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Wohnmobilkauf – gutgläubiger Erwerb von Nichtberechtigten

LG Aachen – Az.: 12 O 397/16 – Urteil vom 01.06.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, das Wohnmobil Pilote Reference P 716 LP auf Fiat Ducato CCS Chassis, Fahrzeug-Ident-Nr. ZF… und der Aufbaunummer P7… an den Beklagten herauszugeben.

Für die Herausgabe wird dem Kläger eine Frist von 10 Tagen ab Rechtskraft des Urteils gesetzt. Für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommt, wird er verurteilt, an den Beklagten 52.000,- EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. Tag nach Rechtskraft des Urteils.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger in vollem Umfang.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 65.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Eigentum an dem Wohnmobil Pilote Reference P 716 LP auf Firat Ducato CCS Chassis, Fahrgestellnummer ZF… und der Aufbaunummer P7… . Der Beklagte war unstreitig jedenfalls bis Mai 2016 Eigentümer des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen E – … . Im Juni 2016 vermietete der Beklagte sein Wohnmobil an eine Person, deren Name im Zivilprozess weder vorgetragen noch sonst bekannt wurde, auch nicht in dem Ermittlungsverfahren Staatsanwaltschaft Aachen 602 Js 965/16.

Der Kläger behauptet, das Fahrzeug mit schriftlichem Kaufvertrag von einer Dame erworben zu haben, die ihm gegenüber den Namen N getragen habe. Sie habe ihm einen italienischen Pass vorgelegt und mit dem Kläger den einen das Wohnmobil betreffenden schriftlichen Kaufvertrag vom 28.5.2016 geschlossen, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 99 f. BA Bezug genommen wird. Die Dame wegen deren Identität der Kläger auf das Lichtbild Bl. 13 f. BA Bezug nimmt, habe dem Kläger die Zulassungsbescheinigungen Teil I und Teil II übergeben, Hülle Bl. 109, 111 BA. Der Kläger räumt dabei ein, nur einen Schlüssel erhalten zu haben. Das Vertragsexemplar vom 28.5.2016 trägt insoweit folgende handschriftliche Formulierung:

„Sollte der Fzg. Schlüssel nicht innerhalb einer Woche bei Käufer sein trägt der Verkäufer alle anfallenden Kosten für Schlossanlagewechsel.“

Der Kläger ist der Ansicht, dennoch gutgläubig erworben zu haben. Er habe einen angemessenen Kaufpreis von 34.000,- EUR gezahlt. Die Zulassungsbescheinigungen habe er nicht als Fälschungen erkennen können.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Zweitschlüssel für das Wohnmobil Pilote Reference P 716 LP auf Firat Ducato CCS Chassis, Fahrzeug-Ident-Nr. ZF… sowie alle noch im Besetz des Beklagten befindliche Papiere für das Fahrzeug, insbesondere die Zulassungsbescheinigung Teil II an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wohnmobilkauf - gutgläubiger Erwerb von Nichtberechtigten
(Symbolfoto: Von Gerwin Schadl/Shutterstock.com)

Im Wege der Widerklage beantragt der Beklagte sinngemäß, den Kläger zu verurteilen, das Wohnmobil Pilote Reference P 716 LP auf Firat Ducato CCS Chassis, Fahrzeug-Ident-Nr. … und der Aufbaunummer P7… an den Beklagten herauszugeben; für die Herausgabe dem Kläger eine Frist von 10 Tagen ab Rechtskraft des Urteils zu setzen und für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommt, er verurteilt wird, an den Beklagten 52.000,- EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. Tag nach Rechtskraft des Urteils.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, das Wohnmobil vermietet zu haben, und zwar an eine Dame, die ihm gegenüber als Name N G mit Wohnsitz in M angegeben habe. Der Beklagte nimmt auf den schriftlichen Mietvertrag vom 21.5.2016, Bl. 62 f. GA Bezug. Das Fahrzeug sei abhandengekommen. Ein gutgläubiger Erwerb durch den Kläger läge aber vor allem deshalb nicht vor, weil der Kläger nicht gutgläubig gewesen sei. So sei etwa der Kaufpreis zu niedrig, der Ort des Geschäftes ungewöhnlich gewesen und der Wagen ein Einschussloch aufgewiesen haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erheben durch Vernehmung einer Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9.3.2017, Bl. 137 ff. GA Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, während die zulässige Widerklage in vollem Umfang Erfolg haben musste. Der Beklagte hat aus § 985 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Wohnmobils. Der Kläger ist Besitzer des Fahrzeuges, während der Beklagte Eigentümer geblieben ist. Der Kläger hat das Wohnmobil nicht nach §§ 932, 929 BGB gutgläubig erworben. Nach Ansicht der Kammer war der Kläger bei dem Erwerb grob fahrlässig im Sinne des § 932 Abs. 2 BGB.

In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass der Erwerber eine den gutgläubigen Erwerb ausschließende Unkenntnis von der Nichtberechtigung des verfügenden hatte, wenn er im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dabei dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall sich jeden hätte aufdrängen müssen (BGH, NJW 2005, 1365; Palandt/Herrler, BGB, 76. Aufl. § 932 Rd. 10 m.w.Nachw.). Ein solcher Fall ist selbst bei Vorlage der Zulassungsbescheinigungen dann anzunehmen, wenn der Verkäufer keinen zweiten Schlüsselsatz übergeben kann und weder über eine Geschäftsadresse noch eine Festnetznummer verfügt (vgl. Münchener Kommentar/Oechsler, BGB, 7. Aufl. § 932 Rd. 56 m. w. Nachw.).

Dem schließt sich die Kammer an. Der Verzicht eines Erwerbers auf die Übergabe des Zweitschlüssels erscheint völlig ungewöhnlich und ist ohne weiteres Anlass, weitere Ermittlungen aufzunehmen oder auf den Erwerb zu verzichten. Ein bloßer Nutzer eines Fahrzeuges ohne Eigentum oder Verfügungsberechtigung besitzt typischerweise nur einen Schlüssel, weil dieser für die Benutzung ausreichend ist. Der Eigentümer übergibt den Zweitschlüssel typischerweise einem Dritten erst, wenn er mit der Eigentumsübertragung einverstanden ist. Damit geht einher, dass der Erwerber gerade anhand der Übergabe von Zweitschlüsseln einfach die Berechtigung des Verfügenden prüfen kann. Unterlässt er dies und vertraut wie vorliegend bewusst auf die Nachsendung des Zweitschlüssels, ist dies gerade bei Wohnmobilen grob fahrlässig, weil diese häufig vermietet werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert:

Klage: 7.000,- EUR, § 3 Wert des Zweitschlüssels

Widerklage: 40.000,- EUR, § 3 Wert des Wohnmobils

Summe: 47.000,- EUR

 

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