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Auskunftspflicht über Einkünfte und Vermögen

Oberlandesgericht Stuttgart – 17. Zivilsenat – Familiensenat –

Az.:17 WF 232/2001

Beschluß vom 27.06.2001

Vorinstanz: AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Az.: 4 F 288/2001


In der Familiensachewegen Unterhalt nach § 1615l BGBh i e r: Prozeßkostenhilfe für die Antragstellerin in 1.Instanzhat der 17. Zivilsenat – Famiiiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart – Bad Cannstatt vom 07.06.2001 (4 F 288/01)abgeändert:

Der Antragstellerin wird Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug für folgenden Antrag bewilligt:

1. Der Antragsgegner wird verurteilt, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über den Bestand seines Vermögens am 25.08.2000, über Einkommensteuererstattungen sowie über Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften in den Jahren 1998 bis 2000.

2. Der Antragsgegner wird verurteilt, diese Auskunft zu belegen durch Vorlage der im genannten Zeitraum ergangenen Einkommensteuerbescheide und der dazu gehörigen Einkommensteuererklärungen.

Der Antragstellerin wird Rechtsanwalt M zu den Bedingungen eines bei dem Amtsgericnt Stuttgart-Bad Cannstat zugelassenen Rechtsanwalts beigeordnet. Die Antragstellerin hat keine Raten auf die Prozeßkosten zu leisten.

Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin wirdzurückgewiesen. Von der Erhebung einer Gebühr im Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

GRÜNDE

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe bietet teilweise Aussicht auf Erfolg.

1.

Daß das Amtsgericht zunächst nur über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Auskunftsstufe entschieden hat, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Danach ist die Prozeßkostenhilfe bei der Stufenklage von Stufe zu Stufe zu bewilligen, weil die Prüfung, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nur abschnittsweise vorgenommen werden kann (ebenso OLG Koblenz, FamRZ 1985, 416 f.; OLG Bamberg, FamRZ 1986, 371 f.; OLG Naumburg, FamRZ 1994,1042 f.).

2.

Die hinreichende Erfolgsaussicht des Auskunftsantrags kann jedoch nicht insgesamt verneint werden. Gemäß §§ 1615 l Abs. 3 S. 1,1605 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Antragsgegner als Vater des Kindes M verpflichtet, der Mutter als Ausfluß seiner grundsätzlich gegebenen Unterhaltspflicht nach §§ 16151 Abs. 1, Abs. 2 BGB über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen.

Zwar entfällt ein Auskunftsanspruch, wenn die Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (BGH NJW 1982,2771). Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor. Es ist zwar richtig, daß sich der Bedarf der Mutter nach ihrer Lebensstellung richtet, die von ihren früheren Einkünften aus beruflicher Tätigkeit bis zu deren Beendigung aufgrund der Geburt des Kindes abhängig ist (Verdienstausfall als Anhaltspunkt). Durch die in § 1615 i Abs. 3 S. 1 BGB enthaltene Verweisung auf die allgemeinen Unterhaltsvorschriften ist jedoch klargestellt, daß der Unterhaltsanspruch nach §§ 16151 Abs. 1 und Abs. 2 BGB auch die Leistungsfähigkeit des Vaters nach § 1603 Abs. 1 BGB voraussetzt. Diese Leistungsfähigkeit ist eine sachliche Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs. Sie ist zwar nicht von der Mutter darzulegen. Vielmehr muß der Unterhaltsverpflichtete gegebenenfalls darlegen und beweisen, daß er leistungsunfähig ist. Weil die Ansprüche nach §§ 1615 l Abs. 1 u. 2 BGB aber durch die Leistungsfähigkeit des Vaters begrenzt sind und dieser sich im vorliegenden Fall ausdrücklich auf Leistungsunfähigkeit beruft, kann es der Mutter nicht verwehrt werden, sich vor Bezifferung des Unterhaltsanspruchs über die Einkünfte und über das Vermögen des Vaters im Wege der Auskunft Gewißheit zu verschaffen. Würde sie ihren Anspruch nur nach ihrem (ihr bekannten) Bedarf beziffern, drohen ihr möglicherweise Kostennachteile, wenn sich im Lauf des Verfahrens eine eingeschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit des Vaters herausstellen sollte.

3.

Der Umfang des Auskunfts- und Beleganspruchs ergibt sich aus § 1605 Abs. 1 BGB. Auskunft ist gemäß § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB zu erteilen über die Einkünfte in einem bestimmten Zeitraum und auch über das Vermögen (zu einem bestimmten Zeitpunkt). Bei einem Nichtselbständigen erstreckt sich die Auskunftspflicht zwar in der Regel nur auf das Einkommen eines Jahres. Bei besonderen Sachlagen kann es jedoch geboten sein, die Einkünfte eines längeren Zeitraumes als 12 Monate zu erfassen (vgl. Schwab/Borth, 4. Aufl., IV Rn. 721; Palandt/Diederichsen, 60. Aufl., § 1605 Rn. 13).

Ein solcher Sonderfall liegt hier vor, weil der Vater neben seinem Einkommen als Arbeitnehmer in erheblichem Umfang Aktien besitzt und insoweit offenbar auch Spekulationsgeschäfte vornimmt, wie sich aus der veränderten Zusammensetzung seines Aktiendepots zwischen dem 31.12.1999 und dem 31.12.2000 ergibt. Dies dürfte innerhalb dieser Einkunftsart zu stark schwankenden Einkünften führen, so daß es nahe liegt, im Rahmen der Auskunft ähnlich wie bei der Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen einen repräsentativen Querschnitt von etwa 3 Jahren zu erfassen. Dabei kann zunächst dahinstehen, in welchem Umfang diese zusätzlichen Gewinne oder gegebenenfalls Verluste im Ergebnis unterhaltsrechtlich beachtlich sind. Für die grundsätzliche Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft hierüber genügt, daß der Unterhaltsverpflichtete grundsätzlich alle Einkünfte und damit auch alle Vermögenserträge zum Unterhalt heranzuziehen hat, zu denen auch die Spekulationsgewinne zählen.

Für den Anspruch auf Vorlage von Belegen nach § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB ist allerdings von Bedeutung, daß Veräußerungsgeschäfte bei Wertpapieren (Spekulationsgewinne) nach Maßgabe der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG der Einkommensteuer unterliegen, so daß sie aus den Einkommensteuererklärungen des Antragsgegners ersichtlich sind. Deshalb erstreckt sich derBeleganspruch nach § 1615 Abs. 1 S. 2 BGB – wie bei einem Nichtselbständigen üblich – nur auf die Vorlage der Einkommensteuerbescheide und -erklärungen, nicht aber auf die Vorlage der Jahresdepotauszüge des Wertpapierdepots des Antragsgegners und auch nicht auf die Vorlage aller Wertpapierabrechnungen der letzten drei Jahre. Denn es kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden – wie es insbesondere der Antrag auf Vorlage aller Wertpapierabrechnungen unterstellt – daß der Antragsgegner etwaige Spekulationsgewinne nicht versteuert.

Deshalb war für die Auskunftsstufe Prozeßkostenhilfe wie im Tenor des Beschlusses ersichtlich zu bewilligen.

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