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Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung des Zugewinnausgleichs

Oberlandesgericht Karlsruhe- Zivilsenate in Freiburg –

Az.: 5 WF 14/01

Beschluss vom 8. März 2001

Vorinstanz: Amtsgericht Donaueschingen – Az.:22 F 371/00


In der Familiensache w e g e n Zugewinnausgleich hier: Prozesskostenhilfe-Beschwerde hat der 5. Zivilsenat – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe beschlossen:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Donaueschingen vom 20.12.2000 (22 F 371/00) dahingehend abgeändert, dass der Klägerin Prozesskostenhilfe für die (vollständige) Geltendmachung einer Zugewinnausgleichsforderung von 15.225,75 DM bewilligt wird.

Gründe:

1.

Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde dagegen, dass ihr das Familiengericht für einen Teil der geltend gemachten Zugewinnausgleichsforderung Prozesskostenhilfe versagt hat.

Die Parteien haben am 28.06.1985 geheiratet, der Scheidungsantrag wurde am 20.11.1999 zugestellt. Die Ehe ist mittlerweile rechtskräftig geschieden. Die Klägerin macht eine Zugewinnausgleichsforderung von 15.225,75 DM gegen den Beklagten geltend und hat insoweit Prozesskostenhilfe beantragt.

Der Beklagte rechnet seinem Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB einen PKW Fiat Punto hinzu, den er von seinen Eltern Ende 1997/Anfang 1998 als Geschenk erhalten hat. Das Fahrzeug hatte damals einen Wert von 11.000,– DM. Der Beklagte erhielt ihn als Ersatz für den zuvor von ihm genutzten PKW VW Jetta, welcher zum damaligen Zeitpunkt alt, abgefahren und nicht mehr fahrtauglich war. A

Der Beklagte benutzte den PKW Fiat Punto in der Folgezeit alleine, insbesondere für Fahrten zu seiner damaligen Arbeitsstelle in Ulm. Die Parteien besaßen darüber hinaus noch ein gemeinsames Fahrzeug, einen PKW VW Passat.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Wert des PKW Fiat Punto sei seinem Anfangsvermögen hinzuzuzählen. Mit der Schenkung habe keine Leistung zur Deckung seines laufenden Lebensbedarfes erbracht werden sollen, sie sei nach den Gesamtumständen nicht zu den Einkünften i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB zu rechnen. Die Ausnahmevorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB für „Einkünfte“ würde zur Regel, wenn dazu auch einmalige Schenkungen zählen würden.

Die Klägerin vertritt dagegen die Auffassung, die Ausnahmeregelung des § 1374 Abs. 2 BGB für „Einkünfte“ könne auch auf einmalige Zuwendungen zutreffen. Der PKW Fiat Punto sei dem Beklagten als reiner Gebrauchsgegenstand zugewendet worden und habe der ehelichen Lebensführung dienen sollen. Zuwendungen zur Bestreitung der ehelichen Lasten und zur Verwendung für die laufenden Haushaltsbedürfnisse seien als „Einkünfte“ gemäß § 1374 Abs. 2 BGB nicht dem Anfangsvermögen zuzuordnen. Dies sei in der Rechtsprechung für größere Geldzuwendungen von Eltern zur Finanzierung eines PKW-Erwerbs bereits entschieden worden. Dementsprechend müsse auch die Schenkung des Fiat Punto an den Beklagten den „Einkünften“ i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB zugerechnet werden. Daß die Schenkung nicht der Vermögensbildung gedient habe, sondern der Deckung des laufenden Lebensbedarfes ergebe sich schon daraus, dass es sich um ein Ersatzfahrzeug für den VW Jetta des Beklagten gehandelt habe und der Beklagte ihn für die täglichen Fahrten zu seiner Arbeitsstelle benutzt habe. Da das Fahrzeug damit der Sicherung des Familienunterhaltes gedient habe, handele es sich um den klassischen Fall eines Gebrauchs- bzw. Verbrauchsgegenstandes.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluß vom 20.12.2000 das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen, soweit sie eine Zugewinnausgleichsforderung von mehr als 9.688,76 DM geltend macht. Der PKW Fiat Punto sei gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen des Beklagten mit einem indexierten Wert von 11.073,97 DM zuzurechnen und vermindere damit die Zugewinnausgleichsforderung, welche mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könne, auf 9.688,76 DM. Die einmalige Schenkung eines PKW habe das Vermögen der Parteien mehren sollen und sei nicht zu ihren Einkünften zu rechnen gewesen. Soweit sich die Klägerin auf eine Entscheidung des OLG Zweibrücken (FamRZ 84, 276) berufe, habe ihr ein wesentlich anderer Fall zugrunde gelegen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde. Unerheblich für die Qualifizierung als „Einkünfte“ i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB sei, ob es sich um einmalige oder um regelmäßige Leistungen handele. Der als Ersatz für den permanent defekten PKW VW Jetta geschenkte PKW Fiat Punto sei ein klassischer Verbrauchsgegenstand. Er habe der Sicherung des Familienunterhalts (Fahrten zur Arbeitsstelle) gedient und nicht der Vermögensbildung.

Der Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Anders als bei Geldzuwendungen sei die Zuwendung eines körperlichen Gegenstandes von vornherein nicht zum Verbrauch bestimmt. „Einkünfte“ i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB seien bereits begrifflich als regelmäßige Geldzuwendungen zu verstehen. Andernfalls müsse auch die Zuwendung eines Möbelstückes, eines Hauses usw. als der Deckung laufenden Lebensbedarfs dienend angesehen Werden, was zu einer uferlosen Ausdehnung des Begriffes der „Einkünfte“ führen würde.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und auch begründet.

Denn bei der Beurteilung, ob eine beabsichtigte Klage mit hinreichender Aussicht auf Erfolg betrieben werden kann, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BGH NJW 94,1160/1161; Kalthoener/Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfegesetz, 2. Aufl., Rz. 409).

Dabei ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beurteilung, ob eine Zuwendung den „Einkünften“ i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB zuzurechnen ist, grundsätzlich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Zu prüfen ist daher im Einzelfall, ob die Zuwendung der Deckung des laufenden Lebensbedarfs dienen oder die Vermögensbildung fördern soll, wobei Anlaß der Zuwendung, Willensrichtung des Schenkers und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschenkten zu prüfen sind (vgl. BGH, FamRZ 87, 910/911, für Geldzuwendungen durch nahe Verwandte). Dabei spricht es im vorliegenden Falle für die Zurechnung der Schenkung des PKW Fiat Punto zu den „Einkünften“ des Beklagten, wenn er damit konkreten (Ersatz-) Bedarf für ein Fahrzeug gedeckt hat, das er zum Erreichen seiner Arbeitsstelle benötigte. Es handelt sich im Regelfall eher um eine Zuwendung zur Bedarfsdeckung denn zur Vermögensbildung, wo Geldgeschenke naher Verwandter dazu dienen, den besonderen Finanzbedarf für den Ankauf eines beruflich oder zur Haushaltsführung notwendigen PKW zu decken (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 84, 276; Soergel/Lange, BGB, 12. Aufl., § 1374 Rz. 16). Dabei kann keinen Unterschied machen, ob dem Beschenkten der benötigte Gegenstand selbst zugewendet wird oder die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Auf Geldzuwendungen ist der Begriff der „Einkünfte“ in § 1374 Abs. 2 BGB nicht beschränkt. Ebenso ist nicht erheblich, ob es sich um einmalige oder um regelmäßige Leistungen handelt (OLG Zweibrücken, a.a.O.; Schwab, Handbuch Scheidungsrecht, 4. Aufl., VII Rz. 137). Auch der Gesichtspunkt, dass der PKW Fiat Punto regelmäßig genutzt und damit eher zum Gebrauch (und notwendigerweise damit auch zum Verbrauch) bestimmt war, spricht dafür, das Fahrzeug nicht dem Anfangsvermögen zuzurechnen (vgl. Staudinger/Thiele, BGB, 1994, § 1374 Rz. 37; OLG Zweibrücken a.a.O.).

Zwar spricht andererseits die Tatsache, dass die Parteien zum Zeitpunkt der Schenkung des PKW Fiat Punto noch über ein weiteres Fahrzeug verfügten wiederum eher dafür, dass das geschenkte Fahrzeug nicht von vornherein zum Geund Verbrauch, sondern zumindest auch zur Vermögensmehrung des Beklagten bestimmt gewesen sein könnte. Allerdings trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Zurechnung einzelner Vermögensgegenstände zum Anfangsvermögen der Beklagte, der sich auf sein Anfangsvermögen beruft. Da nach dem zuvor Gesagten zumindest Zweifel bestehen können, ob der PKW Fiat Punto diesem zuzurechnen ist, kann der Klägerin unter Zugrundelegung der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen großzügigen Beurteilung die Erfolgsaussicht für die geltend gemachte volle Zugewinnausgleichsforderung nicht abgesprochen werden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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