Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Verkehrsunfall beim Rückwärtsfahren: Gericht spricht Teilschuld und Schadensersatz zu
- Die Ausgangslage: Parkende Fahrzeuge und gegenüberliegende Grundstückseinfahrten
- Der Unfallhergang: Rückwärtsfahren und Kollision in Grundstückseinfahrt
- Schadensgutachten und Regulierung durch die Versicherung
- Klage auf Schadensersatz: Reparaturkosten, Nutzungsausfall und weitere Positionen
- Aussage des Klägers: Angehalten vor dem Zusammenstoß
- Das Urteil des Amtsgerichts: Teilschuld und teilweise Schadensersatzzahlung
- Kostenverteilung und vorläufige Vollstreckbarkeit
- Bedeutung des Urteils für Betroffene von Verkehrsunfällen beim Rückwärtsfahren
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche besonderen Sorgfaltspflichten gelten beim Rückwärtsfahren aus einer Grundstücksausfahrt?
- Wie wirkt sich eine Teilschuld auf die Höhe des Schadensersatzes aus, den ich nach einem Unfall beim Rückwärtsfahren erhalte?
- Was bedeutet „Nutzungsausfall“ und wie kann ich ihn geltend machen, wenn mein Fahrzeug nach einem Unfall beim Rückwärtsfahren beschädigt ist?
- Welche Beweismittel sind wichtig, um meine Ansprüche nach einem Verkehrsunfall beim Rückwärtsfahren durchzusetzen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Hamburg-Barmbek
- Datum: 20.04.2023
- Aktenzeichen: 822 C 123/20
- Verfahrensart: Schadensersatzverfahren aus einem Verkehrsunfall
- Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Verkehrsrecht, Leasingrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Leasingnehmer des Volvo V90, der Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend macht und hierfür von der Leasinggeberin ermächtigt wurde.
- Beklagte: Parteien, die als Gesamtschuldner zur Zahlung des festgesetzten Schadensersatzbetrags nebst Zinsen verurteilt wurden.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger begehrt Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Zum Unfallzeitpunkt war er Leasingnehmer eines Pkw (Volvo V90) und erhielt von der Leasinggeberin die Ermächtigung, die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, inwieweit die Beklagten als Gesamtschuldner für den entstandenen Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall verantwortlich sind.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.500,16 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2020 zu zahlen. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden gegeneinander aufgehoben und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Folgen: Die Beklagten müssen den festgesetzten Betrag samt Zinsen leisten. Zudem ermöglicht das Urteil der vorläufigen Vollstreckbarkeit, wobei eine Vollstreckungsabwehr durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags möglich ist. Der Streitwert wurde auf 3.181,02 € festgesetzt, wovon 474,00 € auf die Klagerhöhung wegen Nutzungsausfalls entfallen.
Der Fall vor Gericht
Verkehrsunfall beim Rückwärtsfahren: Gericht spricht Teilschuld und Schadensersatz zu

Ein Verkehrsunfall in Hamburg-Barmbek, bei dem ein Autofahrer beim Rückwärtsausparken aus seiner Grundstückseinfahrt mit einem anderen PKW kollidierte, landete vor dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek. Das Gericht fällte am 20. April 2023 ein Urteil (Az.: 822 C 123/20), das die Haftungsfrage und den Umfang des Schadensersatzes klärte. Im Zentrum stand die Frage, wer die Verantwortung für den Unfall trägt und in welchem Umfang Schadensersatz zu leisten ist.
Die Ausgangslage: Parkende Fahrzeuge und gegenüberliegende Grundstückseinfahrten
Der Unfall ereignete sich am 10. Januar 2020. Der Kläger hatte seinen Volvo V90 auf einem Stellplatz geparkt, der sich auf seinem Grundstück in Hamburg befand und parallel zur Straße ausgerichtet war. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, lag die Grundstückseinfahrt des Beklagten zu 1. Die beiden Einfahrten waren leicht versetzt gegenüberliegend angeordnet, wobei die linken Kanten der Einfahrten etwa auf einer Linie mit dem Straßenrand lagen.
Der Unfallhergang: Rückwärtsfahren und Kollision in Grundstückseinfahrt
Der Beklagte zu 1 wollte mit seinem Audi rückwärts aus seiner Grundstückseinfahrt auf die Straße fahren. Dabei fuhr er jedoch nicht nur auf die Straße, sondern setzte seine Rückwärtsfahrt fort und lenkte in die gegenüberliegende Grundstückseinfahrt des Klägers ein. Dort kam es zur Kollision mit dem geparkten Volvo des Klägers. Durch den Zusammenstoß entstand Sachschaden an dem Fahrzeug des Klägers.
Schadensgutachten und Regulierung durch die Versicherung
Nach dem Unfall wurde ein Schadensgutachten in Auftrag gegeben. Dieses bezifferte die voraussichtlichen Reparaturkosten auf netto 3.494,28 Euro. Zusätzlich entstanden Gutachterkosten in Höhe von 600,10 Euro. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten (Beklagte zu 2) regulierte den Schaden zunächst teilweise auf Basis einer angenommenen Haftungsquote von 50 Prozent. Sie zahlte Nettoreparaturkosten von 1.339,31 Euro, Sachverständigenkosten von 300,05 Euro, eine Kostenpauschale von 10,00 Euro sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 215,00 Euro.
Klage auf Schadensersatz: Reparaturkosten, Nutzungsausfall und weitere Positionen
Der Kläger, der seinen Schaden zunächst fiktiv abrechnete, reichte Klage ein, um den vollständigen Schadensersatz zu erhalten. Im Laufe des Verfahrens stellte er seine Klage um und machte nunmehr die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten geltend, die sich laut Reparaturrechnung auf netto 3.017,52 Euro beliefen. Zusätzlich forderte er Nutzungsausfall für neun Tage (711,00 Euro), die restlichen Sachverständigenkosten (300,05 Euro) und eine erhöhte Kostenpauschale (25,00 Euro). Insgesamt belief sich die Klageforderung nach Umstellung auf 2.704,26 Euro.
Aussage des Klägers: Angehalten vor dem Zusammenstoß
Der Kläger schilderte den Unfallhergang vor Gericht so, dass er mit seinem Fahrzeug langsam zurückgerollt sei, um auf die Straße zu fahren. Als er bemerkte, dass das Fahrzeug des Beklagten rückwärts auf ihn zukam, habe er sein Fahrzeug angehalten. Trotzdem sei das Fahrzeug des Beklagten in sein stehendes Auto gefahren. Er betonte, dass der im Gutachten erwähnte Vorschaden fachgerecht repariert worden sei und die aktuellen Schäden ausschließlich auf den Unfall mit dem Beklagten zurückzuführen seien.
Das Urteil des Amtsgerichts: Teilschuld und teilweise Schadensersatzzahlung
Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek gab der Klage nur teilweise statt. Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.500,16 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Dies bedeutet, dass das Gericht dem Kläger nicht den vollen geforderten Schadensersatz zusprach, sondern einen Teil der Kosten als erstattungsfähig ansah. Die genauen Gründe für die Teilschuld und die Berechnung des zugesprochenen Betrags sind dem gekürzten Urteilstext nicht direkt zu entnehmen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Gericht eine Teilhaftung beider Parteien am Unfallgeschehen annahm.
Kostenverteilung und vorläufige Vollstreckbarkeit
Das Gericht entschied, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden. Dies bedeutet, dass jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten und die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte trägt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Um die Vollstreckung abzuwenden, können beide Parteien eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags erbringen.
Bedeutung des Urteils für Betroffene von Verkehrsunfällen beim Rückwärtsfahren
Klare Verantwortlichkeit beim Rückwärtsfahren aus Grundstücksausfahrten
Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek unterstreicht die besondere Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren aus Grundstücksausfahrten. Wer rückwärts auf die Straße fährt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies gilt insbesondere auch für das Einbiegen in gegenüberliegende oder versetzt liegende Grundstückseinfahrten.
Teilschuld möglich bei unklarem Unfallhergang
Das Urteil zeigt, dass Gerichte bei Verkehrsunfällen, deren Hergang nicht eindeutig geklärt ist oder bei denen möglicherweise beide Parteien zu dem Unfall beigetragen haben, eine Teilschuld in Betracht ziehen können. Die teilweise Ablehnung der Klage und die Kostenaufhebung deuten darauf hin, dass das Gericht im vorliegenden Fall möglicherweise eine Mitverantwortung des Klägers gesehen hat, auch wenn der Beklagte primär für das Rückwärtsfahren verantwortlich war.
Anspruch auf Schadensersatz trotz Teilschuld
Auch bei einer Teilschuld besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz, jedoch nicht in voller Höhe. Das Gericht legt in solchen Fällen eine Haftungsquote fest, die bestimmt, in welchem Umfang die jeweiligen Parteien für den Schaden aufkommen müssen. Die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes im vorliegenden Fall deutet auf eine solche Quotenregelung hin.
Wichtigkeit der Beweissicherung und Dokumentation
Das Urteil macht deutlich, wie wichtig eine umfassende Beweissicherung und Dokumentation nach einem Verkehrsunfall ist. Gutachten, Zeugenaussagen und detaillierte Unfallschilderungen sind entscheidend für die Beurteilung des Unfallhergangs und die Klärung der Haftungsfrage vor Gericht. Im vorliegenden Fall spielte das Schadensgutachten eine zentrale Rolle für die Bezifferung des Schadens.
Empfehlung zur frühzeitigen anwaltlichen Beratung
Betroffene von Verkehrsunfällen sollten sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen, um ihre Rechte und Pflichten zu kennen und den bestmöglichen Schadensersatzanspruch durchzusetzen. Ein Rechtsanwalt kann helfen, den Unfallhergang zu rekonstruieren, die Beweislage zu beurteilen und die Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen. Im Fall des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek hat die anwaltliche Vertretung des Klägers zwar nicht zum vollen Erfolg geführt, aber zumindest einen Teilerfolg und damit einen Anspruch auf Schadensersatz ermöglicht.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Leasingnehmer Schadensersatzansprüche nach einem Unfall geltend machen können, wenn sie eine entsprechende Ermächtigung des Leasinggebers besitzen. Bei Unfällen mit geteilter Schuld können Reparaturkosten, Sachverständigenkosten, Nutzungsausfall und eine Kostenpauschale anteilig nach der Haftungsquote eingefordert werden, wobei die tatsächliche Durchführung der Reparatur für die Geltendmachung des vollen Schadensersatzes nachgewiesen werden muss. Die nachträgliche Umstellung der Klage von fiktiver auf konkrete Abrechnung ist möglich und kann zu höheren Ersatzansprüchen führen.
Benötigen Sie Hilfe?
Unklare Haftungsfragen nach einem Rückwärtsunfall?
Ein Rückwärtsausparken, das in einen unklaren Unfallhergang mündet, führt oft zu schwierigen Fragen hinsichtlich der Haftungsverteilung und der Schadensregulierung. Eine präzise Analyse des Unfallgeschehens sowie die lückenlose Dokumentation aller relevanten Details sind hierbei von zentraler Bedeutung.
Wir unterstützen Sie bei der fundierten Klärung Ihrer rechtlichen Situation. Durch eine sachliche Überprüfung des Unfallhers und der daraus resultierenden Ansprüche erhalten Sie eine verlässliche Einschätzung, die Ihnen als Grundlage für eventuelle weitere Schritte dient.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche besonderen Sorgfaltspflichten gelten beim Rückwärtsfahren aus einer Grundstücksausfahrt?
Beim Rückwärtsfahren aus einer Grundstücksausfahrt gelten erhöhte Sorgfaltspflichten, die in § 9 Abs. 5 StVO gesetzlich verankert sind. Als Fahrzeugführer müssen Sie sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Konkrete Pflichten vor und während des Rückwärtsfahrens
Vor Beginn der Rückwärtsfahrt müssen Sie sich vergewissern, dass der Bereich hinter Ihrem Fahrzeug vollständig frei ist. Dies gilt besonders für Bereiche, die im Rückspiegel nicht einsehbar sind. Sie sollten:
- Den rückwärtigen Verkehrsraum sorgfältig überprüfen
- Besonders langsam und vorsichtig fahren
- Sich nicht allein auf den Rückspiegel verlassen
- Bei unzureichender Sicht aussteigen und nach Hindernissen schauen oder sich einweisen lassen
Während der Rückwärtsfahrt müssen Sie kontinuierlich darauf achten, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer von der Seite oder von hinten in den Gefahrenbereich gelangt. Ein kurzer Blick in die Rückfahrkamera reicht nicht aus – der Schulterblick ist unverzichtbar.
Rechtliche Konsequenzen bei Unfällen
Bei Unfällen während des Rückwärtsfahrens aus einer Grundstücksausfahrt spricht der Anscheinsbeweis grundsätzlich für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden. Das bedeutet, dass Sie als Rückwärtsfahrender im Falle eines Unfalls in der Regel die volle oder überwiegende Haftung tragen.
Selbst wenn Sie mit Schrittgeschwindigkeit rückwärts aus einem Grundstück auf die Straße fahren, kommen Sie um eine Haftung bei einem Unfall kaum herum. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Rückwärtsfahrende die alleinige Verantwortung dafür trägt, dass niemand gefährdet wird.
Besonderheiten bei Einbahnstraßen
Wenn Sie rückwärts aus einer Grundstücksausfahrt in eine Einbahnstraße einfahren, ist dies eine der wenigen Ausnahmen, in denen Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen erlaubt ist. Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil (Az.: VI ZR 287/22) klargestellt, dass Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen nur in zwei Fällen gestattet ist:
- Beim unmittelbaren Rückwärtseinparken in eine Parklücke
- Beim Rückwärtsausfahren aus einer Grundstückseinfahrt in die Einbahnstraße
Beachten Sie, dass trotz dieser Erlaubnis die erhöhten Sorgfaltspflichten unverändert gelten.
Konsequenzen bei Verstößen
Wenn Sie beim Rückwärtsfahren die allgemeine Sorgfaltspflicht nicht beachten, droht ein Bußgeld von 35 Euro. Gefährden Sie dabei andere Verkehrsteilnehmer, erhöht sich das Bußgeld auf 80 Euro und Sie erhalten einen Punkt in Flensburg.
Die besondere Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren aus einer Grundstücksausfahrt ist keine Formalie, sondern dient Ihrer eigenen Sicherheit und der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. Nehmen Sie sich daher die nötige Zeit und Aufmerksamkeit für dieses Fahrmanöver.
Wie wirkt sich eine Teilschuld auf die Höhe des Schadensersatzes aus, den ich nach einem Unfall beim Rückwärtsfahren erhalte?
Bei einer Teilschuld wird Ihr Schadensersatzanspruch prozentual entsprechend Ihrem Mitverschuldensanteil gekürzt. Wenn Sie beispielsweise zu 30% am Unfall schuld sind, erhalten Sie nur 70% Ihres Schadens ersetzt. Die verbleibenden 30% müssen Sie selbst tragen, sofern Sie keine Vollkaskoversicherung haben.
Grundprinzip der Haftungsquote
Die Haftungsquote ist der prozentuale Anteil, den jede Partei an der Verantwortung für den Unfall trägt. Diese Quote wird nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG durch Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge aller Beteiligten festgelegt.
Bei Unfällen mit rückwärtsfahrenden Fahrzeugen gelten folgende typische Haftungsverteilungen:
- Wenn Sie rückwärts in ein stehendes Fahrzeug fahren, haften Sie zu 100%
- Wenn beide Fahrzeuge rückwärts fahren, haften in der Regel beide zu je 50%
- Wenn beide rückwärts fahren, aber einer vor der Kollision zum Stehen kommt, haftet der noch fahrende zu 75-100%
Beispiel: Bei einem Parkplatzunfall mit einem rückwärtsfahrenden Fahrzeug kann das Gericht entscheiden, dass Sie zu 25% und der andere Unfallbeteiligte zu 75% für den Unfall verantwortlich ist. In diesem Fall würden Sie nur 75% Ihres Schadens ersetzt bekommen.
Faktoren für die Bestimmung der Haftungsquote
Bei der Festlegung der Haftungsquote berücksichtigen Gerichte verschiedene Faktoren:
Erhöhte Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren: Wer rückwärts fährt, hat nach § 9 Abs. 5 StVO eine erhöhte Sorgfaltspflicht und muss sich vergewissern, dass keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer besteht. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt meist zu einer höheren Haftungsquote.
Rücksichtnahmegebot: Auf Parkplätzen gilt das allgemeine Rücksichtnahmegebot nach § 1 StVO, wonach jeder Verkehrsteilnehmer auf die Sicherheit anderer achten muss. Verstöße hiergegen werden bei der Haftungsverteilung berücksichtigt.
Konkrete Umstände des Unfalls: Gerichte bewerten auch:
- Sichtverhältnisse zum Unfallzeitpunkt
- Geschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge
- Ob ein Fahrzeug bereits stand oder noch in Bewegung war
- Ob Warnhinweise gegeben wurden
- Ob besondere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen wurden
Finanzielle Auswirkungen der Teilschuld
Die festgestellte Haftungsquote wirkt sich direkt auf Ihre finanziellen Ansprüche aus:
Schadensersatzansprüche: Wenn Ihr Schaden beispielsweise 5.000 Euro beträgt und Sie zu 30% mitschuldig sind, erhalten Sie nur 3.500 Euro (70% von 5.000 Euro) vom Unfallgegner bzw. dessen Versicherung.
Versicherungsleistungen: Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt entsprechend Ihrer Teilschuld einen Teil des Schadens des Unfallgegners. Bei 30% Teilschuld zahlt Ihre Versicherung 30% des gegnerischen Schadens.
Vollkaskoversicherung als Absicherung: Eine Vollkaskoversicherung kann den Teil Ihres eigenen Schadens übernehmen, für den Sie aufgrund Ihrer Teilschuld keinen Ersatz vom Unfallgegner erhalten. Beachten Sie jedoch, dass hierbei in der Regel eine Selbstbeteiligung anfällt und sich der Schadenfreiheitsrabatt verschlechtern kann.
Rechtliche Durchsetzung Ihrer Ansprüche
Wenn Sie mit der festgelegten Haftungsquote nicht einverstanden sind, können Sie Ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen. In diesem Fall wird das Gericht alle Umstände des Unfalls bewerten und eine verbindliche Entscheidung über die Haftungsverteilung treffen.
Bei komplexen Unfallsituationen kann ein Sachverständigengutachten erforderlich sein, um den genauen Unfallhergang zu rekonstruieren und die Haftungsanteile zu bestimmen.
Was bedeutet „Nutzungsausfall“ und wie kann ich ihn geltend machen, wenn mein Fahrzeug nach einem Unfall beim Rückwärtsfahren beschädigt ist?
Nutzungsausfall bezeichnet eine Entschädigung, die Sie erhalten können, wenn Sie Ihr Fahrzeug nach einem unverschuldeten Unfall vorübergehend nicht nutzen können. Diese Entschädigung steht Ihnen zu, weil die Nutzung Ihres Autos einen geldwerten Vermögensbestandteil darstellt.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung
Um Nutzungsausfall geltend machen zu können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Sie tragen keine oder nur eine Teilschuld am Unfall
- Ihr Fahrzeug ist so stark beschädigt, dass Sie es nicht mehr nutzen können
- Es besteht ein Nutzungswille (Sie würden das Fahrzeug nutzen, wenn es nicht beschädigt wäre)
- Es besteht eine Nutzungsmöglichkeit (Sie könnten das Fahrzeug nutzen, wäre es nicht beschädigt)
Bei einem Unfall beim Rückwärtsfahren wird häufig eine Teilschuld angenommen. In diesem Fall haben Sie einen anteiligen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung entsprechend der Schuldfrage.
Höhe der Nutzungsausfallentschädigung
Die Höhe der Entschädigung wird anhand der Eurotax-Schwacke-Tabelle ermittelt. Diese Tabelle teilt Fahrzeuge in elf Nutzungsausfallgruppen (A bis L) ein:
- Die Tagessätze liegen zwischen 23 Euro (Gruppe A) und 175 Euro (Gruppe L)
- Die Einstufung richtet sich nach Fahrzeugtyp und Alter
- Fahrzeuge, die älter als 5 Jahre sind, werden um eine Gruppe zurückgestuft
- Fahrzeuge, die älter als 10 Jahre sind, werden um zwei Gruppen zurückgestuft
Beispiel: Für einen VW Tiguan (Gruppe G) mit einem Tagessatz von 59 Euro ergibt sich bei 10 Tagen Ausfallzeit eine Entschädigung von 590 Euro.
Dauer des Nutzungsausfalls
Die Entschädigung wird für folgende Zeiträume gezahlt:
- Bei Reparatur: Für die gesamte Dauer der unfallbedingten Ausfallzeit, also vom Unfallzeitpunkt bis zur Fertigstellung der Reparatur
- Bei Totalschaden: Für die Dauer der Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs (typischerweise 10-14 Tage)
Wichtig: Es besteht eine Schadenminderungspflicht. Sie müssen sich um eine schnelle Begutachtung und zeitnahe Reparatur bemühen.
So machen Sie den Nutzungsausfall geltend
- Stellen Sie einen Antrag bei der Versicherung des Unfallverursachers
- Fügen Sie folgende Angaben bei:
- Ihre persönlichen Daten
- Fahrzeugdaten (Marke, Modell, Alter, Ausstattung)
- Unfallzeitpunkt
- Nachweis des Nutzungswillens und der Nutzungsmöglichkeit
- Bankverbindung
- Erbringen Sie einen Nachweis der Reparatur durch:
- Reparaturrechnung oder
- Reparaturbestätigung/Nutzungsausfallbestätigung eines Sachverständigen
Bei einer Teilschuld, wie sie beim Rückwärtsfahren oft vorkommt, wird die Entschädigung entsprechend Ihres Verschuldensanteils gekürzt. Haben Sie beispielsweise eine Teilschuld von 30%, erhalten Sie 70% der berechneten Nutzungsausfallentschädigung.
Beachten Sie: Wenn Sie einen Mietwagen nutzen, können Sie keinen Nutzungsausfall geltend machen – Sie müssen sich für eine der beiden Optionen entscheiden.
Welche Beweismittel sind wichtig, um meine Ansprüche nach einem Verkehrsunfall beim Rückwärtsfahren durchzusetzen?
Bei Unfällen während des Rückwärtsfahrens spricht der Anscheinsbeweis zunächst gegen den Rückwärtsfahrenden, was die Beweissituation erschwert. Um Ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen, sollten Sie folgende Beweismittel sichern:
Unmittelbare Beweissicherung am Unfallort
Die sofortige Dokumentation ist entscheidend für Ihre Ansprüche. Fotografieren Sie umgehend die Unfallstelle aus verschiedenen Perspektiven. Achten Sie besonders auf:
- Die genaue Position beider Fahrzeuge nach dem Zusammenstoß
- Alle sichtbaren Schäden an beiden Fahrzeugen
- Spuren auf der Fahrbahn (Bremsspuren, Glassplitter, etc.)
- Die Umgebungssituation (Sichtverhältnisse, Beschilderung)
Je detaillierter Ihre Fotodokumentation ist, desto besser können Sie später den Unfallhergang rekonstruieren und gegebenenfalls den Anscheinsbeweis entkräften.
Zeugenaussagen sichern
Notieren Sie die Kontaktdaten aller Unfallzeugen. Unbeteiligte Zeugen sind besonders wertvoll, da ihre Aussagen als neutral angesehen werden. Wenn möglich, bitten Sie Zeugen um eine kurze schriftliche Darstellung des Unfallhergangs direkt vor Ort.
Polizeiliches Unfallprotokoll
Bei Unfällen mit erheblichem Sachschaden oder Personenschäden sollten Sie die Polizei hinzuziehen. Das polizeiliche Unfallprotokoll ist ein wichtiges Beweismittel, da es den Unfallhergang, die Beteiligten und die Schäden neutral dokumentiert.
Detailliertes Gedächtnisprotokoll
Erstellen Sie unmittelbar nach dem Unfall ein eigenes Gedächtnisprotokoll. Halten Sie darin fest:
- Den genauen Zeitpunkt und Ort des Unfalls
- Die Wetterbedingungen und Sichtverhältnisse
- Den detaillierten Ablauf des Unfalls aus Ihrer Sicht
- Aussagen des Unfallgegners am Unfallort
Sachverständigengutachten
Bei größeren Schäden ist ein unabhängiges Sachverständigengutachten unverzichtbar. Der Sachverständige kann anhand der Schäden den Unfallhergang rekonstruieren und so Ihre Darstellung untermauern oder widerlegen. Beachten Sie, dass Gerichte bei widersprüchlichen Aussagen der Unfallbeteiligten häufig auf die Einschätzung von Sachverständigen zurückgreifen.
Medizinische Dokumentation
Falls Sie Verletzungen erlitten haben, lassen Sie diese umgehend ärztlich dokumentieren. Ärztliche Atteste und Behandlungsunterlagen sind wichtige Beweismittel für Personenschäden und können Ihre Schmerzensgeldansprüche untermauern.
Besonderheiten beim Rückwärtsfahren beachten
Da beim Rückwärtsfahren eine erhöhte Sorgfaltspflicht nach § 9 Abs. 5 StVO besteht, müssen Sie als Rückwärtsfahrender besonders sorgfältig dokumentieren, dass Sie alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben. Wenn Sie behaupten, dass der andere Verkehrsteilnehmer auf seine Vorfahrt verzichtet hat, müssen Sie dies beweisen können.
Beweissicherung durch Dashcam oder Rückfahrkamera
Falls vorhanden, können Aufnahmen von Dashcams oder Rückfahrkameras wertvolle Beweismittel sein. Beachten Sie jedoch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen bei der Verwendung solcher Aufnahmen.
Durch eine umfassende und zeitnahe Beweissicherung verbessern Sie Ihre Chancen erheblich, den gegen Sie sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften und Ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen. Bei Unfällen auf Parkplätzen oder in Waschanlagen, wo oft beide Beteiligten rückwärts fahren, ist eine besonders sorgfältige Dokumentation nötig, um die Haftungsverteilung zu Ihren Gunsten zu beeinflussen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Leasingnehmer
Ein Leasingnehmer ist eine Person, die einen Gegenstand (hier ein Auto) durch einen Leasingvertrag nutzt, ohne dessen Eigentümer zu sein. Im Gegensatz zum Kauf zahlt der Leasingnehmer regelmäßige Raten für die Nutzung. Bei Verkehrsunfällen ist die rechtliche Stellung des Leasingnehmers besonders, da das Eigentum am Fahrzeug beim Leasinggeber verbleibt. Nach § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) kann der Leasingnehmer nur mit einer Ermächtigung des Leasinggebers Schadensersatzansprüche im eigenen Namen geltend machen.
Beispiel: Frau Schmidt least einen VW Golf und erhält nach einem Unfall von der Leasingbank eine schriftliche Ermächtigung, alle unfallbedingten Schäden am Fahrzeug in eigenem Namen einzufordern.
Gesamtschuldner
Gesamtschuldner sind mehrere Personen, die gemeinsam für eine Schuld haften, wobei der Gläubiger von jedem Schuldner die vollständige Leistung verlangen kann. Nach § 421 BGB kann der Gläubiger wählen, von welchem Schuldner er die Leistung fordert. Die Zahlung durch einen Gesamtschuldner befreit alle anderen von ihrer Verpflichtung. Bei Verkehrsunfällen können beispielsweise Fahrzeughalter und Fahrer als Gesamtschuldner haften.
Beispiel: Bei einem Unfall, den ein Angestellter mit dem Firmenwagen verursacht, können sowohl der Fahrer als auch die Firma als Halterin gemeinsam als Gesamtschuldner für den Schaden verantwortlich gemacht werden.
Streitwert
Der Streitwert ist der in Geld ausgedrückte Wert des Streitgegenstandes in einem gerichtlichen Verfahren. Er bestimmt die Höhe der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren gemäß dem Gerichtskostengesetz (GKG) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Bei Schadensersatzforderungen entspricht der Streitwert in der Regel der Höhe des eingeklagten Betrages. Der Streitwert wird vom Gericht festgesetzt und kann bei Klageerweiterungen angepasst werden.
Beispiel: Bei einer Schadensersatzklage über 3.181,02 € nach einem Verkehrsunfall legt das Gericht diesen Betrag als Streitwert fest, wonach sich die Kosten für Gericht und Anwälte berechnen.
Nutzungsausfall
Nutzungsausfall bezeichnet den Entschädigungsanspruch für den Zeitraum, in dem ein Geschädigter sein Fahrzeug unfallbedingt nicht nutzen kann. Dieser Anspruch basiert auf § 249 BGB und wird unabhängig davon gewährt, ob tatsächlich ein Ersatzfahrzeug angemietet wurde. Die Höhe richtet sich nach Fahrzeugklasse und Ausfallzeit und wird oft nach standardisierten Tabellen (z.B. Sanden/Danner/Küppersbusch) berechnet. Der Anspruch setzt voraus, dass der Geschädigte auf die Nutzung des Fahrzeugs angewiesen ist.
Beispiel: Nach einem Unfall muss Herr Meier seinen VW Golf für 10 Tage in die Werkstatt geben. Auch ohne Mietwagen erhält er eine Nutzungsausfallentschädigung von 29 € pro Tag, insgesamt 290 €.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Vorläufige Vollstreckbarkeit bedeutet, dass ein Urteil bereits vor seiner Rechtskraft vollstreckt werden kann. Diese Regelung nach § 708 ff. ZPO soll verhindern, dass der obsiegende Kläger durch Rechtsmitteleinlegung des Gegners zu lange auf die Durchsetzung seiner Ansprüche warten muss. Der Unterlegene kann die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung abwenden (meist 110% des Betrags). Bei Aufhebung des Urteils im Rechtsmittelverfahren muss der ursprünglich Obsiegende die Folgen der Vollstreckung rückabwickeln.
Beispiel: Der Unfallgegner wurde zur Zahlung verurteilt, legt aber Berufung ein. Der Kläger kann dennoch schon jetzt den Gerichtsvollzieher beauftragen, es sei denn, der Gegner hinterlegt 110% der Summe als Sicherheit.
Fiktive und konkrete Abrechnung
Bei der Abrechnung von Fahrzeugschäden unterscheidet man zwischen fiktiver und konkreter Abrechnung. Bei der fiktiven Abrechnung fordert der Geschädigte Ersatz auf Basis eines Sachverständigengutachtens, ohne die Reparatur tatsächlich durchzuführen. Die konkrete Abrechnung basiert auf tatsächlich angefallenen Kosten und Rechnungen. Nach § 249 BGB kann der Geschädigte während des Verfahrens von fiktiver zu konkreter Abrechnung wechseln, was oft vorteilhaft ist.
Beispiel: Frau Weber klagt zunächst auf Basis eines Gutachtens über 2.000 € (fiktiv). Nachdem sie die Reparatur für 2.300 € durchführen lässt, stellt sie ihre Klage auf konkrete Abrechnung um und fordert nun die höheren, tatsächlichen Kosten.
Haftungsquote
Die Haftungsquote bezeichnet die prozentuale Aufteilung der Schadensersatzpflicht zwischen den Unfallbeteiligten bei geteilter Schuld. Sie basiert auf § 254 BGB (Mitverschulden) und berücksichtigt, inwieweit das Verhalten jeder Partei zum Unfall beigetragen hat. Die Quote wird vom Gericht festgelegt und beeinflusst direkt die Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes. Faktoren wie Verstoß gegen Verkehrsregeln, Betriebsgefahr und Grad der Sorgfaltspflichtverletzung spielen bei der Bemessung eine Rolle.
Beispiel: Bei einem Unfall zwischen einem rückwärts ausparkenden und einem vorbeifahrenden Auto setzt das Gericht eine Haftungsquote von 70:30 fest. Der Ausparkende erhält somit nur 70% seiner Schadenskosten ersetzt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies ist die zentrale Norm für Schadensersatzansprüche im deutschen Recht und setzt eine Rechtsgutsverletzung, ein Verschulden und einen Schaden voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger macht Schadensersatzansprüche geltend, weil sein Eigentum (sein Fahrzeug) durch das Verhalten des Beklagten beschädigt wurde. Das Gericht hat dem Kläger aufgrund dieser Norm Schadensersatz zugesprochen, da der Beklagte durch das Rückwärtsfahren den Unfall verursacht und somit fahrlässig das Eigentum des Klägers verletzt hat.
- § 9 Abs. 5 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung): Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls hat sich der Fahrzeugführer einweisen zu lassen. Diese Vorschrift statuiert eine besondere Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren, um Unfälle zu vermeiden und andere nicht zu gefährden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte zu 1) ist rückwärts aus seiner Grundstückseinfahrt gefahren und hat dabei den Unfall verursacht. Das Gericht legt § 9 Abs. 5 StVO als Grundlage für die Feststellung des Verschuldens des Beklagten zugrunde, da er beim Rückwärtsfahren die notwendige Sorgfalt missachtet hat und es dadurch zum Zusammenstoß kam.
- § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (Naturalrestitution): Bei der Beschädigung einer Sache umfasst der Schadensersatz die zur Wiederherstellung erforderlichen Aufwendungen. Diese Norm bestimmt den Umfang des Schadensersatzes bei Sachbeschädigung und besagt, dass der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Kosten hat, die notwendig sind, um den Zustand vor dem Schadensereignis wiederherzustellen (Reparaturkosten). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger fordert Reparaturkosten für sein Fahrzeug. Das Gericht hat dem Kläger einen Teil der geforderten Reparaturkosten zugesprochen, basierend auf dieser Vorschrift, da diese Kosten zur Beseitigung des durch den Unfall verursachten Schadens erforderlich sind.
- § 252 BGB (Entgangener Gewinn – Nutzungsausfall): Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Diese Vorschrift regelt den Schadensersatz für entgangenen Gewinn, welcher auch den Nutzungsausfall eines beschädigten Fahrzeugs umfassen kann, wenn der Geschädigte das Fahrzeug während der Reparaturzeit nicht nutzen kann und auf dessen Gebrauch angewiesen ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat Nutzungsausfall für neun Tage geltend gemacht. Das Gericht hat diesen Anspruch jedoch abgewiesen, was darauf hindeutet, dass die Voraussetzungen für einen Nutzungsausfallschaden in diesem konkreten Fall nicht vollständig erfüllt waren oder nicht ausreichend bewiesen wurden (z.B. fehlende Erforderlichkeit der Nutzung gerade dieses Fahrzeugs).
- § 91 ZPO (Zivilprozessordnung) und § 92 ZPO (Kosten des Rechtsstreits): § 91 ZPO bestimmt, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt. § 92 ZPO regelt die Kostenverteilung, wenn keine Partei vollständig obsiegt oder unterliegt, sondern nur teilweise. In solchen Fällen werden die Kosten in der Regel verhältnismäßig aufgeteilt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Dies bedeutet, dass jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten trägt und die Gerichtskosten hälftig geteilt werden. Diese Entscheidung erfolgte, da der Kläger nur teilweise obsiegt hat (ein Teil des Schadensersatzes wurde zugesprochen, ein anderer Teil, insbesondere der Nutzungsausfall, wurde abgewiesen).
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg-Barmbek – Az.: 822 C 123/20 – Urteil vom 20.04.2023
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