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Jagdpachtvertrag – Anwendbarkeit mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche

Jagdpachtvertrag: OLG Düsseldorf bestätigt Anwendbarkeit mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche

Im Zentrum dieses Urteils steht die Frage nach der Anwendbarkeit mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche auf Jagdpachtverträge, ein Thema, das sowohl für Juristen als auch für Laien von Interesse ist. Die zentrale Problemstellung dreht sich um die Interpretation und Anwendung bestehender Gesetze im Kontext von Pachtverhältnissen, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistungsrechte und -pflichten, die sich aus einem Jagdpachtvertrag ergeben können. Dies beinhaltet die Untersuchung, inwieweit Regelungen des Mietrechts auf Pachtverträge übertragen werden können und welche Besonderheiten dabei zu beachten sind.

Das juristische Kernthema umfasst somit die Klärung der Reichweite von Gewährleistungsansprüchen und die Frage, ob und wie diese im Falle von Jagdpachtverträgen anwendbar sind. Diese Thematik ist besonders relevant, da sie die rechtliche Beziehung zwischen Pächter und Verpächter in Bezug auf Vertragsbedingungen und mögliche Mängel der Pachtsache berührt. Es geht also um die Grundlagen des Pachtrechts und dessen Schnittstellen zum Mietrecht, was sowohl praktische als auch theoretische Relevanz im Bereich des Immobilien- und Vertragsrechts hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 24 U 64/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass in einem Jagdpachtvertrag keine Gewährleistungsansprüche gemäß dem Mietrecht geltend gemacht werden können, insbesondere wenn keine vertraglichen Zusicherungen über bestimmte Eigenschaften des Jagdreviers nachgewiesen werden können.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Zurückweisung der Berufung: Das OLG Düsseldorf beabsichtigte, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da keine Aussicht auf Erfolg bestand.
  2. Keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung: Das Gericht sah in der Sache keine Notwendigkeit zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
  3. Verpflichtung zur Zahlung: Der Beklagte war zur Zahlung der offenen Jagdpachten verpflichtet, da keine Minderung der Zahlungspflicht festgestellt wurde.
  4. Keine Anwendung der Störung der Geschäftsgrundlage: Das Gericht erklärte, dass Ansprüche auf Anpassung der Jagdpacht wegen Störung der Geschäftsgrundlage im Bereich des Jagdpachtvertrags nicht anwendbar sind.
  5. Fehlende Zusicherung im Jagdpachtvertrag: Im Jagdpachtvertrag wurden keine spezifischen Zusicherungen bezüglich der Beschaffenheit des Jagdreviers, wie z.B. ein „Hochwildrevier“ oder „Rotwild als Standwild“, festgestellt.
  6. Beweislast des Beklagten: Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass ihm verbindliche Zusagen über die Beschaffenheit des Jagdreviers gemacht wurden.
  7. Unwirksamkeit mündlicher Zusagen: Mündliche Zusagen, die nicht der vorgeschriebenen Schriftform entsprachen, waren laut Gericht unwirksam.
  8. Kein Anfechtungsgrund: Eine arglistige Täuschung und damit verbundene Anfechtung des Vertrages gemäß § 123 BGB konnte nicht festgestellt werden.

Diese Punkte verdeutlichen die rechtlichen Anforderungen an die Gestaltung und Interpretation von Jagdpachtverträgen sowie die Bedeutung der Beweislast und Formvorschriften.

Der Jagdpachtvertrag im Fokus des OLG Düsseldorf

In einem jüngst vom Oberlandesgericht Düsseldorf behandelten Fall, Aktenzeichen 24 U 64/22, stand ein Jagdpachtvertrag im Mittelpunkt einer rechtlichen Auseinandersetzung. Der Beklagte, ein Teilpächter dieses Vertrages, war vom klagenden Land auf Zahlung offener Jagdpachten in Anspruch genommen worden. Das Landgericht gab der Klage statt, woraufhin der Beklagte Berufung einlegte. Das OLG Düsseldorf beabsichtigte jedoch, diese Berufung zurückzuweisen, da keine Aussicht auf Erfolg bestand.

Anwendung mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche auf Jagdpachtverträge

Jagdpachtvertrag: OLG Düsseldorf bestätigt Anwendbarkeit mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche
(Symbolfoto: UfaBizPhoto /Shutterstock.com)

Der Kern des Rechtsstreits drehte sich um die Anwendbarkeit mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche auf den Jagdpachtvertrag. Der Beklagte argumentierte, dass eine Anpassung der Jagdpacht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB gerechtfertigt sei. Allerdings schloss das Gericht diese Möglichkeit aus, da im Anwendungsbereich der miet- und pachtrechtlichen Gewährleistungsvorschriften, insbesondere nach §§ 536ff. in Verbindung mit § 581 Abs. 2 BGB, eine solche Heranziehung grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Bewertung der Beweislast und Vertragsinhalte

In der detaillierten Bewertung der Beweislage stellte das Gericht fest, dass der Beklagte nicht nachweisen konnte, dass ihm bezüglich des Jagdreviers verbindliche Zusagen gemacht worden waren. Es gab weder aus dem Jagdpachtvertrag noch aus anderen Dokumenten Hinweise darauf, dass den Pächtern ein „Hochwildrevier“ oder ein Revier mit einer bestimmten Anzahl bestimmter Wildarten zugesichert worden war. Zudem war die Schriftform des Jagdpachtvertrags nach § 11 Abs. 4 S. 1 BJagdG nicht eingehalten worden, was jegliche mündlichen Zusagen unwirksam machte.

Entscheidung des Gerichts und ihre Begründung

Abschließend wies das Gericht darauf hin, dass dem Beklagten als Pächter die Darlegungs- und Beweislast obliegt. Da er diese Beweislastnicht erfüllen konnte, blieb die Berufung erfolglos. Zudem waren keine Täuschungen des Beklagten bezüglich des Vorhandenseins von Rotwild als Standwild feststellbar, wodurch auch eine Anfechtung des Vertrages gemäß § 123 BGB ausgeschlossen war. Insgesamt bekräftigte das OLG Düsseldorf mit seinem Beschluss die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts und stellte klar, dass der Jagdpachtvertrag in seiner bestehenden Form weiterhin Gültigkeit besitzt.

Dieser Fall verdeutlicht die Komplexität und die spezifischen Herausforderungen, die sich bei der Anwendung mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche auf Jagdpachtverträge ergeben können. Es zeigt auch, wie entscheidend die genaue Betrachtung von Vertragsinhalten und die Einhaltung formaler Anforderungen in rechtlichen Auseinandersetzungen sind.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Unter welchen Voraussetzungen finden bei einem Jagdpachtvertrag die mietrechtlichen Vorschriften über die Gewährleistung Anwendung?

Ein Jagdpachtvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag, auf den die Vorschriften über das Pachtverhältnis (§§ 581 ff. BGB) anzuwenden sind, soweit nicht spezielle Regelungen des Jagdrechts eingreifen. Die mietrechtlichen Vorschriften über die Gewährleistung finden Anwendung, wenn es um Mängel der Pachtsache oder um Wildschäden geht.

Bei Mängeln der Pachtsache ist der Vermieter grundsätzlich zur Gewährleistung verpflichtet. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass die Pachtsache sich für die vertraglich vereinbarte Nutzung eignet. Ist dies nicht der Fall, kann der Pächter unter Umständen Minderung der Pacht, Schadensersatz oder sogar die Auflösung des Vertrags verlangen.

In Bezug auf Wildschäden ist zu beachten, dass diese oft im Jagdpachtvertrag geregelt sind. Üblich ist eine Verpflichtung des Pächters zur Übernahme von Wildschäden. Sollte der Pächter jedoch der Meinung sein, dass die Wildschäden aufgrund von Umständen entstanden sind, die er nicht zu vertreten hat (z.B. durch eine übermäßige Wildpopulation, die er trotz ordnungsgemäßer Jagdausübung nicht reduzieren konnte), könnte er versuchen, die Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften geltend zu machen.

Die genaue Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften hängt jedoch immer vom Einzelfall ab und kann komplex sein. Daher ist es ratsam, bei Unklarheiten oder Streitigkeiten einen Rechtsanwalt zu konsultieren.


Das vorliegende Urteil

OLG Düsseldorf – Az.: 24 U 64/22 – Beschluss vom 24.08.2023

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der auf den 12. September 2023 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 19.868,43 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Berufung des Beklagten hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).

Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben.

Der Beklagte ist aus dem mit dem klagenden Land geschlossenen Jagdpachtvertrag gem. § 581 BGB iVm § 5 des Vertrages (Anl. K1, GA 8), in welchen er durch Vertrag vom 27. März 2012 (Anl. K2, GA 14) als Mitpächter in gesamtschuldnerischer Haftung eingetreten ist, zur Zahlung der offenen Jagdpachten in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe verpflichtet. Die vom Beklagten geschuldete Jagdpacht, auf den ihn das klagende Land gem. § 421 BGB in voller Höhe der offenen Beträge in Anspruch nimmt, hat sich weder gemindert noch ist die Zahlungspflicht aus anderen Gründen in Wegfall geraten.

1. Die vom Beklagten thematisierten Ansprüche auf Anpassung der Jagdpacht nach § 313 Abs. 1 BGB wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage liegen bereits aus Rechtsgründen nicht vor. Eine Heranziehung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist im Anwendungsbereich der miet- und pachtrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nach §§ 536ff. iVm 581 Abs. 2 BGB grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteile vom 11. Dezember 1991 – XII ZR 63/90; vom 16. Februar 2000 – XII ZR 279/97, Rn. 41 f.; vom 21. Februar 2008 – III ZR 200/07, Rn. 8). Die diesen Bestimmungen zu Grunde liegende gesetzliche Risikoverteilung darf nicht über die Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage verändert werden. Ginge man – wie nicht, siehe die nachfolgenden Ausführungen – davon aus, dass das Revier mit der Eigenschaft als „Hochwildrevier“ und mit Rotwild als „Standwild“ verpachtet worden sei, so läge bei einem Fortfall dieser Eigenschaft ein Mangel im Sinne §§ 536 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB vor, für den das klagende Land gewährleistungspflichtig wäre (vgl. hierzu BGH, Urteil vom ein 20. Februar 2008 – III ZR 200/07, Rn. 8).

2. Ein den Beklagten zur Berufung auf eine eingetretene Minderung berechtigender Mangel des Jagdreviers lässt sich allerdings nicht feststellen.

Der hier geschlossene Jagdpachtvertrag vom 12. März 2008, in welchen der Beklagte aufgrund des Änderungsvertrages vom 27. März 2012 als Mitpächter eingetreten ist, unterliegt den Vorschriften über das Pachtverhältnis (§§ 581ff. BGB), soweit nicht spezielle jagdrechtliche Bestimmungen oder jagdrechtliche Besonderheiten entgegenstehen (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 1987 – III ZR 234/85, Rn. 18; vom 20. Februar 2008 – III ZR 200/07, Rn. 9). Gegenstand des Pachtvertrags ist das Jagdausübungsrecht. Es handelt sich daher um eine Rechtspacht. Die mietrechtlichen Regelungen über die Sachmängelgewährleistung gelten jedoch entsprechend (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – III ZR 200/07, Rn. 9 mwN). Mangel der Pachtsache ist eine für den Pächter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands vom vertraglich geschuldeten, sofern dadurch die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch unmittelbar aufgehoben oder gemindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – III ZR 200/07, Rn. 9 mwN). Dahingehendes lässt sich im zu entscheidenden Fall jedoch nicht feststellen.

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a. Weder aus dem Jagdpachtvertrag vom 12. März 2008 noch aus der Revierbeschreibung (Anl. K6, GA 133), die im Übrigen nicht Vertragsbestandteil geworden ist, noch aus dem Änderungsvertrag vom 27. März 2012 ergibt sich, dass den Pächtern ein „Hochwildrevier“ bzw. ein mit einer bestimmten Anzahl von bestimmten Wildarten versehenes Revier in vertraglich bindender Weise als Eigenschaften zugesagt worden ist. Der Jagdpachtvertrag und auf ihn bezugnehmend der Änderungsvertrag bezeichnen lediglich den Pachtgegenstand mit seinem Namen und seiner Größe von ca. 208,8630 ha. Er enthält vielmehr die weitere Angabe: „Eine Gewähr für Größe und Ergiebigkeit des Jagdbezirks wird nicht gegeben.“

Aus der Revierbeschreibung folgt nichts Anderes. Dort werden lediglich „vorkommende Wildarten“, nämlich Rehwild, Rotwild, Schwarzwild als Wechselwild, Fuchs und sonstiges Niederwild sowie Raubwild genannt. Soweit bei der „Abschussfreigabe“ bei Rotwild eine „Jahresstrecke bisher 2-4 Stück pro Jahr“ angegeben wird, bezieht sich dies auf den Gruppenabschuss im Rahmen der Freigabe der Rotwildhegegemeinschaft … Diese Rotwildhegegemeinschaft umfasst jedoch unstreitig mehrere Jagdbezirke, weshalb daraus nichts Belastbares für den hier streitgegenständlichen Jagdbezirk abgeleitet werden kann. Demgemäß lässt sich auch daraus nichts dafür herleiten, dass im Jagdbezirk des Beklagten und des Zeugen P Rotwild als Standwild bzw. überhaupt in einer bestimmten Anzahl vorkommt.

Im Übrigen kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Revierbeschreibung Bestandteil des Jagdpachtvertrages geworden ist. Dieser enthält keine Bezugnahme auf dieses Dokument. Nach § 11 Abs. 4 S. 1 BJagdG (= Bundesjagdgesetz) ist ein Jagdpachtvertrag schriftlich abzuschließen. Die Schriftform bezieht sich auf den gesamten Vertragsinhalt einschließlich aller Nebenabreden. Besteht der schriftliche Jagdpachtvertrag aus mehreren Urkunden, muss die Zusammengehörigkeit erkennbar gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2002 – XII ZR 253/01). Zwar ist eine feste körperliche Verbindung nicht erforderlich, wenn sich die Einheit der Urkunde aus anderen eindeutigen Merkmalen ergibt (z.B. fortlaufende Paginierung, fortlaufende Nummerierung etc.). Eine Einheit ist ebenfalls zu bejahen, wenn in einem Hauptvertrag auf eine Anlage Bezug genommen wird und alle Blätter der Anlage von den Vertragsparteien paraphiert worden sind (BGH, Urteil vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98). Nach der so genannten „Auflockerungrechtsprechung“ ist die Einhaltung der Schriftform auch dann gewahrt, wenn in der Nachtragsurkunde auf den ursprünglichen Vertrag Bezug genommen wird und zum Ausdruck kommt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher vereinbart worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. Februar 2000 – XII ZR 251/97, Rn. 11; vom 22. April 2015 – XII ZR 55/14, Rn. 18; vgl. zum Vorstehenden auch Düsing/Martinez/Gies/v. Bardeleben, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, § 11 BJagdG Rn. 72 mwN). Diese Voraussetzungen sind bei der Revierbeschreibung indes sämtlich nicht erfüllt. Sie ist demgemäß schon nicht Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Jagdpachtvertrages geworden.

b. Soweit der Beklagte behauptet, ihm bzw. dem Zeugen P seien bei den Vertragsschlüssen von den Zeugen L und B mündliche Zusagen zur Anzahl vorhandenen Rotwildes im Revier gemacht worden, so wären diese Zusagen in Ermangelung der Einhaltung der in § 11 Abs. 4 S. 1 BJagdG, § 21 des Jagdpachtvertrages vom 12. März 2008 (GA 13) vorgeschriebenen Schriftform unwirksam. Darüber hinaus vermochte der Beklagte seine dahingehenden Behauptungen nicht zu beweisen.

aa. Die Schriftform eines Jagdpachtvertrages bezieht sich gem. § 11 Abs. 4 S. 1 BJagdG auf den gesamten Vertragsinhalt einschließlich aller Nebenabreden (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1978 – III ZR 89/76, Rn. 19ff.; Düsing/Martinez/Gies/v. Bardeleben, aaO, § 11 BJagdG Rn. 72 mwN; Erbs/Kohlhaas/Metzger, strafrechtliche Nebengesetze, Ergänzungslieferung Februar 2023, § 11 BJagdG Rn. 11a). Das Formerfordernis bezieht sich somit auch auf Nebenabreden (BGH, Urteil vom 13. April 1978 – III ZR 89/76, Rn. 24; LG Stendal, Urteil vom 18. Juli 2007 – 23 O 483/06, Rn. 44; Erbs/Kohlhaas/Metzger, aaO). Mangelt einem Rechtsgeschäft der durch Gesetz vorgeschriebenen Form, ist es gem. § 125 S. 1 BGB nichtig.

bb. Die Auswirkungen einer etwaigen Nichtigkeit, auch im Hinblick auf die Regelung des § 139 BGB, kann hier jedoch offenbleiben. Denn das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte eine entsprechende mündliche Vereinbarung nicht bewiesen hat. Er trägt nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Mangels, sondern auch für entgegen der Vermutung der Vollständigkeit urkundlicher Erklärungen gem. § 416 ZPO getroffene mündliche Vereinbarungen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1999 – V ZR 353/97, Rn. 8 mwN).

Die landgerichtliche Beweiswürdigung ist zutreffend und nicht zu beanstanden. Soweit sich der Beklagte auf Angaben des Zeugen L bei dem Vertragsschluss mit dem Zeugen P im Jahr 2008 bezogen hat, hat der Zeuge P im Rahmen seiner Vernehmungen vom 20. November 2019 (GA 453-457) und vom 23. Februar 2022 (GA 711-713) keine Angaben dazu gemacht, dass der Zeuge L ihm seinerzeit in Bezug auf das Vorhandensein von Rotwild irgendwelche mündlichen Angaben gemacht hätte.

Soweit der Zeuge P ausgesagt hat, der Zeuge B habe ihm „ein starkes Vorkommen an Rotwild“ angepriesen (Sitzungsprotokoll vom 20. November 2019, S. 2, GA 154) bzw. es solle sich „dort insbesondere viel Rotwild befinden“ (Sitzungsprotokoll vom 23. Februar 2022, S. 2, GA 712), kann daraus keine verbindliche Zusicherung eines solchen Vorkommens geschlossen werden. So hat der Zeuge P auch angegeben, dass es das Revier, wie der Zeuge P es später angepachtet habe, so zuvor nicht gegeben habe. Es wurde vielmehr erst neu zusammengeführt (Sitzungsprotokoll vom 20. November 2019, S. 3, GA 455). Bereits daraus ergeben sich Unwägbarkeiten im Hinblick auf etwaige Aussagen zu einem Rotwildbestand. Zwischen den Parteien steht darüber hinaus nicht im Streit, dass es sowohl im Jagdrevier des Beklagten einzelne Rotwildabschüsse gegeben hat (vgl. die Streckenliste 2010/11, GA 66) als auch dass die Rotwildhegegemeinschaft . in den vergangenen Jahren Abschüsse von Rotwild vornehmen konnte (vgl. die Angaben des Zeugen L, der auch Vorsitzender des Vereins der Rotwildhegegemeinschaft . ist, Protokoll vom 22. August 2018, S. 3, GA 381). Daraus wird bereits deutlich, dass Rotwild in dem Jagdrevier vorgekommen ist, wenn auch nicht, wie vom Beklagten erhofft, in größerer Anzahl.

Zudem hat der Zeuge P einschränkend angegeben, dass das Jagdgebiet an ein Erholungsgebiet angrenzt, welches insbesondere im Winter durch Besucher stark frequentiert ist, und dass Rotwild dann abwandert (Sitzungsprotokoll vom 20. November 2019, S. 3, GA 455). Da zwischen den Parteien ebenfalls nicht im Streit steht, dass Rotwild ein großes Bedürfnis nach Ruhe und Sicherheit hat und sich dort einstellt, wo es diese Ruhe und zudem ausreichende Äsungsmöglichkeiten vorfindet (vgl. Angaben des Zeugen L, aaO, S. 3, GA 381), muss jedenfalls davon ausgegangen werden, dass Rotwild in dem Revier zwar vorkommt, der Beklagte aber offenbar fehlerhafte Vorstellungen von der Anzahl des Vorkommens hatte. Dass man ihm, dem Beklagten oder dem Zeugen P eine bestimmte Anzahl von Tieren bzw. von deren Abschüssen zugesagt hätte, folgt aus der Aussage des Zeugen P jedenfalls nicht. Soweit der Beklagte aufgrund der behaupteten Angaben des Zeugen B zu einem höheren Aufkommen eine bestimmte Erwartungshaltung entwickelt hat, konnte dadurch keine vertragliche Vereinbarung begründet werden, zumal dem Beklagten als Jagdkundigem die vielfältigen Einflüsse von sich wechselnden und teilweise vom Menschen beeinflussten Umweltbedingungen auf den Wildbestand bekannt sind und deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass das klagende Land überhaupt zu verbindlichen Zusagen über das Wildvorkommen in der Lage wäre. Dies kommt nicht zuletzt in der Vertragsklausel, wonach eine Gewähr für die Ergiebigkeit des Jagdbezirks nicht übernommen wird, auch hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Der Zeuge P konnte zudem bei seiner Vernehmung vom 23. Februar 2022 (aaO, S. 3, GA 713) nicht bestätigen, dass er gegenüber dem Beklagten ein Vorkommen von Rotwild als Standwild angegeben habe. Soweit der Zeuge bei seiner Vernehmung am 23. Februar 2022 (S. 2, GA 712) angab, der Zeuge B habe ihm (im Zuge des Vertragsschlusses im Jahr 2008) zugesichert, dass Standwild vorhanden sei (offenbar bezog sich diese Angabe auf Rotwild), so ergibt sich daraus nicht, dass der Zeuge P derartige Angaben gegenüber dem Beklagten bei Abschluss des Änderungsvertrages im Jahr 2012 gemacht hat, zumal der Zeuge – die Angaben des Beklagten zu geringen Abschusszahlen von Rotwild im Jagdbezirk seit dem Jahr 2008 unterstellt – gut daran getan hätte, diesbezüglich keine falschen Vorstellungen beim Beklagten zu erwecken. Daraus folgt ebenfalls nicht, dass im Jahr 2008 mit dem Zeugen P entgegen den Angaben im schriftlichen Vertragsdokument eine dahingehende Vereinbarung getroffen worden wäre. Denn etwaige Anpreisungen des Zeugen B, der unstreitig zur Abgabe vertragsgestaltender Erklärungen nicht befugt war, konnten auch nach der Vorstellung des Zeugen P demgemäß die schriftlichen Vereinbarungen nicht abändern. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Zeuge P selbst zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem klagenden Land das Fehlen von Rotwild bzw. das geringe Vorkommen in seinem Jagdrevier gerügt hat.

Soweit der Beklagte in erster Instanz noch vorgetragen hatte, ihm gegenüber hätten die Zeugen L und B Angaben zu Rotwild als Standwild gemacht, hat sich dies auf Grundlage von deren Aussagen ebenfalls nicht bestätigt.

Insgesamt lässt sich somit auf Grundlage der Aussagen der Zeugen L, B und P nicht feststellen, dass das Pachtobjekt einen Mangel aufwies (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 21. Februar 2008 – III ZR 200/07, Rn. 8ff.). Hierfür sowie für die Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Pachtsache zum vertragsgemäßen Gebrauch obliegt dem Beklagten als Pächter die Darlegungs- und Beweislast (vgl. hierzu für den Bereich des Mietrechts: BGH, Urteile vom 29. April 2020 – VIII ZR 31/18, Rn. 76ff. mwN; vom 1. Juni 2005 – VIII ZR 216/04, Rn. 11 mwN; BeckOK/BGB/Wiederhold, Stand: 1. Mai 2023, § 536 Rn. 155 mwN). Demgemäß ist der Beklagte beweisfällig geblieben.

cc. Auf die Auswirkungen der ebenfalls von den Parteien behandelten Frage, dass der Zeuge B unstreitig keine Vertretungsmacht zum Abschluss von Jagdpachtverträgen und damit einhergehend von damit zusammenhängenden Zusagen hatte, kommt es demgemäß nicht mehr an. Ebenfalls bedarf die in diesem Komplex sich nachfolgend stellende Frage, ob im Rahmen des Handelns von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, zu denen das beklagte Land als Gebietskörperschaft zählt, die Grundsätze einer Duldungs- und Anscheinsvollmacht oder des § 242 BGB bei einem Handeln ohne Vertretungsmacht überhaupt Anwendung finden können (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Urteil vom 5. September 2000 – 14 U 144/99, Rn. 23) keiner Beantwortung.

3. Mangels vorhandenem Kündigungsgrund scheidet somit auch eine vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages durch außerordentliche Kündigung seitens des Beklagten aus.

4. Da sich eine Täuschung des Beklagten in Bezug auf das Vorhandensein von Rotwild als Standwild nicht feststellen lässt, kann er sich auch nicht mit Erfolg auf eine arglistige Täuschung und Anfechtung des Vertrages gem. § 123 BGB berufen.

Ginge man davon aus, dass dem Zeugen P fälschlicherweise Rotwild als Standwild vom Zeugen B zugesagt worden sei und in seinem Schreiben vom 27. März 2014 (E-GA 87) eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gesehen werden könnte, so wäre eine solche gem. § 124 Abs. 1 BGB verfristet, weshalb sich auch daraus keine Nichtigkeit des Vertrages ergibt. Denn es müsste davon ausgegangen werden, dass der Zeuge P von den angeblich fehlerhaften Angaben des Zeugen B schon vor dem Jahr 2013 Kenntnis erlangt hatte, zumal er angibt, in den vergangenen Jahren im Revier nicht gejagt zu haben, sich seine Kenntniserlangung dazu, dass die Angaben des Zeugen B sich „absolut nicht bestätigt haben“, also schon einen deutlich längeren Zeitraum zurückliegen muss.

II.

Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2009 – 6 W 88/09; Senat, Beschluss vom 6. März 2013 – I-24 U 204/12, Rn. 19 mwN; KG, Beschluss vom 21. April 2016 – 6 U 141/15, Rn. 18; siehe auch Zöller/Heßler, ZPO, 34. Auflage, § 522 Rn. 45 mwN).

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