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Widerruf eines Fahrzeugkaufvertrages – Wertersatzpflicht

Auto online bestellt, Probe gefahren, widerrufen – voller Kaufpreis zurück? Nicht ganz, urteilte jetzt das Oberlandesgericht Stuttgart. Wer nach dem Online-Kauf mit seinem neuen Wagen unterwegs war und ihn dann doch zurückgeben will, muss unter Umständen für die Nutzung zahlen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 U 126/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Stuttgart
  • Datum: 08.04.2025
  • Aktenzeichen: 6 U 126/24
  • Verfahrensart: Berufung und Anschlussberufung
  • Rechtsbereiche: Kaufrecht, Widerrufsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Privatperson, die ein online gekauftes Elektroauto zurückgeben und den Kaufpreis zurückerhalten wollte, nachdem sie den Kaufvertrag widerrufen hatte.
  • Beklagte: Das Unternehmen, das dem Kläger das Elektroauto über seinen Onlineshop verkauft hat.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger kaufte am 3. Juni 2022 über den Onlineshop der Beklagten ein Elektroauto (Typ T.) zum Preis von 64.970,00 € für private Zwecke. Später widerrief der Kläger diesen Kaufvertrag.
  • Kern des Rechtsstreits: Es musste geklärt werden, ob der Widerruf des Kaufvertrags durch den Kläger wirksam war und welche Folgen sich daraus für die Rückabwicklung des Kaufs ergeben, insbesondere ob der Kläger den Kaufpreis zurückbekommt und ob er der Beklagten für die Nutzung des Autos Ersatz leisten muss.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht änderte das Urteil der Vorinstanz (Landgericht Heilbronn) teilweise ab. Die Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger 64.970,00 € zuzüglich Zinsen zu zahlen, allerdings nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos. Es wurde festgestellt, dass die Beklagte mit der Rücknahme des Autos in Verzug ist (Annahmeverzug). Weiterhin wurde festgestellt, dass der Kläger der Beklagten alle Schäden ersetzen muss, die durch die Nutzung des Autos im Zeitraum vom 29. Dezember 2023 bis zum 18. März 2025 entstanden sind. Im Übrigen wurden die Klage und eine von der Beklagten eingereichte Hilfswiderklage abgewiesen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.
  • Folgen: Der Kaufvertrag wird rückgängig gemacht: Der Kläger gibt das Auto zurück, die Beklagte zahlt den Kaufpreis (plus Zinsen). Der Kläger muss jedoch einen Ausgleich für die Nutzung des Fahrzeugs in einem bestimmten Zeitraum zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits müssen beide Parteien anteilig tragen (Kläger zu einem kleinen Teil, Beklagte zum Großteil). Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, es sei denn, es wird eine Sicherheit hinterlegt. Da die Revision zugelassen wurde, kann der Fall noch vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden.

Der Fall vor Gericht


OLG Stuttgart Urteil: Widerruf beim Online-Autokauf – Volle Kaufpreisrückzahlung trotz Nutzung? (Az. 6 U 126/24)

Fahrzeugkaufvertrag Widerruf online: Button 'Widerruf einreichen' Klick. Rücktrittsrecht Auto, Verbraucherrecht.
Widerruf Autokaufvertrag und Rückzahlung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in einem Berufungsverfahren über die Folgen eines Widerrufs eines online abgeschlossenen Autokaufvertrags entschieden. Im Kern ging es um die Frage, ob der Käufer den vollen Kaufpreis zurückerhält und unter welchen Bedingungen der Verkäufer eventuell Ansprüche wegen der Nutzung des Fahrzeugs geltend machen kann. Das Urteil mit dem Aktenzeichen 6 U 126/24 datiert vom 08.04.2025 und änderte eine frühere Entscheidung des Landgerichts Heilbronn ab.

Ausgangslage: Online-Kauf eines Elektroautos und späterer Widerruf

Ein privater Käufer bestellte am 3. Juni 2022 ausschließlich über den Onlineshop eines Fahrzeugherstellers (im Folgenden „der Verkäufer“) ein Elektroauto des Typs T. zu einem Preis von 64.970,00 Euro. Die Auslieferung des Fahrzeugs an den Käufer erfolgte am 23. Dezember 2022. Da der Kaufvertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel (hier: das Internet) zustande kam, handelte es sich um einen sogenannten Fernabsatzvertrag, bei dem Verbrauchern ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht.

Der Käufer machte zu einem späteren Zeitpunkt von seinem Widerrufsrecht Gebrauch und erklärte den Widerruf des Kaufvertrages. Daraufhin forderte er die Rückabwicklung des Vertrages: Er verlangte die Rückzahlung des vollen Kaufpreises von 64.970,00 Euro zuzüglich Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Im Gegenzug bot er die Rückgabe des Fahrzeugs an.

Streitpunkte vor Gericht: Rückzahlung, Nutzungsentschädigung und Annahmeverzug

Der zentrale Streitpunkt zwischen dem Autokäufer und dem Verkäufer war die korrekte Abwicklung nach dem Widerruf.

  • Der Käufer bestand auf der vollständigen Rückerstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Autos. Er sah die Bedingungen für einen wirksamen Widerruf als erfüllt an.
  • Der Verkäufer erhob im Prozess eine sogenannte Hilfswiderklage. Damit forderte er vom Käufer Schadensersatz für die Nutzung des Fahrzeugs. Konkret verlangte der Verkäufer Ersatz für Schäden, die durch die Nutzung des Autos im Zeitraum vom 29. Dezember 2023 bis zum 18. März 2025 entstanden sein sollen.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Frage, ob der Verkäufer die Rücknahme des Fahrzeugs zu Recht verzögert oder verweigert hatte.

Die Widerrufsbelehrung im Kaufvertrag

Entscheidend für Verbraucherrechte bei Fernabsatzverträgen ist eine korrekte Widerrufsbelehrung. Die im Bestellvorgang verwendete Belehrung informierte den Käufer wie folgt über sein Recht:

  • Widerrufsrecht: Verbraucher können einen Fernabsatzvertrag binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen.
  • Widerrufsfrist: Die Frist beginnt an dem Tag, an dem der Käufer (oder ein benannter Dritter, der nicht der Spediteur ist) das Fahrzeug in Besitz nimmt.
  • Ausübung des Widerrufs: Der Widerruf muss durch eine eindeutige Erklärung (z.B. Brief, Fax, E-Mail) gegenüber dem Verkäufer (T. GmbH) erfolgen. Ein Muster-Widerrufsformular konnte verwendet werden, war aber nicht vorgeschrieben.
  • Fristwahrung: Für die Einhaltung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung vor Fristablauf.
  • Folgen des Widerrufs: Im Falle eines Widerrufs muss der Verkäufer alle erhaltenen Zahlungen, einschließlich der Standard-Lieferkosten, zurückzahlen.

Die genaue Prüfung der Wirksamkeit dieser Belehrung und des Widerrufs selbst war Teil des gerichtlichen Verfahrens, auch wenn die detaillierten Gründe im vorliegenden Auszug nicht vollständig wiedergegeben sind.

Entscheidung des OLG Stuttgart: Käufer erhält Kaufpreis zurück, muss aber für Nutzung zahlen

Das OLG Stuttgart änderte das Urteil der Vorinstanz (Landgericht Heilbronn) ab und traf folgende zentrale Entscheidungen:

  1. Kaufpreisrückzahlung an den Käufer: Der Verkäufer wird verurteilt, an den Käufer 64.970,00 Euro zu zahlen. Dieser Betrag entspricht dem vollen Kaufpreis.
  2. Zinsen: Zusätzlich zum Kaufpreis muss der Verkäufer Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2024 zahlen.
  3. Zug-um-Zug-Verurteilung: Die Zahlung des Kaufpreises muss nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Elektroautos (mit spezifischer Fahrzeug-Identnummer) erfolgen. Das bedeutet: Geld gibt es nur gleichzeitig gegen Rückgabe des Autos. Dieses Prinzip schützt beide Parteien.
  4. Annahmeverzug des Verkäufers: Das Gericht stellte fest, dass sich der Verkäufer mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet. Das heißt, der Verkäufer hat das vom Käufer ordnungsgemäß zur Rückgabe angebotene Fahrzeug nicht wie geschuldet angenommen. Dies kann rechtliche Konsequenzen für den Verkäufer haben, beispielsweise hinsichtlich des Risikos einer Verschlechterung des Fahrzeugs.
  5. Schadensersatzpflicht des Käufers (Erfolg der Hilfswiderklage): Das Gericht gab der Hilfswiderklage des Verkäufers teilweise statt. Es stellte fest, dass der Käufer verpflichtet ist, dem Verkäufer alle Schäden zu ersetzen, die aus der Nutzung des Fahrzeugs in der Zeit vom 29. Dezember 2023 bis zum 18. März 2025 entstanden sind. Die genaue Höhe dieses Schadensersatzes wurde im Urteilstenor nicht beziffert, sondern nur die grundsätzliche Verpflichtung festgestellt. Sie müsste gegebenenfalls in einem separaten Verfahren oder durch Einigung geklärt werden.
  6. Abweisung weiterer Ansprüche: Sowohl die weitergehenden Forderungen des Käufers (vermutlich die vorgerichtlichen Anwaltskosten) als auch eventuelle weitergehende Forderungen aus der Hilfswiderklage des Verkäufers wurden abgewiesen.

Weitere Urteilsbestandteile: Kosten, Vollstreckbarkeit und Revision

  • Kosten des Rechtsstreits: Die Kosten für beide Instanzen (Landgericht und Oberlandesgericht) wurden zwischen den Parteien aufgeteilt. Der Verkäufer trägt den überwiegenden Teil der Kosten (98% bzw. 93%), während der Käufer nur einen geringen Anteil (2% bzw. 7%) zahlen muss. Dies spiegelt wider, dass der Käufer mit seiner Hauptforderung (Rückzahlung des Kaufpreises) erfolgreich war.
  • Vorläufige Vollstreckbarkeit: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, die Parteien können die Zwangsvollstreckung (z.B. die Eintreibung des Geldes oder die Herausgabe des Autos) betreiben, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Beide Seiten können die Vollstreckung jedoch durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung (110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags) abwenden, sofern die Gegenseite nicht ihrerseits Sicherheit leistet.
  • Zulassung der Revision: Das OLG Stuttgart hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht der Sache eine grundsätzliche Bedeutung beimisst oder eine Entscheidung des BGH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich hält. Damit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und könnte vom BGH überprüft werden, falls eine Partei Revision einlegt.

Zusammenfassung der Kernpunkte des Urteils

Das OLG Stuttgart bestätigte im Grundsatz das Recht des Käufers auf Widerruf des online geschlossenen Autokaufvertrags und die daraus folgende Rückzahlung des vollen Kaufpreises. Gleichzeitig stellte das Gericht aber auch fest, dass der Käufer dem Verkäufer Ersatz für Schäden leisten muss, die durch die Nutzung des Fahrzeugs in einem spezifisch definierten Zeitraum entstanden sind. Die Feststellung des Annahmeverzugs des Verkäufers stärkt die Position des Käufers bezüglich der Rückgabe des Fahrzeugs. Die Zulassung der Revision signalisiert, dass möglicherweise noch offene Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Widerruf von Online-Autokäufen und den daraus resultierenden Ersatzansprüchen bestehen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass fehlerhafte Widerrufsbelehrungen beim Fernabsatz (z.B. Online-Kauf) zu einer erheblichen Verlängerung der Widerrufsfrist führen können, wie im Fall des Elektroautos, das auch noch ein Jahr nach Kauf wirksam widerrufen werden konnte. Besonders wichtig ist, dass alle Kontaktdaten (Telefon, Fax) in der Widerrufsbelehrung vollständig und funktionsfähig sein müssen – fehlende oder nicht funktionierende Kommunikationswege machen die Belehrung unwirksam. Für Verbraucher bedeutet dies einen erweiterten Schutz bei Online-Käufen, während Händler ihre Widerrufsbelehrungen sorgfältig gestalten müssen, um nicht jahrelang an Widerrufsrisiken gebunden zu sein.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau bedeutet das Widerrufsrecht bei einem Online-Autokauf und wann beginnt die Widerrufsfrist?

Wenn Sie als Verbraucher ein Auto online, also zum Beispiel über eine Webseite, per E-Mail oder Telefon kaufen, ohne den Verkäufer persönlich zu treffen, schließen Sie in der Regel einen sogenannten Fernabsatzvertrag ab. Für solche Verträge sieht das Gesetz ein spezielles Widerrufsrecht vor.

Das Widerrufsrecht bedeutet: Sie können den Kaufvertrag innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen rückgängig machen. Der Zweck dahinter ist, Ihnen als Käufer eine Prüfmöglichkeit zu geben, die Sie bei einem Kauf vor Ort im Autohaus hätten, beim Online-Kauf aber nicht in gleicher Weise haben.

Ein wirksamer Widerruf führt dazu, dass der Vertrag rückabgewickelt wird: Sie müssen das Auto zurückgeben und der Verkäufer muss Ihnen den Kaufpreis (und ggf. gezahlte Lieferkosten) zurückzahlen.

Wann beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist?

Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Entscheidend für den Beginn dieser Frist ist nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern der Moment, in dem Sie das Auto erhalten (also die Lieferung bzw. Übergabe). Wenn Sie das Auto zum Beispiel am 1. März online bestellen, es aber erst am 15. März geliefert wird, beginnt die 14-tägige Frist erst am 15. März zu laufen.

Ganz wichtig: Diese 14-Tage-Frist beginnt nur dann zu laufen, wenn der Verkäufer Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht informiert hat. Diese Information wird als Widerrufsbelehrung bezeichnet. Sie muss klar, verständlich und vollständig sein und Ihnen vor oder spätestens bei Vertragsschluss in Textform (z.B. per E-Mail oder als Teil der Vertragsunterlagen) zugehen.

Was passiert, wenn die Widerrufsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist?

Hat der Verkäufer Sie nicht oder nicht korrekt über Ihr Widerrufsrecht belehrt, beginnt die 14-tägige Frist nicht zu laufen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie ewig widerrufen können. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Tag, an dem Sie das Auto erhalten haben. Holt der Verkäufer die korrekte Belehrung innerhalb dieser zwölf Monate nach, beginnt ab diesem Zeitpunkt die reguläre 14-tägige Frist.

Diese Regelungen basieren auf Vorgaben der Europäischen Union zum Verbraucherschutz und sollen sicherstellen, dass Sie als Verbraucher beim Online-Kauf ausreichend geschützt sind.


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Unter welchen Bedingungen kann der Verkäufer nach einem Widerruf Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs verlangen?

Nach einem Widerruf Ihres Autokaufvertrags müssen Sie das Fahrzeug an den Verkäufer zurückgeben. Im Gegenzug erhalten Sie in der Regel den Kaufpreis zurück. Der Verkäufer kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleich für den Wertverlust oder die Nutzung des Fahrzeugs verlangen, den sogenannten Wertersatz.

Wann müssen Sie Wertersatz leisten?

Die Pflicht zum Wertersatz entsteht nicht automatisch durch die Nutzung des Fahrzeugs. Entscheidend sind zwei Hauptbedingungen gemäß § 357 Absatz 7 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

  1. Der Wertverlust des Fahrzeugs ist auf einen Umgang zurückzuführen, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war. Das bedeutet: Sie haben das Fahrzeug mehr genutzt, als es für eine übliche Prüfung (ähnlich einer Probefahrt) erforderlich gewesen wäre.
  2. Der Verkäufer hat Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht und die möglichen Folgen (insbesondere die Pflicht zum Wertersatz) belehrt. Fehlt eine korrekte Belehrung oder erfolgte sie verspätet, entfällt die Pflicht zum Wertersatz für die Nutzung meistens.

Für Sie bedeutet das: Wenn Sie das Auto nur kurz probegefahren haben, um seine Eigenschaften zu testen, müssen Sie in der Regel keinen Wertersatz für diese Nutzung zahlen. Anders sieht es aus, wenn Sie das Fahrzeug bereits über einen längeren Zeitraum im Alltag genutzt haben.

Was bedeutet „Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise“?

Die „Prüfung“ ist vergleichbar mit dem, was Sie typischerweise in einem Autohaus tun würden, bevor Sie ein Auto kaufen. Dazu gehört zum Beispiel:

  • Eine kurze Probefahrt, um das Fahrverhalten zu testen.
  • Das Ausprobieren der Ausstattung (Radio, Klimaanlage, Assistenzsysteme etc.).
  • Eine Überprüfung des Zustands und der Funktionen.

Nicht mehr zur Prüfung gehört hingegen eine Nutzung, die darüber hinausgeht. Beispiele hierfür sind:

  • Der tägliche Weg zur Arbeit über mehrere Tage oder Wochen.
  • Eine Urlaubsfahrt.
  • Umfangreiche Transporte.

Wenn der Wertverlust des Fahrzeugs auf eine solche übermäßige Nutzung zurückzuführen ist, kann der Verkäufer Wertersatz verlangen – vorausgesetzt, er hat Sie korrekt darüber belehrt.

Wie wird der Wertersatz berechnet?

Es gibt verschiedene Methoden, den Wertersatz zu berechnen. Ziel ist es, den Wertverlust auszugleichen, der durch die übermäßige Nutzung entstanden ist.

Eine häufig angewandte Methode ist die Berechnung anhand der gefahrenen Kilometer. Hierbei wird angenommen, dass jeder gefahrene Kilometer einen bestimmten Wertverlust verursacht. Eine gängige Formel dafür lautet:

Wertersatz = (Bruttokaufpreis × gefahrene Kilometer) ÷ erwartete Restlaufleistung des Fahrzeugs

  • Bruttokaufpreis: Der Preis, den Sie für das Fahrzeug bezahlt haben.
  • Gefahrene Kilometer: Die Strecke, die Sie mit dem Fahrzeug seit der Übergabe zurückgelegt haben (abzüglich der Kilometer einer angemessenen Prüfungsfahrt).
  • Erwartete Restlaufleistung: Die geschätzte Gesamtkilometerleistung, die das Fahrzeug voraussichtlich noch erreichen wird, abzüglich des Kilometerstands bei Übergabe. Diese Schätzung kann von Fahrzeugtyp und Alter abhängen.

Beispiel: Sie haben ein Auto für 20.000 € gekauft. Die erwartete Gesamtlaufleistung wird auf 200.000 km geschätzt. Bei Übergabe hatte es 50.000 km, die erwartete Restlaufleistung beträgt also 150.000 km. Sie fahren 1.000 km, davon waren 50 km eine reine Prüfungsfahrt. Für die Berechnung relevant sind 950 km. Wertersatz = (20.000 € × 950 km) ÷ 150.000 km = 126,67 €

Es gibt auch andere Berechnungsmethoden, die beispielsweise den tatsächlichen Marktwertverlust berücksichtigen. Welche Methode angewendet wird, kann vom Einzelfall abhängen.

Wer muss was nachweisen?

Die Beweislast liegt beim Verkäufer. Er muss nachweisen, dass:

  1. Ein Wertverlust eingetreten ist.
  2. Dieser Wertverlust auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der über die reine Prüfung hinausging.
  3. Er Sie ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht und die möglichen Wertersatzfolgen belehrt hat.
  4. Die Höhe des geforderten Wertersatzes korrekt berechnet wurde (z.B. durch Nachweis der Kilometerstände und der Berechnungsgrundlage).

Kann der Verkäufer diese Punkte nicht belegen, hat er in der Regel keinen Anspruch auf Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs.


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Wie formuliere ich ein wirksames Widerrufsschreiben und welche Fristen muss ich dabei beachten?

Ein Widerruf ist Ihre Erklärung, dass Sie sich von einem geschlossenen Vertrag lösen möchten, sofern Ihnen ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht (dies ist nicht bei jedem Autokauf der Fall, oft aber bei Fernabsatz- oder finanzierten Verträgen). Damit Ihr Widerruf wirksam ist, sind bestimmte Punkte wichtig:

Die Erklärung des Widerrufs

Für den Widerruf ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie können ihn per Brief, Fax oder E-Mail erklären. Wichtig ist, dass aus Ihrer Erklärung eindeutig hervorgeht, dass Sie den Vertrag widerrufen möchten. Das Wort „Widerruf“ muss dabei nicht zwingend verwendet werden, es schafft aber Klarheit. Eine Begründung für Ihren Widerruf ist in der Regel nicht erforderlich.

Wichtige Inhalte des Widerrufsschreibens

Damit der Verkäufer Ihren Widerruf zuordnen kann, sollte Ihr Schreiben folgende Informationen enthalten:

  • Ihre vollständigen Kontaktdaten: Name und Anschrift.
  • Die Kontaktdaten des Verkäufers: Name und Anschrift.
  • Genaue Bezeichnung des Vertrags: Nennen Sie zum Beispiel das Datum des Vertragsschlusses, die Vertragsnummer oder die Bestellnummer. Bei einem Autokauf ist es sinnvoll, auch das Fahrzeug (z.B. Modell, Fahrgestellnummer) zu benennen.
  • Die eindeutige Widerrufserklärung: Ein Satz wie „Hiermit widerrufe ich den am [Datum] geschlossenen Kaufvertrag über das Fahrzeug [Fahrzeugdetails] (Vertragsnummer: [Nummer])“ ist klar und unmissverständlich.
  • Datum des Schreibens.
  • Ihre Unterschrift (bei Brief oder Fax).

Nachweis des Zugangs – Sicherstellen, dass der Widerruf ankommt

Sie müssen im Streitfall beweisen können, dass Sie den Widerruf rechtzeitig abgeschickt haben und dass er dem Verkäufer zugegangen ist. Daher ist es ratsam, eine Versandart zu wählen, die Ihnen einen Nachweis ermöglicht:

  • Einschreiben mit Rückschein: Sie erhalten eine Bestätigung, wann Ihr Schreiben beim Empfänger angekommen ist.
  • Fax mit qualifiziertem Sendebericht: Dieser Bericht dokumentiert die erfolgreiche Übermittlung.
  • E-Mail: Hier ist der Nachweis schwieriger. Eine Lesebestätigung kann helfen, ist aber nicht garantiert, da der Empfänger sie aktivieren muss. Bitten Sie eventuell um eine kurze Eingangsbestätigung.

Bewahren Sie den Nachweis des Versands und des Zugangs sorgfältig auf.

Die Widerrufsfrist – Wann beginnt sie und wie lange dauert sie?

Die gesetzliche Widerrufsfrist beträgt in der Regel 14 Tage. Diese Frist beginnt aber erst zu laufen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Sie müssen die Ware erhalten haben (also das Auto übernommen haben).
  2. Sie müssen vom Verkäufer korrekt und vollständig über Ihr Widerrufsrecht informiert worden sein (durch eine Widerrufsbelehrung).

Erst wenn beides geschehen ist, starten die 14 Tage. Fehlt die Belehrung oder ist sie fehlerhaft, beginnt die Frist unter Umständen gar nicht zu laufen oder verlängert sich erheblich (maximal auf 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss bzw. Warenlieferung). Die Berechnung der Frist erfolgt in Kalendertagen. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag am Ort des Verkäufers, endet die Frist erst am nächsten Werktag.

Fristwahrung – Rechtzeitig absenden genügt

Entscheidend für die Einhaltung der Frist ist nicht der Zeitpunkt, an dem der Widerruf beim Verkäufer ankommt, sondern der Zeitpunkt, an dem Sie ihn absenden. Um die Frist zu wahren, genügt es also, wenn Sie das Widerrufsschreiben vor Ablauf der 14-Tage-Frist nachweislich auf den Weg bringen (z.B. zur Post geben, faxen, mailen). Bewahren Sie den Beleg über die rechtzeitige Absendung gut auf.


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Was passiert, wenn der Verkäufer die Rücknahme des Fahrzeugs verzögert oder verweigert?

Haben Sie Ihren Autokaufvertrag wirksam widerrufen, entsteht ein sogenanntes Rückabwicklungsverhältnis. Das bedeutet: Sie müssen das Fahrzeug zurückgeben und der Verkäufer muss Ihnen den Kaufpreis (gegebenenfalls abzüglich einer Nutzungsentschädigung) erstatten.

Was bedeutet Annahmeverzug des Verkäufers?

Wenn Sie dem Verkäufer das Fahrzeug nach Ihrem wirksamen Widerruf ordnungsgemäß zur Rücknahme anbieten (z.B. indem Sie ihm mitteilen, dass das Fahrzeug zur Abholung bereitsteht), dieser die Rücknahme aber grundlos ablehnt oder hinauszögert, kann der Verkäufer in Annahmeverzug geraten. Das ist in den §§ 293 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt.

Annahmeverzug bedeutet vereinfacht gesagt: Der Verkäufer nimmt das Fahrzeug nicht an, obwohl er dazu verpflichtet wäre und Sie ihm die Möglichkeit dazu geben. Sie müssen dem Verkäufer das Fahrzeug tatsächlich anbieten. Das heißt, Sie müssen bereit und in der Lage sein, das Auto am vereinbarten Ort (in der Regel der Sitz des Verkäufers, falls nichts anderes vereinbart wurde) zu übergeben. Eine reine Erklärung, dass Sie das Auto zurückgeben wollen, reicht oft nicht aus, wenn der Verkäufer nicht deutlich gemacht hat, dass er die Annahme verweigert.

Welche Rechte haben Sie bei Annahmeverzug?

Befindet sich der Verkäufer im Annahmeverzug, hat das für Sie als Käufer mehrere Konsequenzen:

  1. Haftungserleichterung für Sie: Ab dem Zeitpunkt des Annahmeverzugs haften Sie für das Fahrzeug nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 300 Abs. 1 BGB). Das bedeutet: Wenn das Fahrzeug leicht fahrlässig beschädigt wird oder zufällig untergeht (z.B. durch einen unverschuldeten Brand oder Diebstahl), während der Verkäufer im Annahmeverzug ist, müssen Sie in der Regel nicht dafür einstehen.
  2. Ersatz von Mehraufwendungen: Sie können vom Verkäufer Ersatz für notwendige Mehraufwendungen verlangen, die Ihnen durch die Verzögerung entstehen (§ 304 BGB). Ein typisches Beispiel hierfür sind Kosten für die weitere Aufbewahrung des Fahrzeugs, etwa Garagenmiete oder Standgebühren auf einem bewachten Parkplatz, wenn dies zur sicheren Verwahrung notwendig ist.
  3. Gerichtliche Durchsetzung: Wenn der Verkäufer die Rücknahme dauerhaft verweigert, bleibt oft nur der Weg, Ihre Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Ein Gericht kann den Verkäufer dann zur Rücknahme des Fahrzeugs und zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilen.

Wer muss was beweisen (Beweislast)?

Im Streitfall ist die Verteilung der Beweislast entscheidend:

  • Sie als Käufer müssen in der Regel beweisen, dass Sie den Kaufvertrag wirksam widerrufen haben (also insbesondere die Widerrufsfrist eingehalten wurde) und dass Sie dem Verkäufer das Fahrzeug ordnungsgemäß zur Rücknahme angeboten haben (also Zeit, Ort und Art des Angebots). Es ist daher wichtig, den Widerruf und das Angebot zur Rückgabe gut zu dokumentieren (z.B. durch E-Mails mit Lesebestätigung oder Einschreiben).
  • Der Verkäufer müsste seinerseits Tatsachen beweisen, die den Annahmeverzug ausschließen – zum Beispiel, dass Ihr Widerruf unwirksam war oder dass Sie das Fahrzeug nicht wie vereinbart oder angeboten haben.

Es ist also entscheidend, dass Sie nachweisen können, den Verkäufer zur Rücknahme aufgefordert und ihm das Fahrzeug konkret angeboten zu haben.


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Welche Rechte habe ich, wenn die Widerrufsbelehrung im Kaufvertrag fehlerhaft oder unvollständig ist?

Wenn Sie als Verbraucher einen Vertrag schließen (zum Beispiel einen Autokaufvertrag, der unter bestimmten Bedingungen widerrufen werden kann, etwa bei einem Fernabsatzgeschäft oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag), muss der Unternehmer Sie korrekt über Ihr Widerrufsrecht belehren. Ist diese Belehrung fehlerhaft oder fehlt sie ganz, hat das direkte Auswirkungen auf die Frist, innerhalb derer Sie den Vertrag widerrufen können.

Normalerweise beginnt die Widerrufsfrist von 14 Tagen erst dann zu laufen, wenn Sie eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten haben und – bei Warenlieferungen wie einem Autokauf – zusätzlich die Ware bei Ihnen angekommen ist.

Die wichtigste Folge einer fehlerhaften oder fehlenden Widerrufsbelehrung ist: Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen. Ihr Widerrufsrecht erlischt in diesem Fall jedoch nicht unbegrenzt, sondern spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem ursprünglichen Fristbeginn (also in der Regel nach Erhalt der Ware). Holt der Unternehmer die korrekte Belehrung nach, beginnt ab diesem Zeitpunkt die reguläre 14-tägige Frist.

Was macht eine Widerrufsbelehrung korrekt?

Eine korrekte Widerrufsbelehrung muss klar und verständlich sein und bestimmte Mindestinformationen enthalten. Dazu gehören unter anderem Angaben über:

  • Das Bestehen des Widerrufsrechts.
  • Die Bedingungen des Widerrufs (z.B. dass keine Gründe genannt werden müssen).
  • Die Dauer der Widerrufsfrist (14 Tage) und wie diese Frist beginnt.
  • Den Namen und die Anschrift des Unternehmers, an den der Widerruf zu richten ist.
  • Die Form des Widerrufs (eine eindeutige Erklärung, z.B. per Brief, Fax oder E-Mail; ein Muster-Widerrufsformular muss zur Verfügung gestellt werden).
  • Die Folgen des Widerrufs:
    • Die Pflicht zur Rücksendung der Ware (z.B. des Autos) und wer die Kosten dafür trägt.
    • Die Pflicht des Unternehmers zur Rückzahlung des Kaufpreises und ggf. der Lieferkosten.
    • Informationen über einen möglichen Wertersatz, falls die Ware (das Auto) über eine reine Prüfung hinaus genutzt wurde.

Für Unternehmer gibt es eine gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung. Wenn diese korrekt ausgefüllt verwendet wird, gilt sie in der Regel als ordnungsgemäß.

Typische Fehler in Widerrufsbelehrungen

Fehler können eine Widerrufsbelehrung unwirksam machen. Häufige Fehler sind beispielsweise:

  • Unvollständige Angaben: Es fehlen wichtige Informationen, z.B. zur Fristberechnung, zu den Widerrufsfolgen oder zum Adressaten des Widerrufs.
  • Unklare oder widersprüchliche Formulierungen: Die Belehrung ist für einen Verbraucher schwer oder gar nicht verständlich.
  • Falsche Fristangaben: Die Dauer oder der Beginn der Widerrufsfrist werden falsch dargestellt.
  • Fehlende oder falsche Informationen zur Kostentragung der Rücksendung: Es wird nicht klar geregelt, wer die Kosten für die Rücksendung des Autos tragen muss.
  • Fehlerhafte Angaben zum Wertersatz: Die Bedingungen für einen möglichen Wertersatz für die Nutzung des Autos werden falsch oder unvollständig erklärt.
  • Veraltete Muster: Es werden alte Versionen der Muster-Widerrufsbelehrung verwendet, die nicht mehr der aktuellen Gesetzeslage entsprechen.
  • Besonderheiten bei verbundenen Verträgen: Bei finanzierten Autokäufen (Darlehensvertrag ist mit dem Kaufvertrag verbunden) muss die Belehrung auch hierauf korrekt eingehen.

Was bedeutet das für Sie als Käufer?

Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung führt dazu, dass Ihnen mehr Zeit für einen möglichen Widerruf zur Verfügung steht – maximal jedoch die oben genannten zwölf Monate und 14 Tage. Wenn Sie innerhalb dieser verlängerten Frist widerrufen, wird der Kaufvertrag rückgängig gemacht.

Das bedeutet im Kontext eines Autokaufs: Sie müssen das Fahrzeug zurückgeben, und der Verkäufer muss Ihnen den Kaufpreis erstatten. Allerdings kann der Verkäufer unter Umständen einen Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs verlangen, wenn Sie es über die reine Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise hinaus genutzt haben. Die Berechnung dieses Wertersatzes ist oft ein Streitpunkt.

Die Beurteilung, ob eine Widerrufsbelehrung tatsächlich fehlerhaft ist und welche konkreten Folgen sich daraus ergeben, hängt immer von den Details des Einzelfalls und der spezifischen Formulierung der Belehrung ab.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Fernabsatzvertrag

Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, der ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wird (§ 312c BGB). Das sind Kommunikationsmittel, die ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden, wie z.B. Internet (Onlineshop), E-Mail, Telefon oder Brief. Der Gesetzgeber sieht hier besonderen Schutz für Verbraucher vor, da sie die Ware oder Dienstleistung vor Vertragsschluss nicht prüfen können. Das wichtigste Schutzinstrument ist dabei das Widerrufsrecht.

Beispiel: Der Kauf des Elektroautos im Text erfolgte ausschließlich über den Onlineshop des Herstellers, ohne dass der Käufer vor Ort im Autohaus war. Daher handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag.


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Widerrufsrecht

Das Widerrufsrecht ist ein zentrales Verbraucherschutzrecht bei bestimmten Vertragsarten, insbesondere bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§§ 312g, 355 BGB). Es erlaubt dem Verbraucher, sich innerhalb einer bestimmten Frist (in der Regel 14 Tage) ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zu lösen. Ziel ist es, dem Verbraucher eine Prüfungszeit zu geben, die er bei einem Kauf im Ladengeschäft hätte. Im vorliegenden Fall konnte der Käufer sein Widerrufsrecht für den online gekauften PKW ausüben.

Beispiel: Sie bestellen online Kleidung. Wenn sie zu Hause nicht passt oder nicht gefällt, können Sie den Vertrag innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware widerrufen und die Kleidung zurücksenden.


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Hilfswiderklage

Eine Hilfswiderklage ist eine Klage, die der Beklagte im selben Prozess gegen den Kläger erhebt, allerdings unter einer Bedingung (§ 33 ZPO analog). Sie wird nur dann vom Gericht geprüft und entschieden, wenn die ursprüngliche Klage des Klägers (teilweise) Erfolg hat. Damit sichert sich der Beklagte für den Fall ab, dass er im Hauptverfahren unterliegt. Im Text hat der Autoverkäufer (Beklagter) hilfsweise für den Fall, dass er den Kaufpreis zurückzahlen muss, per Hilfswiderklage Schadensersatz vom Käufer gefordert.

Beispiel: A verklagt B auf Zahlung von 1.000 Euro. B meint, der Anspruch bestehe nicht, erhebt aber für den Fall, dass das Gericht A doch Recht gibt, eine Hilfswiderklage gegen A auf Zahlung von 500 Euro aus einem anderen Grund.


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Zug-um-Zug-Verurteilung

Eine Zug-um-Zug-Verurteilung bedeutet, dass eine Partei nur dann zur Leistung verpflichtet ist, wenn sie gleichzeitig die Gegenleistung von der anderen Partei erhält (§§ 320, 322 BGB). Es handelt sich um eine Einschränkung der Verurteilung, die sicherstellt, dass keine Seite in Vorleistung treten muss, ohne die geschuldete Gegenleistung zu bekommen. Im Urteil wurde der Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt, aber nur Zug um Zug gegen Rückgabe (Herausgabe) des Fahrzeugs durch den Käufer.

Beispiel: Beim Kauf im Laden: Sie erhalten die Ware (z.B. ein Buch) nur dann, wenn Sie gleichzeitig den Kaufpreis an der Kasse bezahlen.


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Annahmeverzug (Gläubigerverzug)

Annahmeverzug liegt vor, wenn der Gläubiger die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung des Schuldners nicht annimmt (§§ 293 ff. BGB). Der Gläubiger ist hier die Person, die eine Leistung zu empfangen hat. Im Fall des Widerrufs ist der Verkäufer Gläubiger bezüglich der Rücknahme des Autos und der Käufer ist Schuldner dieser Rückgabepflicht. Das Gericht stellte fest, dass der Verkäufer das vom Käufer zur Rückgabe angebotene Auto nicht rechtzeitig angenommen hat und sich deshalb im Annahmeverzug befindet.

Beispiel: Ein Maler möchte wie vereinbart Ihre Wohnung streichen, aber Sie lassen ihn nicht herein. Sie befinden sich dann im Annahmeverzug bezüglich der Malerleistung.


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Schadensersatz

Schadensersatz ist der Ausgleich für einen entstandenen Schaden, den eine Person einer anderen Person oder deren Eigentum schuldhaft zugefügt hat (§§ 249 ff., 823 ff. BGB). Ziel ist es, den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde (finanzieller Ausgleich oder Naturalrestitution). Voraussetzung ist in der Regel eine Pflichtverletzung (z.B. aus Vertrag oder Gesetz) und Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit). Im Text wurde der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer Schäden zu ersetzen, die durch die Nutzung des Fahrzeugs in einem bestimmten Zeitraum entstanden sind, nachdem der Widerruf erklärt wurde und der Verkäufer möglicherweise im Annahmeverzug war.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 312g BGB Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen: Verbraucher haben bei Fernabsatzverträgen, wie Online-Käufen, ein gesetzliches Widerrufsrecht. Dieses Recht ermöglicht es Verbrauchern, sich ohne Angabe von Gründen und innerhalb einer bestimmten Frist vom Vertrag zu lösen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat als Verbraucher einen Pkw online gekauft, wodurch ihm grundsätzlich ein Widerrufsrecht zustand. Das Urteil behandelt die Rechtmäßigkeit und die Folgen dieses Widerrufs.
  • § 355 BGB Widerrufsrecht des Verbrauchers: Dieses Gesetz regelt die Ausübung des Widerrufsrechts. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer und muss innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss bzw. Erhalt der Ware erfolgen, sofern eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste prüfen, ob der Kläger sein Widerrufsrecht form- und fristgerecht ausgeübt hat. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten und die Einhaltung der Widerrufsfrist waren zentrale Aspekte des Falls.
  • § 357 BGB Rechtsfolgen des Widerrufs von Verbraucherverträgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Verkäufer muss den Kaufpreis erstatten und der Käufer die Ware zurückgeben. Für die Nutzung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Urteil befasst sich mit der Rückabwicklung des Kaufvertrages nach Widerruf. Es geht um die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und die Frage des Wertersatzes für die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger.
  • Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen: Unternehmer sind verpflichtet, Verbraucher in Fernabsatzverträgen umfassend über ihr Widerrufsrecht zu informieren. Dazu gehört eine klare und verständliche Widerrufsbelehrung, die alle wesentlichen Informationen enthält, wie Fristbeginn, Ausübung und Folgen des Widerrufs. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die im Onlineshop der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung war entscheidend. Eine fehlerhafte Belehrung könnte die Widerrufsfrist verlängern oder sogar verhindern, dass sie zu laufen beginnt, was die Rechte des Klägers stärken würde.
  • § 356 Abs. 3 BGB Beginn der Widerrufsfrist bei Verträgen über Waren: Die Widerrufsfrist beginnt bei Kaufverträgen über Waren mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen hat. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der genaue Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger ist relevant für den Beginn der Widerrufsfrist. Die korrekte Berechnung des Fristbeginns war wesentlich, um zu bestimmen, ob der Widerruf des Klägers rechtzeitig erfolgte.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Online-Autokäufer zum Thema Widerruf und Fahrzeugnutzung

Ein neues Auto bequem online bestellen – das klingt verlockend. Doch was, wenn das Fahrzeug nach der Lieferung nicht den Erwartungen entspricht? Grundsätzlich können Sie auch einen online geschlossenen Autokaufvertrag widerrufen, doch Vorsicht bei der Nutzung des Wagens vor der Rückgabe.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Widerrufsrecht besteht – aber Nutzung hat Grenzen
Auch beim Online-Kauf eines Autos haben Sie als Privatperson in der Regel ein Widerrufsrecht. Das bedeutet, Sie können den Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen rückgängig machen. Entscheidend ist jedoch: Nutzen Sie das Fahrzeug nach der Lieferung nur in dem Umfang, wie es zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise notwendig ist – ähnlich einer Probefahrt im Autohaus.

Beispiel: Eine kurze Fahrt, um Fahrverhalten und Funktionen zu testen, ist meist unproblematisch. Eine Urlaubsreise oder der tägliche Weg zur Arbeit über mehrere hundert Kilometer gehen in der Regel darüber hinaus.

⚠️ ACHTUNG: Umfangreiche Nutzung kann dazu führen, dass Sie dem Verkäufer Wertersatz leisten müssen. Das bedeutet, Sie erhalten bei Widerruf nicht den vollen Kaufpreis zurück.


Tipp 2: Wertersatz für übermäßige Nutzung prüfen
Wenn Sie das Auto mehr genutzt haben, als zur Prüfung notwendig war, kann der Verkäufer Wertersatz für die dadurch entstandene Wertminderung oder die Nutzung selbst verlangen. Die Berechnungsgrundlagen hierfür können komplex sein (z. B. anteilige Kosten pro gefahrenem Kilometer).

⚠️ ACHTUNG: Wie das OLG Stuttgart entschied, können Sie sogar verpflichtet sein, Schäden zu ersetzen, die am Fahrzeug entstehen, nachdem Sie den Widerruf erklärt haben, aber bevor Sie das Auto tatsächlich zurückgeben (insbesondere wenn sich die Rückgabe verzögert).


Tipp 3: Widerruf fristgerecht und nachweisbar erklären
Achten Sie auf die Widerrufsfrist (meist 14 Tage ab Erhalt der Ware und korrekter Belehrung). Erklären Sie den Widerruf eindeutig und am besten schriftlich (z. B. per E-Mail mit Lesebestätigung oder Einschreiben), um den Zugang beim Verkäufer nachweisen zu können. Eine reine Rücksendung der Ware ohne Erklärung genügt nicht.


Tipp 4: Rückgabe zügig organisieren
Nach erklärtem Widerruf sollten Sie die Rückgabe des Fahrzeugs zeitnah mit dem Verkäufer abstimmen und durchführen. Dokumentieren Sie den Zustand des Fahrzeugs bei Übergabe (z. B. durch Fotos, Übergabeprotokoll), um spätere Streitigkeiten über eventuelle Schäden oder den Kilometerstand zu vermeiden.

⚠️ ACHTUNG: Verzögern Sie die Rückgabe nach dem Widerruf unnötig, können Sie für in dieser Zeit entstandene Schäden oder weitere Nutzungen haftbar gemacht werden, auch wenn der Verkäufer die Rücknahme zunächst nicht aktiv betreibt (Annahmeverzug).


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der Teufel steckt oft im Detail: Wurden Sie korrekt über Ihr Widerrufsrecht belehrt? Wann genau beginnt die Widerrufsfrist? Wie wird der Wertersatz konkret berechnet? Diese Fragen können im Einzelfall entscheidend sein und erfordern oft eine genaue Prüfung der Vertragsunterlagen und der Umstände. Die Zulassung des Fahrzeugs auf Ihren Namen allein hindert den Widerruf in der Regel nicht, kann aber die Berechnung des Wertersatzes beeinflussen.

Checkliste: Widerruf beim Online-Autokauf

  • Widerrufsfrist geprüft und eingehalten?
  • Nutzung des Fahrzeugs auf reine Prüfung beschränkt? (Probefahrt-Charakter)
  • Widerruf eindeutig und nachweisbar erklärt?
  • Rückgabe des Fahrzeugs zeitnah nach Widerruf organisiert?
  • Zustand des Fahrzeugs bei Rückgabe dokumentiert?

Das vorliegende Urteil


OLG Stuttgart – Az.: 6 U 126/24 – Urteil vom 08.04.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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