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Besorgnis Befangenheit bei einseitiger Kontaktaufnahme

OLG Dresden – Az.: 13 VA 1/18 – Beschluss vom 26.02.2018

Der Antrag des Antragsgegners, Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … als befangen abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrte mit Antrag vom 08.11.2017 die Aufnahme in die Liste der Insolvenzverwalter beim Amtsgericht Dresden. Gegen den, den Antrag zurückweisenden Bescheid des Präsidenten des Amtsgerichts Dresden vom 18.12.2017 (Anlage ASt 1), wandte sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15.01.2018 und beantragte eine gerichtliche Entscheidung.

Mit Verfügung vom 17.01.2018 forderte das Oberlandesgericht … die Verwaltungsakte beim Amtsgericht Dresden an. Mit Schreiben vom 24.01.2018 kam der Präsident des Amtsgerichts Dresden dieser Aufforderung nach. Zugleich lehnte er Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung verwies er auf einen Schriftsatz des Antragstellers vom 03.03.2017 im Verfahren 13 VA 14/16. Darin heißt es auszugsweise wörtlich:

 „Sehr geehrter Herr Dr. …

bezugnehmend auf das am 28.02.2017 geführte Telefonat nehme ich hiermit den Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste des Insolvenzgerichts Dresden vom 23.05.2016 zurück.“

Der Antragsgegner meint, auf Grund der Bezugnahme auf ein am 28.02.2017 geführtes Telefonat sei davon auszugehen, dass der Antragsteller und der abgelehnte Richter den seinerzeit zur Entscheidung stehenden Sachverhalt erörtert hätten. Über den Inhalt dieser Erörterung sei der Antragsgegner ebenso gänzlich in Unkenntnis gelassen worden wie über die Tatsache, dass ein solches Telefonat überhaupt stattgefunden habe. Kenntnis erlangt habe er hiervon erst durch die Übersendung der Abschrift des Schriftsatzes vom 03.03.2017.

Der Antragsgegner müsse befürchten, dass Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht … auch in dem aktuell anhängigen Rechtsstreit den zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt erneut mit dem Antragsteller unter Ausschließung des Antragsgegners erörtere, dem Antragsteller womöglich Hinweise erteile oder sogar Absprachen mit diesem treffe, ohne den Antragsgegner hinzuzuziehen oder davon auch nur in Kenntnis zu setzen.

Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Äußerung vom 31.01.2018 zum Ablehnungsgrund Stellung genommen. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die dienstliche Äußerung Bezug genommen. Der Antragsgegner und der Antragsteller haben mit Schreiben vom 02.02.2018 und Schreiben vom 12.02.2018 Stellung genommen.

II.

Das Ablehnungsgesuch ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Vom Standpunkt des Ablehnenden aus muss bei vernünftiger und besonnener Betrachtungsweise das Verhalten des Richters die Befürchtung wecken können, dieser stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rn. 9; PG/Graßnack, ZPO, 9. Aufl., § 42 Rn. 5, jeweils m.w.N.).

2. Der Antragsgegner begründet sein Befangenheitsgesuch im Wesentlichen damit, von dem zwischen dem Antragsteller und dem abgelehnten Richter geführten Telefonat nicht unterrichtet worden zu sein. Das ist indes nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen.

a) Dem Antragsgegner ist zwar darin beizupflichten, dass die einseitige Kontaktaufnahme zu einem Beteiligten geeignet sein kann, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Das bedeutet jedoch nicht, dass schon Telefongespräche des Richters mit einem Beteiligten von vornherein einen Befangenheitsgrund darstellen. Es kommt vielmehr auf den Inhalt des Gesprächs an. Es muss sich dabei um die Erteilung von Hinweisen und Ratschlägen handeln, die den Eindruck einer den Gegner benachteiligenden Einflussnahme auf den Prozessverlauf erweckt. Allein aus dem Umstand, dass der Richter die Aufgabe der Prozessfürsorge wahrnimmt, kann der jeweilige Gegner nicht folgern, dass der Richter zu seinen Lasten voreingenommen ist (BFH, Beschl. v 18.08.2000 – V B 32/99, zit. n. juris).

b) So verhält es sich hier. Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hat Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht … dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Senat beabsichtige, seinen im Verfahren 13 VA 14/16 gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen, weil der reine Zeitablauf nicht geeignet sei, die Wiederaufnahme in die Insolvenzverwalterliste zu rechtfertigen. Dies habe jedenfalls dann zu gelten, wenn der Bewerber um Neuaufnahme nach wie vor die Rechtswidrigkeit seines Tuns in Abrede stelle. Davon sei der Senat im Verfahren 13 VA 14/16 ausgegangen.

Damit hat Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht … letztlich nichts anderes getan, als dem Antragsteller mitzuteilen, dass sein Antrag ohne Aussicht auf Erfolg ist und er aus diesem Grund zurückgenommen werden sollte. Ein solches im Rahmen der richterlichen Aufklärungspflicht gebotenes Verhalten begründet keinen Ablehnungsgrund (OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.02.1999 – 7 U 194/98, zit. n. juris) Dass Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht … den Antragsgegner von dem Telefonat und dessen Inhalt nicht in Kenntnis gesetzt hat, rechtfertigt keine abweichende Sichtweise. Denn eine für den Antragsgegner nachteilige Einflussnahme auf den Verfahrensverlauf war mit dem richterlichen Hinweis mit dem vorbezeichneten Inhalt nicht verbunden.

c) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung vom 31.01.2018 hat Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht … dem Antragsteller zudem mitgeteilt, dass nach Auffassung des Senats nach weiterem Zeitablauf – mindestens von einem Jahr – der dann nach Antragsrücknahme bestandskräftige Bescheid vom 30.08.2016 einer Neubeantragung unter geänderten Umständen nicht entgegenstehe. Voraussetzung dafür wäre dann, dass glaubhaft der Wegfall des zum damaligen Zeitpunkt fortbestehenden Umstands, aus dem die Unwürdigkeit folge, geltend gemacht werden könne.

Auch diese Äußerung rechtfertigt die Annahme der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht.

Eine aus der Sicht des Antragsgegners benachteiligende Einflussnahme auf den Verlauf des Verfahrens 13 VA 14/16, in dem die vorbezeichnete Äußerung gefallen ist, war damit nicht verbunden. Allenfalls konnte der Antragsteller die Aussage von Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … zum Anlass nehmen, zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Antrag auf Aufnahme in die Insolvenzverwalterliste zu stellen.

Die Äußerung enthielt zudem nichts, was nicht schon Gegenstand des ersten Hinweises des abgelehnten Richters gewesen wäre. Dem Antragsteller wurde vielmehr nochmals deutlich gemacht, dass der reine Zeitablauf nicht entscheidend sei, sondern der Senat zudem davon überzeugt sein müsse, dass die Gründe, die der Neuaufnahme des Antragstellers in die Liste der Insolvenz Verwalter beim Amtsgericht Dresden bislang entgegenstünden, nämlich dass dieser die Rechtswidrigkeit seines Tuns in Abrede stelle, weggefallen sind. Nichts anderes war Gegenstand des vorangegangenen Teils des Telefonats.

Der Senat verkennt nicht, dass Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht … mit diesem auf das zukünftige Verhalten des Antragstellers gerichteten Hinweis inhaltlich über das hinausgegangen ist, was erforderlich gewesen wäre, diesem die Rücknahme seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Verfahren 13 VA 14/16 nahezubringen. Da die Äußerung – wie dargestellt – inhaltlich aber nicht über den das konkrete Verfahren betreffenden Hinweis hinausgegangen ist, vermag der Senat darin keinen Umstand zu sehen, der die Annahme der Besorgnis der Befangenheit zweifelsfrei rechtfertigen würde. Wegen des Ausnahmecharakters, der § 42 ZPO im Hinblick auf den gesetzlichen Richter gem. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zukommt (MüKo/Stackmann, ZPO, 5. Aufl., § 42 Rn. 6; PG/Graßnack, ZPO, 9. Aufl., § 42 Rn. 6), verbleibt es daher dabei, dass das Befangenheitsgesuch zurückzuweisen war.

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