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Flugverspätung – Flugzeugaustausch aufgrund eines Blitzeinschlags

AG Frankfurt, Az.: 29 C 3128/14 (21), Urteil vom 04.03.2015

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger je EUR 453,07 zuzüglich Zinsen in Höhe von je 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.05.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 2/3 und die Kläger zu 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für diesen insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollsteckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Ausgleichsleistungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 […] (im Folgenden: EGV 261/2004) wegen nicht ordnungsgemäß erbrachter Flugleistungen in Anspruch.

Die Beklagte, die ihre Basis in Hanoi unterhalt, bedient turnusmäßig zwei Flugrouten zwischen Frankfurt am Main und Vietnam, wofür sie jeweils ein Fluggerät einsetzt. Während das eine zwischen Frankfurt am Main und Hanoi hin- und herfliegt, verkehrt das andere zwischen Frankfurt am Main und Saigon.

Die Kläger buchten einen Flug der Beklagten von Frankfurt am Main nach Hanoi. Der Flug mit der Nr. VN 126 sollte planmäßig am 20.10.2013 um 13:55 Uhr von Frankfurt am Main aus starten und am Folgetag um 05:45 Uhr in Hanoi landen. Tatsächlich kam der Flug erst am 22.10.2013 um 5:45 Uhr in Hanoi an. Die einfache Flugstrecke betrug 8.743 km.

Die Kläger beantragen zuletzt, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger je EUR 453,07 zuzüglich Zinsen in Höhe von je 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.05.2014 sowie 201,71 EUR Verzugsschaden an die Kläger als Gesamtgläubiger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, als das Fluggerät, mit dem der streitgegenständliche Flug durchgeführt werden sollte, am 20.10.2013 in Frankfurt am Main eingetroffen sei, habe sich dort bereits das andere Flugzeug der Beklagten befunden, das bereits am 19.10.2013 hätte nach Saigon fliegen sollen. Beim Anflug auf Frankfurt am Main am 19.10.2013 sei das andere Fluggerät aber von mehreren Blitzen getroffen und beschädigt worden. Da die Reparaturarbeiten jedenfalls zwei volle Tage gedauert hätten, sei von der Beklagten entschieden worden, die ursprünglich für den streitgegenständlichen Flug vorgesehene Maschine für den Flug nach Saigon einzusetzen, der dann am 20.10.2013 von Frankfurt am Main aus gestartet sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteile sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Flugverspätung – Flugzeugaustausch aufgrund eines Blitzeinschlags
Symbolfoto: Von stoupa /Shutterstock.com

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in Höhe von jeweils 453,07 EUR nach Art. 5 i. V. m. 7 Abs. 1 EGV 261/2004 wegen Verspätung des Fluges.

Die Beklagte ist von ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen auch nicht nach Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 freigeworden. Der Ausnahmetatbestand greift nicht. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückging, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat in einer Entscheidung vom 29.07.2014 (31 C 1507/14 (83)) hierzu folgendes ausgeführt:

„Zwar können Beschädigungen eines für einen Flug vorgesehenen Fluggeräts aufgrund von Blitzeinschlägen außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO darstellen. Was außergewöhnliche Umstände sind, ist in der FluggastrechteVO nicht abschließend definiert. Nach der Rechtsprechung von EuGH und BGH (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2013 – X ZR 160/12 m. w. N) sind solche Umstände außergewöhnlich, die, außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Wie sich aus Erwägungsgrund 14 der FluggastrechteVO ergibt, können Wetterbedingungen grundsätzlich außergewöhnliche Umstände begründen (vgl. BGH, Urteil vom. 14.10.2010 – Xa ZR 15/10, Rn. 28), zumal Beschädigungen durch Blitzeinschläge regelmäßig nicht vorhersehbar sind.

Jedoch verlangt Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO ausdrücklich, dass die Annullierung bzw. Verspätung auf diese außergewöhnlichen Umstände zurückgeht. Daran, dass die konkrete Verspätung auf außergewöhnlichen Umständen zurückgeht mangelt es im vorliegenden Fall bereits nach dem Beklagtenvortrag. Die Verspätung beruht bereits nicht auf den Blitzeinschlägen, sondern auf der betriebswirtschaftlichen Entscheidung der Beklagten, das planmäßig für den streitgegenständlichen Flug vorgesehen Fluge rät, für den anderen Flug einzusetzen, der bereits am 19.10.2013 hätte starten sollen. Denn der streitgegenständliche Flug hätte trotz der Blitzeinschläge ohne Verspätung durchgeführt werden können, wenn die Beklagte das planmäßig für den streitgegenständlichen Flug vorgesehene Fluggerät auch eingesetzt hatte.“

Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht vollumfänglich an.

2.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren.

Sofern nach Verzugseintritt zunächst das Inkassounternehmen … und anschließend ein Rechtsanwalt beauftragt wurden und als Nebenforderungen entsprechende Rechtsanwaltskosten geltend gemacht werden, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden. Außergerichtliche Anwaltskosten sind als Kosten adäquater Rechtsverfolgung – hierunter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens – nur dann erstattungsfähig, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt, 71. Aufl., § 249 BGB, Rn. 57 m. w. N.). Vorliegend war die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich. Bereits zuvor war das auf die Geltendmachung von Ansprüchen nach 261/2004 EGV spezialisierte Inkassounternehmen … mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung der Klägerseite vertraut.

Überzeugende Gründe, weshalb nach erfolgloser Aufforderung durch die … der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung mit Hilfe eines Anwalts Aussicht auf Erfolg geboten hatte, sind von der Klägerseite nicht genannt worden. Irgendwelche Streitpunkte die der Prozessbevollmächtigte der Klägerseite hätte aufgreifen und außergerichtlich bereinigen können, sind nicht ersichtlich (vgl. hierzu die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main, Urteil vom 02.09.2011, 2-24 S 47/11, 2/24 S 47/11 – juris).

Der Zinsanspruch resultiert aus § 286Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92Abs. 1, 269 ZPO. Angesichts dessen, dass die abgewiesenen Nebenforderungen 10 % des fiktiven Streitwert (Hauptforderung, Zinsen, Kosten) überschreiten, war ungeachtet dessen, dass dieselbe Wertstufe vorliegt, eine Kostenquotelung vorzunehmen (vgl. Zöller-Herget, § 92, 29. A., Rn. 11). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708Nr. 11, 709 ZPO.

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