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Überzeugungsbildung Tatrichter bei Verdacht eines fingierten Unfalls

LG Dortmund – Az.: 21 O 348/17 – Urteil vom 02.03.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110  % des vollstreckbaren Betrags.

Tatbestand

Der Kläger beansprucht von den Beklagten vollen Ersatz des Schadens, der ihm bei einem angeblichen Verkehrsunfall am 00.00.2017 um 00:55 Uhr in P1 entstanden sein soll.

In der Nacht des 00.00.2017  fuhr der ehemals Beklagte zu 2) – der Zeuge C1 (im Folgenden: „der Zeuge C1 „) – mit dem von ihm geführten, bei der Beklagten zu 1) versicherten Fahrzeug Mercedes Benz AMG mit dem amtlichen Kennzeichen ###-## #, dessen Halterin die Beklagte zu 3) ist, in die vordere linke Seite des zu diesem Zeitpunkt geparkten klägerischen Fahrzeugs der Marke BMW 5er mit dem amtlichen Kennzeichen ###-## ## hinein.

Danach wies das Fahrzeug des Klägers ausweislich des von ihm eingeholten Schadensgutachtens vom 29.06.2017 (Blatt 7 ff. der Akte) folgende Sachschäden auf: diverse Zier- und Anbauteile in der linken vorderen Ecke des Fahrzeuges wurden beschädigt. Ferner lag eine Beschädigung der Vorderachse sowie der Lackierung vor.

Ausweislich der schriftlichen Angaben zur Schadenanzeige des Zeugen C1 vom 16.10.2017 (Anlage B2, Bl. 166-167 Bd. I der Akte) hatte dieser zum Unfallhergang angegeben, er habe sich das Fahrzeug Mercedes AMG von der Beklagten zu 3) ausgeliehen und habe nach P1 zu seiner Freundin fahren wollen. Er habe die B-Straße befahren, als plötzlich eine schwarze Katze die Fahrbahn von der linken Seite aus überquert habe. Er sei daraufhin nach links ausgewichen, habe die Kontrolle verloren und sei in den geparkten BMW des Klägers gefahren. Er habe auch gebremst. Ob es eine Vollbremsung oder ein „normales Bremsen“ gewesen sei, wisse er nicht mehr.

Das klägerische Fahrzeug weist einen Vorschaden im Heckbereich auf. Ausweislich des diesbezüglichen Gutachtens der DEKRA vom 26.06.2017 (Anlage B5, Bl. 71 ff. Bd. I der Akte) war es hier aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 00.00.2017 zu einer Beschädigung des Hecks des Fahrzeugs sowie des seitlichen rechten Bereichs gekommen. Hierbei wurden u.a. der Heckstoßfänger mit Anbauteilen, der Heckdeckel mit Anbauteilen sowie die rechte Hälfte des Endschalldämpfers mit seinen Endrohren eingedrückt, teilweise scharfkantig verformt bzw. beschädigt. Die Kopfstützen der Vordersitze rechts und links waren ausgelöst worden. Wegen des Umfangs des Vorschadens wird im Übrigen auf den Inhalt des Gutachtens der DEKRA nebst Lichtbildern vom 26.07.2017 verwiesen.

Der Kläger behauptet, dass er in der Nacht des 00.00.2017 bei der Kollision der Fahrzeuge ortsabwesend gewesen sei und es sich bei der Kollision um einen Unfall gehandelt habe. Sein Fahrzeug BMW 5er sei auf der B-Straße in Höhe der Hausnummer XXX geparkt gewesen. Der Zeuge C1 habe mit dem von ihm geführten Fahrzeug Mercedes Benz AMG die B-Straße in Fahrtrichtung Nordwesten befahren. Auf Höhe der Unfallstelle sei dieser nach links abgekommen und mit dem klägerischen Fahrzeug kollidiert. Das Fahrzeug sei zuvor ohne die nunmehr vorliegenden Beschädigungen am Straßenrand abgestellt und sodann beschädigt vorgefunden worden, nachdem der Zeuge C1 in das Fahrzeug hineingefahren sei.

Hinsichtlich des unstreitig vorliegenden Vorschadens aufgrund des Unfallereignisses vom 00.00.2017 behauptet der Kläger, das Fahrzeug sei ordnungsgemäß repariert worden. Die Reparatur sei von der Firma S1 in U, U1, entsprechend der Vorgaben im Schadensgutachten der DEKRA vom 26.06.2017 durchgeführt worden. Diesbezüglich legte der Kläger eine Rechnung in belgischer Sprache (Blatt 295 ff. Bd. II der Akten) vor, die vom 11.09.2017 datiert und als Aussteller die Firma S1 ausweist.

Hinsichtlich der bestrittenen Aktivlegitimation legte er eine Abtretungserklärung des Zeugen D vom 20./23.04.2019 (Blatt 299 Bd. II der Akten) vor.

Der Kläger begehrte zunächst Ersatz der in dem von ihm eingeholten Schadensgutachten des Sachverständigenbüros K vom 29.06.2017 ausgewiesenen Reparaturkosten (netto) in Höhe von 34.215,07 EUR, Gutachterkosten in Höhe von 1.327,66 EUR sowie einer Kostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR.

Er hat zunächst beantragt, die Beklagten zu verurteilen,

1.

an ihn 35.567,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2017 zu zahlen,

2.

ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.605,19 EUR freizustellen.

Mit Schriftsatz vom 02.02.2018 (Bl. 132 ff. Bd. I der Akte) führte der Kläger sodann aus, dass er das Fahrzeug habe reparieren lassen und diesbezüglich statt des im Schadensgutachten ausgewiesenen Betrages in Höhe von 34.215,07 EUR tatsächliche Reparaturkosten in Höhe von 34.209,71 EUR (netto) entstanden seien. Die Differenz in Höhe von 5,36 EUR sei daher zurückzunehmen. Darüber hinaus sei ein Betrag in Höhe von 211,98 EUR in Form der Mehrwertsteuer im Hinblick auf die Kosten für das erstattete Sachverständigengutachten zurückzunehmen. Ferner machte er nunmehr Ersatz eines Nutzungsausfallschadens in Höhe von 2.450,00 EUR (175,00 EUR × 14 Tage) geltend. Zwischen dem Unfallereignis und Vorlage des Sachverständigengutachtens habe eine Dauer von fünf Tagen gelegen. Ihm, dem Kläger, sei eine Überlegungszeit von zwei Tagen zu gewähren. Da sich die Reparaturdauer ausweislich des Sachverständigengutachtens auf sieben Tage belaufe, stehe ihm, dem Kläger, Nutzungsausfall für die Dauer von 14 Tagen zu.

Der Kläger hat sodann hinsichtlich des Klageantrags zu 1) die Klage in Höhe eines Betrages von 217,34 EUR zurückgenommen.

Klageerweiternd beantragte er – unter Aufrechterhaltung seiner Anträge im Übrigen –  sodann, die Beklagten zu verurteilen, an ihn (weitere) 2.450,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.10.2018 hat der Kläger seinen Antrag nochmals umgestellt.

Ferner hat er in diesem Termin die Klage gegen den Beklagten zu 2) zurückgenommen.

Er beantragte sodann, die Beklagten zu verurteilen,

1.  an ihn einen Betrag in Höhe von 15.990,68 EUR zu zahlen;

2. ihn vom Zahlungsanspruch in Höhe von 21.809,71 EUR gegenüber der W GmbH freizustellen, sowie

3. ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.336,90 EUR freizustellen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.02.2019 hat der Kläger dann letztmalig seinen Antrag umgestellt.

Er beantragt zuletzt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an ihn einen Betrag in Höhe von 35.325,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2017 zu zahlen,

2. an ihn 2.450,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie

3. ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.605,19 EUR freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie halten dem Kläger, gestützt auf Indizien, entgegen, den Unfall manipuliert zu haben.

Dafür sprächen eine Vielzahl von Indizien, die in der Gesamtschau nur den Schluss einer Unfallmanipulation zuließen. Im Einzelnen seien dies u.a. die fehlende Plausibilität des von Klägerseite behaupteten Unfallhergangs in technischer Hinsicht sowie die vermeintlich eindeutige Haftungslage. Auch der Umstand, dass das Fahrzeug wie hier ein Vorschaden aufweise, passe in das Gesamtbild eines manipulierten Unfallereignisses. Zudem sei der Sohn des Klägers, der bereits den vorherigen Unfall mit dem streitgegenständlichen klägerischen Fahrzeug verursacht habe, bekannt mit dem Zeugen C1, sowie mit dem auf Beklagtenseite betroffenen Versicherungsnehmer. Bei diesem handele sich um Herrn A, der die Firma G1 betreibe. Typisch sei ferner, dass – wie hier – auf Klägerseite ein hochwertiges Fahrzeug des gehobenen Preissegments beteiligt sei. Auch das auf Beklagtenseite angeblich unfallbeteiligte Fahrzeug sei typisch für ein manipuliertes Unfallereignis, da es an einem relevanten Eigenschaden fehle, denn das Fahrzeug des angeblichen Unfallverursachers sei vollkaskoversichert und stelle für ihn auch ein fremdes Fahrzeug dar.

Wegen der Einzelheiten der von den Beklagten angeführten Indizien für ein manipuliertes Unfallereignis wird insbesondere auf die Klageerwiderung vom 28.11.2017 (Bl. 47 ff. Bd. 1 der Akte) sowie die Schriftsätze vom 03.04.2018 (Bl. 157 ff. Bd. I der Akte), 30.04.2018 (Bl. 198 ff. Bd. I der Akte) und vom 15.02.2019 (Blatt 276 ff. Bd. II der Akte) verwiesen.

Ferner machen die Beklagten Einwendungen gegen die Schadenshöhe. Es sei von einem wirtschaftlichen Totalschaden auszugehen. Der Wiederbeschaffungswert liege unter Berücksichtigung der Fahrzeughistorie bei max. 77.000,00 EUR. Da im Schadensgutachten des Klägers keine regionalen Restwertangebote und kein Wiederbeschaffungswert ermittelt worden seien, müsse sich der Kläger die Einwendungen der Beklagten entgegenhalten lassen. Diesbezüglich sei mit dem als Anlage B8 vorgelegten Schreiben ein Restwertangebot in Höhe von 51.150,00 EUR übermittelt worden. Sodann ergäbe sich ein Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 25.850,00 EUR (brutto-regelbesteuert).

Ferner habe der Kläger über den unreparierten Altschaden im Heckbereich gezielt getäuscht. Sie bestreiten, dass der Altschaden an dem Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wurde, dass eine entsprechende Zahlung in Höhe der angeführten Rechnung erfolgte sowie, dass alle Arbeitsschritte ausweislich der Rechnung einschließlich des Einbaus von Neuteilen ausgeführt wurden wie im Schadensgutachten vorgesehen.

Hinsichtlich des Nutzungsausfallschadens bestreiten sie einen tatsächlichen, reparaturbedingten Ausfall des Fahrzeugs sowie einen fortbestehenden Nutzungswillen des Klägers.

Schließlich bestreiten sie die Aktivlegitimation des Klägers insbesondere im Hinblick darauf, dass der Sohn des Klägers, der Zeuge D, die Reparaturrechnungen beglichen und auch das streitgegenständliche Fahrzeug im Besitz gehabt habe.

Hinsichtlich der klägerseits vorgelegten Ablichtung der Rechnung der Firma S1 in U bestreiten die Beklagten, dass die daraus ersichtlichen Arbeiten vollständig und fachgerecht ausgeführt wurden. Zudem erschließe sich nicht, weshalb das Fahrzeug im Ausland habe repariert werden müssen. Die Beklagten legen diesbezüglich – unter Beweisantritt – dar, die Rechnung sei gefälscht. Die vom Kläger vorgelegte Rechnung sei bei der Firma S1 in U1 nicht bekannt. Der Geschäftsführer der S1, Herr B, habe gegenüber dem Ermittler der Beklagten, dem Herrn M, erklärt, dass eine solche Rechnung von seiner Firma nie ausgestellt worden sei und die dort angegebene Rechnungsnummer „0000“ dort nicht bekannt sei. Zudem ergebe sich aus der in der Rechnung ausgewiesenen „Mehrwertsteuer“ von 19 % am Ende der Rechnung, dass es sich um eine gefälschte Rechnung handele. Die Umsatzsteuer würde in U als „BTW“ bezeichnet; zudem liege der Satz für die Umsatzsteuer in Belgien bereits seit Jahren nicht bei 19 %.

Dem diesbezüglichen Vortrag zu der (Un-)Echtheit der Rechnung der Firma S1 ist der Kläger nicht entgegen getreten.

Die Beklagte zu 1) ist der Beklagten zu 3) im Wege der Nebenintervention beigetreten.

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.02.2019 Beweis durch Vernehmung der Zeugen D und C1 erhoben. Ferner hat das Gericht zu der Frage des Unfallhergangs Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben, insbesondere zu der Plausibilität des vom Kläger und dem Zeugen C1 behaupteten Unfallgeschehens, sowie zu der Frage, ob im streitgegenständlich relevanten Bereich des Fahrzeuges Vorschäden vorlagen.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2019 (Bl. 252 ff. Bd. II der Akten) und 03.02.2020 (Bl. 373 ff. Bd. II der Akten) sowie auf die Anlagen zu dem mündlich erstatteten Sachverständigengutachten vom 03.02.2020 nebst Anlagen Bezug genommen.

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Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

1.

Dem Kläger steht der gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG i.V.m. §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG bzw. §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2, 249 ff. BGB geltend gemachte Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach nicht zu.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass das Fahrzeug des Klägers mit dessen Willen beschädigt worden ist und dem Kläger deshalb kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten erwachsen ist.

Die Gesamtschau aller Umstände lässt nur den Schluss zu, dass es sich bei dem Vorfall vom 00.00.2017 auf der B-Straße in P1 um einen sogenannten gestellten „Unfall“ gehandelt hat.

Grundsätzlich hat der Kläger den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung zu beweisen. Die Einwilligung des Verletzten ist aber als Rechtfertigungsgrund nach allgemeiner Meinung vom Schädiger darzutun und zu beweisen (BGHZ 39, 103, 108). Die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation kann der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dahingehend dienen, dass eine solche vorliegt. Die entsprechende Überzeugungsbildung setzt allerdings nicht immer eine mathematisch lückenhafte Gewissheit voraus (BGH, Urteil vom 13.12.1977, VI ZR 206/75 – juris; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.06.2015, 7 U 167/14 – juris). Die Indizien für einen manipulierten Unfall müssen in der gebotenen Gesamtschau betrachtet mit ihrer Häufung ausreichen, um die Überzeugung von einem solchen Unfall mit dem Ziel des Versicherungsbetruges zu vermitteln. Ausreichend, aber auch notwendig ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der bei lebensnaher Gesamtschau aller Umstände keinen vernünftigen Zweifel daran lässt, dass es sich um einen gestellten Unfall handelt. Selbst wenn es für jede einzelne verdächtige Feststellung bei separater Betrachtung eine unverfängliche Erklärung geben mag, kann deren durch Zufall nicht mehr lebensnah erklärbare Häufung die Schlussfolgerung auf ein gemeinsames betrügerisches Vorgehen zu Lasten des beklagten Versicherers begründen (OLG P1, Urteil vom 24.06.2016, 9 U 28/16 – juris Rn. 14; OLG P1, Urteil vom 06.07.2010, 9 U 34/10 – juris Rn 20).

So liegt der Fall hier. Die Gesamtschau aller Umstände lässt bei lebensnaher Betrachtung keine vernünftigen Zweifel daran, dass es sich um einen fingierten Unfall handelte.

Im Einzelnen:

a)

Nach den schlüssigen und fundierten Ausführungen des Sachverständigen L im Rahmen der mündlichen Gutachtenerstattung vom 02.03.2020 ist der von dem Kläger bzw. dem Zeugen C1 geschilderte Fahrvorgang technisch nicht plausibel. Vielmehr könne der Unfallverlauf nur mit Absicht erklärt werden. Insbesondere das Lenkverhalten des Zeugen C1 und das offensichtlich erfolgte Ausschalten des Bremsassistenten ließen den Rückschluss zu, dass die hier erfolgte Kollision mit Absicht herbeigeführt worden sei. Diese Ausführungen macht sich die Kammer vollumfänglich zu Eigen.

Der Sachverständige hat anhand der vorhandenen Lichtbilder die Fahrzeugbeschädigungen und Kollisionsstellung ermittelt bzw. ausgewertet. Ferner lagen dem Sachverständigen das Kaskogutachten der DEKRA betreffend den Vorschaden am klägerischen Fahrzeug, die Gutachten des Sachverständigenbüros T1 und des Sachverständigen Z, die Reparaturrechnung der Firma ATF-Tuning GmbH, P1, sowie die auf die Firma S1 aus U1 lautende Reparaturrechnung vor. Zudem hat der Sachverständige die durch den Sachverständigen Z angefertigten Auswertungsprotokolle betreffend die im Beklagtenfahrzeug eingebauten Steuergeräte ausgewertet (s. hierzu im Einzelnen unten).

Hiernach kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass das Beklagtenfahrzeug in einem Winkel von ca. 25° zum Fahrbahnverlauf mit dem vorderen linken Eckbereich auf den vorderen linken Eckbereich des in Gegenrichtung in einer Parklücke abgestellten Klägerfahrzeugs gestoßen sei. Die in dem Schadensgutachten K dokumentierten äußerlichen Beschädigungen im vorderen linken Eckbereich des Klägerfahrzeugs könnten grundsätzlich der Kollision zugeordnet werden. Auch die auf den Lichtbildern dokumentierten Beschädigungen an der vorderen rechten Felge des Klägerfahrzeugs könnten der Kollision aufgrund eines Bordsteinkontakts zugeordnet werden, da das klägerische Fahrzeug durch den Anstoß nach hinten gedrückt worden und es dadurch zu einer Berührung des rechten Vorderrads mit dem Bordstein gekommen sei. Hinsichtlich des Beklagtenfahrzeugs ermittle sich eine Kollisionsgeschwindigkeit von 35 km/h (dies ist in der Anlage 3 zu dem mündlich erstatteten Gutachten dargestellt). Basierend auf dieser Kollisionsgeschwindigkeit wurde die Annäherung des Beklagtenfahrzeugs an den Kollisionsort mittels eines Weg-Zeit-Diagramms dargestellt. Die Auswertung der Steuergeräte des Beklagtenfahrzeugs (vgl. Anlage 4 zu dem mündlich erstatteten Gutachten) habe ergeben, dass  die Kollision des Fahrzeugs bei km 37.168 erfolgt sei. Dies ergebe sich wiederum aus der Fehlfunktion der Abstandssensoren sowie des Sensors für Waschwasserbehälter, die beide im direkten Anstoßbereich lägen. Eine Auslösung des in dem Beklagtenfahrzeug verbauten adaptiven Bremsassistenten  (sog. „Collision Prevention Assist“) habe hingegen nicht vorgelegen. Insofern sei jedoch lediglich eine systembedingte vorkollisionäre Vollbremsung auszuschließen. Nicht zwingend sei aber der Rückschluss, dass gar keine bzw. eine nur leichte Abbremsung durch den Zeugen C1 eingeleitet worden sei. Vielmehr lasse der Umstand, dass d er Collision Prevention Assist nicht ausgelöst worden sei, nur den Rückschluss zu, dass dieser vor der Kollision deaktiviert worden sei. Anderenfalls hätte er vor der Kollision mit dem Klägerfahrzeug zwingend ausgelöst werden müssen. Ferner ergebe sich, dass das Beklagtenfahrzeug seine Fahrlinie rund 25 Meter vor Erreichen der Kollisionsposition habe verlassen müssen, um die aus den Schäden und Endstellungen zu folgernde Kollisionsposition zu erreichen. Hierbei seien nach Einleitung der Lenkbewegung nach links zunächst ein Zurücklenken nach rechts und sodann eine Geradeausfahrt über eine Distanz von rund zehn Metern erforderlich (vgl. Anlage 5 zu dem mündlich erstatteten Gutachten), um die sich aus den Lichtbildern ergebende Geradeausstellung der Vorderräder des Beklagtenfahrzeugs in seiner Endstellung zu erreichen.  Der Zeuge C1 habe mindestens zwei Sekunden ohne jegliche Reaktion auf das in entgegengesetzter Fahrtrichtung am Fahrbahnrand geparkte Klägerfahrzeug zufahren müssen, um die aus den Schäden und Endstellungen zu folgernde Kollision zu erreichen. Von daher wäre vom Zeitangebot die Einleitung einer Abwehrmaßnahme, d.h., sowohl eine Abbremsung als auch ein Zurücklenken nach rechts problemlos möglich gewesen. Durch ein kurzzeitiges Verlassen der eigenen Fahrspur sei die vorliegende Kollision nicht erklärbar. Der von dem Kläger bzw. dem Zeugen C1 geschilderte Fahrvorgang sei daher nicht plausibel.

Die Kammer schließt sich den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen L in vollem Umfange an. Der Sachverständige hat die Grundlagen für die Tatsachenfeststellung ausreichend ermittelt und daraus überzeugende Schlüsse gezogen, die er in nachvollziehbarer Weise begründet hat. Zweifel an der Objektivität und der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen sind nicht ersichtlich.

Unter Berücksichtigung der sachverständigen Feststellungen kann die Beschädigung nicht durch die von der Klägerseite vorgetragene Fahrweise des Zeugen C1 zugefügt worden sein. Der Zeuge muss bereits rund 25 Meter vor dem Kollisionsort seine Fahrspur verlassen und mindestens zwei Sekunden ohne jegliche Reaktion ungebremst auf das geparkte Klägerfahrzeug zugefahren sein, um die hier vorliegenden Schäden und Endstellungen der Fahrzeuge zu erreichen. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der vorgenannten sachverständigen Ausführungen fest. Dies lässt sich mit dem klägerseits dargelegten kurzzeitigen Ausweichen nach links nicht erklären. Dies stellt aus Sicht der Kammer bereits ein gewichtiges Indiz für eine Unfallmanipulation dar.

Soweit die Angaben des Zeugen C1 im Widerspruch zu den Feststellungen des Sachverständigen stehen, sind diese äußerst pauschal gehalten und in sich widersprüchlich. Auch dies stellt ein Indiz für eine Unfallmanipulation dar. Zunächst ist bereits unerklärbar, dass der Zeuge C1 bei einem von links kommenden Tier eine Ausweichbewegung nach links ausgeführt haben will. Nachvollziehbar wäre vielmehr einen reflexartige Ausweichbewegung in die Gegenrichtung, also nach rechts. Fraglich erscheint ferner, wie der Zeuge  eine schwarze Katze bei Dunkelheit (dass es dunkel war hat der Zeuge selbst angegeben) überhaupt visuell wahrgenommen haben will. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.02.2019 gab der Zeuge zunächst (wörtlich) an, „irgendwas“ sei bei ihm „vorbeigelaufen“. Was das genau gewesen sei, könne er nicht erinnern. Auf Vorhalt gab er sodann an, es könne eine Katze gewesen sein, es könne aber auch ein Fuchs gewesen sein. Genau wisse er das nicht, „irgendwas“ habe er gesehen. Auf Nachfrage, weshalb er nach links gelenkt habe, wenn das Tier von links gekommen sei, konnte er diesen Widerspruch nicht aufklären, sondern gab zunächst pauschal an, er habe das Tier nicht überfahren wollen und daher nach links gelenkt. Auf nochmalige Nachfrage, weshalb er nicht nach rechts gelenkt habe, gab er an, dass er in diesem Moment nicht daran gedacht habe. Auch den Unfallhergang konnte er nicht ansatzweise beschreiben. Insofern gab der Zeuge in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage an, er habe „die Kontrolle verloren“ und sei in das Klägerfahrzeug hinein gefahren. Er könne das jetzt nicht mehr ganz genau beschreiben.

b)

Für eine Unfallmanipulation spricht ferner, dass vorliegend von Klägerseite ein Unfallhergang mit einer vermeintlich eindeutigen Haftungslage geschildert wird, nämlich ein Hineinfahren in ein am Fahrbahnrand abgestelltes Fahrzeug bei ortsabwesendem Kläger. Der Zeuge C1 hat seine Schuld sofort eingeräumt und das entsprechende Verwarngeld gegenüber der Polizei akzeptiert, wie der Bußgeldakte der Stadt P1 vom 28.05.2018 zu entnehmen ist. Zudem ist charakteristisch, dass es sich bei dem beteiligten Fahrzeug des Klägers BMW 5er um einen Obere-Mittelklassewagen handelt, welches einen Vorschaden aufweist – dies zudem aufgrund eines Unfallereignisses wenige Tage vor dem hier streitgegenständlichen Geschehen.

c)

Zwar ist die Polizei hinzugezogen worden. Es sind jedoch keine unabhängigen, unbeteiligten Zeugen vorhanden bzw. sind solche, falls sie vorhanden sein sollten, nicht benannt.

d)

Soweit die Klägerseite behauptet, den Zeugen C1 nicht zu kennen, ist dieser Vortrag zur Überzeugung des Gerichts als widerlegt anzusehen. Diesbezüglich hat zwar der Zeuge C1 sowohl in seinen schriftlichen Angaben zur Schadenanzeige als auch in seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 14.02.2019 angegeben, er sei weder mit dem Kläger, noch mit dessen Sohn, dem Zeugen D bekannt. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, weshalb er über das soziale Netzwerk „Facebook“ sowohl mit dem Kläger, als auch dessen Sohn befreundet sei, gab der Zeuge an, er könne sich dies nicht erklären, Vielleicht habe man ihm einen Anfrage geschickt und er habe diese „einfach angenommen“. Mit dem Sohn des Klägers habe er noch kein Gespräch geführt. Auch ein Gespräch mit dem Sohn des Klägers, in dem er sich für den Unfall entschuldigt habe, könne er nicht erinnern.

Demgegenüber gab der Zeuge D diametral hiervon abweichend an, dass er den Zeugen C1 nach der Kollision „irgendwann“ auf einer Hochzeit gesehen habe. Der Zeuge C1 sei zu ihm gekommen und habe sich entschuldigt. Auf Nachfrage, ob er den Zeugen schon vorher gekannt habe, gab der Zeuge D an, er habe ihn „flüchtig“ gekannt, da beide aus P1 kämen und er – der Zeuge D – „90 % aus P1“ kenne.

e)

Die Kammer verkennt nicht, dass der Zeuge C1 ausweislich der polizeilichen Unfallmitteilung nach dem Unfall über Nacken- und Brustschmerzen klagte und mittels RTW dem Marienhospital zugeführt wurde. Auch hat die Kammer berücksichtigt, dass der Kläger zuletzt die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten, und nicht die im Schadensgutachten ausgewiesenen Kosten abrechnen wollte. Diese Umstände können jedoch nach einer umfassenden Gesamtwürdigung sämtlicher Indizien vorliegend keine vernünftigen Zweifel daran begründen, dass der Unfall fingiert war.

f)

Soweit die Beklagten hinsichtlich der klägerseits vorgelegten Ablichtung der Rechnung der Firma S1 in Belgien unter Beweisantritt dargelegt haben, die Rechnung sei gefälscht, ist der Kläger dem nicht entgegen getreten. Das diesbezügliche Vorbringen ist daher als zugestanden anzusehen, wenn es auch für die vorliegende Entscheidung nicht erheblich ist.

2.

Mangels begründeter Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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