34 U 125/19 – NJOZ 2020, 1426, 1429 f. Rn. 62). Zum anderen hat der Senat über das Onlineprotal „www.schwacke.net“ eine Bewertung des Fahrzeugwerts zum oben genannten Stichtag einschließlich der vom Beklagten angegebenen Sonderausstattung durchgeführt. Diese hat zu einem Zeitwert des Fahrzeugs in Höhe von 9.920,00 € und zu einem – dem Marktwert – entsprechenden Wiederbeschaffungswert von 11.720,00 € brutto geführt. Auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens konnte infolge dessen verzichtet werden, da das Fahrzeug – wenn es überhaupt für eine Begutachtung zur Verfügung stünde – nur im jetzigen Zustand geschätzt werden könnte. Eine Bewertung zum Zeitpunkt des Erlöschens des Primäranspruchs hätte auch ein Sachverständiger nur anhand der Fahrzeugdaten – ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Fahrzeugzustand – vornehmen können, so wie dies vom Senat erfolgt ist. Da der Beklagte selbst das Fahrzeug als unfallfrei und scheckheftgepflegt inseriert hat, sind im Rahmen der durchzuführenden Schätzung auch keine Abschläge vorzunehmen, sondern es ist von einem altersgerechten Zustand des Fahrzeugs auszugehen.

Nach alledem liegt der Schaden des Klägers jedenfalls in den geltend gemachten 10.000,00 € – 2.011,00 € = 7.989,00 €.

c) Dass der Beklagte im Nachrichtenverkehr mit dem Kläger zugleich angegeben hat, ihm habe das auktionierte Fahrzeug überhaupt nicht gehört, änderte an den Ansprüchen des Klägers im Übrigen nichts, da im Falle der daraus resultierenden Unmöglichkeit sich der klägerische Anspruch ohne weitere Fristsetzung bereits aus § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB ergäbe.

d) Den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) kann der Beklagte der Forderung des Klägers schließlich nicht entgegenhalten.

Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14 -, juris, Rn. 11; BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 22). Dabei ist es für sich genommen nicht zu beanstanden, dass ein Bieter sich als sogenannter Schnäppchenjäger betätigt, der bei Internetauktionen gezielt auf Waren bietet, die zu einem weit unter Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten werden. Denn es ist der Verkäufer, der in solchen Fällen von sich aus durch die Wahl eines niedrigen Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs eingegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14 -, juris, Rn. 12; BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 23). An der Beurteilung dieser Ausgangslage ändert sich auch dann nichts, wenn ein Bieter sich in einer Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote zunutze macht, um ein für ihn günstiges „Schnäppchen“ zu erzielen, weil allein die Quantität eines von der Rechtsordnung im Einzelfall gebilligten Vorgehens in der Regel nicht zu dessen Missbilligung führt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 23).

Anders kann dies hingegen sein, wenn die Absicht des Bieters von vornherein nicht auf den Erfolg des Vertrages, sondern auf dessen Scheitern gerichtet ist, er also den angebotenen Gegenstand gar nicht erwerben will, sondern auf den Abbruch der Auktion abzielt, um daraufhin Schadensersatzansprüche geltend machen zu können (sogenannter Abbruchjäger), wobei sich abstrakte, verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als „Abbruchjäger“ in diesem Sinne zuließen, nicht aufstellen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 24 f.). Dabei kann dahinstehen, ob – wie der Kläger meint – diese Grundsätze auf den hiesigen Rechtsstreit nicht übertragbar sind, weil es sich vorliegend schon nach dem Vortrag des Beklagten nicht um den Fall einer „Jagd“ auf den Abbruch einer Auktion, sondern um eine solche auf „shill-bidder“ handeln würde, welche per se selbst rechtsmissbräuchlich handelten und damit nicht schutzwürdig seien. Denn der insoweit beweisbelastete Beklagte vermochte – anders als dies das Landgericht angenommen hat – auch nicht indiziell darzulegen, dass es jedenfalls im allein maßgeblichen vorliegenden Fall dem Kläger allein auf die Generierung von Schadensersatzansprüchen ankam.

aa) Der Umstand, dass der Kläger die vorliegende Auktion offenbar bereits im Vorfeld beobachtet hat und deshalb von einem „shill-bidding“ des Klägers ausgegangen ist, lässt noch nicht auf die Absicht fehlender Vertragsdurchführung schließen, weil der Kläger auch bei Abnahme des Fahrzeugs unter Außerachtlassung der Eigen- bzw. kollusiven Fremdgebote des Beklagten ein außerordentlich günstiges Geschäft gemacht hätte, dessen Wert er bei Abnahme und anschließender Veräußerung des Fahrzeugs ebenso gut hätte realisieren können. Dass der Kläger gezielt Ausschau nach „shill-biddern“ gehalten haben mag, ist – wie ausgeführt – für sich nicht verwerflich.

bb) Auch die vom Kläger in anderen Verfahren getätigten Angaben zum Umfang der Gebote auf Artikel bei eBay lassen nicht den Schluss auf die bloße Absicht der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu. Soweit der Kläger dort angegeben hat, er sei bei etwa 200 Auktionen Höchstbietender gewesen und habe auf diese Weise zwei Autos und zwei bis drei Uhren erlangt, so lässt sich daraus schon deshalb nicht auf die reine Absicht der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im hiesigen Verfahren schließen, weil der Kläger nach seinen eben genannten Angaben jedenfalls in einigen Fällen die ersteigerten Artikel tatsächlich abgenommen hat, sodass nicht auszuschließen ist, dass er dies im vorliegenden Fall ebenfalls vorgehabt hat, zumal nach eigenen Angaben des Beklagten gerade in einem Fall der Ersteigerung eines – wie hier – Pkw im Wert von etwa 11.000,00 € der Kläger tatsächlich auf Herausgabe geklagt hatte (vgl. ähnlich BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 34).

Zudem hat der Kläger im vorliegenden Verfahren mehrfach zunächst selbst und sodann anwaltlich die Übergabe und Übereignung beim Beklagten angemahnt. Dass dies nur „pro forma“ erfolgt ist, lässt sich schon deshalb nicht ohne weiteres annehmen, weil der Kläger dem Beklagten ein konkretes Vergleichsangebot gemacht hat, das Fahrzeug unter einmaliger Zahlung von 3.000,00 € und bei Mangelfreiheit weiterer 2.000,00 €, sonst unter Abzug tatsächlich erfolgter Reparaturkosten, abzunehmen. Dieses Angebot war auch nicht so abwegig, dass der Kläger damit rechnen konnte, der Beklagte werde dies in jedem Fall ablehnen, da der Kläger zuvor bereits auf die für den Beklagten ungünstige Rechtslage hingewiesen und mit rechtlichen Schritten gedroht hatte, sodass nicht ausgeschlossen war, der würde Beklagte sodann das „geringere Übel“ wählen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zur Zahlung des lediglich geringen Kaufpreises von 2.011,00 € nicht in der Lage gewesen wäre.

cc) Auch der Umstand, dass der Kläger in anderen Verfahren angeben hat, seine wirksamen Gebote pendelten zwischen 10.000,00 € und 30.000,00 €, lässt nicht den Rückschluss zu, dass der Kläger in jedem Fall – und damit auch hier – zur Vertragsdurchführung nicht in der Lage war und deshalb allein die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beabsichtigt hat, da der Umfang der Gebote noch keinen Schluss darauf zulässt, dass der Kläger in diesen Fällen auch Höchstbietender geblieben ist bzw. damit rechnen musste. In Fällen der „Abbruchjagd“, die dem Kläger ebenfalls vorgehalten wird, muss der Bieter bei einem normalen Verlauf der Auktionen gerade nicht damit rechnen, die Gesamtsumme seiner Angebote auch aufbringen zu müssen, da ein Bieter bei der Abgabe von weit unter dem Marktwert liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten wird, bei der Auktion dann nicht zum Zuge kommt und demzufolge auch den angebotenen Preis nicht zu entrichten hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 -, juris, Rn. 29). Nicht anders ist dies bei der „Jagd“ auf „shill-bidder“, bei der gerade darauf spekuliert wird, dass – wie hier exemplarisch – durch ein hohes Maximalgebot des Bieters nach Eigengeboten des Anbieters der Preis binnen kurzer Zeit nach Angebotseinstellung „hoch getrieben“ wird und damit andere Bieter „abgeschreckt“ werden, sodass der Kaufvertrag sodann unter Außerachtlassung der unwirksamen Eigengebote ein möglichst niedriger Kaufpreis realisiert wird.

dd) Ferner spricht es schon aus Rechtsgründen nicht gegen die Annahme eines fehlenden Willens zur Vertragsdurchführung, dass der Kläger mit der gerichtlichen Durchsetzung von Schadensersatzansprüche bis kurz vor den Ablauf der Verjährungsfrist gewartet hat. Denn die Prämisse, der Kläger habe sicherstellen wollen, dass der ersteigerte Artikel durch Weiterveräußerung nicht mehr vorhanden ist, ergibt vor dem Hintergrund keinen Sinn, dass der Kläger bereits wegen des fruchtlosen Ablaufs der Frist zur Vertragserfüllung berechtigt war, Schadensersatz zu verlangen, gleichviel ob das Fahrzeug schon veräußert wurde oder nicht, zumal auch eine Veräußerung angesichts der Möglichkeit des Rückerwerbs nicht zwangsläufig zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung führt.

ee) Schließlich lässt auch ein Ausschluss des Klägers von der Plattform eBay keinen Rückschluss auf den fehlenden Willen zur Vertragsdurchführung zu, sondern allenfalls darauf, dass es der Kläger gezielt auf „shill-bidder“ oder Auktionsabbrecher abgesehen hat, was wiederum nicht rechtsmissbräuchlich ist.

Nach alledem kann unter der Prämisse einer auf besondere Ausnahmefälle beschränkten Annahme von Rechtsmissbrauch auch bei einer Gesamtschau aller genannter Indizien ein solcher hier nicht bejaht werden.

2. In den Nebenforderungen waren dem Kläger neben Verzugszinsen seit dem 11. Dezember 2014 jedoch lediglich 887,03 € vorgerichtliche Anwaltskosten zuzusprechen und die Klage im Übrigen abzuweisen sowie die Berufung insoweit zurückzuweisen.

a) Zwar war der Beklagte infolge der zunächst vom Kläger selbst gesetzten Frist bis zum 19. Oktober 2014 mit der Herausgabe des Fahrzeugs im Verzug, sodass unter Zugrundelegung eines dem Fahrzeugwert entsprechenden Gegenstandswerts von jedenfalls 10.000,00 € die Kosten der nachträglichen Beauftragung eines Rechtsanwalts gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB grundsätzlich ersatzfähig sind. Allerdings sieht der Senat lediglich eine Geschäftsgebühr in Form der Regelgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG in Höhe von 1,3 für gerechtfertigt an. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, kann eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war, was auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 – VIII ZR 323/11 -, juris, Rn. 8 ff.). Eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit vermag der Senat nicht festzustellen, nachdem die vorgerichtlichen Bevollmächtigten des Klägers lediglich zwei überschaubare anwaltliche Schreiben unter Bezugnahme auf den tatsächlich überschaubaren Sachverhalt und zum damaligen Zeitpunkt bestehende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Unwirksamkeit von Eigen-/Scheingeboten gefertigt haben. Unter Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr von 1,3 beträgt der Verzugsschaden des Klägers damit lediglich 887,03 € einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer.

b) Der Anspruch auf Verzugszinsen hingegen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB jedenfalls ab dem 11. Dezember 2014, weil spätestens zu diesem Zeitpunkt aufgrund Fristablaufs der anwaltlich gesetzten Frist zum 10. Dezember 2014 sich der Beklagte sowohl mit der Zahlung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung als auch mit der Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten im Verzug befunden hat.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

4. Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die Rechtslage ist sowohl zur Frage der Unwirksamkeit von Eigengeboten/kollusiven Fremdgeboten als auch zur Frage des Rechtsmissbrauchs von Bietern durch die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geklärt bzw. wird innerhalb der Oberlandesgerichte einheitlich bewertet.

 

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