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Ordnungsgeld gegen GmbH-Geschäftsführer – Festsetzung nur gegen GmbH möglich!

OLG Frankfurt

Az: 19 W 16/05

Beschluss vom 08.04.2005


Mit Verfügung vom 5. 7. 2004 hat der Einzelrichter des Landgerichts einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28. 8. 2004 anberaumt und das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Beklagten angeordnet.

Dem Beklagten wurde die Ladung durch den Postzusteller am 12. 7. 2004 persönlich übergeben (Bl. 34 d. A.).

Im Termin vom 24. 8. 2004 erschien der Geschäftsführer der Beklagten nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte, er befinde sich auf Geschäftsreisen und könne deswegen nicht erscheinen. Das Landgericht verkündete danach einen Beschluss, mit dem gegen den Geschäftsführer der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- ¤ verhängt wurde (Bl. 6 d. A.). Dieser Beschluss wurde am 2. 9. 2004 vom Zusteller in den zu dem Geschäftsraum der Beklagte gehörenden Briefkasten eingelegt (Bl. 78 d. A.). Mit Schriftsatz vom 9. 9. 2004 meldete sich für den Geschäftsführer der Beklagten sein Verfahrensbevollmächtigter und beantragte, den Ordnungsgeldbeschluss aufzuheben (Bl. 5 des Ordnungsgeldheftes). Er machte geltend, der Geschäftsführer der Beklagten sei aus dringenden betrieblichen Gründen am 24. 8. 2004 unabkömmlich gewesen. Mit am 23. 11. 2004 verkündeten Beschluss lehnte es das Gericht ab, den Ordnungsgeldbeschluss aufzuheben (Bl. 95 d. A.). Das Sitzungsprotokoll wurde der Beklagten am 2. 2. 2005 zugestellt (Bl. 111 d. A.). Mit Schriftsatz vom 11. 3. 2005 legte der Geschäftsführer der Beklagten gegen diese Beschluss Beschwerde ein.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat bereits am 10. 9. 2004 gegen den am 24. 8. 2004 verkündeten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt.

Er hat sich mit seinem am 10. 9. 2004 eingegangenen Schriftsatz gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 24. 8. 2004 gewandt und ausdrücklich beantragt, diesen aufzuheben. Auch ohne dass er dabei die Formulierung verwendet hat, dass er „Beschwerde“ einlegen wolle, hat er mit seinem Schriftsatz hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass der erlassene Beschluss letztlich auch durch eine höhere Instanz überprüft werden soll. Eine Auslegung seines Antrags dahin, dass er lediglich die Aufhebung des Beschlusses gemäß § 381 Abs. 1 Satz 3 erstrebt, würde dem Grundsatz widersprechen, dass Prozesserklärungen so auszulegen sind, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH NJW 1992, 243). Nachdem Ordnungsgeldbeschlüsse nach § 380 Abs. 3 ZPO nur noch mit der befristeten sofortigen Beschwerde anfechtbar sind, können Aufhebungsantrag und Beschwerde nicht mehr hinter einander geschaltet werden (Zöller-Greger 25. A. § 381 RZ 5). Zudem wird die Ansicht vertreten, dass die Versagung der Aufhebung nicht anfechtbar ist (so Zöller-Greger a. a. O., a. A. Musielak-Huber ZPO 4. A. § 381 RZ 12). Unter diesen Umstände lässt sich das im Schriftsatz vom 9. 9. 2004 zum Ausdruck gekommene Begehren des Geschäftsführers der Beklagten nur dahin verstehen, dass er die Entscheidung des Landgerichts durch eine höhere Instanz überprüft wissen will, wenn es seine bereits im Termin selbst vorgebrachten und in seinem Schriftsatz ergänzten Entschuldigungsgründe weiterhin für unzureichend ansieht.

Die am 10. 9. 2004 eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie erfolgte rechtzeitig. Die Notfrist des § 569 Abs. 1 hatte noch nicht begonnen. Dem Geschäftsführer der Beklagten war der Ordnungsgeldbeschluss noch nicht wirksam zugestellt worden. Der Geschäftsführer einer GmbH ist selbst nicht Gewerbetreibender. Eine Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten der GmbH konnte an ihn nicht erfolgen (BayObLG MDR 2000, 105; OLG Hamburg OLGR 2003, 50).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Der Senat folgt der Ansicht des KG in KGR Berlin 1996, 63 und des LAG Hamm in MDR 1999, 825, dass ein Ordnungsgeld dann, wenn der Geschäftsführer einer GmbH als deren gesetzlicher Vertreter in einem Termin nicht erscheint, nur gegen die Partei selbst, mithin die GmbH, nicht aber gegen deren Geschäftsführer persönlich festgesetzt werden kann (ebenso Baumbach-Lauterbach-Hartmann ZPO 63. A. § 141, RZ 30; Musielak-Stadler ZPO 4. A. § 141 RZ 12; a. A. Stein-Jonas-Leipold ZPO 22. A. § 141 RZ 50; Zöller-Greger ZPO 25. A. § 141 RZ 14 sowie OLG Nürnberg MDR 2001, 954).

Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 ZPO, wonach gegen die „Partei“ ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. Der gesetzliche Vertreter tritt durch seine Funktion nicht an die Stelle der Partei. Prozesspartei bleibt weiterhin die juristische Person selbst. Zum anderen spricht auch der Umstand, dass mit der Möglichkeit, die Parteien vorzuladen, das Ziel verfolgt wird, den entscheidungserheblichen Sachverhalt so umfassend und so rasch wie möglich zu klären und zu einer der materiellen Rechtslage möglichst gerecht werdenden Entscheidung zu gelangen (vgl. BVerfG NJW 1998, 892), dafür, dass auch die Partei selbst und nicht ihr gesetzlicher Vertreter die durch das Nichterscheinen bedingten Folgen zu tragen hat. Denn der Partei und nicht ihrem gesetzlichen Vertreter obliegt es, das Verfahren zu fördern. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Nürnberg kann auch mit einem gegen die juristische Person selbst festgesetzten Ordnungsgeld erreicht werden, dass ein Termin durch ihren gesetzlichen Vertreter oder eine gemäß § 141 Abs. 3 ZPO bevollmächtigte Person wahrgenommen wird. Denn auch die juristische Person spürt, worauf Hartmann in Baumbach-Lauterbach-Hartmann a. a. O. zu Recht hingewiesen hat, den festgesetzten Betrag und kann ihren Geschäftsführer zur Rechenschaft ziehen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Zwar weicht der Senat mit seiner Entscheidung von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg in MDR 2001,954 ab. Weder der Geschäftsführer der Beklagten noch die Parteien des Rechtsstreits sind jedoch durch die Entscheidung des Senats beschwert.

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