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Urteil: Unterlassene Vermietermitteilung über Vorkaufsrecht des Mieters an Eigentumswohnung

In einer neueren Entscheidung setzte sich das Gericht mit der Verantwortung eines Vermieters auseinander, seinen Mieter über ein bestehendes Vorkaufsrecht zu informieren, als es um den Verkauf einer Eigentumswohnung ging. Dieses Urteil wirft Licht auf die essenziellen Pflichten, die Vermieter in solchen Situationen erfüllen müssen, und die Rechte, die Mietern zustehen. Für alle, die mit dem Wohnungssektor verbunden sind, sei es als Vermieter oder Mieter, bietet dieses Urteil wertvolle Einsichten.

Dr. Christian Gerd Kotz, mit seiner tiefgreifenden Erfahrung im Mietrecht, ist der ideale Ansprechpartner für Betroffene oder Interessierte, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Seine Expertise nicht nur in der Interpretation solcher Urteile, sondern auch in der Beratung zur besten Vorgehensweise in vergleichbaren Fällen, macht ihn zu einem vertrauenswürdigen Ratgeber in Rechtsfragen rund um das Mietrecht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 387/14   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil betont die Pflicht des Vermieters, den Mietern rechtzeitig über ein bestehendes Vorkaufsrecht zu informieren, wenn die vermietete Eigentumswohnung verkauft wird. Versäumnisse können zu Schadenersatzansprüchen führen.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Vorkaufsrecht des Mieters: Mieter haben das Recht, die gemietete Wohnung unter bestimmten Bedingungen zu erwerben, bevor diese an Dritte verkauft wird.
  2. Pflicht zur Vermietermitteilung: Vermieter müssen über den Verkauf informieren und das Vorkaufsrecht gewähren.
  3. Stufenklage: Die Kläger nutzten die Möglichkeit einer Stufenklage, um Auskunft und Schadenersatz zu fordern.
  4. Auslegung von § 577 Abs. 1 BGB: Die Bedeutung der rechtzeitigen und korrekten Anwendung dieser Vorschrift wurde hervorgehoben.
  5. Verjährung: Verjährung des Anspruchs wurde durch fristgerechte Klageeinreichung gehemmt.
  6. Bedeutung des Zeitpunkts: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Umwandlung in Wohnungseigentum nach der Überlassung an den Mieter.
  7. Schutzzweck des Gesetzes: Der Schutz des Mieters vor Verdrängung und das Recht auf Teilhabe an günstigen Kaufkonditionen stehen im Vordergrund.
  8. Zulässigkeit der Berufung: Das Gericht bestätigte die Zulässigkeit der Berufung und die Möglichkeit der Klageerweiterung

Recht auf Information über das Vorkaufsrecht

Die Kläger begehren Auskunft über den Inhalt eines Kaufvertrages zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten sowie im Wege der Stufenklage Schadensersatz aus der unterlassenen Vermietermitteilung über deren gesetzliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der im Tenor genannten Wohneinheit. Gegenstand dieses Kaufvertrages ist eine Wohnung, die die Kläger von der Beklagten angemietet haben.

Chronologie der Ereignisse

Die Beklagte ließ am 28.09.2010 eine Teilungserklärung betreffend des Hauses, in welchem sich die Mietsache befindet, notariell beurkunden (Bl. 38 ff d. A.). Am 17.11.2010 schlossen die Parteien den Mietvertrag (Bl. 6 ff d.A.); die Mietsache wurde zum 15.12.2010 den Klägern überlassen. Am 16.12.2010 wurde der Kaufvertrag notariell beurkundet. Die Teilungserklärung wurde am 23.12.2010 in das Grundbuch eingetragen, der Eigentumswechsel aufgrund des Kaufvertrages erfolgte am 18.10.2011. Die Kläger erlangten im November 2013 Kenntnis von dem Kaufvertrag.

Erstinstanzliche Auseinandersetzung und Berufungsverfahren

In erster Instanz haben die Kläger zunächst Auskunft über den Kaufvertrag begehrt sowie Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihnen aufgrund der unterlassenen Mitteilung über deren gesetzliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der im Tenor aufgeführten Wohneinheit entstanden ist oder noch entstehen wird.

Gerichtsentscheidung und rechtliche Würdigung

Im Berufungsverfahren haben die Kläger zunächst beantragt, über den Inhalt des abgeschlossenen Kaufvertrages Auskunft zu erteilen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der unterlassenen Mitteilung über ihr gesetzliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der Wohneinheit entstanden ist und noch entstehen wird.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet das gesetzliche Vorkaufsrecht für Mieter einer Eigentumswohnung?

Das gesetzliche Vorkaufsrecht für Mieter einer Eigentumswohnung ist in Deutschland in § 577 BGB geregelt. Es ermöglicht dem Mieter, die Mietwohnung selbst zu kaufen, bevor es ein anderer tut, wenn die Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt werden soll. Dieses Recht gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Es besteht nur, wenn der Mieter bereits in der Mietwohnung wohnt, bevor eine Eigentumswohnung daraus gemacht wird oder gemacht werden soll. Darüber hinaus gilt das Vorkaufsrecht nur beim erstmaligen Verkauf und nicht bei jedem weiteren.

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen das Vorkaufsrecht nicht gilt. Beispielsweise besteht kein Vorkaufsrecht, wenn die Mietwohnung bereits bei Einzug des Mieters eine Eigentumswohnung war. Ebenso entfällt das Vorkaufsrecht, wenn der Vermieter seine Wohnung an ein Familienmitglied oder einen Angehörigen seines eigenen Haushalts verkauft oder verschenkt.

Um das Vorkaufsrecht geltend zu machen, muss der Mieter den gleichen Preis zahlen, zu dem der Eigentümer die Wohnung an einen Dritten verkauft hätte. Ein Rabatt für den Mieter ist dabei nicht vorgesehen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen, die mit der Mitteilung des Vermieters über den Verkauf beginnt. Verpasst der Mieter diese Frist, verfällt das Vorkaufsrecht.

Der Vermieter hat eine Informationspflicht und muss den Mieter über den Inhalt des Kaufvertrags informieren. Verletzt der Vermieter diese Pflicht, kann das zu hohen Strafen führen. Ein Verzicht auf das Vorkaufsrecht im Mietvertrag ist rechtlich unwirksam.

Wenn der Mieter sein Vorkaufsrecht ausübt, kann er in den bestehenden Vertrag an die Stelle des Käufers treten, bei gleichbleibenden Vertragsbedingungen. Stirbt der Mieter, geht das Vorkaufsrecht auf diejenigen über, die in das Mietverhältnis eintreten.

Es ist zu erwähnen, dass das Vorkaufsrecht auch erlöschen kann, beispielsweise wenn die Immobilie anders als durch einen Verkauf den Eigentümer wechselt, wie durch eine Schenkung. Vorkaufsrechte sind weder vererblich noch übertragbar und erlöschen mit dem Tod des Vorkaufsberechtigten, es sei denn, es ist testamentarisch eine andere Vorgehensweise bestimmt.

Wie wirkt sich eine unterlassene Vermietermitteilung über das Vorkaufsrecht auf den Mieter aus?

Das Vorkaufsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 577 geregelt und besagt, dass wenn ein Eigentümer seine vermieteten Wohnräume verkaufen will, hat der bisherige Mieter das Recht, als Erster zuzuschlagen. Der Vermieter muss den Mieter darüber informieren, dass er seine Wohnung verkauft – und sie zum Kauf anbietet. Wenn der Eigentümer bereits einen Kaufvertrag mit einem Dritten ausgehandelt hat, hat der Mieter das Recht, in diesen Vertrag miteinzusteigen.

Wenn der Vermieter seine Mitteilungspflicht verletzt und den Mieter nicht über den Verkauf und sein Vorkaufsrecht informiert, kann das ernsthafte Konsequenzen haben. In einem Fall, in dem eine Vermieterin eine vorkaufsberechtigte Mieterin nicht darüber informiert hat, dass sie ihre Wohnung verkauft hatte, wurde die Vermieterin zu einer hohen Strafe verurteilt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Differenz zwischen dem Preis, den die neue Eigentümerin für die Wohnung gezahlt hatte, und dem Preis, den sie der Mieterin später angeboten hatte, der Mieterin als Schadensersatz zusteht.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Mieter das Vorkaufsrecht innerhalb von zwei Monaten ausüben muss, indem er den Eigentümer über sein Interesse an der Immobilie informiert. Wenn der Mieter das Vorkaufsrecht nicht ausübt, entfällt sein Anspruch auf die Wohnung und der neue Eigentümer kann ihm dann etwa wegen Eigenbedarfs kündigen.

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Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen das Vorkaufsrecht nicht gilt. So gilt das Recht nicht, wenn der Vermieter seine Wohnung schon zum Verkauf angeboten hat, bevor der aktuelle Mieter eingezogen ist. Es tritt außerdem außer Kraft, wenn der Eigentümer die Wohnräume an ein Familienmitglied oder einen Angehörigen seines eigenen Haushalts verkauft oder verschenkt.

Zusammengefasst, die unterlassene Vermietermitteilung über das Vorkaufsrecht kann erhebliche Auswirkungen auf den Mieter haben, einschließlich der Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs gegen den Vermieter. Es ist daher für Vermieter unerlässlich, ihre Mieter über einen geplanten Verkauf und das damit verbundene Vorkaufsrecht zu informieren.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entschied zugunsten des Mieters und stellte fest, dass der Vermieter seine Informationspflicht verletzt hatte, indem er den Mieter nicht über das bestehende Vorkaufsrecht informierte. Diese Entscheidung betont die Wichtigkeit der Vermieterpflichten im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe an den Mieter, insbesondere bei Verkaufsvorhaben der gemieteten Immobilie.

Es wurde klargestellt, dass das Versäumnis, den Mieter über sein Vorkaufsrecht zu informieren, eine wesentliche Pflichtverletzung darstellt, die zu Lasten des Vermieters geht.


Das vorliegende Urteil

LG Frankenthal – Az.: 2 S 387/14 – Teilurteil vom 29.04.2015

Gründe

I.

Die Kläger begehren Auskunft über den Inhalt eines Kaufvertrages zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten sowie im Wege der Stufenklage Schadensersatz aus der unterlassenen Mitteilung über deren gesetzliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der im Tenor genannten Wohneinheit. Gegenstand dieses Kaufvertrages ist eine Wohnung, die die Kläger von der Beklagten angemietet haben.

Die Beklagte ließ am 28.09.2010 eine Teilungserklärung betreffend des Hauses, in welchem sich die Mietsache befindet, notariell beurkunden (Bl. 38 ff d. A.). Am 17.11.2010 schlossen die Parteien den Mietvertrag (Bl. 6 ff d.A.); die Mietsache wurde zum 15.12.2010 den Klägern überlassen. Am 16.12.2010 wurde der Kaufvertrag notariell beurkundet. Die Teilungserklärung wurde am 23.12.2010 in das Grundbuch eingetragen, der Eigentumswechsel aufgrund des Kaufvertrages erfolgte am 18.10.2011. Die Kläger erlangten im November 2013 Kenntnis von dem Kaufvertrag.

In erster Instanz haben die Kläger zunächst Auskunft über den Kaufvertrag begehrt sowie Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihnen aufgrund der unterlassenen Mitteilung über deren gesetzliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der im Tenor aufgeführten Wohneinheit entstanden ist oder noch entstehen wird.

Im Berufungsverfahren haben die Kläger zunächst beantragt, über den Inhalt des abgeschlossenen Kaufvertrages Auskunft zu erteilen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der unterlassenen Mitteilung über ihr gesetzliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der Wohneinheit entstanden ist und noch entstehen wird.

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer haben die Kläger nunmehr beantragt, neben der weiterverfolgten Auskunftserteilung die Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen, an sie den sich aus einer Auskunft ergebenden Betrag des Schadenersatzes zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat sich erstinstanzlich auf Verjährung berufen. Die Klage ist am 18.12.2012 eingegangen. Die Einzahlung des Vorschusses erfolgte am 07.01.2012 mittels Schecks mit der Bestimmung, dass die Gegenleistung erst zulässig sei am 20.01.2014.

Der Erstrichter hat im angefochtenen Urteil, auf das zur Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die überwiegend zulässige Klage nicht begründet sei. Den Klägern stehe kein Auskunftsanspruch zu. Im Übrigen sei unabhängig von der Frage, ob ein Vorkaufsrecht nach § 577 Abs. 1 BGB und ggfls. ein Schadenersatzanspruch bestehe, die Klage bereits als unzulässig abzuweisen, soweit die Kläger die Feststellung einer Ersatzpflicht hinsichtlich eines bereits eingetretenen Schadens verfolgen. Ein solcher Schaden sei bezifferbar und müsse im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden.

Ein Vorkaufsrecht nach § 577 Abs. 1 1. Alt. BGB sei nach Auffassung des Gerichts nicht ersichtlich, da die Voraussetzungen erst nach dem hier in Rede stehenden Verkauf eingetreten seien. Die Teilung sei erst durch die Anlage des Wohnungsgrundbuchs wirksam geworden. Auch nach § 577 Abs. 1 2. Alt. BGB bestehe kein Vorkaufsrecht, da dies voraussetze, dass nach der Überlassung an den Mieter sich der rein subjektive Wille des Veräußerers konkretisiert haben müsse. Dies scheitere hier daran, dass die Mietsache als Kaufgegenstand nicht hinreichend konkret in dem Mietvertrag beschrieben gewesen sei.

Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie die erstinstanzlich gestellten Ansprüche mit der oben dargelegten Maßgabe, dass der Auskunftsanspruch und Schadensersatzanspruch nunmehr im Wege einer Stufenklage geltend gemacht wurden, weiter verfolgen.

Die Beklagte hat auch insoweit Klageabweisung beantragt und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung.

II.

1. Die Berufung ist zulässig. Die in der mündlichen Verhandlung erstmals erklärte Umstellung des Klageantrags auf die Erhebung einer Stufenklage stellt keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar, welche im Hinblick auf § 533 ZPO Zulässigkeitsbedenken begegnen könnte. Vielmehr handelt es sich insoweit lediglich um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zu beurteilende Klageerweiterung, welche nicht als Änderung der Klage zu qualifizieren ist. Eine derartige Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht gerade dem Zweck der Vorschrift, eine prozessökonomische und endgültige Erledigung des Rechtsstreits zwischen den Parteien zu fördern (BGH, Urteil vom 22.04.2010, IX ZR 160/09; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 533, Rn. 3). Der Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage ist jedenfalls dann eine Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO, wenn sich der neue Antrag auf dasselbe Rechtsverhältnis bezieht (BGH, Urteil vom 12.05.1992, VI ZR 118/91; Urteil vom 08.06.1994, VIII ZR 178/93).

So liegt der Fall hier.

Die Kläger haben bereits in erster Instanz Auskunft und Feststellung hinsichtlich der Schadensersatzpflicht aus der unterlassenen Mitteilung über ihr Vorkaufsrecht hinsichtlich der oben näher beschriebenen Wohneinheit begehrt.

Diesen Schadenersatzanspruch haben sie – zutreffend – in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Kaufpreis und dem objektiven Verkehrswert der Wohnung beziffert.

Lediglich soweit sie nunmehr im Berufungsverfahren erstmals einen Schadensersatzanspruch auch aus einem künftigen Schadenseintritt wegen einer gerichtlichen Inanspruchnahme zur Zahlung von Schadenersatz wegen von ihnen verursachter Mängel an der Mietsache herleiten wollen, sind sie mit diesem, in der Berufungsinstanz erstmals geltend gemachten und von der Gegenseite bestrittenen Vorbringen nunmehr gemäß §§ 531 Abs. 2 Satz 3, 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ausgeschlossen.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung im oben dargelegten Umfang ergeben sich auch nicht daraus, dass die Kläger nunmehr in der Berufungsinstanz einen bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellen. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Kläger den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgen, also die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisung gar nicht in Frage stellen würden, was hier im Hinblick auf den bereits in erster Instanz rechtshängigen und im Berufungsverfahren weiterverfolgten Auskunftsanspruch nicht der Fall ist.

2. Den Klägern steht auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch gemäß § 469 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Danach hat der Verpflichtete dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrages unverzüglich mitzuteilen. Nach § 577 BGB ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt, wenn vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft werden.

Diese Voraussetzungen liegen nach Ansicht der Kammer entgegen der Auffassung des Erstrichters hier vor.

Verjährung des Auskunftsanspruchs ist unzweifelhaft nicht eingetreten, auch wenn man mit den Parteien ungeachtet der Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände von einer Verjährung mit Ablauf des Jahres 2013 ausgeht. Denn auch in diesem Falle ist die Verjährung durch Einreichung der Klageschrift am 18.12.2013 rechtzeitig gehemmt worden. Die Zustellung ist nämlich demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Der Zahlung des Vorschusses per Scheck ging ausweislich der Zahlungsanzeige in der Akte am 07.01.2014 bei Gericht ein. Grundsätzlich kann der Zustellungsbetreiber bis zur Aufforderung durch das Gericht zuwarten, dies aber nicht länger als ca. 3 Wochen. Eine Einzahlung am 07.01.2014, also knapp drei Wochen nach Eingang der Klageschrift, ist vorliegend in Anbetracht der Weihnachtsfeiertage jedoch unschädlich. Ebenso unschädlich ist die Tatsache der Verzögerung wegen Zahlung mittels Schecks (BGH, NJW-RR 1993, 429; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 167 Rn. 15).

Nach der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21.01.2015, VIII ZR 51/14) kann dem Mieter nicht nur bei Vereitelung eines bereits ausgeübten Vorkaufsrechts, sondern auch dann ein Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen Verkehrswert der Wohnung und dem Kaufpreis als Erfüllungsschaden zustehen, wenn der Mieter infolge einer Verletzung der den Vermieter treffenden Mitteilungspflichten aus §§ 577 Abs. 1 Satz 3, 469 Abs. 1 Satz 1 BGB vom Inhalt des Kaufvertrages und seinem Vorkaufsrecht erst nach Übereignung der Wohnung an den Dritten Kenntnis erlangt und aus diesen Gründen von der Ausübung des Vorkaufsrechts absieht.

So liegt der Fall hier.

Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass die Teilungserklärung bereits vor Abschluss des Kaufvertrages und der Überlassung der Mietsache an die Kläger bereits am 28.09.2010 beurkundet worden war. Denn entscheidend ist der Zeitpunkt des abgeschlossenen Vollzugs der Umwandlung. Wohnungseigentum wird nach § 2 WEG durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum oder durch Teilung begründet. Bei der Teilung entsteht das Wohnungseigentum nach § 8 WEG dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile teilt. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher, also hier mit der Eintragung, wirksam. Dies erfolgte hier am 23.12.2010 und damit nach Einzug der Mieter am 15.11.2010, was einen Tag vor Abschluss des Kaufvertrages stattfand.

Damit liegen entgegen teilweise anderslautender Ansichten (Vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 577, Rn. 3; Langhein, DNotZ 1993, 650 ff.; Wirth, NZM 1998, 390 ff.) nach Ansicht der Kammer die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs hier vor. Denn der Schutzzweck des Vorkaufsrechts nach § 577 BGB verfolgt nicht nur die Absicht, den Mieter vor einer Verdrängung durch Drittkäufer zu schützen, sondern will ihm auch die Möglichkeit eröffnen, die Wohnung zu demjenigen Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter zu zahlen bereit ist, und ihn damit an den günstigen Konditionen dieses Kaufvertrages teilhaben zu lassen (BGH, Urteil vom 21.01.2015, VIII ZR 51/14). Dieser Schutzzweck gebietet es, hier auf den Zeitpunkt des Vollzugs der Umwandlung, also der Anlage des Wohnungsgrundbuchs, abzustellen, auch wenn das Verfahren zur Begründung von Wohnungseigentum bereits eingeleitet ist oder sich die Umwandlungsabsicht in anderer Weise konkretisiert hat. Nach der Wertung des Gesetzgebers stehen beide Alternativen des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB gleichrangig nebeneinander (Staudinger/Rolfs, BGB, 2014, § 577, Rn. 25). Bereits die Besitzüberlassung begründet das Schutzbedürfnis der Mieter, dem nach Ansicht der Kammer vorliegend nicht entgegen steht, dass die Besitzüberlassung erst kurz zuvor erfolgte. Darauf, ob der Mieter Kenntnis von der beabsichtigten oder schon eingeleiteten Umwandlung in Wohnungseigentum Kenntnis hatte, und gleichwohl den Mietvertrag abschloss, kommt es nicht an (Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 577, Rn. 25).

Damit liegt hier ein Fall der Umwandlung im Sinne von § 577 Abs. 1 1. Alt. BGB, Begründung von Wohnungseigentum nach der Überlassung an den Mieter, vor (Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 577, Rn. 6).

Auf die weitere, im angefochtenen Urteil problematisierte Frage der ausreichenden Bestimmbarkeit der Wohneinheit kommt es hier nicht an, da kein Fall einer beabsichtigen Umwandlung vorliegt.

Demgemäß steht den Klägern der verfolgte Auskunftsanspruch nach § 469 Abs.1 S. 1 BGB zu, über den in der ersten Stufe durch Teilurteil zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, weil die Erteilung der Auskunft durch Überlassung des Mietvertrages keinen nennenswerten Kostenaufwand begründet.

Die Kammer hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob ein Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB auch dann besteht, wenn das Verfahren zur Begründung von Wohnungseigentum bereits eingeleitet ist oder sich die Umwandlungsabsicht in sonstiger Weise konkretisiert hat, bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.

 

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