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Untersagung der Nutzung der Wasserfläche eines Sees wegen Coronapandemie

VG Aachen – Az.: 7 L 313/20 – Beschluss vom 06.05.2020

1. Soweit sich der Antrag gegen die den Freilinger See betreffende Allgemeinverfügung 6 der Antragsgegnerin richtete, wird das Verfahren eingestellt.

2. Im Übrigen wird der Antrag, der sich nunmehr gegen die den Freilinger See betreffende Allgemeinverfügung 8 der Antragsgegnerin richtet, abgewiesen.

3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Untersagung der Nutzung der Wasserfläche eines Sees wegen Coronapandemie
Symbolfoto: Von Lucigerma /Shutterstock.com

Der Antragsteller wendet sich gegen die Untersagung der Nutzung der Wasserfläche des Freilinger Sees, den er in der Vergangenheit als Freizeit- und Badeort nutzte.

Der Freilinger See befindet sich südöstlich von D. an der Grenze von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Er liegt in einem Tal und ist von Waldflächen und Wiesen umgeben. Beim Freilinger See handelt es sich um einen Stausee, der seit 1976 existiert und mit Quellwasser gespeist wird. Er wurde zur Regenrückhaltung und Fremdenverkehrsnutzung gebaut. Seine Wasseroberfläche umfasst ca. 11h und sein Einzugsgebiet rund 5 km². Der Staudamm ist 25 m hoch und ca. 500 m lang. Die größte Tiefe des Sees sind ca. 10 m. An dem See konnten in den Jahren vor Verbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 diverse Freizeitaktivitäten am und im Wasser erfolgen (u.a. Windsurfen, Tauchen, Rudern, Paddeln, Schwimmen – auf eigene Gefahr -, Angeln und Wandern). Um den See herum befinden sich Liegewiesen für Sonnenbäder oder Picknick.

Vgl.  eifel.de – Freilinger See – (mit näheren Angaben zu den bislang möglichen Freizeitmöglichkeiten)

Die Antragsgegnerin erließ zunächst am 03.04.2020 eine den Freilinger See betreffende Allgemeinverfügung (sog. Allgemeinverfügung 4) mit Gültigkeit bis zum 19.04.2020 wonach Liegewiesen, Wasserflächen, Rundwege, zwei Parkplätze, Anlegestege und Grillplätze gesperrt wurden. Am 20.04.2020 erfolgte eine weitere den See betreffende Allgemeinverfügung (sog. Allgemeinverfügung 6), die bis einschließlich 03.05.2020 Geltung hatte. Mit Wirkung vom heutigen Tage (06.05.2020) ist die nunmehr streitbefangene Allgemeinverfügung 8 in Kraft getreten, die für den Zeitraum vom 06.05.2020 bis zum 30.05.2020 Geltung beansprucht.

Nach den Allgemeinverfügungen 4 und 6 war insbesondere eine Nutzung der umliegenden Liegewiesen des Sees und der Wasserfläche sowie der Angelstege untersagt sowie die Benutzung des Rundweges um den See nebst Grillhütten und Parkplätzen.

In der nunmehr in Kraft getretenen Allgemeinverfügung 8 wird nur noch die Nutzung der Grillhütten, der Wasserfläche (ausgenommen: Angler mit Berechtigung), der Sportplätze und der Spielplätze (bis einschließlich 06.05.2020; ab 07.05.2020 zulässig) untersagt. Die Untersagung der Nutzung der Wasserfläche wird – wie in den vorausgegangenen Allgemeinverfügungen 4 und 6 – im Wesentlichen darauf gestützt, dass nach § 12 Abs. 2 CoronaSchVO NRW die zuständigen Behörden generelle Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Orte aussprechen können. Vorliegend sei im Hinblick auf Lockerungen von Pandemiebestimmungen die bisherige Vollsperrung des Freilinger Sees teilweise aufgehoben worden. Allerdings sei nach wie vor der Betrieb von Schwimmbädern verboten gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 CoronaSchVO. Vor diesem Hintergrund sei mit zusätzlichem Besucheraufkommen am Freilinger See zu rechnen, der ein überregionales Tagesausflugsziel mit teilweise bis zu 1000 Besuchern täglich sei. Es sei damit zu rechnen, dass Badewillige auf den Freilinger See ausweichen würden. Vor diesem Hintergrund habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, die Wasserfläche weiterhin zu sperren. Eine vollständige Sperrung des Seegebietes wäre ein weniger mildes Mittel. Eine vollständige Öffnung sei für die Zweckerreichung (pflegerische Versorgung der Bevölkerung gewährleisten, bei ggf. weiterem Anstieg der Anzahl an Infizierten) nicht gleich geeignet. Eine vorübergehende teilweise Sperrung der Freizeiteinrichtung Freilinger See sei auch angemessen. Trotz Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und der Bewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) Einzelner erfolge hier ein verhältnismäßiger Ausgleich mit dem hochrangigen Schutzgut des Gemeinwohls und der Gesundheit der Bevölkerung.

Der Antragsteller, der aufgrund allgemeiner Hinweise im Internetauftritt der Antragsgegnerin von dem zunächst strikten Betretungsverbot des Bereiches am Freilinger See erfahren hatte, hat am 30.04.2020 einen Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gestellt. Zur Begründung trägt er vor, er habe in der Vergangenheit den Freilinger See als Badeort und Freizeitort genutzt; insbesondere sei er dort regelmäßig spazieren gegangen. Die von der Antragsgegnerin getroffene Allgemeinverfügung verstoße gegen sein Grundrecht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Abs. 1 GG. Irrtümlich ging der Antragsteller bei Antragstellung zunächst davon aus, bei der auf der Internetseite erfolgten Information der Antragstellerin über die Sperrungen handele es sich bereits um eine von der Antragsgegnerin getroffene Allgemeinverfügung.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 CoronaSchVO in der ab dem 27.04.2020 geltenden Fassung lediglich die Nutzung von Schwimmbädern und Spaßbädern untersagt sei; dies aber nicht der Badenutzung eines öffentlichen Gewässers (hier: Freilinger See) entgegen stehe.

Ein Anordnungsanspruch sei zu bejahen, da ihm nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 GG das Recht zustehe, bestimmte öffentliche Orte, wie auch den Freilinger See, aufzusuchen. Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG könne nur aufgrund formeller Gesetze erfolgen, woran es vorliegend fehle. Zudem sei der erfolgte Eingriff in sein Grundrecht unverhältnismäßig. Es spreche nichts dagegen, am See spazieren zu gehen und auf Parkbänken zu verweilen, wenn man Abstandsregeln beachte.

Ein Anordnungsgrund sei zu bejahen, da mit einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen sei und die Schließung des Sees sich voraussichtlich als rechtswidrig erweise.

Nachdem die Antragsgegnerin auf die zwischenzeitlich erfolgten Allgemeinverfügungen 4, 6 und 8 betreffend den Freilinger See hingewiesen hatte, hat der Antragsteller am 04.05.2020 das bisherige Antragsbegehren für erledigt erklärt – wobei er davon ausging, dass die Allgemeinverfügung 6, die vom 20.04.2020 bis 03.05.2020 galt, keine Geltung mehr habe.

Er wendet sich nunmehr lediglich gegen die Untersagung der Nutzung der Wasserfläche des Freilinger Sees durch die Allgemeinverfügung 8, da das Betreten des Geländes am Freilinger See wieder erlaubt sei. Seiner Auffassung nach sei die Untersagung der Nutzung des Sees nicht verhältnismäßig und verletzte ihn in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Der Freilinger See sei kein Schwimmbad gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 CoronaSchVO NRW. Er sei als öffentliches Gewässer auch keine Sportanlage. Auf dem großflächigen See sei eine Nutzung ohne Probleme möglich – man könne sich wie beim Spazierengehen ausweichen. Die Bezirksregierung Arnsberg habe für die dortigen Seen die Nutzung wieder erlaubt. Aktuell sei auch nicht mit einer Besucherzahl von bis zu 1000 Menschen zu rechnen. Im Übrigen könne als milderes Mittel die Besucherzahl beschränkt werden. Eine pauschale Untersagung der Nutzung des Sees sei unverhältnismäßig und verstoße gegen Grundrechte.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß nunmehr, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Allgemeinverfügung 8 insoweit aufzuheben, als sie dem Antragsteller die Nutzung der Wasserfläche des Freilinger Sees untersagt.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Beschränkung der Zugangsmöglichkeiten zum Freilinger See durch ihre Allgemeinverfügungen sei rechtmäßig. Auf die dortigen Begründungen werde Bezug genommen. Ergänzend führt die Antragsgegnerin aus, Anlass der Sperrung sei gewesen, dass es sich bei dem Freilinger See um einen überregionalen Anziehungspunkt handele. Es hätten Besucherströme vermieden werden sollen. An sonnigen Tagen seien bis zu 1000 Besucher an dem See gewesen. Die Schließungen und Sperrungen aufgrund der Coronaschutzverordnung (betreffend andere Einrichtungen) hätten erwarten lassen, dass weitere Besucherströme aus umliegenden Ballungszentren zum Freilinger See gekommen wären. Es habe die Gefahr für eine ordnungsrechtlich nicht zu lösende Situation bestanden. Auch die Gemeinde Hellenthal habe sich wenige Tage später entschieden, die Narzissenwiesen als beliebten Ausflugsort zu sperren. Die Wasserfläche bleibe auch in der Allgemeinverfügung 8 weiterhin gesperrt, weil verschiedene Nutzungsarten (Schwimmen und Boot fahren) des Gewässers sehr attraktiv seien und zu vermehrten Besucheraufkommen führen könnten. Derzeit erfolge keine Rettung von in Not geratenen Menschen durch die DLRG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Soweit die Beteiligten den Rechtstreit (hier: bezüglich Nutzung des Freilinger Sees zu Spaziergängen etc. / sowie bezüglich Allgemeinverfügung 6, deren Geltung am 03.05.2020 abgelaufen ist) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen und nur noch über die Kosten zu entscheiden (§ 161 VwGO).

Im Übrigen war der Antrag abzulehnen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Nutzung der Wasserfläche des Freilinger Sees ist bereits unstatthaft.

Denn bei der Allgemeinverfügung 8 der Antragsgegnerin handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG NRW, so dass in der Hauptsache eine Anfechtungsklage die statthafte Klageart wäre. Gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG kommt einer Klage gegen die vorliegende Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung zu. Statthaft wäre folglich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO einer noch zu erhebenden Klage (gegen die Allgemeinverfügung 8 der Antragsgegnerin).

Will man den ausdrücklichen Antrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers umdeuten und als statthaften Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung verstehen, hätte dieser gleichwohl keinen Erfolg. Der Antrag wäre insoweit unbegründet.

Im Rahmen der Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist in der summarischen Prüfung eine Abwägung des Interesses des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung mit den Interessen der Allgemeinheit an der Vollziehung der Maßnahme vorzunehmen. Bedeutsam sind für die Interessenabwägung die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren. Das Interesse des Antragstellers überwiegt, sofern die angegriffene Allgemeinverfügung offensichtlich rechtswidrig ist. Ist sie offensichtlich rechtmäßig, überwiegt das Interesse an ihrer Vollziehung. Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, hat eine weitere Interessenabwägung im Sinne einer Folgebetrachtung stattzufinden.

Die Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die nunmehr streitbefangene Allgemeinverfügung 8 der Antragsgegnerin ist nach der hier allein vorzunehmenden summarischen Prüfung offensichtlich rechtmäßig.

Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) sowie der hierauf gestützten Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO -) in der ab dem 04.05.2020 geltenden Fassung und insbesondere in § 12 CoronaSchVO.

Sind Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Erkrankungen erforderlich, so können diese grundsätzlich nicht nur gegenüber den in § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IFSG genannten Personen, also gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern getroffen werden, sondern – soweit erforderlich – auch gegenüber Dritten (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IFSG).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 33.03.2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 26, unter Hinweis auf BT-Drs. 8/2468, S. 27; OVG NRW, Beschluss vom 06.04.2020 – 13 B 398/20.NE -, juris Rn. 70; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 23. März 2020 – OVG 11 S 12/20 -, juris, Rn. 8.

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Dass es sich bei der Coronavirus-Krankheit COVID-19 um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 ISFG handelt, unterliegt keinem Zweifel und wird auch von dem Antragsteller nicht in Frage gestellt. Die u.a. durch § 12 CoronaSchVO eröffnete Möglichkeit Betretungsverbote für öffentliche Orte auszusprechen, stellt auch keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere Grundrechte, dar.

Nach der Fachexpertise des Robert Koch-Instituts handelt es sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor. Mit der Coronaschutzverordnung bezweckt der Verordnungsgeber eine Eindämmung der Weiterverbreitung des Coronavirus mit dem Ziel die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens zu erhalten, um die Behandlung schwer- und schwersterkrankter Menschen in Krankenhäusern sicherzustellen. Der Verordnungsgeber bezweckt damit gleichsam einen Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung, welcher gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Aufgabe des Staates ist.

Bei der Untersagung der Benutzung der Wasserfläche des Freilinger Sees handelt es sich um eine Regelung des Betretungsverbots im Sinne des § 12 Abs. 4 CoronaSchVO (in der Vorgängerfassung § 12 Abs. 2 CoronaSchVO). Nach dieser Vorschrift können die zuständigen Behörden generelle Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Orte aussprechen. Im vollumfänglichen Verbot der Nutzung der Grillhütten, Wasserflächen, Sportplätze und Spielplätze ist – entsprechend der Formulierung der Vorgängerverfügungen in der Sache ein solches Betretungsverbot zu sehen. Die Kammer zweifelt nicht daran, dass die ergriffene Maßnahme der Antragsgegnerin einem legitimen Zweck – der Eindämmung des Virus SARS-CoV-2 – dient und zur Erreichung dieses Zwecks auch geeignet und angemessen ist. Vorliegend steht hingegen kein Nutzungsausschluss (unmittelbar) aufgrund § 3 CoronaSchVO in Rede. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht auf den Einwand des Antragstellers an, der Freilinger See sei kein Schwimmbad im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 CoronaSchVO und keine Sportanlage.

Die Antragsgegnerin hat von ihrem Ermessen in § 12 Abs. 4 CoronaSchVO sachgerechten Gebrauch gemacht. Hierbei stellt sich die Untersagung der Nutzung der Wasserfläche als geringerer Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar, gegenüber einer vollständigen Sperrung des Seegeländes einschließlich der Spazierwege.

Vom Gericht überprüfbare Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Antragsgegnerin erkannt, dass sie Grundrechte der potentieller Seebenutzer (einschließlich des Antragstellers) hinsichtlich der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und Bewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) durch die Einschränkungen der Nutzung der Gewässerfläche des Freilinger Sees einschränkt. Die Kammer teilt die Erwägungen der Antragsgegnerin hinsichtlich der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Seebenutzer und der Gesundheit der Bevölkerung.

Eine Nutzungsuntersagung der Wasseroberfläche ist geeignet, durch eventuelle Badebesucher verursachte zusätzliche Ansteckungsrisiken mit dem Corona-Virus aktuell zu vermeiden. Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass wegen der erfolgten Schließungen von Schwimmbädern und Spaßbädern ein Ausweichverhalten gerade an warmen, sonnigen Tagen zu erwarten ist. Eine Vergleichbarkeit mit der Seennutzung im Bereich der Bezirksregierung Arnsberg ist vorliegend wegen der Nähe zu diversen Städten aus dem Raum Köln/Bonn (insbesondere bei erheblicher Ausbreitung von Corona-Infektionen zunächst im nahegelegenen Raum Aachen/Heinsberg – später auch im Großraum Köln/Bonn) nicht gegeben.

Eine verstärkte Nutzung noch vorhandener Bademöglichkeiten an frei zugänglichen Badeseen ist gerade im Hinblick auf den Mangel an anderen Freizeitmöglichkeiten und die noch aufrecht erhaltene Schließung öffentlicher Schwimmbäder insbesondere bei guter Wetterlage zu erwarten. Hinzu kommt, dass nach wie vor zahlreiche Berufe von den Schließungen im Zuge der Pandemielage betroffen sind und die Schulen von einem Normalbetrieb noch weit entfernt sind. Gerade hierdurch besonders betroffene Familien mit Kindern dürften daher z.B. eine Nutzung eines frei zugänglichen Badesees mit Liegewiesen in Betracht ziehen.

Die Untersagung der Benutzung der Wasserfläche war auch erforderlich. Soweit der Antragsteller pauschal darauf verweist, es seien mildere gleich geeignete Eingriffe durch eine Beschränkung der Besucherzahlen möglich gewesen, folgt dem die Kammer nicht. Denn die Parkplätze am Freilinger See werden nicht nur von Badebesuchern, sondern auch von Wanderern und anderen Personen aufgesucht, die Freizeitaktivitäten in Seenähe ausüben wollen. Es ist nicht ersichtlich, wie bei einem weitgehend frei zugänglichen (nicht abgezäunten) Seeufer konkrete Beschränkungen von Badenutzungen eingerichtet oder überwacht werden sollten.

Schließlich ist auch die Angemessenheit der getroffenen Allgemeinverfügung 8 zu bejahen, wie sich aus den Ausführungen der Antragsgegnerin bezüglich der Güterabwägung – und dem Nachfolgenden – ergibt. Zutreffend stellt die Antragsgegnerin im Rahmen der Güterabwägung neben den Risiken für die Allgemeinheit auch darauf ab, dass derzeit eine DLRG-Versorgung nicht vorhanden ist. Für die Rettungskräfte wären ansonsten zusätzliche Infektionsrisiken kaum vermeidbar.

Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers von offenen Erfolgsaussichten einer eventuellen Klage gegen die Allgemeinverfügung 8 ausginge, wäre eine offensichtliche Rechtswidrigkeit jedenfalls nicht gegeben. Die Interessenabwägung würde zu einem klaren Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers führen. Würde der Vollzug der Allgemeinverfügung 8 ausgesetzt, könnten in der Zwischenzeit schwerwiegende Schädigungen eines überragenden Schutzgutes – der Gesundheit der Allgemeinbevölkerung – eintreten. Hinzu kämen Risiken für die Benutzer der Wasseroberfläche des Freilinger Sees, denen im Notfall keine Rettungsmöglichkeiten durch den DLRG zur Verfügung stehen würden. Demgegenüber müsste vorliegend der Antragsteller für einen gewissen Zeitraum darauf verzichten, seine Freizeit am Freilinger See durch Schwimmen oder Boot fahren zu gestalten. Das Schutzgut der menschlichen Gesundheit ist demgegenüber – jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes – aber ohne Zweifel als höherrangig einzustufen. Der im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Eingriff in Art. 2 Abs. 1 / Abs. 2 GG erweist sich nicht als derart schwerwiegend, dass dahinter der vom Verordnungsgeber beabsichtigte Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung zurückzustehen hätte. Vom Antragsteller beabsichtigte Handlungen im Freilinger See erweisen sich lediglich als sportliches Freizeitvergnügen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 VwGO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Streitgegenstandes (Zugänglichkeit der Wanderwege am Freilinger See / Allgemeinverfügung 6) ist darauf zu verweisen, dass nach billigem Ermessen auch insoweit der Antragsteller die Kosten zu tragen hat. Soweit es um die Nutzung der Wasserfläche während des Geltungszeitraums der Allgemeinverfügung 6 ging, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Hinsichtlich der Nutzung von Parkplätzen und Wanderwegen im maßgeblichen Gebiet, ist zu berücksichtigen, dass in dem Geltungszeitraum der Allgemeinverfügung 6 noch deutlich weniger Freizeitmöglichkeiten für die Bevölkerung zur Verfügung standen (so wurden ab dem 04.05.2020 schrittweise wieder Parks, Tierparks etc. geöffnet). Vor diesem Hintergrund war zum damaligen Zeitpunkt mit einer verstärkten Nutzung von Ausflugszielen in der Eifel zu rechnen. Hinzu kommt der zu Beginn der Ausbreitung des Corona-Virus in Deutschland im Vordergrund stehende Anstieg der Ansteckungszahlen im Großraum Aachen/Heinsberg.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und berücksichtigt die mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz begehrte Vorwegnahme der Hauptsache.

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