Verfasser: Dr. Christian Gerd Kotz
1. Einleitung:
Einmalzahlungen (wie Weihnachts- und Urlaubsgeld) sollen künftig in die Berechnung des Arbeitslosen- und Krankengeldes einbezogen werden. Dies sieht das Gesetz zur Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (Einmalzahlungs-Neureglungsgesetz) vor. Das Gesetz wird voraussichtlich noch im Dezember 2000 verabschiedet. Die neuen Reglungen sollen rückwirkend zum 22.06.2000 in Kraft treten.
2. Die Veranlassung zur Neuregelung:
a. Mit dem neuen Gesetz werden zum einen mehrere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt:
aa. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 24.05.2000 (Az.: 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98 und 1 BvL 15/99) entschieden, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 GG gebietet, einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Berechnung von kurzfristigen beitragsfinanzierten Lohnersatzleistungen (wie beispielsweise Arbeitslosengeld und Krankengeld) zu berücksichtigen, wenn es zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird. Das Gesetz zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 12.12.1996 (BGBl. I S. 1859) genügt dieser verfassungsrechtlichen Anforderung nicht. Die Regelungen zur Erhebung von Beiträgen aus einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sind ohne die gesetzliche Neuregelung längstens bis zum 30.06.2001 anwendbar.
bb. Mit Beschluss vom 10.11.1998 (Az.: 1 BvR 2296/96, 1 BvR 1081/97- BVerfGE 99, 202) hat das BVerfG entschieden, dass die Regelung, nach der ein Arbeitgeber, der mit seinem früheren Arbeitnehmer eine Wettbewerbsvereinbarung getroffen hat, der Bundesanstalt für Arbeit das diesem gezahlte Arbeitslosengeld einschließlich der Beiträge für die Sozialversicherung in vollem Umfang zu erstatten hat, den Arbeitgeber unverhältnismäßig belastet. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, spätestens bis zum 01.01.2001 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen.
b. Zum anderen sind verschiedene arbeitspolitische Instrumente in den Bereichen Kurzarbeitergeld, Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen bis Ende des Jahres 2000 bzw. 2002 befristet. Diese sollen durch das neue Gesetz verlängert werden.
3. Im Einzelnen sind folgende Änderungen vorgesehen:
a. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt wird in die Bemessung des Arbeitslosengeldes, des Unterhaltsgeldes und des Übergangsgeldes nach dem SGB (Sozialgesetzbuch) III, in die Bemessung des Krankengeldes nach dem SGB V, in die Bemessung des Übergangsgeldes nach dem SGB VI sowie in die Bemessung des Verletztengeldes und des Übergangsgeldes nach dem SGB VII einbezogen.
b. Die Regelung zur Erstattung des Arbeitslosegeldes durch den Arbeitgeber bei Vereinbarung einer Konkurrenzklausel wird aufgehoben
c. Die befristeten Regelungen zum Kurzarbeitergeld in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (Struktur-Kurzarbeitergeld) sowie zur Strukturanpassungsmaßnahmen werden bis zum 31.12.2006 verlängert und in Teilen optimiert. Die Sonderregelung, nach der in den Bundesländern für Arbeitnehmer mit reduzierter Arbeitszeit in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ein Lohnkostenzuschuss bis zu 100 % des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts gezahlt werden kann, wird bis zum 31.12.2002 verlängert.
d. Die konjunkturelle Entwicklung und steigende Beitragseinnahmen bei zurückgehender Arbeitslosigkeit ermöglichen es der Bundesanstalt für Arbeit, bisher aus dem Bundeshaushalt finanzierte Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nunmehr aus eigenen Mitteln zu finanzieren. So kann die Bundesanstalt für Arbeit ab dem Jahr 2001 aus eigenen Haushaltsmitteln die Finanzierung der Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser und der vollen Kosten für Strukturmaßnahmen übernehmen.
e. Die Bemessungsgrundlage für den Beitrag zur Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosenhilfe wird von 80 % des dem Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe entsprechenden Arbeitsentgelts auf 58% vermindert.
4. Kosten der Änderungen:
a. Die Neuregelungen zur Berücksichtigung von einmalig gezahlten Arbeitslosenentgelten bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes und des Unterhaltsgeldes sowie des Übergangsgeldes nach dem SGB III führen schätzungsweise zu folgenden Mehrausgaben im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit:
Jahr: |
2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
Mehrausgaben in Mrd. DM: |
2,4 |
3,7 |
3,1 |
3,0 |
2,9 |
b. Die geschätzten Mehrausgaben der Krankenkasse durch die Einbeziehung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt in die Bemessung des Krankengeldes, einschließlich der aus dem Bemessungsentgelt für das Krankengeld zu leistenden Beiträge an Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung belaufen sich auf:
aa. einmalig rund 1,5 Mrd. DM für rückwirkende Zahlungen bis zum Jahresende 2000 und
bb. rund 0,8 Mrd. DM jährlich ab dem Jahr 2001.
c. Durch die Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlage für Arbeitslosenhilfeempfänger entstehen der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2001 jährliche Mindereinnahmen von 1,2 Mrd. DM.