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Treuhandvertrag – Freistellungsanspruch

AG Hamburg-Altona – Az.: 316 C 180/18 – Urteil vom 08.01.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen abgetretenen Freistellungsanspruch aus einem Treuhandvertrag.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 21.01.2014 zum Geschäftszeichen … (Anlage K1, Bl. 18ff d.A.) mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über … zum Insolvenzverwalter über deren Vermögen bestellt worden.

Einziger Geschäftszweck der KG war der Erwerb und Betrieb des Vollcontainerschiffs … . Komplementärin der KG war die … mbH.

Die Beklagte hat sich über die … GmbH (nachfolgend: …-GmbH) als Treuhandkommanditistin an der KG beteiligt, ohne im Handelsregister eingetragen worden zu sein. Die gezeichnete Hafteinlage der Beklagten betrug 10.000,- € und wurde von ihr in voller Höhe geleistet.

Im Treuhandvertrag zwischen der …-GmbH und der Beklagten (Anlage K2, Bl. 21ff d.A.) wurde in § 3.3 vereinbart: „Die Vorschriften der Kommanditistenhaftung, auch über ein Wiederaufleben der Haftung, gelten entsprechend. Der Treugeber ist verpflichtet, die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten freizuhalten, die sich aus der treuhänderisch gehaltenen Kommanditeinlage ergeben.”

Die Beklagte erhielt in den Jahren 2005 – 2008 Auszahlungen von der KG über die Treuhandkommanditistin in Höhe von insgesamt 2.689,90 €, die nicht von entsprechenden Gewinnen der KG gedeckt waren. Hinsichtlich der Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2004 – 2008 wird auf die Anlagen K3-7 (Bl. 28ff d.A.) Bezug genommen.

Im März 2014 vereinbarten die …-GmbH und der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der KG eine Abtretung hinsichtlich der Ansprüche der …-GmbH gegen die Beklagte.

Mit Schreiben vom 27.01.2017 (Anlage K10, Bl. 47ff d.A.) forderte der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der KG von der Beklagten die Rückzahlung der an sie ausgeschütteten 2.689,90 € bis zum 03.03.2017.

Mit Schreiben vom 29.01.2018 (Anlage K11, Bl. 50f d.A.) forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Rückzahlung von 2.689,90 €, überdies die Zahlung vorgerichtlich entstandener Anwaltsgebühren in Höhe von 281,30 € bis zum 17.02.2018. Diese Gebühren wurden vom Kläger bereits an seinen Prozessbevollmächtigten bezahlt.

Die Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 11.09.2018 die Einrede der Verjährung.

Der Kläger macht mit der Klage die Freistellung von Gläubigerforderungen gegen die …-GmbH geltend. Er beruft sich insoweit auf zwei Forderungen der … AG aus Darlehen in Höhe von € 6.897.591,20 (zur Insolvenztabelle festgestellt unter der lfd. Nr. 29) und € 1.606.421,16 (zur Insolvenztabelle festgestellt unter lfd. Nr. 28). Desweiteren beruft er sich auf eine Forderung des Finanzamts Hamburg-Altona wegen Gewerbesteuer aus den Jahren 2012 und 2013 in Höhe von 67.691,70 €, die mit Bescheid vom 19. Dezember 2016 festgesetzt und am 01.03.2017 unter lfd. Nr. 32 zur Insolvenztabelle nachgetragen wurde.

Der Kläger meint, der wirksamen Erhebung der Einrede der Verjährung der Beklagten stehe zum einen entgegen, dass die Parteien in § 3.3 des Treuhandvertrags hinsichtlich der Forderung eine Abweichung von der gesetzlichen Verjährung vereinbart hätten. Zum anderen sei jedenfalls die Forderung des Finanzamts Hamburg-Altona noch nicht verjährt, da diese nicht 2014, sondern erst 2017 nach Festsetzung im Dezember 2016 zur Insolvenztabelle festgestellt worden sei.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.689,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. März 2017 zu zahlen,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 281,30 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 18. Februar 2018 zu zahlen,

hilfsweise

ihn von den ihm entstandenen vorgerichtlichen Beratungskosten in Höhe von 281,30 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Forderung sei jedenfalls verjährt, da die gesetzliche Verjährung von drei Jahren gelte. Als Verjährungsbeginn sei Ende 2014 anzusetzen, da sich der Befreiungsanspruch spätestens 2014 in einen Zahlungsanspruch umgewandelt habe, was den Verjährungsbeginn ausgelöst habe.

Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Einem möglichen Freistellungsanspruch der …-GmbH gegen die Beklagte aufgrund Inanspruchnahme durch die KG infolge gewinnunabhängiger Ausschüttungen gem. §§ 172 Abs. 4, 171 HGB, den der Kläger gem. § 398 S. 2 BGB nach Abtretung als neuer Gläubiger fordern kann, steht der von der Beklagten erhobene Einwand der Verjährung entgegen.

Die gesetzliche Verjährung ist gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB eingetreten (1.), sodass die Beklagte gem. § 214 Abs. 1 BGB zur Verweigerung der Leistung berechtigt war. Eine Parteivereinbarung über eine abweichende Verjährungsfrist besteht nicht (2.).

1.

Treuhandvertrag - Freistellungsanspruch
(Symbolfoto: Von JETACOM AUTOFOCUS/Shutterstock.com)

Die Verjährung eines Freistellungsanspruchs richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Die Verjährungsfrist des Freistellungsanspruchs begann mit dem Schluss des Jahres 2014, sodass er mit Ablauf des Jahres 2017 verjährt war, mithin noch vor dem Schreiben des Klägers vom 29.01.2018.

Der Anspruch der …-GmbH, den diese an den Kläger abgetreten hat, hat sich im Jahr 2014 in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Diese Umwandlung ist für den Verjährungsbeginn maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.1017 – III ZR 206/17 –, juris, Rn. 20).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, a.a.O.) findet eine solche Umwandlung eines Befreiungsanspruchs von einer Drittforderung in einen Zahlungsanspruch mit der Folge des Verjährungsbeginns statt, wenn zum einen die Inanspruchnahme des Befreiungsgläubigers durch den Drittgläubiger mit Sicherheit zu erwarten ist und zum anderen feststeht, dass für die Erfüllung der Drittforderung auf die Mittel des Befreiungsschuldners zurückgegriffen werden muss (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 22). Darauf, ob die Drittforderung fällig ist, kommt es dann – anders als in den Fällen, in denen es um die Verjährung des Befreiungsanspruchs des Treuhänders selbst geht (dazu BGH, Urteil vom 22. März 2011 – II ZR 224/08 –, juris Rn 23) nicht an.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2014 war mit Sicherheit zu erwarten, dass die …-GmbH als Befreiungsgläubigerin durch die Gesellschaftsgläubiger der KG bzw. gem. § 171 Abs. 2 HGB den Insolvenzverwalter in Anspruch genommen wird und sie dafür auf Mittel der Beklagten als Befreiungsschuldnerin würde zurückgreifen müssen. Das ergibt sich daraus, dass sowohl feststand, dass Gläubigerforderungen gegen die KG in mindestens siebenstelliger Höhe befriedigt werden müssen, als auch, dass aufgrund der gewinnunabhängigen Ausschüttungen die Voraussetzungen der Kommanditistenhaftung vorlagen, in deren Rahmen sich die …-GmbH als Treuhandkommanditistin ihres Freistellungsanspruchs aus dem Treuhandvertrag bedienen würde.

Hierbei kommt es auf die Fälligkeit der Drittforderung nicht an. Der Befreiungsschuldner hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Zahlungsanspruch in angemessener Zeit in verjährungshemmender Weise geltend gemacht wird. Dem Befreiungsgläubiger ist es (bei Vorliegen auch der subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) seinerseits zumutbar, innerhalb der mit dem Schluss des Jahres der Umwandlung des Befreiungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch beginnenden dreijährigen Verjährungsfrist verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2017 – III ZR 495/16 –, juris Rn 23).

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Auch die Verjährung des Zahlungsanspruchs auf Grundlage der Forderung des Finanzamts Hamburg-Altona begann nicht erst 2017. Deren Fälligkeitsdatum, das die Insolvenztabelle wegen § 41 InsO als den 21.01.2014 angibt, kann dahinstehen; es kommt auch nicht darauf an, dass eine Festsetzung der Forderung durch das Finanzamt erst am 19.12.1016 erfolgte. Maßgeblich ist vielmehr, dass bereits 2014 feststand, dass die KG für ihre Geschäftstätigkeit in 2012 und 2013 einer Forderung aus Gewerbesteuer ausgesetzt ist. Das musste der …-GmbH als Treuhandkommanditistin ebenso wie die wirtschaftliche Schieflage und die vorherigen gewinnunabhängigen Ausschüttungen auch bekannt sein.

2.

Die Parteien haben nicht durch Vereinbarung einen anderen Verjährungsbeginn bestimmt, der dem gesetzlichen Verjährungsbeginn mit Ablauf des Jahres 2014 und somit der Verjährung mit Ablauf des Jahres 2017 entgegenstünde.

Der Argumentation des Klägers, eine solche Vereinbarung ergebe sich aus § 3.3 des Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und der …-GmbH, ist nicht zu folgen. Eine explizite Regelung zur Verjährung findet sich in der Klausel nicht. Explizit erwähnt ist dort nur, dass der Treugeber „wirtschaftlich“ wie ein Kommanditist an der Gesellschaft beteiligt ist und die Vorschriften über die Kommanditistenhaftung entsprechend gelten. Diese Haftungsvereinbarung fand auch im Emissionsprospekt Erwähnung. Hieraus ergibt sich jedoch keine abweichende Vereinbarung über die Verjährung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Treugeber selbst dann, wenn er – wie im vorliegenden Falle – die Stellung eines „Quasi-Gesellschafters“ mit unmittelbarem Stimmrecht, mit Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung und mit Einsichts-, Informations- und Kontrollrechten erhalten hat, gerade nicht wie ein Gesellschafter (BGH, Urteil vom 11. November 2008 – XI ZR 468/07 –, BGHZ 178, 271-285, juris Rn 19ff). Für die Statuierung einer persönlichen Außenhaftung des so genannten „qualifizierten Treugebers“ entsprechend den Regeln der §§ 128, 130 HGB fehlt die notwendige gesetzliche Grundlage (BGH, a.a.O., Rn 21). Nichts anderes gilt für die persönliche Außenhaftung des so genannten „qualifizierten Treugebers“ entsprechend den Regeln der §§ 171 I, II, 172 IV HGB (OLG Hamm, Urteil vom 17. Juni 2009 – 8 U 99/08 –, juris Rn 30).

Das heißt, dass sich trotz vertraglicher Vereinbarungen im Innenverhältnis der Gesellschaft schon die Außenhaftung nur insoweit auf den Treugeber auswirkt, als er gegenüber dem Treuhänder zur Befreiung verpflichtet ist, ohne dass ihn die Außenhaftung direkt trifft. Umso weniger kann dann angenommen werden, es würden im Verhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder die Verjährungsregeln gelten, die Ansprüche Dritter gegen den Kommanditisten regeln.

Bestünden nach alledem noch Rest-Auslegungszweifel hinsichtlich der Klausel, würde schließlich auch § 305c Abs. 2 BGB das Ergebnis bekräftigen, dass zwischen den Parteien keine von der gesetzlichen Verjährung abweichende Verjährungsvereinbarung getroffen wurde. Demnach gehen solche Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2016 – II ZR 348/14 –, juris Rn. 14f), hier also der …-GmbH, in deren Stellung der Kläger eingetreten ist.

II.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch hinsichtlich vorgerichtlich entstandener Anwaltsgebühren zu. Dieser ist gemäß § 217 BGB ebenfalls verjährt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 09. Juli 2010 – I-19 U 151/09 –, juris Rn 16).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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