AG Gummersbach – Az.: 15 C 64/18 – Urteil vom 13.11.2018
Die Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsanwälte G., P-str. 4, xxxxx C. 920,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.01.2018 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger gegenüber den Rechtsanwälten G., P-str. 4, xxxxx C. von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 74,26 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 66 % und die Beklagte zu 34 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Ersatzfähigkeit einzelner Schadenspositionen nach einem Verkehrsunfall vom 23.06.2016 in C.
Am genannten Tag kam es zur Kollision zwischen dem vom Kläger geführten Fahrzeug sowie einem zum damaligen Zeitpunkt bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug im Begegnungsverkehr. Der Kläger erlitt unfallbedingt schwere Verletzungen und lag mehrere Wochen im Koma. Durch Vergleich vor dem Landgericht L. stellten die Parteien fest, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, dem Kläger 80 % seines materiellen und immateriellen Schadens aus dem Unfall vom 23.06.2016 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden. Kurz nach dem Unfallereignis, als der Kläger noch im Koma war, wandte sich seine Ehefrau an die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers und beauftragte diese als vollmachtlose Vertreterin ihres Mannes mit der Einleitung eines Betreuungsverfahrens. Auf entsprechende Anregung bestellte das Amtsgericht Gummersbach (Az. 46 XVII XXX/16) die Ehefrau des Klägers durch einstweilige Verfügung vom 01.07.2016 zur Betreuerin. Nach weiterer Beauftragung durch die Ehefrau als Betreuerin des Klägers machten die Anwälte bei der Unfallversicherung des Klägers Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis geltend (Anl. F1, F2). Die Unfallversicherung zahlte eine Sofortleistung von 5.000 EUR und bewilligte Anfang Januar 2018 rückwirkend eine monatliche Rentenleistung von 500 EUR sowie eine Zahlung auf die Invalidität von 41.200 EUR (Anl. F3). Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.02.2017 (Anl. F11) beauftragte der Kläger den Sachverständigen Dr. I. mit der Erstellung eines Gutachtens über die unfallbedingten Verletzungen. Der Sachverständige erstellte ein 18seitiges Gutachten vom 25.08.2017 (Anl. F10). Hierfür berechnete er dem Kläger Kosten von 1.063,93 EUR (Anl. F8), welche durch seine jetzigen Prozessvertreter verauslagt wurden. Der anwaltlich vertretene Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2017 unter Fristsetzung zum 30.10.2017 zur Zahlung der Sachverständigenkosten auf. Eine Zahlung durch die Beklagte erfolgte nicht. Die jetzigen Prozessbevollmächtigten stellten dem Kläger für die außergerichtliche Betreuungseinleitung 334,75 EUR und für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Unfallversicherung 1.954,46 EUR in Rechnung (Kostenrechnungen vom 18.01.2018, Anl. F6 und F5). Mit anwaltlichem Schreiben wurde die Beklagte zur Zahlung der beiden Kostenrechnungen aufgefordert, was sie unter dem 26.01.2018 ablehnte (Anl. F7).
Der Kläger behauptet, dass seine – unstreitig bestehende – Rechtsschutzversicherung keine Zahlungen auf die Kostenrechnungen vom 18.01.2018 bzw. die Sachverständigenkosten geleistet habe. Im Übrigen sei die Beauftragung der Rechtsanwälte sowohl zur Anregung einer Betreuung als auch zur Geltendmachung der vertraglichen Ansprüche gegenüber der Unfallversicherung des Klägers erforderlich gewesen. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Dokumentation und Sicherung der unfallbedingten Verletzungen erstattungsfähig seien.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsanwälte G., P-str. 4, xxxxx C., 2.682,65 EUR zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz mit Wirkung ab dem 26.01.2018,
2. die Beklagte weitergehend zu verurteilen, den Kläger freizustellen von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 179,27 EUR.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, dass der Kläger das Gutachten des Sachverständigen Dr. I. für seine Unfallversicherung beauftragt habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Becker. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 23.10.2018 (Bl. 92 f. d. A.) verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet, während sie im Übrigen abzuweisen war.
Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch i. H. v. 920,03 EUR gegen die Beklagte gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG i. V. m. §§ 249 ff. BGB zu. Die Haftung der Beklagten zu 80 % ist durch den Vergleich vor dem Landgericht L. festgestellt.
Der Kläger ist sowohl hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten für die Einleitung des Betreuungsverfahrens als auch hinsichtlich der Gutachterkosten aktivlegitimiert. Die Aktivlegitimation mit Blick auf die Anwaltskosten für die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Unfallversicherung kann mangels Ersatzfähigkeit dieser Schadensposition offen bleiben.
Die genannten Kostenrechnungen sind nicht durch die Rechtsschutzversicherung des Klägers reguliert worden (§ 86 VVG). Davon ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und bei Würdigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung überzeugt. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (BGH, NJW 2008, 2845; NJW-RR 2008, 1380). Diesen Grad an Gewissheit hat das Gericht erreicht. Der Zeuge C. hat in seiner mündlichen Vernehmung erklärt, dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers weder Zahlungen auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten betreffend das Betreuungsverfahren (Anl. F6) noch Leistungen auf die Sachverständigenkosten (Anl. F8) vorgenommen habe. Die Aussage ist in hohem Maße glaubhaft. Der Zeuge konnte aus erster Hand Angaben zu den Beweisfragen machen, da er den Kläger bereits vorgerichtlich als Rechtsanwalt vertreten hat. Er hat detailliert und nachvollziehbar geschildert, aus welchem Grund er dem Kläger zu einer Abwicklung ohne die Rechtsschutzversicherung geraten habe. So werde ein Rechtsschutzversicherungsvertrag erfahrungsgemäß nach dreimaliger Inanspruchnahme durch die Rechtsschutzversicherung gekündigt. Nachdem der Kläger schwerste Verletzungen erlitten habe, sei es zu erwarten gewesen, dass man immer mal wieder auf die Rechtsschutzversicherung zugreifen müsse. Der Zeuge C. konnte seine Angaben durch Vorlage von Auszügen aus dem Aktenkonto untermauern. Das jeweilige Soll komme dadurch zu Stande, dass die Kanzlei in Vorleistung gegangen sei. Hätte die Rechtsschutzversicherung eine Zahlung geleistet, wäre der Zahlungseingang mit „ZE“ ausgewiesen.
Ersatzfähig sind vorliegend außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von 68,89 EUR für die Tätigkeit im Betreuungsverfahren sowie Sachverständigenkosten in Höhe von 851,14 EUR. Darüber hinausgehende Kosten hält das Gericht nicht für erforderlich.
Ist wegen der Verletzung einer Person Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich eine verständige, wirtschaftlich denkende Person in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis verursachten Rechtsverfolgungskosten, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
Dies war grundsätzlich hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch die Anregung der Betreuung des Klägers der Fall. Soweit die Beklagte mit der Klageerwiderung eine Tätigkeit durch die klägerischen Prozessbevollmächtigten bestritten hat, ist dieses Bestreiten durch das Schreiben vom 19.07.2018 überholt. Die Ehefrau des Klägers konnte es vorliegend für erforderlich erachten, die Rechtsanwälte zur Anregung einer Betreuung einzuschalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine existentielle Ausnahmesituation vorlag. Der Kläger ist plötzlich und ohne, dass damit zu rechnen war, durch einen Verkehrsunfall ins Koma gefallen. In einer solchen Situation stellen sich neben der psychischen Situationsbewältigung mannigfaltige Aufgaben für die nahen Angehörigen. Zudem war die Einleitung eines Betreuungsverfahrens hier eilbedürftig, damit für den Kläger rechtlich gehandelt werden durfte. Hinzu kommt, dass die Ehefrau des Klägers juristischer Laie ist.
Allerdings hält das Gericht den Ansatz einer 1,3-Gebühr für die Anregung einer Betreuung für übersetzt. Angemessen ist vielmehr eine 0,3-Gebühr, da es sich um ein Schreiben einfacher Art im Sinne der Nr. 2303 VV RVG handelte. Dies ist der Fall, wenn das Schreiben weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält. Hier lag der Kläger nach einem Verkehrsunfall im Koma. Dass schwieriger oder umfangreicher Sach- oder Rechtsvortrag erforderlich war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dies war auch für den Kläger erkennbar. Unter Zugrundelegung einer 0,3-Gebühr (0,3 x 201 EUR zzgl. Auslagenpauschale von 20 % zzgl. MwSt. = 86,11 EUR) und einer Haftungsquote von 80 % ergibt sich ein zu erstattender Betrag von 68,89 EUR.
Ferner sind die Kosten, welche durch die Einholung des privaten Sachverständigengutachtens entstanden sind, unter Berücksichtigung der 80 %igen Haftungsquote erstattungsfähig. Die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens. Der Schädiger hat die Kosten für ein Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 -, Rn. 7). Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen, solange die Grenze der Unverhältnismäßigkeit nicht überschritten ist. Es kann keinen Unterschied machen, ob das Sachverständigengutachten einen Schaden am Fahrzeug oder einen Personenschaden feststellt, sind doch die Interessen des Geschädigten dieselben. In beiden Fällen geht es ihm darum, einen ihm entstandenen Schaden festzustellen, zu sichern und gegebenenfalls durchzusetzen. Das Gutachten eines nicht in die Behandlung des Geschädigten eingeschalteten Privatsachverständigen hat auch gegenüber der Vorlage ärztlicher Atteste einen Mehrwert. Denn die im Zusammenhang mit der Behandlung des Geschädigten erhobenen Befunde haben eine andere Zielsetzung, nämlich die therapeutische Behandlung der von dem Patienten beklagten Beschwerden.
Der Kläger konnte hier ohne sachverständige Hilfe nicht die Voraussetzungen für die vollständige Restitution, insbesondere die Darlegung der Höhe des Anspruchs auf Schmerzensgeld, schaffen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06. Dezember 2010 – 13 U 172/09). Dass zur Feststellung der Verletzungen die Hinzuziehung ärztlichen Sachverstands erforderlich ist, bedarf keiner näheren Ausführungen. Gerade bei Personenschäden ist eine zeitnahe Begutachtung der Verletzungen sinnvoll. Schon durch den Zeitablauf droht der unwiederbringliche Verlust von Beweismitteln. Der Kläger ist im Rahmen der Begutachtung ausführlich zu seinen Beschwerden befragt sowie klinisch und radiologisch untersucht worden. Der Gutachter hat auftragsgemäß Angaben zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie zu voraussichtlichen Dauerschäden gemacht. Angesichts der Schwere der erlittenen Verletzungen standen die für die Begutachtung zu erwartenden Kosten keinesfalls im Missverhältnis zu der Höhe des Personenschadens. Der Kläger erlitt verschiedene Frakturen, eine Lungenkontusion, eine Einblutung und oberflächliche Lebereinrisse. Er wurde mehrfach operiert, war dreieinhalb Monate in stationärer Behandlung und anschließend in einer Reha-Maßnahme.
Dem Kläger blieb es entgegen der Ansicht der Beklagten unbenommen, die Behandlung zunächst abzuschließen und danach – etwa ein halbes Jahr nach dem Unfall – den Gutachter zu beauftragen. An der Erforderlichkeit ändert auch der Umstand nichts, dass weder die Beklagte noch die Unfallversicherung ein Gutachten angefordert haben. Die Einholung des Gutachtens ist im eigenen Interesse des Klägers zur Dokumentation und Sicherung seiner Verletzungen erfolgt.
Im Übrigen entfällt die Erforderlichkeit nicht durch die Rechtshängigkeit des landgerichtlichen Verfahrens zum Zeitpunkt der Begutachtung. Der dortige Rechtsstreit hatte die Feststellung der Haftung dem Grunde nach zum Gegenstand, während das Privatgutachten zu den Verletzungen und damit zur Schadenshöhe eingeholt wurde. Schon aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich die Möglichkeit weiterer Rechtsstreitigkeiten zur Höhe. Diese hatte – wenn auch nur mit Blick auf den Streitwert des Feststellungsantrags – bestritten, dass der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen war.
Entgegen dem Beklagtenvortrag ist das Gutachten nicht für die Unfallversicherung eingeholt worden. Vielmehr hat der jetzige Prozessbevollmächtigte den Sachverständigen außergerichtlich im Auftrag des Klägers beauftragt. Danach sollte der Sachverständige den Schaden dokumentieren, eine Einschätzung zum Grad der Arbeitsunfähigkeit und zu Dauerschäden abgeben. Der anderslautende Vortrag der Beklagten ist nach Vorlage des Schreibens vom 13.02.2017 (Anlage F11) unsubstantiiert.
Der beklagtenseitige Vortrag, dass die Kosten des Sachverständigen übersetzt seien, bleibt angesichts der Vorlage der konkreten Rechnung durch den Kläger unsubstantiiert. Im Übrigen ist eine Überhöhung der Rechnung nicht ersichtlich.
Demgegenüber kann der Kläger die Rechtsanwaltskosten zur Geltendmachung von vertraglichen Ansprüchen gegenüber seiner Unfallversicherung nicht von der Beklagten ersetzt verlangen. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies zwar grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer. Wenn es – wie hier – an einer Entsprechung zwischen der Leistung des eigenen Versicherers und dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden fehlt, können die Anwaltskosten im Einzelfall erstattungsfähig sein, etwa wenn der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden bei seinem Versicherer selbst anzumelden (BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – VI ZR 43/05 -, Rn. 6 ff., juris). Ein solcher Fall ist vorliegend gerade nicht gegeben. Denn zum Zeitpunkt der anwaltlichen Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Unfallversicherung war die Ehefrau des Klägers bereits zur Betreuerin bestellt. Die Bestellung erfolgte am 01.07.2016, während sich die Rechtsanwälte erstmals mit Schreiben vom 21.07.2016 an die Unfallversicherung wandten. Wenn der Kläger auch aufgrund seiner schweren Verletzungen nicht selbst in der Lage war, sich um die Wahrung seiner Ansprüche zu kümmern, so war genau aus diesem Grund für ihn eine Betreuung eingerichtet. Die Anforderung der Versicherungsunterlagen, die Prüfung möglicher Fristen und die Geltendmachung sich aus dem Versicherungsvertrag ergebender Ansprüche ist einem Betreuer durchaus zumutbar.
Der Anspruch des Klägers auf Erstattung von Verzugszinsen folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Die Beklagte befand sich jedenfalls seit dem 26.01.2018 im Verzug. Sie ist mit Schreiben vom 10.10.2017 unter Fristsetzung zum 30.10.2017 zur Zahlung der Sachverständigenkosten aufgefordert worden (§ 286 Abs. 1 BGB). Die Zahlung der Rechtsanwaltskosten für das Betreuungsverfahren hat die Beklagte ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB), indem sie eine Regulierung nach der klägerischen Aufforderung vom 18.01.2018 unter dem 26.01.2018 als unbegründet abgelehnt hat.
Der Kläger kann außerdem gemäß § 257 BGB die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 74,26 EUR verlangen (0,65 x 80 EUR zzgl. Pauschale von 20 % zzgl. MwSt.). Notwendige außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten sind Teil des kausalen Unfallschadens. Vorliegend wird eine 0,65 Gebühr geltend gemacht (§ 308 Abs. 1 ZPO). Das Gericht ist nach der Vernehmung des Zeugen C. davon überzeugt, dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers keine Zahlungen auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorgenommen hat. Dies hat der Zeuge glaubhaft geschildert. Insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2, 1 ZPO.
Der Streitwert wird auf 2.682,65 EUR festgesetzt.