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Herstellung und Bereitstellung eines neuen Großsegels für ein Segelboot

OLG Düsseldorf – Az.: I-5 U 213/21 – Urteil vom 15.12.2022

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.09.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, Az. 11 O 391/20, wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 17.09.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, Az. 11 O 391/20, teilweise abgeändert und hinsichtlich des Tenors zu 1. wie folgt neu gefasst:

„Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.914,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.04.2020 Zug-um Zug gegen Übergabe des neu angefertigten Großsegels für das Boot Trimaran Dragonfly 800 racing, ca. 27m2Material DCX weiß, Schnitt triradial, zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 56 % und der Beklagte zu 44 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Zusammenfassung

Herstellung und Bereitstellung eines neuen Großsegels für ein Segelboot
(Symbolfoto: Subbotina Anna/Shutterstock.com)

Der Beklagte aus A.-Stadt ist Eigentümer eines Segelbootes, eines Trimarans Dragonfly 800, der in B.-Stadt, Mecklenburg-Vorpommern, regattiert, und wandte sich an den Kläger, um das Wälzlager zu reparieren. In diesem Zusammenhang nahm der Kläger das Segelzubehör, dessen Rückgabe Gegenstand der Widerklage ist, an sich und bewahrt es seitdem auf. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe bei ihm ein Großsegel auf der Grundlage des Angebots 001 bestellt, das ihm am 02.09.2019 vorgelegt worden sei. Der Kläger argumentierte, er habe ein Pfandrecht an dem in Besitz genommenen Segelzubehör, weil er den Vertrag als Werkvertrag ansehe. Der Beklagte bestritt, beim Kläger ein Großsegel bestellt zu haben und gab an, dass er den Kläger kontaktiert habe, um ein Angebot für die Reparatur seines Segelbootes einzuholen. Der Beklagte behauptete, er habe dem Kläger nie erlaubt, das Segelzubehör zu entfernen, mit Ausnahme des fehlerhaften Rolllagers mit dem Vorstag. Das Gericht entschied, dass der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 4.950,00 Euro gemäß §§ 631, 650 Satz 1, 3, 433 Abs. 2 BGB als Gegenleistung für die Lieferung und Übergabe des neu hergestellten Großsegels hat. Der Beklagte wurde zur Rückgabe des Segelzubehörs verurteilt, das Pfandrecht des Klägers an den Gegenständen wurde als unberechtigt angesehen. Das Gericht kam auch zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zusteht und er der Klägerin Schadensersatz für den Nutzungsausfall des Segelzubehörs zu leisten hat. […]

Gründe

I.

Der Beklagte aus A.-Stadt unterhält ein Segelboot Trimaran Dragonfly 800 racing in B.-Stadt in Mecklenburg Vorpommern, bei dem das Rollenlager zu reparieren war. Hierzu kontaktierte der Beklagte den Kläger. Der Kläger erstellte für den Beklagten zudem unter anderem ein Angebot vom 02.09.2019 für die Herstellung eines Großsegels (Angebotsnummer 001) zum Preis von 4.950,00 Euro.

Der Beklagte gestattete ihm, das Boot zu betreten und sich ein genaues Bild von dem Schaden an der Rollanlage und dem Vorstag zu verschaffen. In diesem Rahmen nahm der Kläger die Segelutensilien, deren Herausgabe Gegenstand der Widerklage ist, an sich und verwahrt sie seitdem.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe basierend auf dem Angebot 001 das angebotene Großsegel bei ihm bestellt. Hinsichtlich der an sich genommen Segelutensilien hat sich der Kläger auf sein Werkunternehmerpfandrecht berufen, da seiner Ansicht nach der Vertrag als Werkvertrag einzuordnen sei. Es sei vereinbart gewesen, dass er die fraglichen Utensilien im Rahmen des Krantermins habe mitnehmen dürfen; dies sei auch notwendig gewesen, da das originale Großsegel nebst Großsegelkleid zur Prüfung der Maße des neu anzufertigenden Großsegels benötigt worden sei.

Im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2021, der dem Einzelrichter indes nicht vor der Verkündung des Urteils vorgelegt worden ist, hat der Kläger weiter dazu ausgeführt, weshalb der Vertrag seiner Ansicht nach als Werkvertrag einzuordnen sei, sodass ein Werkunternehmerpfandrecht bestehe.

Der Beklagte hat bestritten, beim Kläger ein Großsegel für sein Segelboot Trimaran Dragonfly 800 racing bestellt zu haben, ohne dass dies jedenfalls noch unter Bedingungen gestanden habe. Vielmehr habe er den Kläger kontaktiert, um ein Angebot für die Reparatur seines Segelboots zu erhalten. Allein dazu habe er ihm gestattet, das Boot zu betreten und zu untersuchen. Dabei habe er dem Kläger keineswegs erlaubt, Segelutensilien außer der defekten Rollanlage mit Vorstag zu entfernen. Da der Mast ohne eine Reparatur der Rollanlage mit dem defekten Vorstag nicht aufgerichtet werden und das Segelboot nicht genutzt werden könne, sei die Reparatur vorrangig gewesen. Vor Durchführung habe er den Kauf eines Segels nicht erwogen. Dies sei dem Kläger ebenso bewusst gewesen wie der Umstand, dass er – der Beklagte – über ein voll funktionstüchtiges Großsegel nebst Vorsegel und Sprayhood verfügt habe. Dennoch habe der Kläger ihm ein Segel verkaufen wollen.

Hierzu habe der Kläger ihm per E-Mail vom 02.09. 2019 (B1) – insoweit unstreitig – ein Angebot für ein Großsegel (Angebotsnummer 002) sowie Angebote für eine Fock und Polster übersandt. Gefehlt habe das einzig gewünschte Angebot für die Reparatur der Rollanlage. Weil er sich grundsätzlich für ein neues Großsegel interessiert habe, die Maße aber nicht gepasst hätten, habe er dem Kläger per E-Mail (B2) die passenden Maße mitgeteilt. Ihm sei es indes weiterhin vorrangig um die Reparatur seiner Rollanlage gegangen. Erst im Anschluss hätte er sich um ein Segel kümmern wollen, was der Kläger auch gewusst habe.

Das angeblich anschließend übersandte Angebot vom 02.09.2019 mit der Angebotsnummer 001 habe er nicht erhalten und schon gar nicht fernmündlich angenommen. Daran könne auch die Auftragsbestätigung, die er ebenfalls nicht angenommen habe, nichts ändern. Dies gelte umso mehr, als das angebliche Angebot zum Zeitpunkt der Auftragsbestätigung längst abgelaufen gewesen sei. Auch der Umstand, dass er der Auftragsbestätigung nicht widersprochen habe, könne hieran nichts ändern, da er kein Kaufmann sei.

Überdies könnte dies den Kläger auch keinesfalls berechtigen, die Segelutensilien, deren Herausgabe Gegenstand der Widerklage ist, an sich zu nehmen.

Um die Reparatur der Rollanlage zu erreichen, um die es ihm die ganze Zeit gegangen sei, habe er dann am 11.12.2019 zugesagt, eine Anzahlung in Verbindung mit der Reparatur der Rollanlage zu leisten. Erst mit E-Mail vom 01.04.2020 (B4) habe der Kläger dann endlich ein Angebot für die Reparatur der Rollanlage übersandt. Hierfür habe er dem Kläger gedankt und zugleich die Rückverbringung des bisherigen Großsegels mit Persenning, Vorstag und den übrigen Utensilien auf das Boot gefordert.

Sodann habe der Kläger die alleinig in Auftrag gegebene Reparatur der Rollanlage entsprechend seinem Angebot vom 01.04.2020 durchgeführt und mit Rechnung vom 25.05.2020 wie am 01.04.2020 angeboten berechnet, was er – unstreitig – beglichen habe.

Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, damit seien die vertraglichen Leistungen umfänglich ausgetauscht, sodass der Kläger zur Herausgabe der vom Boot mitgenommenen Utensilien verpflichtet sei. Insbesondere bestehe das vom Kläger bemühte Werkunternehmerpfandrecht nicht, zumal die Sachen für den angeblichen Auftrag zur Herstellung des Großsegels nicht benötigt würden. Soweit am Vorstag ein Werkunternehmerpfandrecht bestanden haben sollte, sei dieses jedenfalls wegen der insoweit erfolgten Begleichung der Rechnung untergegangen. Selbst im Falle einer Beauftragung des Klägers mit der Erstellung des Großsegels sei der Vergütungsanspruch mangels Abnahme nicht fällig, denn ohne die durch den Kläger zurückgehaltenen Segelutensilien könne er das Segel nicht aufziehen und mithin nicht auf Funktionsfähigkeit prüfen, was einer Abnahme entgegenstehe.

Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 21.09.2021 „nach antragsgemäßer Fristverlängerung vom 25.08.2021“ weitere Ausführungen getroffen. Dieser Schriftsatz lag zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils noch nicht vor. In diesem Schriftsatz hat der Beklagte ausgeführt, da insgesamt fünf Angebote des Klägers vom 02.09.2019 existierten, von denen sich die Angebote 002 und 001 jeweils auf ein Großsegel bezögen, sei nicht ersichtlich, welchen Inhalt ein angeblicher Vertrag überhaupt haben solle.

In der Konsequenz bestehe dann die Auftragsbestätigung aus einer Mischung beider Angebote, in der zudem der maßgebliche Zusatz „racing“ fehle und sich stattdessen Angaben zu Segelutensilien fänden, die in keinem der vorangehenden Angebote enthalten gewesen seien. Überdies habe er im November 2019 keine Auftragsbestätigung erhalten, woran seine Mitteilung, vom 11.12.2019, 11.03 Uhr, „dass er dies zahlen werde“, nichts ändern könne, wenngleich er sich teilweise sehr umständlich/missverständlich ausgedrückt habe. Das Gebaren des Klägers belege, dass er unabhängig vom Kundenwunsch nach Reparatur „auf Biegen und Brechen ein Vorsegel und andere Segel“ an den Mann bringen wolle und hierzu die „erpresserisch wirkende Entwendung und Zurückhaltung der Segelutensilien“ eingesetzt habe. Jedenfalls fehle die Fälligkeit der Forderung, da er das Segel allenfalls Zug-um-Zug gegen Lieferung zu zahlen habe. Im Übrigen schulde der Kläger ihm für die entgangene Segelfreude infolge des Diebstahls der Segelutensilien Schadensersatz, der den Preis des Segels überschreite.

Zur Prozessgeschichte, den erstinstanzlich gestellten Anträgen und zum weiteren Vorbringen der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Mit dem am 17.09.2021 verkündeten Urteil hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – der Klage wie auch der Widerklage umfänglich stattgegeben.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 4.950,- Euro gem. §§ 631, 650 S. 1, 3, § 433 Abs. 2 BGB Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des neu hergestellten Großsegels zu. Denn die Parteien hätten einen Vertrag über die Lieferung eines neuen Großsegels geschlossen. Dieser Vertrag sei als Werklieferungsvertrag zu qualifizieren. Der unbedingte Vertragsschluss, für den der Kläger die Darlegungs- und Beweislast trage, stehe zur richterlichen Überzeugung gem. § 286 ZPO fest.

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Dahinstehen könne, ob dieser Vertrag, wie vom Kläger behauptet, zuvor bereits fernmündlich geschlossen worden sei, da er anderenfalls im Laufe der WhatsApp-Kommunikation (K7), deren Inhalt unbestritten sei, zustande gekommen sei. Denn dort habe der Beklagte deutlich erklärt, die Segelnummer 004 solle wie zuvor in derselben Größe eingesetzt werden. Auf die Anmahnung der ausstehenden Anzahlung von 2.000,00 Euro habe der Beklagte ausgeführt: „Ja wird gezahlt. Ich werde nächste Woche oder schon jetzt am Freitag vorbeikommen. Dann möchte ich auch über den Beschlag vom vorstag sprechen, wenn möglich“.

Die Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ergebe nach dem objektiven Empfängerhorizont spätestens zu diesem Zeitpunkt einen Auftrag zur Erstellung des neuen Großsegels. Dabei verkenne die Kammer nicht, dass den Kläger die Beweislast für das Fehlen einer aufschiebenden Bedingung treffe. Da es sich hierbei allerdings um eine negative Tatsache handele, liege zunächst beim Beklagten eine sekundäre Darlegungslast.

Der Beklagte habe indes keine solche Bedingung des Auftrages dargelegt. Insbesondere ergebe sie sich nicht aus der Anlage B3, wonach die Reparatur von Fock- und Fockschlauch ohne Berechnung enthalten sein solle. Demgegenüber werde der Vorstag nicht einmal erwähnt. In Anlage B5 benenne der Beklagte zwar einseitig eine zeitliche Reihenfolge; dabei beziehe er sich allerdings nicht auf vertragliche Abreden, sondern die (unstreitige) Tatsache, dass ein Großsegel ohne Vorstag nicht genutzt werden könne. Dass die Nutzbarkeit einer vertraglich vereinbarten Leistung noch von anderen Umständen abhänge, falle jedoch grundsätzlich in die Risikosphäre des jeweiligen Gläubigers der Leistung. Überdies habe der Beklagte diese E-Mail erst am 01.04.2020 verfasst und könne nicht nachträglich einseitig eine aufschiebende Bedingung anordnen. Die Verpflichtung zur Leistung Zug-um-Zug folge damit aus §§ 320, 433 Abs. 1 BGB, nachdem trotz Schriftsatznachlasses keine weitere Stellungnahme der Parteien erfolgt sei.

Dem Widerkläger stehe wiederum der geltend gemachte Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB zu. Unstreitig sei er Eigentümer der sich im Besitz des Klägers befindenden Sachen. Dem Kläger stehe auch kein Recht zum Besitz gem. § 986 BGB zu. Selbst wenn der Beklagte ihm die Entfernung ursprünglich erlaubt haben sollte, sei diese Erlaubnis durch das Herausgabeverlangen widerrufen. Auch ein Werkunternehmerpfandrecht stehe dem Kläger nicht zu. Das Werkunternehmerpfandrecht an den vom Werkunternehmer hergestellten oder ausgebesserten Sachen des Bestellers gem. § 647 BGB komme bei einem Werklieferungsvertrag gemäß § 650 BGB nicht in Betracht.

Ein Werkvertrag zwischen den Parteien habe nur im Hinblick auf die Reparatur des Vortags bestanden. Die diesbezügliche Werklohnforderung habe der Beklagte indes unstreitig beglichen, sodass ein Pfandrecht ausscheide. Ein in Frage kommendes Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB stelle demgegenüber kein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB dar, da dieses allein die Vollstreckung des Herausgabeanspruchs, nicht jedoch dessen Bestehen beschränke. Ob ein solches Zurückbehaltungsrecht bestehe, könne zudem dahinstehen, da der Beklagte sich nicht hierauf berufe, sondern lediglich ein Werkunternehmerpfandrecht geltend mache.

Gegen das Urteil richten sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die Abweisung der Klage in Bezug auf seine Verurteilung zur Herausgabe weiter. Zutreffend stehe ihm ein Unternehmerpfandrecht gem. § 647 BGB am gesamten Trimaran Dragonfly 800 racing zu. Mangels Zahlung sei dieses auch nicht erloschen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Vertrag über die Herstellung eines neuen Großsegels nach Herstellervorgaben zur Reparatur eines Segelboots als Werkvertrag zu qualifizieren. Vorliegend stehe nach dem Vertragsinhalt nicht die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund. Vielmehr bilde ein über die bloße technische Herstellung der beweglichen Sache hinausgehender Gesamterfolg den Schwerpunkt der Verpflichtung. Deshalb müsse Werkvertragsrecht Anwendung finden. Arbeiten an bereits hergestellten bzw. erzeugten Sachen, die der Instandhaltung, Wartung, Reparatur oder sonstigen Veränderung der Sache dienten, seien als Werkverträge zu qualifizieren, was selbst dann gelte, wenn speziell für diese Arbeiten einzelne Ersatzteile hergestellt und geliefert würden.

Gerade der Umstand, dass neben dem Großsegel auch etliche andere Reparaturen (Rollanlage, Vorstag etc.) beauftragt worden seien, verdeutliche, dass der Vertrag der Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit des Segelbootes gedient habe und es nicht lediglich um eine separate Herstellung und Lieferung in Form der Besitz- und Eigentumsverschaffung an einem Segel gegangen sei. Eine künstliche Aufspaltung der einzelnen Arbeitsschritte, die alle das gleiche Ziel verfolgt hätten, sei sachfremd. Jedenfalls überwiege der werkvertragliche Anteil, da der Gesamterfolg den Schwerpunkt der Verpflichtungen des Unternehmers bilde. Maßgeblich komme es auf die Herstellung der Funktionsfähigkeit an. Dies gelte umso mehr, als erhebliche Planungs-, Konstruktions- und Implementierungsarbeiten zur Erstellung des hochindividuellen Großsegels nach Bestellerwünschen erforderlich gewesen seien. Dementsprechend sei das Werkvertragsrecht anzuwenden. Damit stehe ihm ein Unternehmerpfandrecht an den beweglichen Sachen zu, die aufgrund des Werkvertrags hergestellt oder ausgebessert worden seien, wobei die Begriffe der Herstellung und Ausbesserung weit zu verstehen seien. Der Trimaran Dragonfly 800 racing unterfalle als Ganzes einschließlich der von der Widerklage umfassten Bestandteile seinem Pfandrecht.

Den Vortrag des Beklagten, er habe dessen Sachen vom Boot entwendet, bestreite er; vielmehr habe er die Sachen auftragsgemäß mitgenommen, um seine Leistung überhaupt zu ermöglichen. Dementsprechend verwahre er sie für den Beklagten.

Mit Schriftsatz vom 15.11.2022 hat der Kläger zudem erklärt, er mache für den Fall, dass kein Werkunternehmerpfandrecht angenommen werden sollte, hilfsweise sein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 ZPO geltend.

Der Kläger beantragt, die Widerklage unter Abänderung des am 17.09.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az.: 11 O 391/20 abzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Werkunternehmerpfandrecht zustehe. Die Parteien hätten keinen Werkvertrag und entgegen dem Urteil auch keinen Werklieferungsvertrag über ein neues Großsegel geschlossen. Selbst wenn ein Vertrag zustande gekommen wäre, so habe dieser keine Planungs-, Konstruktions- und Implementierungsarbeiten beinhaltet und sei nicht als Werkvertrag einzuordnen. Damit scheide ein Werkunternehmerpfandrecht aus.

Mit seiner durch Schriftsatz vom 15.12.2021 begründeten Berufung und seiner hilfsweise eingelegten Anschlussberufung verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag hinsichtlich der Klage weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten die Parteien im Verlauf ihrer WhatsApp-Kommunikation keinen Vertrag über ein neues Großsegel geschlossen. Für den Vertragsschluss bedürfe es eines Angebots sowie einer Annahme. Der Kläger habe ihm fünf Angebote unterbreitet unter den Angebotsnummern 002,005,006,001 und 007, die allesamt auf den 02.09.2019 datiert gewesen seien.

Dabei beträfen die Angebote 002 und 001 jeweils ein Großsegel, wobei sich das Angebot 002 auf ein Großsegel für einen Trimaran Dragonfly 800 mit einer Größe von 24 m² beziehe und das Angebot 001 auf ein Großsegel für einen Trimaran Dragonfly racing mit einer Größe von 27 m². Beide Angebote endeten jeweils mit dem Satz „Wir bitten um Bestätigung des Angebots“. Es sei nicht ersichtlich, welches Angebot des Klägers er angenommen haben solle. Weder das Angebot 002 noch das Angebot 001 enthielten einen Hinweis auf eine Anzahlung von 2.000,00 Euro oder irgendeine Vereinbarung zu den weiteren Segelutensilien, wie sie dann aber in der sogenannten Auftragsbestätigung aufgeführt seien.

Aus dem Inhalt der Kommunikation über WhatsApp sei nicht ersichtlich, was er konkret unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis angenommen haben solle, sodass kein Vertrag geschlossen worden sei. Durch die vorgelegte Kommunikation sei all dies nicht nachvollziehbar. Eine Kommunikation über eine Segelnummer und eine Anzahlung führten demgegenüber nicht zu einem verbindlichen Vertragsabschluss. Das Landgericht habe weiterhin den Zusammenhang nicht berücksichtigt, dass erst das Vorstag gesetzt werden müsse, damit der Mast gestellt werden könne und somit die Segel gemessen und angeschlagen werden könnten. Das Vorstag und die Segel habe der Kläger ihm entwendet, damit er ein neues Segelkleid benötige.

Es sei nicht ersichtlich, worum er vor Reparatur der Vorstaganlage überhaupt ein neues Segel hätte kaufen sollen zumal das alte Segel noch funktionsfähig gewesen sei. Dementsprechend hätten die Parteien keinen Werklieferungsvertrag über ein neues Großsegel abgeschlossen. Damit habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung der 4.950,00 Euro. Dies habe er – der Beklagte – im bis zum 23.09.2021 nachgelassenen Schriftsatz vom 21.09.2021 auch ausführlich vorgetragen, was das Landgericht in seinem bereits am 17.09.2021 verkündeten Urteil indes nicht berücksichtigt habe.

Der Beklagte beantragt, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Klage unter Abänderung des am 17.09.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az: 11 O 391/20, abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, aus dem als Anlage K 7 vorgelegten Nachrichtenaustausch über WhatsApp ergebe sich der Vertragsschluss. Ansonsten sei nicht erklärlich, wieso der Beklagte ihm mitgeteilt habe, sein Segelzeichen 004 auf dem Segel haben zu wollen. Auch die Mitteilung „ja wird gezahlt“ auf die Anmahnung der Anzahlungsrechnung ergebe anderenfalls keinen Sinn. Lediglich die Annahme eines Werklieferungsvertrages durch das Landgericht sei falsch. Das Segel werde nach den entsprechenden Maßen angefertigt und am Schiff angeschlagen. Es werde geprüft, ob alle Maße korrekt seien, die Holpunkte mit den vorhandenen Schoten passten und ob das Segel korrekt angeschlagen, gesetzt und gerefft werden könne. Damit sei der Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren. Zwischen den Parteien sei vereinbart gewesen, dass der Beklagte sämtliche in der Widerklage benannten Sachen mitnehmen und überprüfen könne.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg; zwar liegt eine Rechtsverletzung vor, indem das Landgericht seinen rechtzeitig innerhalb der nachgelassenen Schriftsatzfrist eingegangenen Schriftsatz vom 25.08.2021 nicht berücksichtigt hat. Auf dieser Rechtsverletzung beruht allerdings das Urteil nicht. Und auch die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

a) Die Berufung des Klägers ist zulässig. Insbesondere sind die gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO an das Berufungsvorbringen zu stellenden Anforderungen gewahrt.

b) Die Berufung ist indes unbegründet, denn der Kläger ist zur Herausgabe der Segelutensilien, die er vom Boot des Beklagten entfernt hat, gem. § 985 BGB verpflichtet.

aa) Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 985 BGB sind die Parteien sich einig. Der Kläger bestreitet nicht, im Besitz der Sachen zu sein, die unstreitig dem Beklagten gehören.

bb) Die Parteien streiten insoweit lediglich darüber, ob dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Werkunternehmerpfandrecht gem. §§ 647, 1257, 1204 ff. BGB als Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2017, V ZR 70/16, zit. nach juris, dort Rn. 21) zusteht. Dies würde das Vorliegen eines Werkvertrages voraussetzen.

(1) Bei der Herstellung und Bereitstellung des Großsegels handelt es sich indes um einen Werkliefervertrag i. S. d. § 650 BGB. Maßgeblich sind insoweit gem. Art. 229 § 58 EGBGB die bis zum 31.12.2021 geltenden Vorschriften; auf den Zusatz a. F. wird jeweils verzichtet. Für die Abgrenzung von Kaufverträgen mit Montageverpflichtung/ Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits ist maßgeblich, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung sowie Montage- und Bauleistung sowie die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen.

Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.2016, Az. VII ZR 348/13, zit. nach juris, dort Rn. 11; BGH, Urteil vom 30.08.2018, zit. nach juris, dort Rn. 25). Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu liefernden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kauf- oder Werklieferungsvertrags geboten (vgl. BGH NJW-RR 2022, 121). Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung bei der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2021, I ZR 96/20, zit. nach juris, dort Rn. 22).

Vorliegend sollte – den Vortrag des Klägers hinsichtlich des Vertragsschlusses als zutreffend unterstellt – ein neues Großsegel hergestellt und geliefert werden für ein bereits vorhandenes Segelboot, bei dem das bisherige Großsegel ersetzt werden sollte.

Insoweit ist zu beachten, dass – wie schon aus der getrennten Einlagerung nach dem Krantermin ersichtlich – das Segel zwar für das konkrete Segelboot passen muss. Allerdings wird es nicht, wie aber durch den Kläger wertend angeführt, dauerhaft mit dem Boot als solchem verbunden wie ein Motor, der in ein Fahrzeug eingebaut wird. Vielmehr kann ein Segel angebracht und zur Einlagerung im Winter ohne weiteres wieder entfernt werden, um im Frühjahr erneut angebracht zu werden.

Insoweit ist die Verbindung zwischen dem Segel und dem Boot deutlich weniger beständig als diejenige zwischen einem Fahrzeug und dem in dieses eingebauten Motor.

Überdies fehlt die durch den Kläger bemühte Vergleichbarkeit mit dem Einbau eines Austauschmotors in ein Kraftfahrzeug auch im Übrigen. Ein Austauschmotor wird regelmäßig gerade nicht durch den Werkunternehmer hergestellt, sondern als zugeliefertes Teil in das Fahrzeug eingebaut. Die Leistung des Werkunternehmers besteht dann im Einbau. Vorliegend sollte dagegen der Kläger seinem Vortrag nach der Produzent des Segels sein.

Im Vordergrund steht damit die Herstellung des Segels als bewegliche Sache. Dabei muss dieses zwar genau für das Boot passen und hierzu – nach den Darlegungen des Klägers – sehr konkreten Vorgaben entsprechen. Diese betreffen indes den Herstellungsvorgang des Segels außerhalb des Bootes. Für die Herstellung des Segels musste nicht an dem Boot gearbeitet werden. Auch bestand kein einheitlicher Vertrag etwa dahingehend, das Boot segeltüchtig zu machen. Der Leistungserfolg des Klägers setzt dementsprechend nicht voraus, dass mit dem neuen Segel das Boot des Beklagten wieder segeltüchtig sein wird; das Großsegel wäre auch dann zu bezahlen, wenn inzwischen am Boot an anderer Stelle Schadstellen aufgetreten sein sollten, die seine Benutzung nicht zuließen.

Die Ansicht des Klägers zugrunde gelegt, dass der Vertrag als Werkvertrag einzustufen wäre, hätte er sein Werk noch gar nicht erstellt, weil dieses – und zwar als vertragsbestimmender Schwerpunkt – den Einbau des erstellten Segels in das Boot umfassen müsste. Dass auch der Kläger gerade von keiner solchen Verpflichtung ausgeht, zeigt sich nicht zuletzt an dem von ihm gestellten Klageantrag mit einer Zahlung Zug-um-Zug gegen Übergabe des hergestellten Segels.

Damit scheidet – wie zutreffend durch das Landgericht angenommen – ein Werkunternehmerpfandrecht aus, da dieses bei einem Werklieferungsvertrag nicht begründet wird.

(2) Unabhängig von der Frage, ob der vorliegend seitens des Klägers behauptete Vertrag als Werkvertrag einzuordnen ist oder als Werklieferungsvertrag, bei dem § 647 BGB gem. § 650 S. 1 BGB keine Anwendung fände, käme ein Werkunternehmerpfandrecht auch deshalb nicht in Betracht, weil dieses sich gem. § 647 BGB ohnehin allein auf die von dem Kläger hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen bezieht, die zum Zweck der Herstellung oder der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind. Insoweit ist zwar das Boot des Klägers eine bewegliche Sache, wenn und weil es nicht schiffsregisterpflichtig und nicht eingetragen ist. Die bewegliche(n) Sache(n) müsste der Kläger als Unternehmer jedoch entweder selbst hergestellt oder aber ausgebessert haben, und sie müssten hierzu in seinen Besitz gelangt sein.

An sonstigen Gegenständen des Bestellers, die aus einem vom Werkvertrag losgelösten (Rechts-) Grund in den Besitz des Unternehmers gelangt sind, kann kein Unternehmerpfandrecht nach § 647 entstehen, da es hier an der Zweckverknüpfung mit der Werkherstellung fehlt (vgl. Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 647, Rn. 10).

Diese Voraussetzungen lägen indes für die lediglich eingelagerten Sachen ohnehin nicht vor, selbst wenn der Kläger an ihnen für die Herstellung des neuen Segels überdies Maß nehmen musste und genommen hat. Allein hinsichtlich des originalen Fockschlauchs und der originalen Fock sowie der Rollanlage kommen diese Voraussetzungen in Betracht, weil diese jeweils repariert werden sollten. Auch an diesen liegt indes kein Werkunternehmerpfandrecht im Rahmen des Vertrages über die Herstellung des Großsegels vor, und ein Werkunternehmerpfandrecht aufgrund sonstiger vertraglicher Verhältnisse besteht jedenfalls nicht fort.

(a) Hinsichtlich der Rollanlage schiede das Pfandrecht – wie durch das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt – aus, weil diesbezüglich unstreitig ein separater Werkvertrag über die Reparatur geschlossen wurde. Insoweit hat der Beklagte – ebenfalls unstreitig – den Werklohn gezahlt. Das Pfandrecht besteht damit gem. §§ 647, 1257, 1205, 1252 BGB nicht fort.

(b) Hinsichtlich der Fock und des Fockschlauches, die als einzige Sachen des Beklagten durch den Kläger repariert werden sollten, ohne dass hierzu ein separates Vertragsverhältnis bestand, sollte dies zwar im Rahmen der Herstellung des Großsegels erfolgen, dies allerdings ausdrücklich als Gratisleistung und ohne Berechnung. Damit kommt auch insoweit kein Pfandrecht in Betracht.

cc) Soweit der Kläger sich nunmehr hilfsweise zudem auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB beruft, ist dieses neue Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen. Eine Konnexität lässt sich aufgrund des unstreitigen Sachverhalts nicht feststellen, da der Beklagte eine Entwendung der Segelutensilien durch den Kläger behauptet. Eine pflicht- und absprachewidrige Wegnahme wäre indes nicht als „aus demselben rechtlichen Verhältnis“ beruhend im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB einzuordnen.

2. Die – zumindest als Anschlussberufung – zulässige Berufung des Beklagten hat im Wesentlichen ebenfalls keinen Erfolg. Zwar liegt eine Rechtsverletzung nahe, indem das Landgericht seinen nachgelassenen Schriftsatz vom 21.09.2021 trotz antragsgemäßer Fristverlängerung gem. Schreiben des Gerichts vom 25.08.2021 nicht berücksichtigt hat. Ob diesbezüglich eine Rechtsverletzung vorliegt, kann der Senat nicht sicher feststellen, da der Antrag, auf den die Verlängerung der Frist erfolgt ist, nicht Teil der Akte und dem Senat nicht bekannt ist. Dies kann jedoch dahinstehen, denn jedenfalls beruht die Entscheidung nicht auf dieser naheliegenden Rechtsverletzung. Und die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen auch insoweit keine andere Entscheidung.

a) Die Berufung ist jedenfalls als Anschlussberufung zulässig. Einer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der nicht eingehaltenen Frist zur Berufungsbegründung gem. § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO bedarf es daher nicht.

b) Die Berufung ist indes weitestgehend unbegründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 4.950,00 Euro gem. §§ 650, 433 Abs. 2 BGB im Grundsatz zu. Lediglich 35,90 Euro, die der Kläger bereits aufgrund anderweitiger Überzahlung durch den Beklagten auf die Rechnung verrechnet hat, sind in Abzug zu bringen.

aa) Zutreffend hat das Landgericht den Abschluss eines Werklieferungsvertrags entsprechend der Auftragsbestätigung des Klägers vom 11.11.2019 (K2) angenommen.

Ob eine solche Einigung bereits vor Erstellung der Auftragsbestätigung zustande gekommen ist, kann dahinstehen, da sie sich jedenfalls aus dem sich anschließenden E-Mail-Verkehr der Parteien unzweifelhaft und mit deren Inhalt ergibt.

Soweit der Beklagte ausführt, der Inhalt der Einigung sei durch den Kläger nicht hinreichend dargelegt, weil dieser ihm fünf Angebote unter den Angebotsnummern 002, 005, 006, 001 und 007 unterbreitet habe, die allesamt auf den 02.09.2019 datiert gewesen seien, sodass nicht ersichtlich sei, welches er angenommen haben solle, verfängt dies ersichtlich nicht.

Denn nur die Angebote 002 und 001 betrafen überhaupt jeweils ein Großsegel. Dabei war das ursprüngliche Angebot 002 auf ein Großsegel mit einer Größe von 24 m² für einen Trimaran Dragonfly 800 bezogen. Dieses wurde dem Beklagten mit E-Mail vom 02.09.2019 übersandt an seine E-Mailadresse 00000 (K6). Auf die Antwort des Beklagten um 20.01 Uhr, dass sein Boot „eine racing 800 mit 1,2 m höherem Mast“ sei, erfolgte bereits um 20.28 Uhr die Übersendung des aktualisierten Angebots 001. Gleichzeitig bat der Kläger, dessen Beiträge durchgängig als der höflicher gestaltete Teil der Kommunikation auffallen, in Bezug auf die falschen Maße um Entschuldigung. Zugleich erklärte er, diese seien auf ein Verrutschen in der Zeile zurückzuführen. Hierauf antwortete der Beklagte am 07.09.2019: „Ich denke wir kommen klar. Kann ich das Segeltuch mal ansehen?“.

Wie der Beklagte dennoch den Zugang dieses Angebotes bestreiten zu können meint, bleibt offen. Denn hiermit hat er ersichtlich Bezug auf das aktualisierte Angebot 001 genommen. Dies ergibt sich jedenfalls daraus, dass hinsichtlich des vorangehenden Angebots 002 zwischen den Parteien geklärt war, dass dieses nur irrtümlich für andere Maße erstellt worden war. Damit war dieses ursprüngliche Angebot endgültig „vom Tisch“ und konnte entgegen der Argumentation des Beklagten auch keine Zweideutigkeit mehr bezüglich der Frage begründen, welches Angebot des Klägers hinsichtlich des Großsegels im Raum stand. Als Grundlage für einen Vertragsschluss bezüglich eines Großsegels kam damit ab diesem Zeitpunkt nur noch das Angebot 001 in Betracht.

Zutreffend ist zwar der Einwand des Beklagten, dass in diesem keine Anzahlung von 2.000,00 Euro oder Vereinbarungen zu sonstigen Segelutensilien enthalten waren, die sich sodann indes in der Auftragsbestätigung fanden. Hieraus lässt sich allerdings nicht schließen, dass es zu keiner Einigung gekommen ist. Vielmehr legt dies den Rückschluss nahe, dass die Parteien zwischenzeitlich hierüber gesprochen haben müssen: Während nämlich die Vorschussvereinbarung für den Kläger von Vorteil ist, gehen die weiteren in der Auftragsbestätigung enthaltenen Gratisleistungen ersichtlich zu seinen Lasten. Es ist nicht ersichtlich, wieso er diese hätte aufnehmen sollen, wenn sie nicht mit dem Beklagten abgesprochen gewesen sein sollten.

Ob dem Beklagten die Auftragsbestätigung per Post zugegangen ist, was er bestreitet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls hat auf die Mitteilung des Klägers, die Fock und der Fockschlauch seien repariert, seinerseits mitgeteilt, diese Reparaturen nicht beauftragt zu haben. Daraufhin hat der Kläger in seiner E-Mail vom 20.11.2019 um 7:05 Uhr darauf verwiesen, diese Arbeiten entsprechend der Auftragsbestätigung ohne Berechnung erbracht zu haben. Zugleich mit dieser E-Mail ist dem Beklagten jedenfalls (erneut oder erstmalig) die Auftragsbestätigung als Anlage zugeschickt worden (K6). Hierauf hat der Beklagte geantwortet: „Ja klar aber vorsegel und vorsegel Schlauch?“ (sic).

Seine Behauptung, die Auftragsbestätigung überhaupt nicht erhalten zu haben, ist damit widerlegt. Seiner Wertung, er habe dieser Auftragsbestätigung nicht widersprechen müssen, sondern habe sie als Nicht-Kaufmann einfach ignorieren können, kommt angesichts seiner weiteren Kommunikationsbeiträge keine Bedeutung zu. Denn keineswegs hat der Beklagte die Auftragsbestätigung ignoriert. Vielmehr hat er seine Kommunikation mit dem Kläger fortgesetzt, was dieser als (erneute) Bestätigung des Auftrags entsprechend der zugesandten Auftragsbestätigung auffassen durfte. Auf die weitere Anfrage vom 28.11.2019, ob er seine Segelnummer 004 wieder auf dem Siegel angebracht haben wolle und bejahendenfalls, ob dies in derselben Größe erfolgen solle, hat der Beklagte geantwortet: „Moin, ja bitte Auch 004“ (sic) und „Ja so wie es war ca.“. Nach Mitteilung über die Fertigstellung des neuen Segels am 04.12.2019 und Anfrage, ob das alte Segel entsorgt werden solle, hat der Beklagte geantwortet: „Erst wenn das neue passt“. Die Anmahnung der Anzahlung (2.000.00 Euro) am 11.12.2019 mit dem gleichzeitigen Hinweis, dass im kommenden Jahr die Restzahlung erfolgen solle, hat der Beklagte unmittelbar beantwortet mit: „Ja wird gezahlt. Ich werde nächste Woche oder schon jetzt am Freitag vorbeikommen.“

Insoweit erschließt sich dem Senat nicht, woraus der Beklagte seine Ansicht schöpft, aus dem Inhalt der Kommunikation sei nicht ersichtlich, was er konkret unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis angenommen haben solle, sodass kein Vertrag geschlossen worden sei. Vielmehr hat der Beklagte ersichtlich das Angebot 001 wie auch die weitestgehend inhaltsgleiche Auftragsbestätigung hierzu erhalten, vgl. obige Ausführungen. Hinsichtlich der Anzahlung i. H. v. 2.000,00 Euro zeigt sich aus der Reaktion auf die Anmahnung, dass sich der Beklagte diesbezüglich seiner Verpflichtung bewusst war. Auch ansonsten haben die Parteien im Folgenden wie ausgeführt mehrfach auf der Grundlage der Auftragsbestätigung miteinander über die konkrete Ausgestaltung kommuniziert.

Dabei hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Weise Ausführungen dazu getroffen, dass der Inhalt der Auftragsbestätigung unzutreffend sei. Insbesondere hat er während der gesamten Kommunikation den Vertragsschluss als solchen nicht infrage gestellt. Der Beklagte hat damit keinesfalls auf die Auftragsbestätigung geschwiegen, sondern ihren Inhalt jedenfalls durch sein schlüssiges Verhalten bestätigt.

Noch in der E-Mail vom 01.04.2020 hat er ausgeführt, die Fotos reichten als Grundlage für die Zahlung der Rechnungen eher nicht aus. Dies bezieht sich ersichtlich auf den Nachweis der (mangelfreien) Herstellung des Großsegels durch die zugleich übersandten Fotos. Auch dies belegt wiederum das Vorliegen einer hierauf bezogenen Bestellung. Denn für eine ohnehin nicht geschuldete Leistung würde auch kein Leistungsnachweis erfragt, den der Beklagte demgegenüber ersichtlich erwartete und für den ihm die Fotos nicht genügten.

Soweit der Beklagte bemängelt, das Landgericht habe sich nicht mit seinem Einwand auseinandergesetzt, dass erst das Vorstag gesetzt werden müsse, damit der Mast gestellt werden könne und somit die Segel gemessen und angeschlagen werden könnten, verfängt auch dies nicht. Ob technisch die Darlegungen des Beklagten zutreffen, braucht nicht entschieden zu werden. Jedenfalls waren sie nicht im Sinne einer Bedingung für den Vertrag über die Herstellung des Segels vereinbart.

Die Herstellung eines Segels ist jedenfalls gänzlich unabhängig hiervon möglich, zumal eine Herstellung des Segels anhand der technischen Daten des Bootes oder der Vermessung des noch vorhandenen alten Segels möglich erscheint. Ob eine solche Bestellung für den Beklagten sinnvoll war, ist demgegenüber als seine Motivation allein von ihm zu bewerten. Für die Beurteilung, ob ein Vertrag geschlossen wurde, ist sie nicht maßgeblich.

Ebenso wenig maßgeblich ist der Umstand, dass der Kläger ursprünglich sein Angebot bis zum 30.09.2019 befristet hatte; dies hindert die Parteien nicht, anschließend im intensiven Austausch miteinander einen weitestgehend inhaltsgleichen Vertrag zu schließen, wie der Kläger diesen in der Auftragsbestätigung dokumentiert und der Beklagte spätestens daraufhin in seinen weiteren Kommunikationsbeiträgen bestätigt hat.

Die weiteren Ausführungen des Beklagten, der Kläger habe das Vorstag und die weiteren Utensilien von seinem Boot entwendet, damit er ein neues Segelkleid benötige, sind ersichtlich nicht zutreffend. Dies belegt der Ablauf der Kommunikation.

Soweit sich der Kläger in seiner E-Mail vom 10.06.2020, 15.27 Uhr (K6), und zuvor telefonisch auf sein vermeintliches Werkunternehmerpfandrecht berufen und eine Herausgabe verweigert hat, beruht dies ersichtlich darauf, dass der Beklagte den Kläger hinsichtlich der Zahlung bereits seit über einem halben Jahr mit verschiedenen Zusagen vertröstet hatte. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich deutlich, dass der Kläger den Beklagten keinesfalls durch Wegnahme der Segelutensilien unter Druck gesetzt hat, um ihn zu einem nicht gewünschten Vertragsschluss zu nötigen. Vielmehr hat der Kläger sich durchgehend vertragstreu verhalten und ist umfänglich in Vorleistung getreten, bevor er dem Verhalten des Beklagten entgegengetreten ist, indem er im Frühjahr 2020 – wenngleich unberechtigt – sein vermeintliches Werkunternehmerpfandrecht geltend gemacht hat.

Noch am 23.05.2020 hatte der Beklagte im Rahmen der neuen Beauftragung mit der Reparatur der Rollanlage ausgeführt: „PS. Mir waren ebenfalls einige Einnahmequellen weggebrochen, wie bei vielen in diesen Zeiten.“ Auch mit E-Mail vom 10.06.2020 hat der Beklagte weiterhin lediglich die Fälligkeit, nicht aber die Berechtigung der Klageforderung als solche bestritten. In derselben E-Mail hat er den Kläger aufgefordert, die Rollanlage und die Besegelung ohne weitere Zahlungen (außer der Begleichung der Rechnung für die Reparatur der Rollanlage) wieder auf das Boot zu verbringen.

Auch die angebliche Bedingung, unter der der Vertragsschluss gestanden haben soll, ist durch den Beklagten weiterhin nicht dargelegt. Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe des Klägers ist, einen unbedingten Vertragsschluss nachzuweisen, solange der Beklagte die konkreten Bedingungen, unter denen der Vertragsschluss angeblich gestanden haben soll, nicht konkret benennt und darlegt.

bb) In Höhe von 35,90 Euro ist der Anspruch indes untergegangen gem. § 362 BGB, nachdem der Beklagte insoweit eine Überzahlung auf die Rechnung 008 für die Reparatur der Rollanlage vorgenommen hat, die der Kläger auf die vorliegend mit der Klage geltend gemachte Rechnung verrechnet hat, was unwidersprochen geblieben ist.

cc) Die geltend gemachte Zahlung kann der Kläger – wie im Antrag und im Urteil des Landgerichts berücksichtigt – gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB nur Zug-um-Zug verlangen.

dd) Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten ergeben sich aus §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB; ein eigenständiger Berufungsangriff liegt insoweit zudem nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1, § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist mangels Vorliegens eines Grundes i. S. d. § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Streitwert: Bis 13.000,00 Euro

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