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Unfallersatzfahrzeug – Aufklärungspflicht

Bundesgerichtshof

Az: XII ZR 53/05

Urteil vom 27.06.2007


Leitsatz:

Zur Aufklärungspflicht des Vermieters bei Vermietung eines Unfallersatzfahrzeuges (im Anschluss an das Senatsurteil vom 28. Juni 2006 – XII ZR 50/04 – NJW 2006, 2618).


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 16. Mai 2007 am 27. Juni 2007 für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 25. Februar 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein Autovermieter, macht gegen den Beklagten rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.

Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der vom Beklagten geführte Pkw beschädigt worden war, mietete dieser vom Kläger für die Dauer von 14 Tagen einen Ersatzwagen zum Unfallersatztarif von 126,94 EUR (einschließlich MWSt) pro Tag.

Mit Rechnung vom 11. Dezember 2003 machte der Kläger einen Betrag von 1.777,12 EUR geltend. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte nur 714 EUR. Die Differenz von 1.063,12 EUR verlangt der Kläger vom Beklagten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der restliche Mietzinsanspruch sei durch Aufrechnung erloschen. Aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag stehe dem Kläger die beanspruchte Miete grundsätzlich zu, auch wenn über die genaue Höhe der Miete bei Vertragschluss nicht gesprochen worden sei. Der Vertrag verstoße nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG und sei auch nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB.

Dem Beklagten stehe aber in Höhe der Klageforderung ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem er aufgerechnet habe. Die Kammer folge der unter den Instanzgerichten vorherrschenden Ansicht, dass der Mietwagenunternehmer, der einen Mietvertrag zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif abschließen wolle, eine vorausgehende Beratungspflicht gegenüber dem Kunden habe. Auch wenn Vertragspartner im Rechtsverkehr grundsätzlich nicht gehalten seien, auf anderweitige günstige Abschlussmöglichkeiten hinzuweisen, treffe den Vermieter eine Hinweis- bzw. Beratungspflicht im Hinblick auf die Besonderheiten des sogenannten Unfallersatztarifs. Wenn, wie im vorliegenden Fall, der Unfallgegner für den Schaden des Mieters in vollem Umfang hafte, gehe es dem Geschädigten bei der Anmietung des Ersatzfahrzeuges erkennbar darum, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung die Mietwagenkosten in vollem Umfang abdecke. Die Beratungspflicht entfalle auch nicht deshalb, weil der Geschädigte von der Existenz billigerer Tarife habe Kenntnis haben müssen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass im Regelfall ein Unfallgeschädigter wisse, dass es außer dem Unfallersatztarif eine Vielzahl anderer Tarife gebe und die Unterschiede zu dem ihm angebotenen Unfallersatztarif bekannt seien. Dies gelte um so mehr, als er nach einem Verkehrsunfall plötzlich mit der für ihn ungewohnten Situation konfrontiert werde, ein Ersatzfahrzeug anmieten zu müssen. Der Aufklärungspflicht stehe nicht entgegen, dass der Kläger behaupte, in seinem Hause existiere nur der „Unfallersatztarif“. Selbst wenn der Kläger nur nach dem Unfallersatztarif abrechne, schließe das seine Hinweispflicht, dass es sich dabei um eine gegenüber dem Normaltarif erheblich teurere Miete handele, nicht aus.

Der Kläger sei, wie sich aus dem Mietvertrag vom 25. November 2003 unmittelbar ergebe, an die O. -rent-Lizenz gebunden. Er behaupte selbst nicht, dass O. -rent nicht auch andere Tarifgestaltungen anbiete. Deshalb sei sein Bestreiten zur Höhe des sogenannten Normaltarifs von 51 EUR nicht hinreichend konkret.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch den Kläger bejaht hat. Der Senat hat – nach Erlass des Berufungsurteils – eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 – XII ZR 50/04 – NJW 2006, 2618 f.). Zwar muss der Vermieter nicht, wie das Berufungsgericht meint, über den gespaltenen Tarifmarkt, d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern, ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.

b) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Kläger habe sich darauf berufen, dass andere Haftpflichtversicherungen noch im September und Oktober 2004 die Mietwagenkosten vollständig ersetzt hätten, und zum Beweis dafür fünf Abrechnungen vorgelegt. Wie in der Senatsentscheidung vom 28. Juni 2006 ausgeführt, ist jedenfalls ab dem Jahre 2002 eine Aufklärungspflicht zu bejahen, weil damals mehrere Versicherer dazu übergangen sind, die Unfallersatztarife nicht mehr zu bezahlen und dieses Regulierungsverhalten bei den Instanzgerichten zunehmend Billigung gefunden hat. Dass andere Versicherer weiterhin die Unfallersatztarife in vollem Umfang erstattet haben, kann den Kläger nicht entlasten.

Dass der Beklagte bei dem Kläger bereits mehrmals nach Unfällen Autos zum Unfallersatztarif gemietet hat und dieser Tarif in vollem Umfang erstattet worden ist, kann den Kläger ebenfalls nicht entlasten. Diese Regulierungen erfolgten in den Jahren 1998 und 2000, somit zu Zeiten, als die Erstattung der Unfallersatztarife noch nicht in dem Umfang umstritten war wie ab dem Jahre 2002.

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil nicht feststeht, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Beklagten durch die Verletzung der Aufklärungspflicht ein Schaden entstanden ist. Der Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass er – nach Aufklärung – beim Kläger zum Normaltarif angemietet hätte. Der Kläger hat bestritten, dass er zum Normaltarif vermietet. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellung getroffen. Nach der Entscheidung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO) kommt es allerdings nicht allein darauf an, ob der Beklagte beim Kläger zum Normaltarif hätte anmieten können. Maßgebend ist vielmehr, ob der Beklagte auf dem örtlich relevanten Markt ein Fahrzeug zum Normaltarif hätte mieten können. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, dazu ergänzend vorzutragen.

 

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