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Unterlassungsanspruch bei wechselseitig begangenen Beleidigungen – Minderjährige

Kein Unterlassungsanspruch bei Minderjährigen und wechselseitige Beleidigungen

In der juristischen Welt gibt es zahlreiche Problemstellungen, die sich mit dem Verhalten von Individuen auseinandersetzen. Ein besonders sensibles Thema stellt der Unterlassungsanspruch bei wechselseitig begangenen Beleidigungen dar, insbesondere wenn Minderjährige beteiligt sind. Hierbei geht es um die Frage, inwieweit Personen, die beleidigt wurden und daraufhin selbst beleidigt haben, rechtlich zur Unterlassung verpflichtet werden können. Dies wird besonders komplex, wenn Anwaltskosten und mögliche Vertragsstrafen ins Spiel kommen. In solchen Fällen ist es von entscheidender Bedeutung, die genauen Umstände und den Kontext der Beleidigungen zu berücksichtigen, um zu einem gerechten Urteil zu gelangen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 36 C 25/20  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht entschied, dass bei wechselseitigen Beleidigungen zwischen Minderjährigen ein Unterlassungsanspruch des Erstbeleidigers gegen den Zweitbeleidiger in der Regel nicht zusteht, insbesondere wenn die Beleidigungen in einem vergleichbaren Schweregrad erfolgten.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die beteiligten Parteien sind minderjährige Schülerinnen.
  2. Nach einem Schulwechsel der Beklagten forderten die Anwälte der Klägerin von der Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Anwaltskosten.
  3. Die Beklagte bot eine modifizierte Unterlassungserklärung und die Zahlung von Anwaltskosten an, was von der Klägerin abgelehnt wurde.
  4. Die Klägerin hatte die Beklagte zuerst beleidigt, woraufhin die Beklagte reagierte.
  5. Das Gericht stellte fest, dass bei wechselseitigen Beleidigungen ein Unterlassungsanspruch des Erstbeleidigers in der Regel ausgeschlossen ist.
  6. Es fehlt an einer Wiederholungsgefahr, da die Beleidigungen als Reaktion auf vorherige Beleidigungen erfolgten und seitdem keine weiteren Vorfälle aufgetreten sind.
  7. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten.
  8. Das Gericht betonte, dass die von der Klägerin beantragte Sanktion für Verstöße gegen die Unterlassungspflichten im deutschen Recht nicht vorgesehen ist.

Hintergrund des Falles

Kein Unterlassungsanspruch bei Minderjährigen - Wechselseitige Beleidigungen
(Symbolfoto: Egoitz Bengoetxea /Shutterstock.com)

In einem Fall, der vor Gericht verhandelt wurde, ging es um einen Unterlassungsanspruch im Kontext von wechselseitig begangenen Beleidigungen zwischen Minderjährigen. Konkret hatte nach den Sommerferien eine Schülerin, die Beklagte, ihre Schule gewechselt und besuchte nun eine andere Einrichtung als die Klägerin. Der Vater der Klägerin beauftragte daraufhin Anwälte, die die Beklagte aufforderten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und Anwaltskosten zu zahlen. Als Reaktion darauf räumte die Beklagte ein Fehlverhalten ein und bot die Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 2.000 EUR sowie die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung an. Dieses Angebot wurde jedoch von den Anwälten der Klägerin abgelehnt.

Das rechtliche Dilemma

Das rechtliche Problem in diesem Fall lag in der Frage, ob und inwieweit Unterlassungsansprüche bei wechselseitigen Beleidigungen geltend gemacht werden können. Die Klägerin hatte die Beklagte zuerst beleidigt, woraufhin die Beklagte mit einer weiteren Beleidigung reagierte. Die Klägerin bezeichnete die Beklagte in einer WhatsApp-Nachricht unter anderem als „nicht zu gebrauchende Idiotin mit behinderten, dummen und unnötigen Ideen“, was ebenfalls als Beleidigung gewertet wurde.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Gericht entschied, dass bei wechselseitigen Beleidigungen Unterlassungsansprüche des Erstbeleidigers gegen den Zweitbeleidiger in der Regel ausgeschlossen sind. Dies wird mit einer Unrechtsminderung aufgrund der Provokation und der situativen Nähe zur Notwehr sowie einer Schuldminderung begründet. Obwohl die Äußerungen der Beklagten grundsätzlich als beleidigend im Sinne des § 185 StGB angesehen werden könnten, steht der allgemeine Rechtsgedanke des § 199 StGB einem Unterlassungsanspruch der Klägerin entgegen.

Schlussfolgerung und Auswirkungen

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Frage der Wiederholungsgefahr. Das Gericht stellte fest, dass es keine objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen gibt, da die streitgegenständliche WhatsApp-Nachricht als Reaktion auf eine Beleidigung durch die Klägerin verfasst wurde und seitdem keine weiteren Beleidigungen vorgekommen sind.

Das Fazit des Urteils ist, dass die Klägerin keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hat, da die Beleidigungen wechselseitig waren und es keine Wiederholungsgefahr gibt. Zudem wurde betont, dass die Klägerin die Beklagte zuerst beleidigt hatte und es daher unangemessen erscheint, ihr einen Unterlassungsanspruch zuzubilligen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Unterlassungsanspruch bei Beleidigung

Wer durch eine ehrverletzende Äußerung wie eine Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt wurde, kann gegen den Verletzer einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Voraussetzung ist, dass eine Wiederholungsgefahr besteht, d.h. dass der Täter die ehrenrührige Äußerung voraussichtlich wiederholen wird. Bei einer einmaligen Äußerung im Affekt, z.B. bei einer verbalen Entgleisung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wird in der Regel keine Wiederholungsgefahr angenommen.

Der Unterlassungsanspruch ist ein Anspruch auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Darin verpflichtet sich der Täter, die ehrenrührige Äußerung künftig zu unterlassen. Bei Äußerungen im Internet bedeutet Unterlassung, dass der Beitrag gelöscht werden muss.

Der Unterlassungsanspruch kann im Wege einer Abmahnung, einstweiligen Verfügung oder Unterlassungsklage durchgesetzt werden. Bei der Abmahnung wird die Unterlassungserklärung angefordert, sonst droht eine Klage. Die einstweilige Verfügung erfolgt im Eilverfahren, die Unterlassungsklage im Hauptsacheverfahren.Neben dem Unterlassungsanspruch kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Dies setzt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung mit Streuwirkung in der Öffentlichkeit voraus. Bei einer Beleidigung unter vier Augen entfällt der Schadensersatzanspruch, wenn bereits Unterlassung erreicht wurde.

Strafbewehrte Unterlassungserklärung

Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ist eine rechtliche Vereinbarung, in der sich eine Person (der Schuldner) gegenüber einer anderen Person (dem Gläubiger) verpflichtet, ein bestimmtes Verhalten in der Zukunft zu unterlassen. Diese Verpflichtung wird durch das Versprechen einer Vertragsstrafe für den Fall einer Zuwiderhandlung unterstrichen. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung dient dazu, eine Wiederholungsgefahr, also die Gefahr, dass der Schuldner das beanstandete Verhalten erneut ausübt, zu beseitigen.

Die strafbewehrte Unterlassungserklärung kommt häufig im Kontext von Abmahnungen zum Einsatz, beispielsweise in den Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes, des Markenrechts, des Urheberrechts oder des Wettbewerbsrechts. Sie kann aber auch bei persönlichen Rechtsverletzungen wie Beleidigungen verlangt werden.

Die Unterlassungserklärung muss das zu unterlassende Verhalten genau beschreiben und eine angemessene Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung festlegen. Die Höhe der Vertragsstrafe sollte so gewählt werden, dass sie eine abschreckende Wirkung hat. Eine einfache Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe ist in der Regel nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begründet einen zeitlich unbeschränkten Unterlassungsvertrag. Das bedeutet, dass die Unterlassungsverpflichtung grundsätzlich lebenslang gilt. Wenn der Schuldner sich weigert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, kann der Gläubiger seinen Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ein abstraktes Schuldanerkenntnis darstellt. Das bedeutet, dass der Gläubiger bei Verstößen weitestgehend unabhängig von der materiell-rechtlichen Lage gegen den Schuldner vorgehen kann. Allerdings stellt die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kein Anerkenntnis der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten dar.

In bestimmten Fällen kann eine strafbewehrte Unterlassungsvereinbarung gekündigt oder angefochten werden. Die Anfechtung einer einmal abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung hat jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen Aussicht auf Erfolg.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:


  • Zivilrecht: Der vorliegende Fall betrifft den Unterlassungsanspruch bei wechselseitig begangenen Beleidigungen zwischen Minderjährigen. Hier geht es um die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Unterlassung der Beleidigungen durch die Beklagte hat.
  • Strafrecht: Im Zusammenhang mit den Beleidigungen wird auf den § 185 StGB (Strafgesetzbuch) verwiesen, der die Beleidigung als Straftatbestand regelt.
  • Familienrecht: Es wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin als Minderjährige durch ihren Vater vertreten wird, gemäß § 1629 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Die gesetzlichen Vertreter der Beklagten sind ihre Eltern.
  • Prozessrecht: Es wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht zum gerichtlichen Termin erschienen ist. Das könnte Auswirkungen auf den Rechtsstreit haben.

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Das vorliegende Urteil

AG Kleve – Az.: 36 C 25/20 – Urteil vom 25.09.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien sind minderjährige Schülerinnen, deren verheiratete Eltern jeweils gemeinsam die elterliche Sorge innehaben.

Die Parteien besuchten im Schuljahr XXX gemeinsam die 10. Jahrgangsstufe des XXX-Gymnasiums in XXX. Im Dezember XXX stritten sich die Parteien im Zusammenhang mit einer Gruppenarbeit im Fach Religion. Die Parteien und weitere Mitschüler bildeten eine Arbeitsgruppe. Die Beklagte erstellte einen kompletten Vorentwurf der Arbeit für die Gruppe. Die Klägerin bezeichnete diese Arbeit gegenüber dem Mitschüler XXX, in den sich die Klägerin „verguckt“ hatte, als dumm und nannte die Beklagte eine „nicht zu gebrauchende Idiotin mit behinderten, dummen und unnötigen Ideen“, was XXX an die Beklagte weitergab. In diesem Zusammenhang übersandte die Beklagte auf das Handy der Klägerin am XXX eine WhatsApp-Nachricht. Wegen des Inhalts der Nachricht wird auf den Ausdruck der WhatsApp (Bl. 7-9 GA) verwiesen. Der Vater der Klägerin setzte die Schulleitung über den Inhalt der WhatsApp in Kenntnis, welche die Beklagte darauf für drei Tage vom Schulunterricht suspendierte. Die Schulleitung teilte dem Vater der Beklagten die Telefonnummer der Eltern der Klägerin mit, um eine telefonische Entschuldigung zu ermöglichen. Der Vater der Beklagten telefonierte am XXX mit dem Vater der Klägerin, um die Angelegenheit persönlich zu klären, was der Vater der Klägerin aber ablehnte. Die WhatsApp-Nachricht vom XXX war der letzte außerschulische Kontakt der Parteien. Nach den Sommerferien XXX wechselte die Beklagte die Schule und besucht nunmehr eine andere Schule als die Klägerin.

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Der Vater der Klägerin mandatierte namens der Klägerin die jetzigen Prozessbevollmächtigten, welche die Beklagte mit Schreiben vom XXX u.a. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Anwaltskosten aufforderten (Bl. 10-13 GA). Darauf antwortete die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom XXX, mit welchem sie ein Fehlverhalten einräumte und die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung sowie die Übernahme der Anwaltskosten nach einem Streitwert von 2.000,- EUR anbot (Bl. 14-16 GA). Dies wurde mit anwaltlichem Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom XXX als inakzeptabel abgelehnt und eine Strafanzeige angedroht. Darauf bot die Beklagte die volle Übernahme der klägerseits geforderten Anwaltskosten und die Abgabe einer Unterlassungserklärung an, bei welcher die Klägerin für eine Zuwiderhandlung die Höhe der Vertragsstrafe festsetzen könne, deren Höhe lediglich im Streitfall gerichtlich überprüfbar sein sollte (Bl. 19-21 GA). Dieses Schreiben wurde außergerichtlich nicht mehr beantwortet. Vielmehr wurde im März XXX die vorliegende Klage anhängig gemacht.

Die Klägerin trägt vor:

Sie werde seit geraumer Zeit von einer Gruppe von Mitschülern gemobbt, deren Rädelsführerin die Beklagte sei und zu der auch XXX gehöre. Die Parteien seien keine Freundinnen gewesen. Der Streit über die Gruppenarbeit sei „der Tatsache geschuldet, dass die Klägerin zu den besten Schülerinnen der Stufe gehört und sich selbstverständlich die Bewertung über eine zu benotende Arbeit erlauben kann“ (Bl. 56 GA). Die Beklagte habe mit dem unbrauchbaren Entwurf der Gruppenarbeit offensichtlich erreichen wollen, dass die Klägerin im Fach Religion die Note Sechs erhalte. Die übersandte WhatsApp-Nachricht sei ein massives Mobbing und nicht nur an die Beklagte, sondern auch an Dritte geschickt worden. Sämtliche von der Beklagten angebotenen strafbewehrten Unterlassungserklärungen seien inakzeptabel gewesen, weil sie im Falle einer Zuwiderhandlung eine Klage der Klägerin erfordert hätten. Diese Klage hätte jedoch keine Aussicht auf Erfolg, da die Beklagte – nunmehr gewarnt – keine weiteren Beweise hinterließe.

Im Telefonat vom XXX habe der Vater der Beklagten auf ein persönliches Treffen mit dem Vater der Klägerin gedrängt. Dem Vater der Klägerin habe sich der Sinn eines Treffens aber nicht erschlossen und er habe dem Vater der Beklagten mitgeteilt, die Klägerin müsse sich nicht bedrohen und beleidigen lassen. Er habe das Telefonat beendet, weil sich der Vater der Beklagten wenig einsichtig gezeigt habe. Dass die Beklagte das Telefonat anders darstelle, sei ein unberechtigter unterschwelliger Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit gegenüber dem Vater der Klägerin, was „offensichtlich das typische Verhaltensmuster dar[stelle], sobald Neubürger in gerichtliche Auseinandersetzungen mit Einheimischen geraten“ (Bl. 58 GA).

Die Klägerin beantragt,

1.)

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, das als Spende an den weißen Ring ausgezahlt werden muss, ersatzweise Ordnungshaft, ab sofort zu unterlassen,

a.)

die Klägerin als „alles in den Arsch geschoben bekommende undankbare, neidische, falsche, lügende Hure“ zu titulieren;

b.)

die Klägerin als „undankbare bitch“ zu bezeichnen;

c.)

der Klägerin mit Schlägen zu drohen und damit, die Klägerin fertigzumachen;

d.)

identische oder wesensgleiche Äußerungen in Bezug auf die Klägerin zu tätigen;

2.)

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 206,82 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Parteien seien zunächst beste Freundinnen gewesen, hätten sich aber im Rahmen einer Gruppenarbeit im Fach Religion zerstritten. Die Beklagte sei durch die Äußerung der Klägerin gegenüber ihrem Schwarm enttäuscht und erregt gewesen und habe daher die WhatsApp an die Klägerin – und zwar nur an diese – übersandt. Sie ist der Ansicht, es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil es sich um einen einmaligen Vorfall in einer eskalierten Situation gehandelt habe.

Beim Telefonat vom XXX habe der Vater der Klägerin ihrem Vater – wohl des polnischen Akzents wegen – mitgeteilt, wir befänden uns in Deutschland wo andere Regeln gölten und dass er zum Anwalt gehen werde. Eine Entschuldigung habe er nicht zugelassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist bereits unzulässig, weil die Klägerin nicht prozessfähig und im vorliegenden Rechtsstreit nicht wirksam vertreten worden ist. Wird eine nicht prozessfähige Partei nicht nach den Vorschriften der Gesetze vertreten, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (BGH, Urteil vom 19.07.2010 – II ZR 56/09 = NJW 2010, 2886, 2887). Die Voraussetzungen der Prozessfähigkeit einer Partei und die Legitimation des gesetzlichen Vertreters sind gemäß § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen.

1.)

Die Klägerin ist nicht prozessfähig, weil sie noch minderjährig ist. Minderjährige sind gemäß § 52 ZPO wegen §§ 106, 107 BGB außerhalb des – hier nicht einschlägigen – Anwendungsbereichs der §§ 112, 113 BGB selbst nicht prozessfähig (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 52, Rn. 2a).

2.)

Sie ist im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht wirksam nach § 51 Abs. 1 ZPO durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten. Die Klägerin ist nur durch ihren Vater vertreten. Dies ergibt sich eindeutig aus dem in der Klageschrift angegebenen Rubrum und dem ersten Satz der Klagebegründung, der lautet: „Die minderjährige und durch ihren Vater vertretene Klägerin macht gegen die ebenfalls minderjährige und durch ihre Eltern gesetzlich vertretene Beklagte […] Unterlassungsansprüche […] geltend.“ Gesetzliche Vertreter der minderjährigen Klägerin sind aber gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB beide Eltern gemeinschaftlich, weil diesen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht. Die gemeinsame elterliche Sorge verheirateter Eltern ist der gesetzliche Regelfall (Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1626 Rn. 6).

An der Unzulässigkeit der Klage hat sich durch den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 10.09.2020 nichts geändert.

Das Rubrum ist nicht, wie von der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.09.2020 beantragt, dahin zu berichtigen, dass sie durch beide Eltern vertreten wird. Die Angabe des Vertreters kann berichtigt werden, wenn er irrtümlich falsch bezeichnet ist (BGH, Urteil vom 19.07.2010 – II ZR 56/09 = NJW 2010, 2886, 2887). Dafür, dass die alleinige Vertretung der Klägerin durch ihren Vater irrtümlich erfolgte und beide Eltern als gesetzliche Vertreter bezeichnet werden sollten, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat im Rubrum allein ihren Vater als vertretungsberechtigt angegeben, was zudem im ersten Satz der Klagebegründung, wie vorstehend ausgeführt, nochmals ausdrücklich bestätigt wird. Dies stimmt überdies auch mit den Angaben im außergerichtlichen Schreiben vom XXX (Bl. 10 GA) überein, mit welchem die Klägervertreter ihre Mandatierung durch „die minderjährige XXX, gesetzlich vertreten durch ihren Vater XXX“ angezeigt haben. Dem Schriftsatz lässt sich kein Grund für eine Berichtigung entnehmen, da nicht nachvollziehbar dargetan ist, wie eine irrtümliche Falschbezeichnung zustande gekommen sein soll. Der anwaltlich vertretenen Klägerin kann schlicht nicht entgangen sein, dass beide Eltern gemeinsam ihre gesetzlichen Vertreter sind.

Der Vertretungsmangel wurde im nicht nachgelassenen Schriftsatz nicht geheilt. Der Vertretungsmangel wird nur geheilt, wenn die gesetzlichen Vertreter als solche in den Prozess eintreten und die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters genehmigen (BGH, Urteil vom 19.07.2010 – II ZR 56/09 = NJW 2010, 2886, 2887). Die Mutter der Klägerin ist – trotz des gerichtlichen Hinweises im Termin auf die nicht ordnungsgemäße Vertretung – nicht als gesetzlicher Vertreter in den Prozess eingetreten und hat die Prozessführung des Vaters nicht genehmigt. Im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom XXX wird weder der Eintritt der Mutter in den Prozess erklärt, noch eine Genehmigung der bisherigen Prozessführung. Eine solche wäre zudem durch die Prozessbevollmächtigten auch nicht möglich gewesen, weil diese nicht einmal behaupten, auch von der Mutter bevollmächtigt worden zu sein.

Angesichts des Vorstehenden kann offenbleiben, ob eine Heilung durch den nicht nachgelassenen Schriftsatz bereits deswegen ausgeschlossen gewesen wäre, weil der Vater der Klägerin im Termin nicht einstweilen als deren gesetzlicher Vertreter nach § 56 Abs. 2 S. 1 ZPO zur Prozessführung zugelassen worden ist und eine solche einstweilige Zulassung auch trotz des gerichtlichen Hinweises auf die fehlende Vertretungsmacht nicht beantragt worden ist.

II.

Sähe man die Klage – anders als das Gericht – als zulässig an, wäre sie jedenfalls als unbegründet abzuweisen.

1.)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB. Der Unterlassungsanspruch des § 1004 BGB schützt über seinen Wortlaut hinaus alle nach §§ 823 ff. BGB deliktisch geschützten Rechtsgüter (Palandt/Herrler, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004, Rn. 4).

a.)

Ein Unterlassungsanspruch scheidet bereits deswegen aus, weil die WhatsApp trotz ihres Inhalts im vorliegenden Einzelfall weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB verletzt, noch eine Rechtsgutverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB darstellt. Insoweit besteht ein einheitlicher Prüfungsmaßstab, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht grundsätzlich dann verletzt ist, wenn eine Beleidigung im Sinne der §§ 185 ff. StGB zu bejahen ist. Die Bezeichnung der Klägerin in der WhatsApp als „alles in den Arsch geschoben bekommende undankbare, neidische, falsche, lügende Hure“ und „undankbare bitch“ könnte grundsätzlich als beleidigend anzusehen sein.

Dennoch scheidet vorliegend ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bereits deswegen aus, weil ihm der in § 199 StGB ausgedrückte allgemeine Rechtsgedanke entgegensteht. Bei wechselseitigen Beleidigungen scheiden Unterlassungsansprüche des Erstbeleidigers gegen den Zweitbeleidiger regelmäßig aus. Die Straffreiheit nach § 199 StGB für den Zweitbeleidiger wird mit einer Unrechtsminderung aufgrund der Provokation und der situativen Nähe zur Notwehr sowie einer Schuldminderung begründet, die auf der durch die ihm widerfahrene Beleidigung ausgelösten Erregung beruht (MüKo-StGB/Regge/Pegel, 3. Aufl. 2017, § 199 Rn. 4, m.w.N.). Dabei reicht für die Anwendung von § 199 StGB aus, dass die beleidigende Erwiderung in einem sachlich-psychologischen Zusammenhang mit der Erstbeleidigung steht, der auch noch bejaht werden kann, wenn sie erst Tage später erfolgt (MüKo-StGB/Regge/Pegel, 3. Aufl. 2017, § 199 Rn. 13, m.w.N.).

In Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Einzelfall fehlt es an einer einen Unterlassungsanspruch rechtfertigenden Beleidigung der Klägerin durch die Beklagte. Zwar könnten die Bezeichnungen der Klägerin in der WhatsApp grundsätzlich beleidigend im Sinne des § 185 StGB sein. Jedoch steht jedenfalls der allgemeine Rechtsgedanke des § 199 StGB einem Unterlassungsanspruch der Klägerin vorliegend entgegen. Die Beklagte reagierte mit der WhatsApp-Nachricht an die Klägerin darauf, dass die Klägerin sie unstreitig gegenüber einem Mitschüler als „nicht zu gebrauchende Idiotin mit behinderten, dummen und unnötigen Ideen“ bezeichnet hatte, was ebenfalls eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB ist. Da die Klägerin die Beklagte zuerst mit Äußerungen in einem vergleichbaren Schweregrad beleidigt hat, erscheint es unangemessen, ihr wegen der als Reaktion auf diese Äußerungen erfolgten Beleidigungen einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zuzubilligen. Die streitgegenständliche WhatsApp wurde auch nur an die Beklagte übersandt. Eine Übersendung der Nachricht an weitere Dritte hat die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin schon nicht substantiiert dargetan. Die Klägerin benennt keine einzige Person, welche außer ihr selbst Empfänger der WhatsApp gewesen sein soll. Überdies ist sie für diese bestrittene Behauptung beweisfällig geblieben.

b.)

Unabhängig von Vorstehendem fehlt es auch an einer Wiederholungsgefahr, die materielle Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ist. Sie ist gegeben, wenn die auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung besteht (Palandt/Herrler, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 32). Zwar wird sie regelmäßig bei vorangegangener rechtswidriger Beeinträchtigung tatsächlich vermutet und sind an die Widerlegung der Vermutung strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 14.11.2017 – VI ZR 534/15 = BeckRS 2017, 139081 Rn. 17; Palandt/Herrler, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 32). Vorliegend ist die tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr jedoch widerlegt. Zwar hat die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist aber nur der häufigste, jedoch keineswegs der einzige Grund für ein Fehlen der Wiederholungsgefahr (BGH, Urteil vom 14.11.2017 – VI ZR 534/15 = BeckRS 2017, 139081 Rn. 17). Die Gesamtlage belegt, dass keine auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen besteht. Die WhatsApp vom XXX wurde unstreitig als Reaktion auf eine Beleidigung durch die Klägerin verfasst und versandt. Seit dem XXX ist es zu keinerlei weiteren Beleidigungen gekommen, vielmehr besteht seitdem unstreitig kein – über den gemeinsamen Schulbesuch hinausgehenden – Kontakt mehr zwischen den Parteien. Die Parteien besuchen zwischenzeitlich unterschiedliche Schulen, so dass nunmehr auch eine verbale Beleidigung – ohne Hinterlassung von Beweisen – im Rahmen des gemeinsamen Schulbesuches nicht zu befürchten steht. Die Beklagte hat darüber hinaus auch durch Tatsachen belegt, dass sie dieses Verhalten nicht wiederholen wird. Sie hat die Abgabe zweier unterschiedlicher Unterlassungserklärungen angeboten. Beim zweiten Angebot hat sie sogar angeboten, die Klägerin möge die Höhe der Vertragsstrafe festsetzen und lediglich auf einer gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit der Festsetzung bestanden. Deren Annahme hat die Klägerin abgelehnt bzw. auf das Angebot mit der Klageerhebung reagiert. Dies obgleich insbesondere die zweite von der Beklagten angebotene Unterlassungserklärung inhaltlich für sie sogar günstiger gewesen wäre, als die nunmehr klageweise beantragte Unterlassungspflicht. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hätte es sich dabei nicht um ein wirkungsloses Instrument gehandelt. Die von der Beklagten gewünschte gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit der Höhe der Vertragsstrafe entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 343 BGB. Zwar wäre im Streitfall eine Zahlungsklage zu erheben und ein Verstoß nachzuweisen gewesen. Nichts anderes hätte jedoch gegolten, wenn die Beklagte die Unterlassungserklärung entsprechend dem klägerischen Entwurf abgegeben hätte. Auch diese wäre kein Vollstreckungstitel gewesen. Eine notarielle Beurkundung der Erklärung mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung hat die Klägerin nicht verlangt. Unabhängig davon bedarf es auch bei gerichtlichen Unterlassungstiteln des vom Gläubiger zu erbringenden Nachweises der Zuwiderhandlung des Schuldners gegen die Unterlassungsverpflichtung, um ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO verhängen zu können (Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 890, Rn. 10).

Soweit die Klägerin vorträgt, die Beklagte sei nach dem Schulwechsel nunmehr zwar nicht mehr selbst physisch in der Lage, sie verbal zu beleidigen sondern könne dies nunmehr durch psychische Einflussnahme auf ihre „Mobbing-Clique“ ausüben, rechtfertigt eine Beleidigung durch Dritte jedenfalls keinen Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten.

Dass die Klägerin ein solch weiteres Mobbing durch die „Mobbing-Clique“ auch selbst nicht ernsthaft befürchtet, zeigt sich daran, dass die Klägerin – anders als die Beklagte – keinen Anlass gesehen hat, selbst die Schule zu wechseln.

Schließlich hat die Klägerin trotz gerichtlichen Hinweises weder in der mündlichen Verhandlung, noch im nicht nachgelassenen Schriftsatz, Umstände dargetan, die eine ernstliche Besorgnis weiter Störungen begründen könnten. Vielmehr enthält der nicht nachgelassene Schriftsatz vom XXX dazu ausschließlich theoretische Spekulationen.

c.)

Nicht zuletzt ist der Antrag der Klägerin in der gestellten Form bereits deswegen nicht begründet, weil das deutsche Recht die von ihr beantragte Sanktion für Verstöße gegen die Unterlassungspflichten nicht vorsieht. Eine Festsetzung von Ordnungsgeldzahlungen an den „Weißen Ring“ ist bereits aus Rechtsgründen von vornherein unmöglich. Ordnungsgelder werden nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 JBeitrG vollstreckt und fließen stets der Staatskasse zu (MüKo-ZPO/Gruber, 5. Aufl. 2016, § 890, Rn. 38; Saenger/Kießling, ZPO, 8. Aufl. 2019, § 890, Rn. 32). Der Gläubiger hat keine Verfügungsgewalt über verhängte Ordnungsgelder und kein Recht, deren Empfänger zu bestimmen. Es bedurfte keines Hinweises nach § 139 ZPO auf diesen Umstand an die anwaltlich vertretene Klägerin.

2.)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 206,82 EUR aus § 823 Abs. 1 BGB oder §§ 823 Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB, weil es aus den unter II. 1.) a.) dargelegten Gründen an einer schadensersatzbegründenden Rechtsgutverletzung fehlt.

Unabhängig davon besteht kein Freistellungsanspruch, weil keine Forderung besteht, von welcher die Klägerin freigestellt werden könnte. Die Klägerin schuldet ihren Prozessbevollmächtigten kein Honorar für deren außergerichtliche Tätigkeit. Es fehlt an einem wirksamen Anwaltsvertrag. Wie dem außergerichtlichen Anwaltsschreiben vom XXX (Bl. 10 GA) entnommen werden kann, wurden die Prozessbevollmächtigten beauftragt, durch „die minderjährige XXX, gesetzlich vertreten durch ihren Vater, Herrn XXX“. Wie bereits unter I. dargestellt, sind gesetzliche Vertreter der minderjährigen Klägerin gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB beide Eltern gemeinschaftlich, weil diesen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht. Der Vater der Klägerin handelte damit als Vertreter ohne Vertretungsmacht im Sinne von § 177 BGB. Der geschlossene Anwaltsvertrag ist daher nicht wirksam, weil nicht erkennbar ist, dass der Vertragsschluss nachträglich nach §§ 177 Abs. 1, 184 BGB durch die Mutter der Klägerin als deren (weitere) gesetzliche Vertreterin genehmigt worden wäre. Schuldner des Anwaltshonorars ist daher nicht die Klägerin, sondern gemäß § 179 Abs. 1 BGB allein deren Vater.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

IV.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom XXX rechtfertigt nicht, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Es liegt insbesondere kein Fall des § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor. Die Klägerin macht darin keinen Wiederaufnahmegrund glaubhaft. Zwar ist sie im vorliegenden Rechtsstreit nicht gesetzmäßig vertreten im Sinne von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Darin liegt aber nur dann ein Grund für eine Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO, wenn das Gericht den Rechtsstreit in Verkennung dieser Tatsache führt (vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 56, Rn. 15, m.w.N.). Ein solcher Grund liegt dementsprechend nicht vor, wenn die Klage – wie vorliegend – gerade wegen der nicht gesetzmäßigen Vertretung als unzulässig abgewiesen wird. In diesem Fall besteht nämlich kein Bedürfnis für eine Nichtigkeitsklage der betroffenen Partei, da diese kein anderes Ergebnis zeitigen würde. Eine Wiedereröffnung ist auch nicht nach § 156 Abs. 1 ZPO geboten, weil sich aus den unter I. 2.) erörterten Gründen durch die in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz abgegebenen Erklärungen und vorgebrachten Tatsachen nichts an der unwirksamen Vertretung der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geändert hat.

VI.

Streitwert: bis 600,- EUR

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 2 GKG, weil eine Klage auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit ist. Entscheidend sind damit alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere Umfang und Bedeutung der Sache sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien (Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 14. Aufl. 2016, Rn. 1830). Unter Berücksichtigung dessen ist der festgesetzte Streitwert angemessen. Es wird die Unterlassung bloßer verbaler Beleidigungen aus einer einzigen WhatsApp begehrt, die im Rahmen eines Streites unter jugendlichen Schülerinnen abgegeben worden sind. Sie wurden zudem als Reaktion auf eine vorangegangene Beleidigung abgegeben, die von der Klägerin ausging. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien, die beide noch Schülerinnen sind und damit selbst über kein Arbeitseinkommen verfügen, sind nach der Lebenserfahrung als unterdurchschnittlich anzusehen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Eltern sind ohne Belang. Auch die Klägerin selbst misst dem Verfahren offenbar – trotz des von ihr angegebenen Streitwertes von 4.000,- EUR – keine große Bedeutung zu. Obgleich das Gericht ihr persönliches Erscheinen angeordnet hatte, ist sie nicht zum Termin erschienen. Der Vater der Klägerin gab dazu an, seine Tochter sei nicht erschienen, weil sie einen wichtigen Termin in der Schule habe. Das belegt, dass der gerichtliche Termin – und damit der Rechtsstreit und sein Gegenstand – als so unwichtig erachtet wurde, dass man sein Erscheinen für überflüssig hielt, da die Klägerin nicht einmal einen Terminverlegungsantrag gestellt hat. Auch das Erscheinen des Vaters der Klägerin an deren Stelle rechtfertigt hier kein anderes Ergebnis. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens erfolgte ausweislich der Verfügung vom XXX auch zur Aufklärung des Sachverhaltes. Dass der Vater der Klägerin hierzu Angaben machen kann hält das Gericht – entgegen dessen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung – für ausgeschlossen, da er nach der allgemeinen Lebenserfahrung im Rahmen des Schulbesuches der Parteien – in welchem es zum Hintergrund der streitgegenständlichen Äußerungen gekommen ist – nicht anwesend gewesen sein dürfte und somit über keinerlei eigene Kenntnis verfügen dürfte. Er ist damit nicht als Vertreter anzusehen, der zur Aufklärung des Sachverhaltes in der Lage gewesen wäre.

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