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Grundstückskaufvertrag – Ankaufsverpflichtung aufgrund Erbbaurechtsvertrags

LG Düsseldorf – Az.: 1 O 133/14 – Urteil vom 10.11.2016

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, in notarieller Form die Annahme des in notarieller Form abzugebenden Angebots der Klägerinnen zu erklären, der Beklagten zu 1 das Eigentum des im Grundbuch von E, Bl. xxx, Flur xx, Flurstück xxx unter der lfd.Nr. x des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundbesitzes M-str. xx und O-str. xx/xx, xxx E1, zum Kaufpreis von 441.666,66 EUR zu veräußern und unter der Bedingung des Zustandekommens eines entsprechenden Kaufvertrages Zug um Zug gegen Auflassung und Eintragungsbewilligung den Kaufpreis in Höhe von 441.666,66 EUR zusammen mit den Beklagten zu 2 bis 4 als Gesamtschuldner an die Klägerinnen zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen zu 21 %, die Beklagten zu 79 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerinnen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 470.000,- EUR, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des von ihnen aufgrund dieses Urteils jeweils beizutreibenden Betrages.

Tatbestand

Mit ihrer Klage begehren die Klägerinnen den Abschluss eines Grundstückskaufvertrages mit der Beklagten zu 1 zu einem Kaufpreis in Höhe von 560.000,- EUR und berufen sich hierzu auf eine Ankaufsverpflichtung der Beklagten zu 1 aufgrund eines im Jahre 1960 geschlossenen Erbbaurechtsvertrages. Bei der Beklagten zu 1 handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Beklagten zu 2 bis 4 sind.

Dem Rechtsstreit liegt im einzelnen folgendes zugrunde:

Am 18.08.1960 schlossen Herr Q, Frau U und Frau N als Eigentümer der heutigen Grundstücke M-str. xxx und O-str. xxx in E mit dem Vater der Beklagten zu 2 bis 4, den Gesellschaftern der Beklagten zu 1, einen notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag (Anlage K 1). Vereinbart wurde ein Erbbaurecht zugunsten des Vaters der Beklagten für eine Dauer von 99 Jahren.

Unter § 17 des Erbbaurechtsvertrages wurde eine Ankaufverpflichtung des Erbbaurechtsberechtigten mit folgendem Inhalt vereinbart:

„Der jeweilige Erbbaurechtsberechtigte ist auf Verlangen der jeweiligen Eigentümer oder jeden Miteigentümers verpflichtet, beide oder eines der beiden Grundstücke oder in dem Anteile eines Miteigentümers bestehende Bruchteile davon zu den dann ortsüblichen Preisen zu kaufen, mindestens zum Preise von 60 Deutsche Mark je Quadratmeter. Für Miteigentumsanteile ist der dem jeweiligen Anteil entsprechende Bruchteil an dem ortüblichen Preis für das Gesamtgrundstück ohne Abschlag zu zahlen. … Der Kaufpreis ist zinslos fällig ein halbes Jahr nachdem das Verlangen gestellt worden ist. Bis zur Zahlung des Kaufpreises ist der Erbbauzins weiter zu zahlen. Tritt der Erbbaurechtsberechtigte in die Eigentümergemeinschaft ein, dann ist sein Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer ausgeschlossen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 749 BGB vorliegt. … “

§ 22 des Erbbaurechtsvertrages enthält weiter folgende Regelung:

„Bei Streit über die in diesem Vertrag besonders genannten Tatbestandselemente von Ansprüchen entscheidet ein für die Parteien und Gerichte bindendes Schiedsgutachten. Für die Erstattung dieses Schiedsgutachtens bestellt jede Partei einen Sachverständigen. Einigen sich die Sachverständigen nicht, so entscheidet ein von diesen zu wählender oder, wenn die Sachverständigen sich auch über die Wahl nicht einigen, von der Industrie- und Handelskammer E1 zu bestimmender Obmann nach Anhörung der Parteien und Sachverständigen endgültig. … “

Wegen der weiteren Einzelheiten zu dem Inhalt des Erbbaurechtsvertrages wird auf die von den Klägerinnen vorlegte Kopie der notariellen Urkunde (Anlage K 1) verwiesen.

Zum Zeitpunkt der Klagerhebung stellten sich die Eigentumsverhältnisse an den beiden streitgegenständlichen Erbbaurechtsgrundstücken, die mit vier separaten Wohnblöcken in drei- bis achtgeschossiger Bauweise bebaut sind, wie folgt dar:

1. x zu 2/72

2. x zu 2/72

3. x zu 2/72

4. x zu 3/72

5. x zu 3/72

6. x zu 3/72

7. x zu 2/72

8. x zu 2/72

9. x zu 2/72

10. Klägerin zu 1 zu 3/72

11. Klägerin zu 2 zu 3/72

12. Beklagte zu 1 zu 7/12

13. x zu 3/72.

Die vorstehend unter den Ziffer 1 bis 9 genannten Miteigentümer übten gegenüber der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 21.11.2011 (Anlage TW 1) ihr Ankaufverlangen gemäß § 17 des Erbbaurechtsvertrages aus. Unter Berufung auf das von ihnen eingeholte Gutachten des Sachverständigen L vom 15.07.2011 (Anlage TW 2) bezifferten sie den Verkehrswert der streitgegenständlichen Grundstücke mit 5.500.000,- EUR.

Die Beklagte zu 1 ihrerseits ließ ebenfalls den Verkehrswert sachverständig ermitteln und die von ihr beauftragte Sachverständige H bewertete diesen mit Gutachten vom 21.12.2011 mit einem Betrag von 3.150.000,- EUR und unter Berücksichtigung des Erbbaurechts mit einem Betrag von 1.180.000,- EUR (Anlage TW 3).

In einem sodann eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren zwischen den vorgenannten Miteigentümern und der Beklagten zu 1 (Landgericht Düsseldorf, 11 OH 8/12) ermittelte der in jenem Verfahren beauftragte Sachverständige X1 in einem unter dem Datum des 10.12.2012 erstellten Gutachten (Anlage TW 4) zum Stichtag des 07.11.2012 einen Bodenwert der Grundstücke in unbelastetem Zustand mit einer Summe von 4.855.000,- EUR.

Mit Schreiben vom 18.05.2012 fragte die Beklagte zu 1 bei den Klägerinnen an, ob diese zu einem Verkauf ihrer Miteigentumsanteile an die Beklagte zu 1 bereit seien. Mit Schreiben vom 06.02.2013 unterbreitete die Beklagte zu 1 ein konkretes Kaufangebot. Die Klägerinnen antworteten mit Schreiben vom 27.05.2013 und erklärten, gegenüber den Beklagten ihr aus dem Erbbaurechtsvertrag folgendes Ankaufsrecht ausüben zu wollen (Anlage K 3). Zum Zwecke der Ermittlung des ortüblichen Preises beauftragten die Klägerinnen den Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Landeshauptstadt Düsseldorf mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens. Das sodann zum Stichtag des 04.11.2013 erstellte Verkehrswertgutachten ermittelte einen Verkehrswert der streitgegenständlichen Grundstücke in Höhe von 6.720.000,- Mio. EUR (Anlage K 6). Auf der Basis dieses Gutachtens verlangten die Klägerinnen sodann gegenüber der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 20.12.2013 (Anlage K 7) den Ankauf ihrer Miteigentumsanteile zu einem Kaufpreis von insgesamt 560.000,- EUR. Entsprechendes ist nunmehr Inhalt ihres Klagebegehrens.

Während des laufenden Rechtsstreits haben sowohl zwei der unter den Ziffern 1 bis 9 genannten Miteigentümer als auch der unter Ziffer 13 genannte Miteigentümer Kaufverträge mit der Beklagten zu 1 über ihre jeweiligen Miteigentumsanteile geschlossen.

Die Klägerinnen behaupten, der sich aus dem Gutachten des Gutachterausschlusses für Grundstückswerte der Stadt Düsseldorf ergebende Verkehrswert der streitgegenständlichen Grundstücke sei mit der Summe von 6.720.000,- EUR zutreffend bewertet.

Die Klägerinnen beantragen, die Beklagte zu 1 zu verurteilen, in notarieller Form die Annahme des von ihnen in notarieller Form abzugebenden Angebots zu erklären, der Beklagten zu 1 das Eigentum des im Grundbuch von E, Bl. xxx, Flur xx, Flurstück xxx unter der lfd.Nr. x des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundbesitzes M-str. xxx und O-str. xxx, xxx E1, zum Kaufpreis von 560.000,- EUR zu veräußern und an sie unter der Bedingung des Zustandekommens eines entsprechenden Kaufvertrages Zug um Zug gegen Auflassung und Eintragungsbewilligung den Kaufpreis in Höhe von 560.000,- EUR zusammen mit den Beklagten zu 2 bis 4 als Gesamtschuldner zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung und vertreten hierzu die Ansicht, die sich aus § 17 des Erbbaurechtsvertrages ergebende Ankaufsverpflichtung stelle in rechtlicher Hinsicht einen bindenden Vorvertrag dar. Demnach gelte die Regelverjährungsfrist des BGB alter Fassung von 30 Jahren und der bereits mit Abschluss des Erbbaurechtsvertrages entstandene Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages sei im Jahr 1990 verjährt.

Weiter sind sie der Auffassung, § 17 des Erbbaurechtsvertrages sei wegen seiner übermäßig langen Laufzeit von 99 Jahren gemäß §§ 138 Abs. 1, 242 BGB wegen sittenwidriger Knebelung unwirksam. Unwirksam als Bindungsdauer wäre bereits die Zeit, die zwischen dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages und der Ausübung des Ankaufsverlangens liege. Eine geltungserhaltende Reduktion auf eine angemessene Bindungsdauer sei nicht vorzunehmen, denn bei § 17 des Erbbaurechtsvertrages handele es sich um eine als allgemeine Geschäftsbedingung zu behandelnde Formularklausel. Hierzu behaupten sie, die seinerzeit als Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke handelnde Erbengemeinschaft W, in deren Eigentum sich der größte Teil des Grundbesitzes in E befunden habe, habe auch mit anderen Vertragspartnern Erbbaurechtsverträge abgeschlossen. Es könne davon ausgegangen werden, dass jene Verträge wortgleiche notarielle Kaufzwangklauseln enthalten würden.

Ferner sind sie der Ansicht, die Klägerinnen hätten den Ankauf zur Unzeit verlangt. In diesem Zusammenhang behaupten sie, sie müssten den Erwerb sämtlicher Miteigentumsanteile finanzieren und angesichts des Alters der Beklagten zu 2 bis 4 von mehr als 50 Jahren wäre eine Finanzierung problematisch.

Zur Höhe eines etwa von ihnen zu zahlenden Quadratmeterpreises sind die Beklagten der Auffassung, im Hinblick auf den für die Stadt Düsseldorf zu verzeichnenden exorbitanten Anstieg der Immobilienpreise seit Abschluss des Erbbaurechtsvertrages im Jahr 1960 müsse jedenfalls eine Anpassung des von ihnen zu zahlenden Kaufpreises erfolgen, als Orientierung könne die Vorschrift des § 9 a ErbbauRG herangezogen werden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, § 313 Abs. 2 ZPO.

Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 19.02.2015 (Bl. 120 ff. GA) Beweis erhoben durch Verwertung des in dem Verfahren LG Düsseldorf, 11 OH 8/12, eingeholten Gutachtens des Sachverständigen X1 vom 10.12.2012 (Anlage TW 4), und durch Einholung von insgesamt drei ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen X1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 10.12.2012 und die Ergänzungsgutachten vom 18.11.2015 (Bl. 196 ff. GA), vom 18.04.2016 und vom 06.06.2016 (beide Gutachten befinden sich im Gutachtenband) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Beklagte zu 1 ist gemäß § 17 des Erbbaurechtsvertrages vom 18.08.1960 zu dem Ankauf der jeweiligen Miteigentumsanteile der Klägerinnen an den streitgegenständlichen Grundstücken verpflichtet. Sowohl die Klägerinnen als auch die Beklagte zu 1 sind im Wege der Rechtsnachfolge in den seinerzeit abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag eingetreten. Aus dem noch abzuschließenden Kaufvertrag ergibt sich die Pflicht der Beklagten zu 1 zur Zahlung des Kaufpreises in Höhe des zuerkannten Betrages von 441.666,66 EUR, § 433 Abs. 2 BGB. Für diese Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 1 haften auch die Beklagten zu 2 bis 4 gesamtschuldnerisch als deren Gesellschafter.

Die sich aus § 17 S. 1 des Erbbaurechtsvertrages ergebende Voraussetzung, dass von Seiten des jeweiligen Miteigentümers gegenüber dem jeweiligen Erbbaurechtsberechtigten das Verlangen zum Abschluss eines Kaufvertrages ausgeübt worden sein muss, ist erfüllt, denn bereits vorprozessual mit Schreiben vom 27.05.2013 haben die Klägerinnen von der Beklagten zu 1 eine dahingehende Erklärung verlangt, dass diese ihre Ankaufspflicht dem Grunde nach anerkenne.

Der Anspruch der Klägerinnen auf Abschluss eines Kaufvertrages mit der Beklagten zu 1 ist nicht bereits verjährt. Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung verfängt nicht.

Die Frist für die Verjährung eines Anspruchs beginnt dann zu laufen, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Damit ist vorliegend auf den Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts durch die Klägerinnen abzustellen. Die dementsprechend am 28.05.2013 (§ 187 Abs. 1 BGB) zu laufen begonnene Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, deren Dauer drei Jahre beträgt, wurde rechtzeitig durch die Einreichung der Klageschrift vom 27.05.2014 gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für die Frage des Beginns der Verjährungsfrist und die Folgefrage, ob sich die Dauer der Verjährungsfrist nach den Vorschriften des BGB alter oder neuer Fassung richtet, nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages am 18.08.1960 abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Voraussetzungen für das Bestehen einer Ankaufsverpflichtung der Beklagten zu 1 noch nicht erfüllt, denn die Klägerinnen bzw. ihre Rechtsvorgänger hatten das Ankaufsrecht noch nicht ausgeübt. Wie es das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 28.02.1996, 9 U 220/94, in einem Parallelverfahren, dem ebenfalls der hier streitentscheidende § 17 des Erbbaurechtsvertrages vom 18.08.1960 zugrunde lag, bereits ausgeführt hat, handelt es sich bei der Ausübung des Ankaufsrechts durch den jeweiligen Grundstückseigentümer um eine sog. Potestativbedingung. Die Verjährung eines bedingten Anspruchs beginnt indes nicht bereits mit der Vereinbarung des bedingten Anspruchs zu laufen, sondern erst mit dem Eintritt der vereinbarten Bedingung, hier also mit der Ausübung des Ankaufsrechts. Von dieser rechtlichen Würdigung abzuweichen, besteht kein Anlass. Der von den Beklagten insoweit erhobene Einwand, die am 18.08.1960 vereinbarte Ankaufsverpflichtung stelle einen bindenden Vorvertrag dar, für die Annahme eines bedingt abgeschlossenen Kaufvertrages fehle es an einer Einigung über die wesentlichen Vertragsbedingungen, ist zurückzuweisen.

Für den wirksamen und bindenden Abschluss eines Kaufvertrages genügt es, wenn hinsichtlich der von dem Käufer zu erfüllenden Hauptleistungspflicht wenigstens bestimmbar vereinbart ist, in welcher Höhe der Kaufpreis zu entrichten ist (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 433 Rn. 39).

Vorliegend ist die Höhe des von dem jeweiligen Erbbaurechtsberechtigten zu zahlenden Kaufpreises bereits in dem Erbbaurechtsvertrags in ausreichend bestimmbarer Weise vereinbart. So wurde ausdrücklich ein Mindestpreis festgehalten (60,- DM für die Zeit eines Ankaufsverlangens ab dem 01.01.1963) und im übrigen auf den jeweils zum Zeitpunkt des Ankaufsverlangens ortüblichen Preis Bezug genommen. Die Höhe des zum Zeitpunkt des Ankaufsverlangens aktuell ortüblichen Preises ist auch in tatsächlicher Hinsicht ohne weiteres bestimmbar, denn er entspricht der zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsverlangens bestehenden Lage auf dem Grundstücksmarkt in Düsseldorf. Bei Streit hierüber ist die Frage der Höhe des ortsüblichen Preises in tatsächlicher Hinsicht durch ein Sachverständigengutachten zu klären.

Stand aber zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages bereits fest, dass jeweils der ortübliche Preis für das Grundstück zu zahlen ist, wenigstens 60,- DM, scheidet eine Bewertung der Ankaufsverpflichtung als Vorvertrag aus. Über die Höhe des zu entrichtenden Kaufpreises sollte nach dem Inhalt von § 17 des Erbbaurechtsvertrages gerade nicht mehr verhandelt werden und Gegenstand einer weiteren kaufvertraglichen Einigung sein; die Frage des ortsüblichen Preises ist keine Verhandlungsfrage, sondern eine Tatsachenfrage.

Dass die übrigen Punkte, die zu den wesentlichen Vertragsbestandteilen eines Kaufvertrages gehören, bereits abschließend in § 17 des Erbbaurechtsvertrages vereinbart wurden, ist unzweifelhaft: sowohl Verkäufer- als auch Käuferseite standen ebenso wie der Kaufgegenstand fest.

Die in § 17 des Erbbaurechtsvertrages geregelte schuldrechtliche Ankaufspflicht der Beklagten ist vorliegend in zulässigerweise von den Klägerinnen geltend gemacht worden und ein sittenwidriger Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben ist nicht anzunehmen.

Wie es das Gericht in dem hiesigen Verfahren bereits mit Beschluss vom 19.02.2015 näher ausgeführt hat und wie es sich auch aus den Entscheidungsgründen des Urteils des OLG Düsseldorf vom 28.02.1996 ergibt, bestehen zwar Bedenken gegen eine Laufzeit einer Ankaufverpflichtung von 99 Jahren. Es verbietet sich indes eine schematische Betrachtung, und zulässig ist eine geltungserhaltende Reduktion unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die Ausführungen in dem vorgenannten Beschluss vom 19.02.2015 und die zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf in dme Parallelverfahren verwiesen.

Veranlasst sind lediglich folgende ergänzende Anmerkungen:

Dass § 17 des Erbbaurechtsvertrages eine allgemeine Geschäftsbedingung des seinerzeitigen Grundstückseigentümers oder eine gleichzustellende Formularklausel, sein könnte, haben die Beklagten nicht in ausreichender Weise dargetan. Hierauf wurde bereits in dem Beschluss vom 19.02.2015 hingewiesen: die Beklagten haben lediglich ihre Vermutung angeführt, angesichts des Umfangs des Grundbesitzes des seinerzeitigen Grundstückseigentümers in Düsseldorf sei davon auszugehen, dass dieser weitere Erbbaurechtsverträge mit wortgleichen Kaufzwangklauseln abgeschlossen habe. Belegt ist diese Vermutung indes nicht; bekannt ist allein die Verwendung des wörtlich identischen § 17 des Erbbaurechtsvertrages in dem bereits erwähnten Parallelverfahren, über welches bereits das OLG Düsseldorf entschieden hat. Nach dem Hinweis in dem Beschluss vom 19.02.2015 ist weiterer Sachvortrag der Beklagten zu diesem Punkt auch nicht mehr erfolgt.

Im Zusammenhang mit dem Einwand der Beklagten, die Klägerinnen hätten das aus § 17 des Erbbaurechtsvertrages folgende Ankaufsrecht zur Unzeit geltend gemacht, was gegen § 138 BGB verstoße, ist das Argument der Beklagten, sie würden lediglich „Eigentum zweiter Klasse“ erwerben, hinfällig geworden, nachdem mit dem in Tatbestand unter Ziffer 13 genannten Miteigentümer einen Grundstückskaufvertrag über dessen Miteigentumsanteil geschlossen worden ist.

Gegen die Annahme einer Ausübung des Ankaufsrechts durch die Klägerinnen zur Unzeit spricht in erheblicher Weise zusätzlich folgender Gesichtspunkt: so war es die Beklagtenseite selbst, die bei den Klägerinnen angefragt hat, ob Bereitschaft zum Abschluss eines Kaufvertrages über deren Miteigentumsanteile bestehe. Erst in Reaktion auf ein konkret von Beklagtenseite unterbreitetes Kaufvertragsangebot haben sich die Klägerinnen mit Schreiben vom 27.05.2013 auf das in § 17 des Erbbaurechtvertrages geregeltes Ankaufsrecht zu einem ortsüblichen Preis gestützt und dieses ausgeübt. Entsprechendes haben die Klägerinnen unwidersprochen vorgetragen und entspricht dies entspricht auch dem Inhalt der von den Klägerinnen vorgelegten Anlage K 4. Dies zeigt aber, dass die Beklagtenseite bereits vor dem Streit über ihre Ankaufspflicht schon mit der Thematik eines Ankaufs der Miteigentumsanteile der Klägerinnen dem Grunde nach und aus eigener Veranlassung befasst gewesen ist. Wenn sich aber dann die Klägerinnen – und dies offensichtlich wegen der als unzureichend empfundenen Höhe des angebotenen Kaufpreises – auf ihr bereits vertraglich vereinbartes Ankaufsrecht zu einem ortsüblichen Preis berufen, kann dies keinesfalls als sittenwidriges Vorgehen bewertet werden.

Schließlich war es für die Begründetheit der von den Klägerinnen erhobenen Klage nicht erforderlich, zunächst ein Schiedsgutachten einzuholen. Das Gericht hat bereits mit Beschluss vom 19.02.2015 darauf hingewiesen, dass die in § 22 des Erbbaurechtsvertrages getroffenen Vereinbarungen zu der vorrangig durchzuführenden Einholung eines Schiedsgutachtens nicht für die nach § 17 des Erbbaurechtsvertrages erforderlichen Tatbestandselemente gilt. Dies ist aus dem weiteren Inhalt des Erbbaurechtsvertrages herzuleiten. Anders als etwa die unter §§ 16 oder 21 des Vertrages getroffenen Vereinbarungen enthält der hier streitentscheidende § 17 des Erbbaurechtsvertrages gerade keinen ausdrücklichen Verweis auf die unter § 22 des Vertrages getroffene Schiedsgutachtenvereinbarung.

Soweit die Beklagtenseite ein eigenmächtiges Vorgehen der Klägerinnen beanstandet, die ohne Beteiligung der Beklagten das Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Landeshauptstadt E1 vom 04.11.2013 eingeholt haben, war dies der Grund für die gerichtlich durchgeführte Beweisaufnahme zu der Frage des Verkehrswertes des streitgegenständlichen Grundeigentums zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausübung des Ankaufsverlangens am 27.05.2013. Dass dieser Zeitpunkt maßgeblich für die Höhe des zu entrichtenden Kaufpreises ist, hat das Gericht mit Beschluss vom 06.012016 (Bl. 210 f. GA) bereits erläutert. Auch auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist es erwiesen, dass sich der von den Beklagten zu entrichtende Kaufpreis für die von der Beklagten zu 1 zu erwerbenden Miteigentumsanteile an den streitgegenständlichen Grundstücken mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 441.666,66 EUR errechnet.

So ist der gerichtlich beauftragte Sachverständige X1 in seinem Ergänzungsgutachten vom 18.04.2016 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Verkehrswert der streitgegenständlichen Grundstücke zu dem Stichtag des 27.05.2013 auf 5.300.000,- EUR beläuft. Dieses Ergänzungsgutachten hat der Sachverständige erstellt, nachdem von Seiten beider Parteien hinsichtlich der vorangegangenen gutachterlichen Stellungnahmen Einwände sowohl gegen den zugrunde gelegten Stichtag als auch gegen die in die Begutachtung eingeflossenen Feststellungen und Berechnungen erhoben worden sind.

Das Ergebnis des Gutachtens vom 18.04.2016 ist bei der Entscheidung des Rechtsstreits zugrunde zu lagen. Der zuletzt von Seiten der Klägerinnen allein noch geltend gemachte Einwand gegenüber dem Gutachtenergebnis, bei der Begutachtung sei auch die Preisentwicklung zwischen dem Bericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Landeshauptstadt Düsseldorf, Stand: 01.01.2013, und dem sodann am 01.07.2013 veröffentlichten Halbjahresbericht zu berücksichtigen, verfängt nicht. Einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme zu diesem Punkt bedurfte es nicht.

Bei dem von dem Sachverständigen X1 in seinem Ergänzungsgutachten vom 18.04.2016 zugrunde gelegten Bodenrichtwert handelt es sich um den Wert, der sich aus dem Bericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Landeshauptstadt Düsseldorf zum 01.01.2013 ergibt. Aktuellere und damit einschlägige Veröffentlichungen zu dem Bodenrichtwert am 27.05.2013 als maßgeblichem Bewertungsstichtag gab es nicht. Die nächste Veröffentlichung eines Berichts erfolgte zum 01.07.2013. Bedenken gegen die Vorgehensweise des Sachverständigen X1 bestehen insofern nicht.

Zu berücksichtigen ist nämlich, dass es sich bei der Frage zur Ermittlung eines Verkehrswertes als ortüblichem Preis wesensgemäß um eine Wertungsfrage handelt, in deren Beantwortung verschiedene Faktoren einfließen. Es handelt sich um eine vergleichsweise Betrachtung, für welche unter anderem auch die Lage am Grundstücksmarkt in Düsseldorf entscheidend ist. Um aber für die Beantwortung dieser Wertungsfrage verlässliche Grundlagen zu haben und Transparenz bei der Ermittlung eines bestimmten Verkehrswertes zu gewährleisten, ist es allein praktikabel auf bereits vorliegende Veröffentlichungen zu Bodenwerten zurückzugreifen. Dass derartige Veröffentlichungen in den seltensten Fällen stichtagsgenau sind, liegt in der Natur der Sache der Veröffentlichung von Berichtswerten im Halbjahresturnus.

Hinzu kommt und auch dies vermeidet Unbilligkeiten, dass die Veröffentlichungen des Gutachterausschusses nur ein Gesichtspunkt von einer Mehrzahl von zu berücksichtigenden Faktoren bei der Ermittlung des im konkreten Einzelfall anzusetzenden Grundstücksverkehrswertes sind.

Dass die von dem gerichtlichen Sachverständigen X1 angewandte Vorgehensweise allgemein üblich und richtig ist, zeigt auch das von den Klägerinnen selbst vorgelegte und von ihnen für richtig gehaltene Gutachten des Gutachterausschusses der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 04.11.2013. Dieser geht bei seinen Verkehrswertermittlungen in gleicher Weise wie der gerichtliche Sachverständigen X1 vor. Auf S. 13 ff. des von den Klägerinnen zur Gerichtsakte gereichten Gutachtens wird die Vorgehensweise bei der Begutachtung allgemein erläutert. Auf S. 15 des Gutachtens wird ausdrücklich auf den zum 01.07.2013 veröffentlichten Halbjahresbericht, welcher für den in jenem Gutachten zugrunde gelegten Stichtag des 04.11.2013 einschlägig war, Bezug genommen.

Würde man, wie es der Auffassung der Klägerinnen entspräche, eine im Laufe eines Halbjahres stattfindende Preisentwicklung in die Begutachtung einfließen lassen, würde dies zu einer Intransparenz des Verfahrens führen; verlässliche Werte ließen sich so, mangels entsprechend veröffentlichter Unterlagen, nicht ermitteln.

Zu einem unbilligen Ergebnis führt dies nicht. Zwar hat der zum 01.07.2013 veröffentlichte Halbjahresbericht einen Preisanstieg seit dem 01.01.2013 aufgezeigt, weshalb anzunehmen ist, dass bereits zu dem hier maßgeblichen Stichtag des 27.05.2013 ein Preisanstieg gegenüber dem Stand per 01.01.2013 stattgefunden hatte. Außergewöhnlich hoch war dieser Preisanstieg indes nicht. So hat der Sachverständige X1 in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.06.2016 ausgeführt, der Verkehrswert des streitgegenständlichen Grundstücks habe per 01.07.2013 bei 5.575.000,- EUR gelegen. Dies ist eine Steigerung um 272.000,- EUR im Vergleich gegenüber dem von dem Sachverständigen X1 per 27.05.2013 mitgeteilten Verkehrswert. Wird dies umgerechnet auf den Wert der jeweiligen Miteigentumsanteile der Klägerinnen an den Grundstücken in Höhe von jeweils 3/72 ergibt sich folgender Unterschied: bei einem Verkehrswert von 5.575.000,- EUR errechnet sich ein Wert von jeweils 232.291,67 EUR; bei dem hier zugrunde gelegten Verkehrswert von 5.300.000,- EUR errechnet sich ein Wert in Höhe von jeweils 220.833,33 EUR. Wegen dieser als vergleichsweise gering zu bewertenden Differenz ist eine Abweichung von der allgemein üblichen Vorgehensweise und wegen der Gewährleistung eines transparenten Verfahrens bei der Ermittlung eines Verkehrswertes vorliegend nicht zugunsten der Klägerinnen angezeigt.

Ausgehend von einem auf jede der Klägerinnen entfallenden Wert der in ihrem Eigentum jeweils stehenden Miteigentumsanteile von 220.833,33 EUR errechnet sich der als ortsübliche Kaufpreis zu entrichtende Gesamtbetrag von 441.666,66 EUR.

Schließlich war entgegen der von der Beklagtenseite vertretenen Auffassung auch nicht auf der Basis der Vorschrift des § 313 Abs. 1 BGB eine Korrektur des Kaufpreises nach unten wegen einer zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages nicht vorhersehbaren exorbitanten Steigerung der Immobilienpreise in Düsseldorf geboten. Zu Recht haben hierzu bereits die Klägerinnen eingewandt, dass die zwischenzeitlich eingetretene Wertsteigerung nunmehr der Beklagtenseite zu Gute kommt, denn sie erwirbt nach dem Abschluss des Kaufvertrages das Eigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken und kommt damit vollumfänglich in den Genuss des derzeitigen Grundstückswertes. Bei dem jetzt abzuschließenden Kaufvertrag sind die von beiden Seiten geschuldeten Leistungen gleichwertig.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 92 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 560.000,- EUR

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