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Beseitigungsanspruch einer als Grenzanlage vorhandenen Maschendrahtzauns

LG Landshut – Az.: 13 S 2208/15 – Urteil vom 18.01.2017

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 19.06.2015, Az. 2 C 1503/14, aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Beseitigungsanspruch einer als Grenzanlage vorhandenen Maschendrahtzauns
(Symbolfoto: Von Brandon Key/Shutterstock.com)

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Beseitigung eines Sichtschutzzaunes in Anspruch.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks A., Flurstück Nr. – der Gemarkung L.. Dieses ist mit zwei Reihenhäusern bebaut, in denen die Kläger wohnen. Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks B., Flurstück Nr. – der Gemarkung L.. Dieses ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem Mieter des Beklagten wohnen. Auf der Grenze zwischen den beiden Grundstücken verläuft ein älterer Maschendrahtzaun mit insgesamt 14 einbetonierten Metallpfosten, die eine Höhe zur Geländeoberfläche von ca. 0,65m bis 1,07m haben (vgl. Gutachten des Sachverständigen M. vom 11.10.2016, S. 1, Bl. 100 d.A.). Nach der Erholung des genannten Sachverständigtengutachtens ist der genaue Verlauf des Maschendrahtzauns zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Dieser steht nicht zur Gänze auf einem der beiden Flurstücke, sondern schneidet in seinem Verlauf die gemeinsame Grenze. Auf die genauen Feststellungen zur Lage des Maschendrahtzauns in dem Gutachten des Sachverständigen M. wird Bezug genommen.

Das Verhältnis zwischen den Klägern und den Mietern des Beklagten (Familie mit Kindern) ist belastet. Der Kläger zu 1) gab in der mündlichen Verhandlung in erster Instanz an, dass die Nachbarn praktisch den ganzen Tag im Garten seien und dadurch Lärm entstanden sei (vgl. S. 2 des Protokolls vom 02.12.2014, Bl. 17 d.A.).

Am 28.7.2012 errichteten die Mieter des Beklagten direkt hinter dem Maschendrahtzaun auf dem Grundstück des Beklagten einen zunächst etwa 11m langen Holzflechtzaun. Am 4.7.2013 stritt sich der Kläger zu 1) mit den Mietern des Beklagten über die Lärmproblematik sowie über den vom Kläger zu 1) vorgenommenen Rückschnitt an der hinter dem Maschendrahtzaun befindlichen ca. 10m langen Hecke aus Laubgehölzen (vgl. Schriftsatz vom 7.1.2015, S. 2, Bl. 23 d.A.). In der Folge verlängerten die Mieter des Beklagten den Holzflechtzaun um den Bereich der Hecke, wo dieser unmittelbar hinter dem Maschendrahtzaun und vor der Hecke auf dem Grundstück des Beklagten verläuft. Der Holzflechtzaun hat jetzt insgesamt eine Länge von ca. 20 Metern bei einer Höhe von ca. 1,80m. Für das nähere Erscheinungsbild des Holzflechtzauns wird auf die Lichtbilder in der Anlage 4 zum Gutachten M. Bezug genommen.

Nach zwischenzeitlicher Durchführung eines Schlichtungsverfahrens hinsichtlich des zuerst errichteten Zaunteils (vgl. Anlage K2 und K3) forderten die Kläger den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 27.6.2014 auf, den Holzflechtzaun zu beseitigen. Dies wies der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 16.7.2014 zurück.

Erstinstanzlich beantragten die Kläger, den Beklagten zur Beseitigung der auf seinem Grundstück B., an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück der Kläger, A., errichteten Zaunanlage, bestehend aus einem ca. 20m langen und 1,80 hohen Holzflechtzaun nebst überdachtem Holzgestell mit einer Höhe von 1m und zur Zahlung von 112,75 Euro vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, zu verurteilen.

Mit Endurteil vom 19.6.2015 hat das Amtsgericht Landshut der Klage – mit Ausnahme des in der Berufung nicht mehr streitgegenständlichen Holzgestells – stattgegeben.

Auf die weiteren Feststellungen des Amtsgerichts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit der Maßgabe der in diesem Urteil enthaltenen Änderungen und Ergänzungen Bezug genommen.

Der Beklagte macht mit seiner Berufung geltend, das Amtsgericht habe zu Unrecht den Maschendrahtzaun als Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB angesehen. Es fehle an einem Nachweis, dass der Maschendrahtzaun mit Zustimmung der Nachbarn (Rechtsvorgänger der Parteien) in Kenntnis der Grenzübertretung als Grenzanlage geschaffen worden sei. Er behauptet weiter, dass der Maschendrahtzaun überwiegend zerstört und praktisch nicht mehr zu reparieren sei. Er habe daher jedenfalls seinen Zweck als Grenzanlage im Sinne des § 921 BGB verloren. Weiter sei der Beklagte nicht passivlegitimiert. Die vermeintliche Störung ginge von den Mietern seines Anwesens aus. Infolge der Vermietung habe er keine Einflussmöglichkeit auf das Grundstück. Schließlich verstoße die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs auch gegen Treu und Glauben, nachdem die Kläger einräumten sich von den Kindern der Mieter des Beklagten gestört zu fühlen und sich aus diesem Grund auch schon beim Ordnungsamt beschwert haben. Es bestehe im vorliegenden Nachbarschaftsverhältnis ein ganz besonderes Bedürfnis einer funktionsfähigen räumlichen, optischen und auch akustischen Trennung.

Der Beklagte beantragt: Das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 19.6.2015 mit dem Aktenzeichen 2 C 1503/14 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger beantragen: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger verteidigen die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Zustimmung der Rechtsvorgänger des Beklagten zu dem Maschendrahtzaun als Grenzanlage ergebe sich aus dem Plan eines Neubauvorhabens des früheren Eigentümers des klägerischen Grundstücks vom 23.1.1962 (Anlagenkonvolut K6) mit allen Nachbarunterschriften. Weiterhin sei jedenfalls von einer nachträglichen Zustimmung durch konkludente Duldung des Vorhandenseins des Maschendrahtzauns auszugehen. Die Grundsätze aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.11.1984 (NJW 1984, 1458) seien weiterhin anwendbar. Dies ergebe sich insbesondere auch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5.7.2013 (Az.: 1 BvR 1018/13, BeckRS 2013, 53736) und dem Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 4.2.2011 (BeckRS 2011, 25949 = Anlage K7).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 6.5.2016 (Bl. 88/91 d.A.) durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen M. vom 11.10.2016 (Bl. 99ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Beseitigung des Holzflechtzauns aus §§ 922 S. 3, 1004 BGB.

1.

Es fehlt jedoch nicht an der Passivlegitimation des Beklagten.

Ein Eigentümer kann für Störungshandlungen eines Mieters nach § 1004 BGB (nur) verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. BGH NJW 2006, 992). Jedenfalls eine der beiden genannten Varianten trifft vorliegend zu. Der Beklagte hat nicht versucht, seine Mieter von der Errichtung oder Belassung des Holzflechtzauns abzuhalten. Der Beklagte wäre daher bei Vorliegen eines Anspruchs der Kläger als mittelbarer Handlungsstörer (vgl. Palandt, 76. Auflage, § 1004 Rn. 18) anzusehen.

2.

Bei dem Maschendrahtzaun handelt es sich auch um eine Grenzanlage gem. § 921 BGB.

a) Der Maschendrahtzaun schneidet die Grenzlinie zwischen den beiden Grundstücken der Parteien. Außerdem befinden sich die Betonsockel der Metallpfosten und Streben des Maschendrahtzauns jeweils teilweise auf beiden Grundstücken. Auf die zwischen den Parteien inzwischen unstreitigen Ergebnisse des Gutachtens des Sachverständigen M. vom 11.10.2016 (Bl. 100ff. d.A.) wird Bezug genommen.

b) Aufgrund seiner Grenzscheidefunktion dient der Maschendrahtzaun dem Vorteil beider Grundstücke.

c) Nach Auffassung der Kammer liegt auch die erforderliche Zustimmung der Nachbarn (vgl. BGH NJW-RR 2012, 346 Rn. 35 und BGH NJW-RR 2014, 973 Rn. 40) des nicht näher bekannten Rechtsvorgängers des Beklagten zu dem Maschendrahtzaun als Grenzeinrichtung, vor.

aa) Dies folgt jedoch nicht aus dem Eingabeplan vom 23.01.1962 (Anlagenkonvolut K6). Zwar hat der Rechtsvorgänger des Beklagten (S.) dem Eingabeplan als Nachbar zugestimmt. Wie der Beklagte jedoch zu Recht geltend macht, bezieht sich der Eingabeplan nicht auf den Maschendrahtzaun, sondern auf die Garage. Ein Zaun ist in dem Plan nicht eingezeichnet.

bb) Jedoch kann eine stillschweigende Zustimmung zu einer Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB vorliegen, wenn ein Nachbar Kenntnis von der Grenzüberschreitung hat (vgl. BGH NJW 1984, 2463).

Vorliegend hat keine Partei konkret vorgetragen, von wem der Maschendrahtzaun errichtet wurde und welche Kenntnis die damaligen Grundstückseigentümer von dessen Verlauf hatten. Die Kläger haben allein vorgetragen, dass der Maschendrahtzaun bei dem Bau der Doppelhaushälften und Reihenhäuser in den Jahren 1970/61 von den damaligen Eigentümern gezogen worden sei. Diesen von dem Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Vortrag haben die Kläger allerdings nicht nachweisen können.

Allerdings handelt es sich bei dem Maschendrahtzaun jedenfalls um einen älteren Zaun. Der Sachverständige M. schätzte dessen Alter auf mindestens 30 Jahre (vgl. S. 2 des Gutachtens vom 11.10.2016, Bl. 100 RS d.A.). Die Kammer ist von mindestens einem solchen Alter überzeugt. Dies ergibt sich neben der Einschätzung des Sachverständigen aus dem Erscheinungsbild des Zauns (vgl. Anlagen 3 und 4 zum genannten Gutachten).

Der Maschendrahtzaun ist aufgrund seiner Positionierung (vgl. Ergebnisse des Gutachten M.) eindeutig ein Grenzzaun. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass der Zaun – von welchem oder welchen der Rechtsvorgänger der Parteien auch immer – als solcher errichtet worden ist. Aufgrund der nicht unerheblichen Größe der Betonsockel der Metallpfosten (Radius ca. 15cm, vgl. S. 2 des genannten Gutachtens) ist auch davon auszugehen, dass die Grundstückseigentümer bei Errichtung des Zaunes von einer Inanspruchnahme beider Grundstücke wussten oder jedenfalls damit rechneten. Sollte der Zaun daher einseitig von nur einem der Rechtsvorgänger der Parteien errichtet worden sein, hat der andere Grundstückseigentümer diesem jedenfalls konkludent zugestimmt. Eine Beanstandung des Zauns zu irgendeinem Zeitpunkt ist nicht vorgetragen. Gegen eine solche Beanstandung spricht auch, dass der Zaun immer noch vorhanden ist und auch von den Parteien – als den jetzigen Grundstückseigentümern – als Grenzzaun verwendet wurde und wird.

3. Dennoch haben die Kläger keinen Anspruch auf Beseitigung des unmittelbar hinter dem Maschendrahtzaun errichteten Holzflechtzauns.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann jeder Nachbar die Erhaltung einer Grenzanlage auch in ihrer äußeren Beschaffenheit und in ihrem Erscheinungsbild verlangen, wenn Grundstücksnachbarn sich ausdrücklich oder stillschweigend für eine bestimmte Grenzeinrichtung entschieden haben (vgl. BGH NJW1985, 1458 Rn. 22).

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b) Vorliegend wird das Erscheinungsbild des Maschendrahtzauns durch den Holzflechtzaun verändert. Dies wird durch den Vergleich der Lichtbilder auf S.1 der Anlage 4 zum Gutachten M. deutlich. In dem Bereich, in dem sich der Holzflechtzaun hinter dem Maschendrahtzaun befindet, tritt der Maschendrahtzaun deutlicher hervor als in dem Bereich, in dem man durch den Maschendrahtzaun auf die dahinter liegende Bepflanzung sehen kann.

Die Kammer hält jedoch eine Anwendung des genannten Grundsatzes des Bundesgerichtshofs – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht für gerechtfertigt.

c) Die Eigentümer bzw. die Nutzer eines Wohngrundstücks haben in vielen Fällen ein Interesse an der Anbringung eines Sichtschutzes zum Nachbargrundstück. Dies gilt in besonderem Maße, wenn das Verhältnis zwischen Nachbarn – wie vorliegend – belastet ist.

Ein Verbot für die Errichtung eines solchen Zaunes bzw. ein diesbezüglicher Beseitigungsanspruch des Nachbarn beschränkt daher in erheblichem Maße das grundsätzliche Recht eines Grundstückeigentümers sein Grundstück – innerhalb der gesetzlichen Grenzen – nach seinen Vorstellungen zu gestalten und zu nutzen (vgl. § 903 S. 1 BGB und Art. 14 GG).

Hierbei ist zu beachten, dass in Fällen wie dem vorliegenden weder das Grundstück des Nachbarn, noch die gemeinsame Grenzanlage unmittelbar tangiert wird. Der Sichtschutzzaun befindet sich vollständig auf dem Grundstück des Beklagten. Es geht daher um eine rein optische Veränderung des Erscheinungsbilds der gemeinsamen Grenzanlage durch eine Veränderung der Umgebung der Grenzanlage. Damit kann es sich nur um eine Verletzung des ästhetischen Empfindens der Kläger handeln. Eine solche wäre nach der herrschenden Lehre als nur ideelle Einwirkung aus dem Anwendungsbereich von §§ 906, 1004 BGB ausgenommen (vgl. Staudinger/Roth, 2016, § 906 Rn. 130).

d) Ein entsprechender Abwehranspruch wäre evtl. gerechtfertigt, wenn Grundstücknachbarn sich durch die Vereinbarung einer gemeinsamen Grenzanlage jedenfalls konkludent auf ein bestimmtes Erscheinungsbild der Grenzanlage auch im Hinblick auf die durch die Grenzanlage bedingte Sicht auf das Nachbargrundstück geeinigt haben.

Dies kann allerdings nach Auffassung der Kammer im streitgegenständlichen Fall nicht angenommen werden. Eher niedrige Maschendrahtzäune wie der vorliegende sind in Landshut als Grenzzäune sehr verbreitet. Teilweise werden sie – wie vom Klägervertreter im Schriftsatz vom 2.3.15, Bl. 35f. d.A., vorgetragen – im Bebauungsplan vorgeschrieben. Sie sind jedoch auch – wie vorliegend – in Gebieten ohne Bebauungsplan zu finden.

Es ist jedoch ebenfalls verbreitet, dass an und hinter diesen Maschendrahtzäunen ein Sichtschutzzaun oder ein anderer Sichtschutz (etwa eine Schilfmatte) angebracht wird. Auch in vorliegendem Fall ist unstreitig, dass die Vornutzerin des Grundstücks des Beklagten über mehrere Jahre eine Schilfmatte an einem Teilbereich des Maschendrahtzauns angebracht hatte.

Die Einigung der Grundstücksnachbarn auf einen eher niedrigen Maschendrahtzaun ist nach Auffassung der Kammer kein Hinweis darauf, dass die Grundstücksnachbarn sich hierbei auch in irgendeiner Weise hinsichtlich einer Unveränderlichkeit des Erscheinungsbildes des Maschendrahtzauns und der durch diesen gewährleisteten Sicht auf das Nachbargrundstück einigen wollten.

Die Kammer hält einen solchen Willen der Grundstücknachbarn – insbesondere bei einer nur konkludenten Zustimmung zu der Grenzeinrichtung – eher für fernliegend.

Eine solche Vereinbarung hätte zur Folge, dass die Grundstücksnachbarn bei vielen Fragen der Gestaltung ihres Grundstücks auf die Zustimmung ihres jeweiligen Nachbarn angewiesen wären. Vorliegend waren etwa die Kläger mit dem Erscheinungsbild der Grenze im Bereich der auf dem Grundstück des Beklagten direkt hinter dem Maschendrahtzaun befindlichen Hecke aus Laubgehölzen einverstanden. Ebenso hätten sie bzw. ihre Rechtsvorgänger hiermit aber auch nicht einverstanden sein können. Bei einem Anspruch auf Unveränderlichkeit des Erscheinungsbilds der Grenzanlage hätte der Beklagte bzw. sein Rechtsvorgänger dann keine Hecke anpflanzen dürfen. Dasselbe würde entsprechend für sämtliche Bepflanzungen und Anlagen auf dem Grundstück gelten, die das äußere Erscheinungsbild der Grenzanlage (wesentlich) verändern.

Eine solche Einschränkung seiner Eigentümerbefugnisse will ein Grundstückseigentümer regelmäßig nicht.

e) Die Erörterungen des Bundesgerichtshofs in der oben genannten Entscheidung (BGH NJW 1985, 1458) sprechen teilweise ebenfalls dafür, dass allein die Einigung der Grundstücksnachbarn über eine Grenzanlage nicht für die Annahme eines Anspruchs auf Erhaltung der Grenzanlage in ihrem äußeren Erscheinungsbild ausreicht.

Danach ist für die Frage, ob eine Grenzeinrichtung zwar nicht in ihrer körperlichen Substanz, aber in sonstiger Weise beeinträchtigt ist, die sich aus der Beschaffenheit ergebende Zweckbestimmung der konkreten Grenzeinrichtung maßgebend (vgl. a.a.O., Rn. 19). Eine Anlage im Sinn von § 921 BGB könne auch andere Zwecke als die bloße Grenzscheidung haben (vgl. a.a.O.).

Vorliegend ist eine über die Grenzscheidung hinausgehende Zweckrichtung des Maschendrahtzauns nicht ersichtlich (vgl. auch oben zu d). Es ist ohne weiteres möglich, dass ein eher niedriger Maschendrahtzaun bei der Erstellung der Grenzanlage etwa deswegen gewählt wurde, weil es sich um eine übliche, eher kostengünstige und langlebige Konstruktion handelt, die die Grenze der Grundstücke für die Nachbarn erkennbar macht. Konkrete Erkenntnisse bzw. konkreter Vortrag zu den Motiven der jeweiligen Grundstückseigentümer bei Errichtung des Maschendrahtzauns, liegen nicht vor.

4.

Sollte man – entgegen der Auffassung der Kammer – einen Beseitigungsanspruch der Kläger grundsätzlich bejahen, wäre dieser nicht aufgrund des Zustands des Maschendrahtzauns ausgeschlossen. Letzterer ist nicht überwiegend zerstört und praktisch nicht mehr zu reparieren. Der Sachverständige hat den Zustand des Zauns beschrieben und dokumentiert (vgl. S. 2 des Gutachtens M., Bl. 100RS d.A.). Er bezeichnet den Zustand als alterstypisch bei einigen Beschädigungen (Zaunspanndraht hängt teilweise durch und ist teilweise gerissen, Zaunsäulen 13 und 14 stehen schief). Es liegen damit keine irreparablen Schäden vor. Aus den Bildern (Anlagen 3 und 4 zum Gutachten M.) ist auch ersichtlich, dass man dem Zaun sein Alter zwar ansieht, dieser aber durchaus noch seine Funktion als Grenzzaun erfüllen kann.

5.

Der Anspruch der Kläger wäre auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Es mag sein, dass die Kläger aufgrund des Konflikts mit den Mietern des Beklagten und dem von ihnen monierten Lärm durchaus selbst ein Interesse an dem Holzflechtzaun und die dadurch bedingte deutlichere Trennung vom Geschehen auf dem Nachbargrundstück haben könnten. Die Kläger sind jedoch deswegen nicht verpflichtet, den Holzflechtzaun zu befürworten.

6.

Da der Beseitigungsanspruch der Kläger nicht gegeben ist, haben diese auch keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO. Es handelt sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Es können vom Beklagten nur Kosten vollstreckt werden.

IV.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen.

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich daraus, dass Nachbarstreits wie der vorliegende häufig vorkommen. Die im Urteil wiederholt zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1985, 1458) ist – wie die vom Klägervertreter zitierten Entscheidungen des AG Bremen und des Bundesverfassungsgerichts zeigen – weiterhin äußerst praxisrelevant. Seit dieser Entscheidung ist jedoch geraume Zeit vergangen. Außerdem enthält die Entscheidung keine näheren Kriterien, unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass eine Grenzeinrichtung – über die bloße Funktion der Grenzscheidung hinaus – „auch in ihrer äußeren Beschaffenheit auf dem Willen der Grundstücksnachbarn beruht“ (vgl. a.a.O., Rn. 19 – 22).

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