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Kapitalertragssteuer: zu Unrecht abgeführter Steuer durch Bank – Schadensersatzanspruch

AG Wolfsburg, Az.: 22 C 549/12, Urteil vom 15.05.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 4.618,96 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Falschauskunft der Beklagten gegenüber dem Finanzamt geltend.

Die Parteien verbindet ein Depotvertrag. Im Rahmen dieses Depots hielt der Kläger Anteile an der indischen Firma … Ltd.. Von dieser Aktie hielt der Kläger 450 Stück. Im September 2009 halbierte sich der Wert der von dem Kläger gehaltenen Aktie der … Ltd. von 61,00 EUR auf 30,50 EUR pro Aktie. Im Dezember 2009 erhielt der Kläger von der Emittentin 450 neue Aktien geliefert zum Wert von je 30,50 EUR, welche dem Wertpapierdepot des Klägers eingebucht wurden.

Kapitalertragssteuer: zu Unrecht abgeführter Steuer durch Bank - Schadensersatzanspruch
Symbolfoto: sureeporn/Bigstock

Die Beklagte bediente sich bezüglich der Bewertung dieser neuen Aktien der Auskunft des … Datenservice, welcher die im Dezember ausgegebenen Aktien als steuerpflichtige Bonusaktien bewertete. Die Beklagte führte daraufhin die auf diese neuen 450 Aktien entfallene Kapitalertragssteuer in Höhe von 3.618,96 EUR an das Finanzamt … ab. Mit Einkommenssteuerbescheid 2009 vom 29.07.2010 setzte das Finanzamt … diese Steuer fest. Der hiergegen von dem Kläger eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom 08.06.2011 des Finanzamtes … als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger hat den Finanzgerichtsrechtsweg nicht bestritten.

Der Kläger behauptet, die Lieferung der 450 neuen Aktien der … Ltd. im Dezember 2009 beruhe auf einem steuerfreien Aktiensplitting. Die Beklagte habe diesen Vorgang fehlerhaft bewertet und zu Unrecht die Kapitalertragssteuer auf diese Aktien an das Finanzamt abgeführt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.618,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2011 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte sämtliche weiteren materiellen Schäden des Klägers zu ersetzten hat, die auf Grund der von der Beklagten vorgenommenen Einordnung des von der indischen Firma … Ltd. am 24.11.2009 vorgenommenen Aktensplittings als Ausgabe von Bonusaktien entstanden sind und noch entstehen werden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, bei der Lieferung der weiteren 450 Aktien der Emittentin habe es sich um die Ausgabe von steuerpflichtigen Bonusaktien gehandelt, wesbezüglich sie zu Recht die Kapitalertragssteuer für den Kläger an das Finanzamt … abgeführt habe. Im Übrigen sei ein endgültiger kausaler Schaden nicht eingetreten, nachdem es dem Kläger oblegen hätte, die Richtigkeit der Steuerfestsetzung durch das Finanzamt auf dem Finanzgerichtsrechtsweg zu überprüfen.

Entscheidungsgründe

Die Klage war zulässig aber unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280 Abs. 1, 675 BGB.

Dabei kann in diesem Rechtsstreit dahinstehen, in wie weit die Beklagte tatsächlich ihre Pflichten aus dem streitgegenständlichen Vertrag verletzt hat und die streitgegenständlichen Aktien fehlerhaft bewertet hat, mit der Folge der fehlerhaften Abführung der Kapitalertragssteuer an das Finanzamt.

Denn selbst wenn die Beklagte die Kapitalertragssteuer für den Kläger zu Unrecht abgeführt hätte, beruht der tatsächliche Eintritt des Schadens in Form der rechtskräftigen Kapitalertragssteuerfestsetzung durch das Finanzamt ausschließlich auf dem Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative BGB.

Die Festsetzung der Steuer ist ein hoheitlicher Akt der Finanzverwaltung. Die Festsetzung der Steuer erfolgt nicht durch die Beklagte, sondern durch das Finanzamt. Die Beklagte hat gemäß § 44 Einkommenssteuergesetz lediglich anstelle des Klägers im Wege der Verwaltungsvereinfachung den Steuerabzug für Rechnung des Klägers vorzunehmen und an das Finanzamt abzuführen, welches für die Besteuerung zuständig ist. Gegen diese hoheitliche Besteuerung hätte der Kläger sich auf dem Finanzgerichtsrechtsweg wenden müssen und können. Wären die Aktien tatsächlich nicht zu versteuern gewesen, wäre dies im Finanzgerichtswege geklärt worden und der Kläger von seiner Besteuerung befreit worden. Es wäre dann der jetzt gegen die Beklagte geltend gemachte Schaden gar nicht eingetreten.

Nachdem der Kläger gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gerade diese Möglichkeit der Abwendung des Schadenseintritts nicht gewählt hat, was er allein zu vertreten hat, kommt eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht.

Die Argumentation des Klägers, die Beschreitung des Finanzgerichtsrechtsweges sei dem Kläger nicht zumutbar gewesen bzw. sei auf Grund der Begründung des Einspruchsbescheides des Finanzamtes … nicht erfolgversprechend gewesen, überzeugt nicht.

Auch im vorliegenden Rechtsstreit trägt der Kläger grundsätzlich das Risiko nach kostenträchtiger Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Nach alledem war die Klage abzuweisen, da der Kläger für den Eintritt des behaupteten Schadens jedenfalls allein verantwortlich gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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