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Grundschuldbrief – Schuldbefreiung des Hinterlegers

OLG München – Az.: 18 U 1795/17 – Urteil vom 07.08.2018

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 04.05.2017, Az.: 11 O 22804/16, aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur Herausgabe eines Grundschuldbriefes und zugehöriger Unterlagen, die beim Amtsgericht München in Verwahrung sind.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angegriffenen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend trifft der Senat folgende Feststellungen:

Isolde S. bestellte mit notarieller Erklärung vom 28.05.1982 zu ihren Gunsten eine Grundschuld an den Grundstücken Flurstück …49/2 und Flurstück …47/2 der Gemarkung O., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts München für O., Band 100, Blatt …70, und Band …94, Blatt …26, deren Eigentümerin sie damals war. Am 15.06.1982 wurde ein entsprechender Grundschuldbrief erstellt. Die Grundschuld wurde im Grundbuch eingetragen und am 06.08.1982 an die R.bank G. eG abgetreten. Infolge Bildung von Wohnungs- und Teileigentum und späterer Vereinigung aller Miteigentumsanteile wurde das Recht am 23.10.1986 auf Band 194, Blatt 6426 (jetzt Blatt …27) des Grundbuchs für O. eingetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Anlagenkonvolut NB 21 Bezug genommen.

Am 01.10.2001 gab Hans Jürgen S. eine privatschriftliche Übertragungserklärung hinsichtlich der Grundschuld an die Fa. M. GmbH (Anlage NB 2) ab, am 17.08.2004 gab ein Herr P. im Namen des Hans Jürgen S. eine notarielle Abtretungserklärung zugunsten der M. H.bank eG ab, wobei er erklärte, es handle sich um eine Eigentümergrundschuld und S. sei Eigentümer des belasteten Grundstücks (Anlage NB 5).

Am 05.04.2007 wurde die Grundschuld von der Raiffeisenbank G. eG an die I. H. Inc. abgetreten; die Abtretung wurde am 01.06.2007 im Grundbuch eingetragen. Die I. H. Inc. wurde durch Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2009 (Anlage NB 14) verurteilt, u. a. mit der streitgegenständlichen Grundschuld im Rang zurückzutreten hinter die brieflose Grundschuld der dortigen Klägerin und hiesigen Nebenintervenientin.

Am 12.06.2013 fand vor dem Amtsgericht München der Zwangsversteigerungstermin über das belastete Grundstück statt, dessen Eigentümerin damals Agnes G. war. Neben anderen gab auch der Kläger ein Gebot ab. Die I. H. Inc. meldete am 17.06.2013 in dem Zwangsversteigerungsverfahren einen Anspruch auf Zinsen u. a. aus der streitgegenständlichen Grundschuld an (Anlage K 6). Die Nebenintervenientin, die mit Schreiben vom 11.06.2013 (Anlage K 7) unter Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2009 ebenfalls Ansprüche aufgrund der Grundschuld angemeldet hatte, machte diese mit Schreiben vom 14.06.2013 (Anlage K 9) auch gegenüber dem Kläger geltend. Die Rechtspflegerin beim Amtsgericht München übersandte dem Kläger mit Mail vom 02.07.2013 (Anlage K 10) den Entwurf für einen Hinterlegungsantrag und erklärte, sie könne den Hinterlegungsgrund der Gläubigerungewissheit „an Hand der vorgelegten Unterlagen grundsätzlich bejahen“.

Im Verteilungstermin vom 24.09.2013 war neben dem Kläger und dem Vertreter der Nebenintervenientin auch der Prozessbevollmächtigte des Beklagten anwesend, der die Forderungsanmeldung vom 23.09.2013 zusammen mit den streitgegenständlichen Unterlagen vorlegte. Diese wurden in amtliche Verwahrung genommen. Die Rechtspflegerin wies darauf hin, dass ein Herr W. mit Schreiben vom 18.01.2011 angegeben habe, dass der Grundschuldbrief ihm zur Sicherung abgetreten worden sei und sich in seinen Händen befinde. Die Nebenintervenientin reichte einen Arrestantrag ein. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten an das Amtsgericht München – Abteilung für Hinterlegungssachen – vom 04.02.2016 (Anlage K 17) erweiterte der Kläger den Kreis der Empfangsberechtigten des hinterlegten Betrages auf den Beklagten und erklärte gleichzeitig den Verzicht auf Rücknahme.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Herausgabe des Grundschuldbriefs, der Abtretungserklärungen der Isolde S. und der R.bank G., der Abtretungserklärung der I. H. Inc. an den Beklagten mit Beglaubigungsvermerk der Notarin nebst anhängiger Apostille und deutscher Übersetzung sowie den Internetregisterauszug aus dem Firmenregister des Florida Department of State mit deutscher Übersetzung verurteilt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei durch Leistung auf die streitgegenständliche Grundschuld deren Inhaber und damit auch Eigentümer des Briefs geworden, indem er die Grundschuld abgelöst habe.

Das Hinterlegungsverfahren sei rechtmäßig gewesen, denn der Hinterlegungsgrund der Gläubigerungewissheit sei nach Aktenlage gegeben gewesen. Die I. H. Inc. habe Ansprüche auf rückständige Zinsen geltend gemacht, was die durch die Grundschuld gesicherte Forderung unmittelbar betroffen habe. Die Nebenintervenientin habe Ansprüche erhoben, wobei hier keine Rolle spiele, dass es sich dabei nur um schuldrechtliche Ansprüche gehandelt habe. Denn diese hätten unstreitig die durch die Grundschuld gesicherte Forderung betroffen. Auf die Frage, ob auch Frau G. sich entsprechender Ansprüche berühmt habe, komme es wegen der bereits dargestellten konkurrierenden Berühmungen nicht mehr an.

Die Hinterlegung habe Erfüllungswirkung gehabt. Allerdings seien deren Voraussetzungen, nämlich dass der wahre Gläubiger unter den Hinterlegungsbeteiligten sei und der Hinterleger auf sein Rücknahmerecht verzichtet habe, erst im Februar 2016 eingetreten. Hinterlegungsrechtlich wirkten diese beiden Handlungen auch nicht auf den Zeitpunkt der Hinterlegung zurück. Die Rückwirkung folge aber aus dem Abtretungsrecht. Gerade bezüglich der hier interessierenden laufenden Zinsen verweise § 1159 BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB auf § 407 Abs. 1 BGB. Dabei sei diese Vorschrift so zu lesen, dass der Beklagte die Hinterlegung vom 24.09.2013 gegen sich gelten lassen müsse, die nach der Abtretung stattgefunden habe und bei der der Kläger noch in Unkenntnis von der Abtretung gewesen sei. Der Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Kläger bei Vornahme der Hinterlegung die Abtretung gekannt habe. Er habe zwar nachweisen können, dass er nach Inhalt und Ablauf des Verteilungstermins am 24.09.2013 ab 14.00 Uhr als möglicher Berechtigter ersichtlich geworden sei. Damals sei aber die Hinterlegung schon bewirkt gewesen, da der Kläger den Betrag am 23.09.2013 überwiesen habe und dieser am 24.09.2013 kurz vor 12.00 Uhr bei der Landesjustizkasse eingegangen sei.

Der Kläger habe die angefallenen Zinsen richtig berechnet. Er habe zu Recht die kaufmännische Methode angewandt, wonach man pro Monat pauschal 30 Tage ansetze. Diese sei im Geschäftsverkehr üblich, und die Grundschuld sei gegenüber der I. H. Inc., einer Handelsgesellschaft, begeben worden.

Ob der Beklagte überhaupt Forderungsinhaber sei, könne offen bleiben. Sei er es nicht, bleibe er gleichwohl mittelbarer Besitzer der von ihm eingelieferten klagegegenständlichen Unterlagen, sei er jedoch Inhaber der Grundschuld gewesen, so greife ihm gegenüber die Erfüllungswirkung des § 378 BGB.

Ein Zurückbehaltungsrecht stehe dem Beklagten nicht zu. Er habe keinen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger wegen der Benennung weiterer Beteiligter am Hinterlegungsverfahren, denn der Zweck des Hinterlegungsverfahrens wegen Gläubigerungewissheit sei gerade darin begründet, dass dem Hinterlegenden keine umfassende Aufklärung, an wen er leisten müsse bzw. dürfe, angenommen werden könne. Zu der Einschränkung, dass der Hinterlegungsbetrag nur gegen Herausgabe der Grundschuld vereinnahmt werden könne, sei der Kläger von Gesetzes wegen berechtigt gewesen. Die Voraussetzungen eines Hilfsanspruchs nach § 380 BGB seien nicht ersichtlich.

Gegen dieses ihm am 09.05.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 26.05.2017 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 07.08.2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, begründet, nachdem die Begründungsfrist bis 09.08.2017 verlängert worden war.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe die streitgegenständliche Grundschuld schon deswegen nicht abgelöst, da er nur Zinsen bis 24.09.2013 geleistet habe, während sie eigentlich bis 04.02.2016 zu zahlen gewesen wären. Die Erfüllungswirkung wirke nicht auf den Zeitpunkt der Hinterlegung zurück. Sie sei im Übrigen auch deshalb nicht eingetreten, weil die Hinterlegung mangels Gläubigerungewissheit nicht rechtmäßig gewesen sei. Die Nebenintervenientin sei als Gläubigerin nicht in Betracht gekommen, sondern nur wegen der Freistellungsvereinbarung mit dem Kläger benannt worden. Die Firma M. sei nie Inhaberin der Grundschuld gewesen, und die Nebenintervenientin habe nie Ansprüche gegen die Firma M. gehabt.

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Im Übrigen entspreche die vom Kläger gewählte Zinsberechnungsmethode nicht dem Gesetz.

Der Beklagte sei Grundschuldgläubiger, weil ihm die Grundschuld wirksam, insbesondere mit ordnungsgemäßer Zustimmung der Grundstückseigentümerin G., abgetreten worden sei.

Der Beklagte beruft sich ferner auf ein Zurückbehaltungsrecht mit der Begründung, dass zur Auszahlung der hinterlegten Beträge an den Beklagten noch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Hinterlegungsgericht, wonach die von ihm gesetzte Zug-um-Zug-Bedingung erfüllt sei, und eine Zustimmung der weiteren Hinterlegungsberechtigten fehlten. Zudem bestehe ein Schadensersatzanspruch des Beklagten gegenüber dem Kläger, weil dieser als Hinterlegungsbeteiligter Dritte benannt habe, die unter keinen Umständen als Gläubiger der Grundschuld in Betracht kämen.

Der Beklagte beantragt: Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I – 11 O 22804/16 – vom 04.05.2017, zugestellt am 09.05.2017, wird die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Nebenintervenientin beantragt, Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Er ist der Ansicht, der Zinslauf aus der Grundschuldforderung habe mit der Hinterlegung geendet.

Der Beklagte sei nicht Gläubiger der Grundschuld, da diese nicht wirksam an ihn abgetreten worden sei. Zum einen sei nur das Abtretungsangebot der I. H. Inc., nicht die Annahme durch den Beklagten „notariell bestätigt“ worden, zum anderen gehe aus der Abtretung nicht hervor, dass auch die Grundschuldzinsen davon erfasst sein sollten. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der I. H. Inc. die Zustimmung der Agnes G. zu der Abtretung zugegangen sei und dass sie sich auf die Abtretung vom 17.05.2013 beziehe.

Vorsorglich beruft er sich auf Verjährung der im Jahr 2013 fällig gewordenen Zinsen.

Die Nebenintervenientin schließt sich den Ausführungen des Klägers an und bringt weiter vor, sie habe aufgrund des zwischen ihr und der M. GmbH geschlossenen Darlehensvertrages Anspruch darauf, dass die an sie abgetretene Grundschuld in Abteilung III des Grundbuchs zu laufender Nummer 16 den ersten Rang erhalte. Die M. GmbH sei zwischenzeitlich Inhaberin der streitgegenständlichen Briefgrundschuld gewesen. Dies sei der Grund für die Verurteilung der I. H. Inc. durch das Landgericht München I am 23.07.2009.

Die Abtretung der Grundschuld an den Beklagten stelle ein Scheingeschäft dar, das ausschließlich das Ziel habe, die Rechtsposition der Nebenintervenientin zu schmälern.

Wegen des Vorbringens der Parteien und der Nebenintervenientin in der Berufungsinstanz wird ergänzend Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 07.08.2017 (Bl. 106/113 d. A.), die Berufungserwiderungen des Klägers vom 05.10.2017 (Bl. 120/126 d. A.) und der Nebenintervenientin vom 09.10.2017 (Bl. 127/129 d. A.), die Beklagtenschriftsätze vom 12.04.2018 (Bl. 135/137 d. A.) und vom 24.07.2018 (Bl. 150/152 d. A.), den Klägerschriftsatz vom 06.07.2018 (Bl. 147/149 d. A.) und das Protokoll vom 03.07.2018 (Bl. 144/146 d. A.).

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und Abweisung der Klage.

Der Kläger hat gegen den Beklagten weder aus § 985 BGB noch aus § 1192 Abs. 1, § 1144 BGB einen Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Urkunden.

Voraussetzung sowohl eines Anspruchs aus § 1144 BGB als auch des Eigentumserwerbs des Klägers an dem Grundschuldbrief wäre die vollständige Befriedigung des Grundschuldgläubigers (zum Eigentumserwerb vgl. Palandt/Herrler BGB 77. Aufl. § 1144 Rn. 3). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

1. Der Kläger hat zwar bereits im September 2013 427.444,30 € beim Amtsgericht hinterlegt. Zur Schuldbefreiung des Klägers kam es gemäß § 378 BGB aber erst, als er mit Anwaltsschreiben vom 04.02.2016 (Anlage K 17) auf sein Recht zur Rücknahme des hinterlegten Betrags verzichtete und zugleich den Beklagten als weiteren Empfangsberechtigten benannte.

a) Die Schuldbefreiung wirkte nicht auf den Zeitpunkt der Hinterlegung zurück, weil der Kläger in dem damaligen Hinterlegungsantrag nicht als einen der Empfangsberechtigten den wahren Gläubiger benannt hatte (Palandt/Grüneberg a. a. O. § 378 Rn. 1 m. w. N.). Wahrer Gläubiger der streitgegenständlichen Grundschuld war nämlich entgegen der Ansicht des Klägers und der Nebenintervenientin mit Abtretungsvertrag vom 17.05.2013 (Anlagen NB 21) der Beklagte geworden.

aa) Obwohl der Vertrag in den USA geschlossen worden war, richten sich Abschluss und Wirkung der Abtretungsvereinbarung gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht. Da das Grundstück, auf dem die streitgegenständliche Grundschuld lastet, in Deutschland liegt, gilt deutsches Recht für die Übertragung der Grundschuld als eines beschränkt dinglichen Rechts (Palandt/Thorn a. a. O. Art. 43 EGBGB Rn. 3 m. w. N.) und gemäß Art. 11 Abs. 4 EGBGB folglich auch für die erforderliche Form.

bb) Ausweislich der mit dem Anlagenkonvolut NB 21 vorgelegten Unterlagen wurde zwischen der I. H. Inc. und dem Beklagten am 17.05.2013 ein Abtretungsvertrag im Sinn des auch auf Grundschulden anwendbaren (Palandt/Herrler a. a. O. § 1191 Rn. 8) § 1154 Abs. 1 BGB geschlossen, wobei dem Beklagten unstreitig der Grundschuldbrief übergeben wurde.

Eine notarielle Beglaubigung oder Beurkundung ist für die Übertragung der Briefgrundschuld daneben nicht erforderlich. Unabhängig davon wurde jedenfalls die Erklärung des Vertreters der I. H. Inc., dessen Vertretungsmacht durch einen Auszug aus dem Handelsregister des Staates Florida belegt ist, notariell beglaubigt. Die schriftliche Abtretungserklärung ersetzt im vorliegenden Fall die Grundbucheintragung (BGH Urteil v. 24.09.1991 – XI ZR 240/90 – NJW-RR 1992, 178; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearb. 2015 § 1154 Rn. 27).

cc) Die damalige Grundstückseigentümerin Agnes G. hat der Abtretung entsprechend der Bestimmung in Ziffer 1. der Grundschuldbestellungsurkunde durch schriftliche Erklärung vom 16.05.2013 vorab zugestimmt.

Die Grundschuld ist in der Zustimmungserklärung (Anlage B 2) durch Angabe der Briefnummer und der Grundbuchstelle genau bezeichnet. Unschädlich ist, dass dort von der Abtretung des „Grundschuldbriefes“ und nicht der Grundschuld selbst die Rede ist, denn bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, § 133 BGB. Danach ergibt sich vorliegend für den Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben, dass nicht nur der Besitz des Grundschuldbriefes übergeben werden sollte, sondern damit auch das darin verbriefte Recht abgetreten werden sollte.

Für die Zustimmung gab es gemäß § 182 Abs. 2 BGB kein Formerfordernis. Unerheblich ist auch, ob die Zustimmung gegenüber beiden Vertragsparteien oder nur gegenüber dem Beklagten erklärt wurde, denn nach § 182 Abs. 1 BGB kann sie sowohl demjenigen, dessen Willenserklärung zustimmungsbedürftig ist, als auch seinem Geschäftsgegner gegenüber erklärt werden.

dd) Für die Behauptung der Nebenintervenientin, bei der Abtretung habe es sich um ein Scheingeschäft im Sinn des § 117 Abs. 1 BGB gehandelt, fehlt es sowohl an substantiierten Vortrag als auch an Beweisangeboten.

b) Der Beklagte muss die Hinterlegung zu Gunsten der I. H. Inc., der Nebenintervenientin und der Agnes G. nicht gemäß § 407 Abs. 1 1. Alt. BGB gegen sich gelten lassen.

Zwar fallen unter den in dieser Vorschrift verwendeten Begriff „Leistungen“ auch solche an Erfüllungs statt (Staudinger/Busche a.a.O. § 407 Rn. 12). Eine Leistung an Erfüllungs statt ist jedoch nach § 378 BGB nur die Hinterlegung unter Ausschluss der Rücknahme, während die widerrufliche Hinterlegung dem Schuldner nur eine Einrede gibt (Palandt/Grüneberg a.a.O. § 379 Rn. 1). Einen Rücknahmeverzicht hat der Kläger aber erst am 04.02.2016 erklärt. Zu diesem Zeitpunkt war ihm bereits bekannt, dass der Beklagte Gläubiger des Grundschuldanspruchs war, denn ausweislich der Niederschrift des Verteilungstermins vom 24.09.2013 (Anlage B 1) wurden das Schreiben vom 23.09.2013 (Anlage NB 22) und die streitgegenständlichen Unterlagen, die die Gläubigerstellung des Beklagten beweisen, in diesem Termin in Anwesenheit des Klägers vorgelegt.

2. Die Grundschuldforderung wurde aber auch durch die unwiderrufliche Hinterlegung nicht beglichen, da der Kläger die vom 25.09.2013 bis 04.02.2016 aufgelaufenen Grundschuldzinsen von 18 % jährlich nicht hinterlegt hat. Hierzu war er aus der Grundschuld verpflichtet.

a) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf § 379 Abs. 2 BGB berufen, wonach der Schuldner, solange die Sache hinterlegt ist, nicht verpflichtet ist, Zinsen zu zahlen. Wirkungen im materiellen Recht zeitigt eine Hinterlegung nämlich nur, wenn sie dem Inhalt und den Modalitäten der Schuld entspricht. Demzufolge muss sie zumindest auch zu Gunsten des wahren Gläubigers erfolgt sein (Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, § 15 II 7; Staudinger/Olzen a.a.O. § 378 Rn. 3). Wie oben ausgeführt, war der Beklagte zum Zeitpunkt der Hinterlegung Gläubiger der Grundschuldforderung, wurde aber dennoch erst am 04.02.2016 als Hinterlegungsberechtigter benannt, so dass die Hinterlegung bis dahin keine Einrede des Klägers dem Beklagten gegenüber begründen konnte.

b) Auf die Frage, ob der Grundschuldanspruch auch deswegen nicht vollständig beglichen ist, weil der Kläger die von ihm bezahlten Zinsen bis zum 23.09.2013 nicht taggenau, sondern nach der kaufmännischen Methode berechnet hatte und dadurch zu einem zu geringen Betrag gekommen war (vgl. hierzu Staudinger/Omlor a. a. O. § 246 Rn. 79), kommt es danach nicht mehr an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

 

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