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EU-Fahrerlaubnis – Umtausch der Fahrerlaubnis in deutsche Fahrerlaubnis

OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN

Az.: 16 B 1363/06

Beschluss vom 31.10.2006

Vorinstanz: Verwaltungsgericht Münster, Az.: 10 L 361/06


In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen Aberkennung des Rechts, von einer polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen hier: Regelung der Vollziehung hat der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen am 31. Oktober 2006 beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom

26. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung durch den Senat führt zu keinem für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, der angefochtene Beschluss halte insbesondere unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einer europarechtlichen Überprüfung nicht stand. Dass es – wie es das Verwaltungsgericht angenommen habe – den Behörden des „Anerkennungsstaates“ offen stehe, dem Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis den Gedanken der missbräuchlichen Berufung auf das Gemeinschaftsrecht entgegen zu halten, habe der EuGH bereits in seinem Urteil vom 29. April 2004 – C-476/01 [Kapper] -, NJW 2004, 1725 = DAR 2004, 333 = NZV 2004, 373 = Blutalkohol 2004, 450, verworfen.

Auch der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr könne die angefochtene Entscheidung nicht rechtfertigen. Hinsichtlich der Verkehrssicherheit nehme die Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Europäischen Union lediglich einen Mittelplatz ein, so dass nicht der „Untergang des Abendlandes“ zu befürchten sei, wenn hinsichtlich der Fahrtauglichkeitsprüfungen lediglich der europäische Mindeststandard eingehalten werde. Für die Harmonisierung der Erteilungsvoraussetzungen seien nicht die Behörden und Gerichte, sondern der Normgeber zuständig.

Soweit es die Einschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens anbelangt, geht der Senat auch in Ansehung der jüngsten Entscheidung des EuGH (Beschluss vom 6. April 2006 2006 – C-227/05 [Halbritter] -, NJW 2006, 2173 = DVBl. 2006, 891 = DAR 2006, 375 = Blutalkohol 2006, 307,- C-227/05 -) weder von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit noch von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügung des Antragsgegners aus (vgl. in einem entsprechend gelagerten Fall auch schon OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2006 – 16 B 989/06 -, Juris), so dass letztlich ausschließlich die Abwägung der beteiligten persönlichen und öffentlichen Interessen entscheidet. Diese Abwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.

Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügung des Antragsgegners ergibt sich zunächst nicht aus dem Wortlaut oder dem erkennbaren bzw. vom Normgeber selbst verlautbarten Sinn der Europäischen Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG vom 29. Juli 1991 (ABl. Nr. L 237/1; im Folgenden: Führerscheinrichtlinie).

Deren Art. 1 Abs. 2 gebietet zwar, dass die von den Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnisse (die Führerscheinrichtlinie spricht in diesem Zusammenhang von „Führerscheinen“) gegenseitig anerkannt werden. Ergänzend bestimmt Art. 8 Abs. 1 der Führerscheinrichtlinie, dass der Inhaber einer innerhalb der EG ausgestellten Fahrerlaubnis nach der Wohnsitznahme in einem anderen Mitgliedstaat dort den Umtausch in einen gleichwertigen Führerschein des Aufenthaltsstaates beantragen und damit auch beanspruchen kann. Auf der anderen Seite kann aber der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes gemäß Art. 8 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie auf den Inhaber einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein erforderlichenfalls umtauschen. Nach Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Führerscheinrichtlinie kann ein Mitgliedstaat die Gültigkeit einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis ablehnen, wenn in seinem Hoheitsgebiet gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis eine der in Abs. 2 genannten Maßnahmen angewandt wurde. Danach ergibt sich zusammengefasst, dass der in Art. 1 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie zum Ausdruck gebrachte Grundsatz der wechselseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen nach näherer Maßgabe von Art. 8 Abs. 2 und Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie erheblichen, letztlich der Sicherheit des Straßenverkehrs geschuldeten Einschränkungen unterliegt. Der Führerscheinrichtlinie – einschließlich der eingangs wiedergegebenen Begründungserwägungen – ist auch kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die in den genannten Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Prinzipien – der Anerkennungsgrundsatz zum einen, die fortbestehenden einschränkenden Befugnisse des Aufenthaltsstaates zum anderen – einen unterschiedlichen Rang einnähmen. Nach den Begründungserwägungen ist die Zielsetzung der Führerscheinrichtlinie vielmehr eine dreifache: es geht erstens um eine gemeinsame Verkehrspolitik, also eine Rechtsharmonisierung im Fahrerlaubnisrecht, zweitens um die Verbesserung der Sicherheit des Straßenverkehrs und drittens um die Freizügigkeit von Personen, die zeitweilig in anderen Mitgliedstaaten der EG gelebt und dort eine Fahrerlaubnis erworben haben. Eine diesen niedergelegten Zielsetzungen des Richtliniengebers, also des Rates der Europäischen Gemeinschaft entsprechende Auslegung der einzelnen Vorschriften der Führerscheinrichtlinie und ihres wechselseitigen Verhältnisses zueinander muss mithin alle drei Leitlinien berücksichtigen und angemessen zur Geltung bringen, auch die Belange der Sicherheit des Straßenverkehrs bzw. der dahinterstehenden Individualrechtsgüter Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum der Verkehrsteilnehmer. Dies wird ausgangs der Begründungserwägungen nochmals deutlich herausgehoben, wo es heißt:

„Außerdem sollen aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Straßenverkehrs die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis auf jeden Führerscheininhaber anzuwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet hat.“

Da in den Begründungserwägungen zuvor ausgiebig über die Einführung einer einheitlichen EU/EG-Fahrerlaubnis gesprochen worden ist, kann dieser zuletzt zitierten Passage nur die Bedeutung zukommen, die fortbestehenden Befugnisse einzelstaatlicher Stellen in Ansehung EU/EG-ausländischer Fahrerlaubnisse noch einmal zu betonen. Die Aspekte der Geltungseinschränkung ausländischer Fahrerlaubnisse und der Verkehrssicherheit werden miteinander in Beziehung gesetzt und in das dem Richtliniengeber vorschwebende Verhältnis gebracht; den dieser Zielsetzung entsprechenden Vorschriften des Art. 8 Abs. 2 und Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie wird somit eine zentrale Stellung zugewiesen. Darüber hinaus verhält sich die Führerscheinrichtlinie auch eindeutig zu der Notwendigkeit, den Gefahren entgegenzuwirken, die durch ungeeignete, insbesondere Alkohol bzw. Drogen missbrauchende Fahrerlaubnisbewerber bzw. Verkehrsteilnehmer hervorgerufen werden. Im Anhang III zur Führerscheinrichtlinie („Mindestanforderungen hinsichtlich der körperlichen und geistigen Tauglichkeit für das Führen eines Kraftfahrzeugs“) heißt es zu den Unterpunkten 14 und 14.1 (Alkohol) allgemein sowie speziell im Hinblick auf die Fahrerlaubnisklassen A, A1, B, B1 sowie B+E (Gruppe 1):

„Alkoholgenuss ist eine große Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr. Da es sich um ein schwerwiegendes Problem handelt, ist auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit geboten. Bewerbern und Fahrzeugführern, die alkoholabhängig sind oder das Führen eines Fahrzeugs und Alkoholgenuss nicht trennen können, darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig waren, kann nach einem nachgewiesenen Zeitraum der Abstinenz vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden.“

Zu den Unterpunkten 15 und 15.1 (Drogen und Arzneimittel) ist an entsprechender Stelle ausgeführt:

„Bewerbern und Fahrzeugführern, die von psychotropen Stoffen abhängig sind oder, auch ohne abhängig zu sein, von solchen Stoffen regelmäßig übermäßig Gebrauch machen, darf eine Fahrerlaubnis unabhängig von der beantragten Führerscheinklasse weder erteilt noch erneuert werden. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die regelmäßig psychotrope Stoffe in irgendeiner Form einnehmen, darf, wenn die aufgenommene Menge so groß ist, dass die Fahrtüchtigkeit nachteilig beeinflusst wird, eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden.

Dies gilt auch für alle anderen Arzneimittel oder Kombinationen von Arzneimitteln, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen.“

Die jeweils auf Vorlagebeschlüsse deutscher Gerichte hin ergangenen Entscheidungen des EuGH in Sachen Kapper und Halbritter müssen vor dem skizzierten normativen Hintergrund gesehen werden. Im Urteil vom 29. April 2004 (Rechtssache Kapper) hat der EuGH die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen nach Art. 1 Abs. 2 Führerscheinrichtlinie als Ausprägung des Grundsatzes der Freizügigkeit und die einzelstaatliche Befugnis zur Versagung der Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse nach Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie als Ausnahme von diesem Grundsatz bezeichnet (Rdn. 70 und 71) und im Weiteren (Rdn. 72) das Rangverhältnis zwischen diesen Bestimmungen der Führerscheinrichtlinie bzw. den darin zum Ausdruck gelangten Rechtsprinzipien folgendermaßen gekennzeichnet:

„Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, eng auszulegen (…). Dies muss erst recht gelten, wenn dieser allgemeine Grundsatz die Ausübung von durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten, wie sie in Rdn. 71 des vorliegenden Urteils aufgeführt sind, erleichtern soll.“

Nachfolgend wird näher erläutert, welche Folgerungen aus der geforderten engen Auslegung von Art. 8 Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie zu ziehen sind (Rdn. 76):

„Da diese Bestimmung [Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie] eng auszulegen ist, kann sich ein Mitgliedstaat nicht auf sie berufen, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Ist nämlich die zusätzlich zu der fraglichen Maßnahme angerdnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bereits abgelaufen, so verbietet es Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439 diesem Mitgliedstaat, weiterhin die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins, der dem Betr. später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist, abzulehnen.“

Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung diesen Ausführungen zur Auslegung der Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie nicht mit hinlänglicher Gewissheit entnehmen können, dass die präventiv-polizeiliche Entziehung einer nach dem Ablauf einer etwaigen Wiedererteilungssperrfrist erteilten EU-Fahrerlaubnis im Hinblick auf Fahreignungsmängel, die vor deren Erteilung hervorgetreten sind, offensichtlich rechtswidrig ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2005 – 16 B 736/05 -, DAR 2006, 43 = VRS 2005, 476 = Blutalkohol 2006, 333 = NWVBl. 2006, 103; im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. September 2005 – 10 S 1194/05 -, NJW 2006,1153 = DVBl. 2006, 188 = DAR 2006, 32 = VRS 2005, 452; Nds. OVG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 – 12 ME 288/05 -, NJW 2006, 1158 = DVBl. 2006, 192 = DAR 2005, 704; Hessischer VGH, Beschluss vom 16. Dezember 2005 – 2 TG 2511/05 -, VRS 2006, 235 = DAR 2006, 345; anderer Ansicht OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. August 2005 – 7 B 11021/05 -, NJW 2005, 3228 = DÖV 2005, 1009 = DAR 2005, 650 = NZV 2005, 605).

Denn zum einen war die Kapper-Entscheidung des EuGH im Kontext des Vorlageverfahrens, einem Strafverfahren, in dem es um die Verwirklichung des Straftatbestandes des Fahrens ohne (gültige) Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) gegangen war, auf die Anerkennungsproblematik im engeren Sinne, also die Frage der unmittelbaren, nicht von einem zusätzlichen Anerkennungsakt inländischer Behörden abhängigen Rechtswirksamkeit einer EU-Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugeschnitten. Die dem Polizei- und Ordnungsrecht zuzuordnende Fragestellung, ob wegen fortbestehender Fahreignungsmängel die ausländische Fahrerlaubnis wieder entzogen werden kann bzw. ob dem Betroffenen wegen nicht ausgeräumter Zweifel an seiner Fahreignung ärztliche oder medizinisch-psychologische Untersuchungspflichten (mit der möglichen Rechtsfolge aus § 11 Abs. 8 StVG) auferlegt werden können, war der EuGH-Entscheidung des Jahres 2004 nicht zu entnehmen.

Unklar blieb des Weiteren, ob sich der EuGH nur zu den Fällen äußern wollte, in denen „zusätzlich zu der fraglichen Maßnahme“ eine gerichtliche Sperrfrist verhängt worden ist, so dass u.U. der davon abweichende Fall einer (ordnungsbehördlichen) Maßnahme ohne Sperrfrist vom EuGH entweder überhaupt nicht als relevante Möglichkeit erkannt oder aber bewusst nicht mitbehandelt worden ist.

Aber auch die jüngere Entscheidung des EuGH vom 6. April 2006 (Rechtssache Halbritter) verhält sich nicht eindeutig zu der aufgezeigten Problematik. Zunächst geht es ausweislich der abschließend wiedergegebenen Schlussfeststellungen anscheinend wiederum lediglich um die – in Art. 8 Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie geregelten – Fragen der Gültigkeit bzw. Gültigkeitsanerkennung (Nr. 1) sowie der Umschreibung einer EU-Fahrerlaubnis (Nr. 2), wobei die Umschreibung als Unterfall bzw. als verwaltungstechnische Umsetzung der Gültigkeitsanerkennung anzusehen ist. Nur darüber war im Ausgangsverfahren zu befinden, da Herr Halbritter gegenüber der inländischen Fahrerlaubnisbehörde die Zuerkennung des Rechts beantragt hatte, von seiner österreichischen Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (vgl. § 28 Abs. 5 FeV); eine Entziehung der österreichischen Fahrerlaubnis bzw. die Entziehung des Rechts, diese Fahrerlaubnis in Deutschland zu nutzen, waren nicht erfolgt. Daher sprechen erhebliche Gründe gegen die Annahme, dass in dem aktuellen Beschluss des EuGH der von Art. 8 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie erfasste Fall der Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis, die logisch gerade die Anerkennung dieser Fahrerlaubnis als (zunächst) rechtsgültig voraussetzt, behandelt wird. Andererseits wird im EuGH-Beschluss vom 6. April 2006 – anders noch als im EuGH-Urteil vom 29. April 2004 – neben Art. 8 Abs. 4 auch Art. 8 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie genannt und dem Anerkennungsgrundsatz nach Art. 1 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie untergeordnet. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass der EuGH den Begriff der „Anerkennung“ einer Fahrerlaubnis umfassend, also nicht nur im Sinne einer quasi automatischen Gültigkeit „ohne jede Formalität“ (vgl. Beschluss vom 6. April 2006, Rdn. 25), sondern auch im Sinne einer materiellen Entziehungsfestigkeit versteht. Das könnte sich etwa in der Erwägung des EuGH andeuten, der Aufenthaltsstaat dürfe nicht verlangen, dass der Fahrerlaubnisinhaber die Bedingungen erfülle, die sein nationales Recht für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entzug aufstelle (Rn. 29 des Beschlusses). Eine abschließende und gesicherte Aussage zur Reichweite der Entscheidung lässt sich somit nach dem Vorstehenden nicht treffen.

Die Reichweite des EuGH-Beschlusses vom 6. April 2006 für Fälle wie den vorliegenden ist des Weiteren deshalb fraglich, weil der EuGH nicht zu dem nach der EuGH-Entscheidung in Sachen Kapper verstärkt festzustellenden Missbrauchsphänomen des sog. Führerscheintourismus Stellung bezieht. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass in Deutschland lebende Verkehrsteilnehmer, denen vormals wegen Eignungsmängeln die Fahrerlaubnis entzogen bzw. nicht (wieder-)erteilt worden ist und die gegebenenfalls in diesem Zusammenhang eine ihnen auferlegte medizinisch-psychologische Untersuchung entweder nicht „bestanden“ oder aber von vornherein verweigert haben, nachfolgend in Tschechien oder Polen eine Fahrerlaubnis erwerben konnten, ohne dass – wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist – die hierzulande aufgetretenen (oft alkohol- bzw. drogenbedingten) Fahreignungsmängel hinreichend abgeklärt worden wären und ohne dass vielfach das Erfordernis eines auf das Kalenderjahr entfallenden mindestens 185-tägigen Wohnaufenthalts am Ort der Führerscheinerteilung (vgl. Art. 9 der Führerscheinrichtlinie) konsequent beachtet worden wäre. Die Bedeutung des Missbrauchsphänomens des sog. Führerscheintourismus lässt sich nicht nur aus der hohen Zahl einschlägiger verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen sondern auch aus der intensiven und teilweise reißerischen Werbung („EU-Führerschein ohne MPU“, „EU-Führerschein in 3 Tagen“) für diese Art des Fahrerlaubniserwerbs im Internet (vgl.google, Suchwort „EU-Führerschein“) ersehen.

Der vorliegende Fall weist alle wesentlichen Merkmale des sog. Führerscheintourismus auf. Der Antragstellerin ist in Deutschland wiederholt durch strafgerichtliche Entscheidung wegen des Delikts der Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 1 StGB die Fahrerlaubnis entzogen worden, zuletzt durch Urteil des Amtsgerichts Tecklenburg vom 22. Dezember 2004. Ausweislich der Urteilsgründe hat sie bei der zugrunde liegenden Fahrt am 1. Februar 2004 durch ihre Fahrweise entgegenkommende Fahrzeuge erheblich gefährdet. Die ihr um 21.55 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,52 Promille und im Zeitpunkt der Fahrt (gegen 20.15 Uhr) selbst lag nach den Gründen des Urteils jedenfalls ein Wert von über 1,1 Promille vor. Bei der vorausgegangenen Trunkenheitsfahrt, die durch Urteil des Amtsgerichts Tecklenburg vom 27. März 2002 abgeurteilt worden war, hatte die Blutprobe sogar eine Blutalkoholkonzentration von 2,32 Promille ergeben. Die genannten Werte sprechen für eine starke Gewöhnung der Antragstellerin an hohe Alkoholmengen.

Die amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung Münster des RWTÜV war in einem auf Antrag der Klägerin auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach der Trunkenheitsfahrt im Jahre 2002 erstellten medizinisch-psychologischen Gutachten aus September 2002 – wie übrigens zuvor schon die medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle Münster des RWTÜV in einem medizinisch-psychologischen Gutachten aus Dezember 1990 – zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragstellerin auch in Zukunft Kraftfahrzeuge unter Alkoholeinfluss führen werde. Die Fahrerlaubnis war dieser am 3. Juli 2003 erst wieder erteilt worden, nachdem sie im Juni 2003 eine letztlich positive medizinisch-psychologische Begutachtung durch den TÜV Nord erreicht hatte, die allerdings immer noch den Zusatz enthielt, die Rückfallgefahr könne „nicht als völlig überwunden gelten“. Die Richtigkeit dieser Einschränkung sollte sich dann durch die Trunkenheitsfahrt vom 1. Februar 2004 bestätigen.

Dass bei der Fahrerlaubniserteilung in Polen den vormals zutage getretenen erheblichen Eignungsmängeln der Antragstellerin in einem den Anforderungen aus Anhang III der Richtlinie 91/439/EWG entsprechenden Umfang nachgegangen worden ist, geht weder aus der Akte noch aus den Einlassungen der Antragstellerin hervor. Es kann bei summarischer Prüfung auch nicht zugrunde gelegt werden, dass sich die Antragstellerin vor dem Erwerb der polnischen Fahrerlaubnis wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen über einen längeren Zeitraum dort aufgehalten hätte. Allerdings ist im polnischen Führerschein der Antragstellerin eine polnische Wohnanschrift vermerkt. Nach Mitteilung des Einwohnermeldeamtes der Gemeinde Westerkappeln vom 7. Juni 2006 jedoch ist die Antragstellerin dort seit dem 1. Mai 1994 mit alleiniger Wohnung gemeldet. Dies ist immerhin ein Indiz dafür, dass die Antragstellerin in Polen keinen Wohnsitz im Sinne von Art. 7 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG begründet hat. Dem entspricht es auch, dass die Antragstellerin nach Aktenlage familiär in Westerkappeln gebunden ist. Das Verwaltungsgericht hat die Wohnsitzfrage in seiner Verfügung vom 7. Juni 2006 angesprochen. Dieses Schreiben ist unbeantwortet geblieben. Der Senat geht davon aus, dass der in Angelegenheiten der vorliegenden Art in einer Vielzahl von Fällen bundesweit auftretende und auch versierte Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf die Anfrage des Verwaltungsgerichts hin nähere Erläuterungen gegeben hätte, wenn das Wohnsitzerfordernis durch die Antragstellerin erfüllt worden wäre. Er hätte es sich gegebenenfalls sicherlich nicht nehmen lassen, auf Anhaltspunkte dafür hinzuweisen, dass der Aufenthalt der Antragstellerin in Polen einen über die bloße Erlangung des Führerscheins hinausgehenden gemeinschaftsrechtlichen Bezug zu den durch das Europäische Vertragswerk garantierten Grundfreiheiten, etwa der Dienstleistungsfreiheit oder der Freizügigkeit für Arbeitnehmer gehabt hätte. Auch Maßnahmen der polnischen Behörden zur Überprüfung der Fahreignung der Antragstellerin wären kaum verschwiegen worden.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der EuGH dem Anerkennungsprinzip des Art. 1 Abs. 2 Führerscheinrichtlinie vor den in Art. 8 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie zum Ausdruck kommenden Belangen der Verkehrssicherheit zugunsten von Verkehrsteilnehmern den Vorrang einräumt, die wie die Antragstellerin in der Vergangenheit hartnäckig die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet haben und die nachfolgend, statt einen gefestigten Einstellungs- und Verhaltenswandel nachzuweisen, das derzeit noch bestehende innereuropäische Anforderungsgefälle bei der Abklärung gesundheitlicher oder charakterlicher Eignungszweifel sowie Unzulänglichkeiten bei der grenzüberschreitenden Unterrichtung über aktenkundige Eignungsmängel ausgenutzt haben, um ohne eine Aufarbeitung ihrer gesundheitlichen oder charakterlichen Mängel wieder in den Besitz einer Fahrerlaubnis zu gelangen. Ein anderes Verständnis der Rechtsprechung des EuGH würde sehenden Auges eine massive Gefährdung selbst höchstrangiger, verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit zahlreicher Menschen in Kauf nehmen. Dass der EuGH seiner Rechtsprechung ein derartiges Verständnis zugrundelegen wollte, das berechtigte Sicherheitsbelange von Mitgliedsstaaten ignorieren und die Erfüllung verfassungsrechtlich fundierter Schutzpflichten des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit seiner Bürger in einem so zentralen Bereich wie der Sicherheit des Straßenverkehrs nachhaltig beeinträchtigen würde, erscheint dem Senat schlechterdings nicht vorstellbar. Eine solche Einschätzung lässt sich vor allem auch deshalb nicht gewinnen, weil der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Halbritter gerade kein Fall des sog. Führerscheintourismus zugrunde gelegen hat. Der EuGH weist in seiner Entscheidung – und zwar im Rahmen der Entscheidungsgründe im engeren Sinne – ausdrücklich darauf hin, dass Herr Halbritter während einer längeren Zeit aus beruflichen Gründen seinen Wohnsitz in Österreich hatte, so dass er nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Führerscheinrichtlinie zu jener Zeit überhaupt nur dort eine neue Fahrerlaubnis erwerben konnte (Rdn. 30). Außerdem wird betont, dass die österreichischen Behörden überprüft hatten, ob Herr Halbritter den Mindestanforderungen in Bezug auf die physische und psychische Fahreignung entsprechend dem Anhang III zur Führerscheinrichtlinie genügte (Rdn. 31). Wohl auf der Grundlage dieser Überprüfung konnte der deutschen Fahrerlaubnisbehörde auch eine vom Kuratorium für Verkehrssicherheit Tirol über die Fahreignung des Herrn Halbritter aus psychologischer Sicht gefertigte Stellungnahme vorgelegt werden. Der EuGH stellt in dem Beschluss vom 6. April 2006 überdies wiederholt heraus, dass er „aufgrund aller vorstehenden Erwägungen“ (Rdn. 32) bzw. „in einem Fall wie dem des Herrn Halbritter“ (Rdn. 36) bzw. „unter

Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens“ (Rdn. 38 und 2. Schlussfeststellung) zum Vorrang des Anerkennungsgrundsatzes gelangt ist. Es spricht daher unter Berücksichtigung des oben dargestellten Inhalts der Führerscheinrichtlinie sehr viel dafür, dass der EuGH seine restriktive Auslegung des Art. 8 Abs. 2 und Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie auf den Normalfall des Bürgers bezieht, der vom Recht auf freie Wohnortwahl innerhalb Europas Gebrauch macht und während eines solchen verfestigten Auslandsaufenthalts wieder eine Fahrerlaubnis erwirbt. Es kann aber nicht angenommen werden, dass der EuGH unter anderen Umständen als denen des Falles Halbritter, also speziell in einem typischen Fall des sog. Führerscheintourismus, dem Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie gegenüber den Belangen der Sicherheit des Straßenverkehrs den Vorrang eingeräumt haben würde.

Für diese Annahme lässt sich auch anführen, dass in der Rechtsprechung des EuGH der Gedanke des rechtmissbräuchlichen Gebrauchmachens von europarechtlichen Freiheitsverbürgungen anerkannt ist. Die Berufung auf die durch Gemeinschaftsrecht eröffneten Möglichkeiten und Befugnisse kann versagt oder jedenfalls eingeschränkt werden, wenn diese in missbräuchlicher oder betrügerischer Absicht genutzt werden, um sich der Anwendung nationalen Rechts zu entziehen (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 7. Februar 1979 – 115/78 [Knoors] -, Slg. 1979 I S. 399 = NJW 1979, 1761, vom 3. Oktober 1990 – C-61/89 [Bouchoucha] -, Slg. 1990 I S. 3563 und vom 9. März 1999 – C-212/97 [Centros Ltd] -, Slg. 1999 I S. 1459 = NJW 1999, 2027).

Soweit dem Betroffenen in diesem Sinne ein missbräuchliches oder betrügerisches Verhalten anzulasten ist, kann ihm gleichwohl nicht generell die Berufung auf einschlägiges Gemeinschaftsrecht versagt werden. Dies setzt vielmehr zusätzlich eine Würdigung der Ziele voraus, die mit den fraglichen Bestimmungen des nationalen Rechts bzw. mit den die Ausübung europarechtlicher Grundfreiheiten behindernden nationalen Maßnahmen verfolgt werden. Diese Bestimmungen oder Maßnahmen müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 9. März 1999 – C-212/97 [Centros Ltd] -, aaO., Rdn. 25 und 34).

Vorliegend sind die Voraussetzungen für die Annahme eines missbräuchlichen Verhaltens erfüllt, weil sich die Antragstellerin nicht für längere Zeit und in Ausübung der durch das Europäische Vertragswerk garantierten Grundfreiheiten – insbesondere etwa des Freizügigkeitsrechts als Arbeitnehmer – sondern nur kurzfristig zum offenkundig alleinigen Zweck des Fahrerlaubniserwerbs in Polen aufgehalten hat. Die Antragstellerin handelte mit dem klar erkennbaren Vorsatz, die derzeit noch deutlich geringeren Anforderungen auszunutzen, die das polnische Recht bzw. die Praxis seiner Anwendung an die gesundheitliche und charakterliche Eignung von Fahrerlaubnisbewerbern richten, wobei ihr auch bewusst war, dass sie in Deutschland ohne eine erfolgreich absolvierte medizinisch-psychologische Begutachtung, die sie nach den bisherigen Erfahrungen bei ihrer Vorgeschichte nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres erhalten würde, keine Fahrerlaubnis würde erlangen können. Die Missbräuchlichkeit dieses Vorgehens liegt vor allem deshalb auf der Hand, weil die Führerscheinrichtlinie selbst Vorkehrungen gegen den Führerscheintourismus getroffen hat, indem sie in Art. 7 die Ausstellung eines Führerscheins vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes abhängig macht und in Art. 9 Satz 1 einen ordentlichen Wohnsitz nur dann annimmt, wenn der Fahrerlaubniserwerber dort persönliche oder berufliche Bindungen unterhält und an mindestens 185 Tagen im Jahr dort wohnt.

Dass die Antragstellerin diese Anforderungen erfüllt hat, ist – wie oben dargelegt – weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei summarischer Würdigung kann vor allem auch nicht angenommen werden, dass die oben (S. 5) angesprochenen strengen Grundsätze des Anhangs III der Richtlinie 91/439/EWG über die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Alkoholmissbrauch bei der Ausstellung des Führerscheins der Antragstellerin durch die polnischen Behörden beachtet worden sind.

Eine Diskriminierung der Antragstellerin durch die Aufforderung zur Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung und – nach deren Verweigerung – durch die Entziehung ihrer ausländischen Fahrerlaubnis ist nicht zu erkennen. Es werden nur die Vorschriften angewandt, die allgemein für Fahrerlaubnisbewerber bzw. -inhaber in Deutschland gelten. Der von der Antragstellerin geforderte Nachweis, dass sie nunmehr – anders als jedenfalls noch im Jahr 2004 – über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen verfügt und insbesondere ihre massiven Alkoholprobleme in den Griff bekommen hat, dient außerdem zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, nämlich der Abwehr konkreter Gefahren für die Sicherheit des

Straßenverkehrs und damit dem Schutz höchstrangiger Individualrechtsgüter der anderen Verkehrsteilnehmer. Das MPU-Erfordernis und die Fahrerlaubnisentziehung nach der Verweigerung der Untersuchung sind auch geeignet und erforderlich, um die von der Antragstellerin ausgehenden Gefahren abzuwenden. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass vorliegend nicht von Vornherein die Gültigkeit der polnischen Fahrerlaubnis der Antragstellerin in Frage gestellt worden ist. Der Antragstellerin ist zunächst lediglich – als milderes Mittel – aufgegeben worden, ihre aufgrund der vormaligen erheblichen Verfehlungen zweifelhafte Kraftfahreignung unter Beweis zu stellen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit das Verbot des Gebrauchmachens hiervon im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – und nur hier – sind erst verfügt worden, nachdem die Antragstellerin die Untersuchung innerhalb der zulässigerweise gesetzten Frist versäumt hatte, ohne dafür einen stichhaltigen Grund anführen zu können.

Erweist sich mithin trotz der von der Antragstellerin angeführten europarechtlichen Bedenken die Ordnungsverfügung des Antragsgegners jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig (so in jüngster Zeit, d.h. nach dem Bekanntwerden der Halbritter-Entscheidung des EuGH, unter anderem auch VG Freiburg, Beschluss vom 1. Juni 2006 – 1 K 752/06 -; Thür. OVG, Beschluss vom 29. Juni 2006 – 2 EO 240/06 -, ebd.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Juli 2006 – 10 S 1337/06 -, Juris; Hess. VGH, Beschluss vom 9. August 2006 – 2 TG 1400/06 -; Nds. OVG, Beschluss vom 15. August 2006 – 12 ME 123/06 -, Juris; OVG MV, Beschluss vom 29. August 2006 – 1 M 46/06 -, Juris; anderer Ansicht VG Augsburg, Beschluss vom 29. Mai 2006 – Au 3 S 06.600 -, DAR 2006, 527; VG Neustadt, Beschlüsse vom 30. Mai 2006 – 3 L 745/06.NW – und vom 1. Juni 2006 – 3 L 685/06.NW; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20. Juni 2006 – 4 MB 44/06 -, ebd., führt) die vorzunehmende Interessenabwägung zu einem eindeutigen Überwiegen der vom Antragsgegner ins Feld geführten öffentlichen Belange, die dem überragenden Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs Rechnung tragen und somit dem Schutz höchstrangiger Rechtsgüter dienen. Die Antragstellerin hat demgegenüber nichts dafür anführen können, dass es ihr inzwischen gelungen ist, die bei ihr anzunehmende massive Alkoholproblematik zu überwinden und Strategien für ein alkoholfreies Leben zu entwickeln. Allein die Tatsache, dass sie seit der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis nicht wieder im Verkehr auffällig geworden ist, reicht schon angesichts der hohen Dunkelziffer von Verkehrsverfehlungen als Grundlage für eine anderslautende Beurteilung nicht aus. Der Umstand, dass die Antragstellerin den vermeintlich einfachen Weg des Erwerbs einer ausländischen Fahrerlaubnis gegangen ist, spricht vielmehr nachdrücklich gegen den Willen zu einer durchgreifenden Verhaltensänderung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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