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Verkehrsunfall – Einrede der Verjährung

LG Leipzig, Az.: 2 O 453/17, Urteil vom 01.08.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Beklagten im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200,00 € abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.657,35 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz in Höhe von 5.657,35 €.

Der Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall am 02.11.2009 verletzt. Das Fahrzeug der Unfallgegnerin war bei dem Beklagten haftpflichtversichert. Der Kläger wurde damals bis zum 10.11.2009 stationär behandelt und war bis zum 14.03.2010 arbeitsunfähig.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers meldete bei dem Beklagten für seinen Mandanten Schadensersatzansprüche an, wobei er von einer Quote hinsichtlich des bei dem Beklagten versicherten Unfallgegners von 75 % ausging. Der Beklagte bestätigte die vom Kläger vorgeschlagene Haftungsquote von 75 % und überwies einen frei zu verrechnenden Vorschuss in Höhe von 2.000,00 € am 18.12.2012. Das Schreiben vorgenannten Inhalts ging dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.12.2012 zu.

Verkehrsunfall - Einrede der Verjährung
Symbolfoto: style-photographs/Bigstock

Mit Schreiben vom 11.04.2016 wurden weiteren Ansprüche des Klägers in Höhe der Klageforderung geltend gemacht. Der Beklagte berief sich vorgerichtlich darauf, dass weitergehende Ansprüche des Klägers verjährt wären.

Der Kläger beantragte hierauf den Erlass eines Mahnbescheides; der Mahnbescheidsantrag ging beim Zentralen Mahngericht am 30.12.2016 ein.

Der Kläger meint, seine Ansprüche seien nicht verjährt. Das Schreiben des Beklagten vom 18.12.2012 stelle keine abschließende Erklärung im Sinne von § 115 Abs. 2 S. 3 VVG dar. Weder liege hierin eine verbindliche Entscheidung über ein Anerkenntnis noch über eine Ablehnung der Ansprüche. Somit sei die Verjährungsfrist bis zur Beantragung des Mahnbescheides gehemmt.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.657,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.04.2016 zu zahlen, den Beklagten weiter zu verurteilen, den Kläger von der Forderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 661,16 € gemäß der Gebührennote vom 11.05.2016 anlässlich des Verkehrsunfalles vom 02.11.2009 freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Der Beklagte erhebt die Verjährungseinrede. Er meint, dass ggf. davon ausgegangen werden könne, dass mit der Teilzahlung und dem Anerkenntnis seitens des Beklagten am 18.12.2012 ein Neubeginn der Verjährungsverfristung verbunden sei. Zugleich sei aber mit dem Zugang der Erklärung die Hemmung gemäß § 115 Abs. 2 S. 3 VVG beendet worden. Ansprüche seien daher spätestens im Dezember 2015 verjährt. Vorsorglich würden die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestritten.

Ergänzend wird auf die Anspruchsbegründung vom 15.03.2017, die Klageerwiderung vom 18.04.2017, die Replik vom 03.05.2017, die Duplik vom 18.05.2017 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2017 Bezug genommen, § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht erfolgreich.

Der Beklagte kann nach seiner erhobenen Verjährungseinrede weitere Schadensersatzleistungen an den Kläger verweigern, § 214 Abs. 1 BGB.

I. Gegebenenfalls restlich bestehende Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem Unfallgeschehen vom 02.11.2009 sind mit Ablauf des 19.12.2015 verjährt, § 195 BGB. Nachdem der Beklagte ausdrücklich die Einrede der Verjährung erhebt, bestehen keine durchsetzbaren Ansprüche des Klägers auf Zahlung restlichen Schadensersatzes.

Gemäß §§ 199 Abs. 1, 195 BGB würden Schadensersatzansprüche des Klägers aufgrund des Unfallgeschehens vom 02.11.2009 regelmäßig am 31.12.2012 verjähren. Nach ersichtlich einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung gilt diese einheitliche Verjährungsfrist auch für solche Schäden, welche nicht unmittelbar am Unfalltag entstanden sind, sondern sich später entwickelt haben; es gilt der Grundsatz der Schadenseinheit, vgl. z. B. Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Auflage, Rn. 14 zu § 199 BGB m. w. N.

Das Gericht geht davon aus, dass mit der Zahlung des Beklagten aufgrund seines Schreibens vom 18.12.2012 ein Einverständnis des Inhaltes gegenüber dem Kläger abgegeben wurde, dass grundsätzlich seitens des Beklagten mit der vorgeschlagenen Haftungsquote von 75 % alle berechtigten Ansprüche des Klägers erfüllt werden, § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass nach der vorgenannten Norm die Verjährungsfrist am 18.12.2012 neu begann und somit mit dem 17.12.2015 ablief.

Zugleich sieht das Gericht mit dem Beklagten in dem vorgenannten Schreiben vom 18.12.2012 eine Erklärung dahingehend, dass der Beklagte seine Schadensersatzpflicht zu der vorgeschlagenen Quote von 75 % anerkennt. Somit sind mit dem Zugang des Schreibens beim Prozessbevollmächtigten des Klägers ‒ 20.12.2012 ‒ die Hemmungswirkungen nach § 115 Abs. 2 S. 3 BGB beseitigt. Das Ende der Verjährungsfrist ist hierdurch auf den Ablauf des 19.12.2015 verschoben worden, § 209 BGB.

Mit der obergerichtlichen Rechtsprechung geht das erkennende Gericht davon aus, dass die Hemmung der Verjährungsfrist endete, nachdem dem vorgerichtlich bereits für den Kläger tätigen Prozessbevollmächtigten die positive Entscheidung des Beklagten zuging. Hierbei ist durch den BGH bereits zu der früheren Vorschrift des § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a. F. entschieden worden, dass die Hemmung der Verjährung nicht nur endet, wenn entsprechende Ansprüche des Geschädigten vom Versicherer abgelehnt werden, sondern auch wenn eine positive Entscheidung des Versicherers ergeht, der die Ansprüche des Geschädigten bejaht, vgl. BGHZ 114, 299 ff.

Das Gericht geht im vorliegenden Fall davon aus, dass die Antwort des Beklagten auf das Anspruchsschreiben des Klägervertreters vom 14.12.2012 eine uneingeschränkte Zusage enthält, dass die Ansprüche des Klägers nach dem Verkehrsunfall vom 02.11.2009 mit einer Quote von 75 %, so wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgeschlagen, reguliert werden. Zugleich ist ausgeführt, dass ein Vorschuss in Höhe von 2.000,00 € zur beliebigen späteren Verrechnung durch den Beklagten gezahlt werde.

Aus Sicht des Klägers konnte die Erklärung des Beklagten nur so aufgefasst werden, dass der Beklagte alle ‒ berechtigten und zu prüfenden ‒ vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzpositionen uneingeschränkt mit einer Quote von 75 % regulieren wird. Das Gericht geht somit davon aus, dass die Erklärung der Beklagten „erschöpfend, umfassend und endgültig“ war, vgl. BGH, VersR 2017, 816 ff. m. w. N.

Nach der Zahlung des Vorschussbetrages und Eingang des vorgenannten Schreibens am 20.12.2012 beim Prozessbevollmächtigten des Klägers bis zum nächsten Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 11.04.2016 fanden zwischen den Parteien keine weiteren Verhandlungen statt. Es ist nicht vorgetragen, dass weiterer Schriftverkehr erfolgte und weitere Zahlungen im Sinne weiterer Abschläge durch den Beklagten geleistet wurden.

Die bereits am 20.12.2015 abgelaufene Verjährungsfrist konnte daher durch den am 30.12.2016 beim Zentralen Mahngericht eingegangen Mahnbescheidsantrag nicht mehr erneut gehemmt werden.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV. Der Streitwert ist gemäß §§ 63 Abs. 2 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt.

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