Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Verkauf von beschädigten Fahrzeugen: Rechtliche Herausforderungen und Risiken
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie schnell darf ich mein Unfallfahrzeug nach einem Gutachten verkaufen?
- Muss ich das höhere Restwertangebot der Versicherung akzeptieren?
- Welche Anforderungen muss ein Gutachten für den Restwert erfüllen?
- Muss ich überregional nach Kaufangeboten für mein Unfallfahrzeug suchen?
- Welche Informationen muss ich der Versicherung vor dem Verkauf mitteilen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Traunstein
- Datum: 23.03.2020
- Aktenzeichen: 6 O 2862/19
- Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Schadensersatzanspruch
- Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Verkehrsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin fordert restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Sie hatte ihr Unfallfahrzeug basierend auf einem Sachverständigengutachten verkauft und verlangt die Differenz zum von der Beklagten angesetzten Restwertangebot ersetzt.
- Beklagte: Eine Kfz-Haftpflichtversicherung, die die Schadenssumme auf Basis eines höheren Restwertangebots eines Dritten berechnen wollte und daher die Klage abwies. Sie argumentiert, es sei eine Prüffrist einzuräumen gewesen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Am 25.05.2019 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem das klägerische Fahrzeug und ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug beteiligt waren. Die Klägerin ließ ein Schadensgutachten erstellen und veräußerte das Fahrzeug entsprechend dem dort aufgeführten Wert. Die Beklagte bezog sich jedoch auf ein höheres Restwertangebot und zahlte eine geringere Entschädigung.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Klägerin verpflichtet, auf ein höheres späteres Restwertangebot der Beklagten Rücksicht zu nehmen, oder durfte sie sich auf das von ihr eingeholte Gutachten und die darin verzeichneten Restwertangebote verlassen?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage der Klägerin ist begründet, und die Beklagte muss den geforderten Betrag von 11.070,00 € nebst Zinsen zahlen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass die Klägerin berechtigt war, ihr Fahrzeug entsprechend dem Sachverständigengutachten zu veräußern. Es liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, wenn der Geschädigte nicht auf spätere Angebote wartet. Die Klägerin muss sich nicht auf ein späteres höheres Restwertangebot der Beklagten verweisen lassen.
- Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Entscheidung unterstreicht das Recht des Geschädigten, die Schadensbehebung eigenverantwortlich zu regeln, ohne auf nachträgliche Restwertangebote Rücksicht nehmen zu müssen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Verkauf von beschädigten Fahrzeugen: Rechtliche Herausforderungen und Risiken
Der Verkauf eines beschädigten Fahrzeugs kann für viele Autobesitzer eine Herausforderung darstellen. Besonders wenn es um die Frage geht, ob man ein Fahrzeug vor Ablauf der Prüffrist veräußern sollte. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Eigentümer von Unfallwagen den Gebrauchtwagenmarkt nutzen, um ihr beschädigtes Auto zu verkaufen, sei es aus finanziellen Gründen oder aufgrund von Wertverlust. Es ist wichtig, die rechtlichen Aspekte des KFZ-Verkaufs in solchen Fällen zu verstehen, um unerwartete Probleme zu vermeiden.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Fahrzeugbewertung, insbesondere wenn der Wagen keinen TÜV hat. Käufer und Verkäufer sollten sich der Risiken bewusst sein, die mit dem Verkauf eines nicht geprüften Fahrzeugs verbunden sind. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, um auf die komplexen Fragestellungen einzugehen, die beim Verkauf eines beschädigten Fahrzeugs vor Ablauf der Prüffrist aufkommen können.
Der Fall vor Gericht
Versicherung muss nach Verkehrsunfall trotz höherem Restwertangebot den Verkaufspreis akzeptieren

Nach einem Verkehrsunfall in Großkarolinenfeld durfte eine Geschädigte ihr beschädigtes Fahrzeug zum Preis von 8.430 Euro verkaufen, den ein von ihr beauftragter Sachverständiger ermittelt hatte. Das Landgericht Traunstein entschied, dass die Versicherung des Unfallgegners verpflichtet ist, den Schaden auf Basis dieses Verkaufspreises zu regulieren, auch wenn sie später ein höheres Restwertangebot von 19.500 Euro vorlegte.
Schneller Verkauf des Unfallfahrzeugs rechtlich zulässig
Die Geschädigte ließ nach dem Unfall am 25. März 2019 ein Sachverständigengutachten erstellen, das einen Wiederbeschaffungswert von 29.900 Euro und einen Restwert von 8.430 Euro auswies. Bereits am 4. April 2019 verkaufte sie das beschädigte Fahrzeug zu diesem Preis und erwarb ein Neufahrzeug. Die Versicherung legte erst am 8. April ein deutlich höheres Restwertangebot vor und wollte den Schaden entsprechend niedriger regulieren.
Gericht stärkt Rechte der Unfallgeschädigten
Das Landgericht Traunstein stellte klar, dass Unfallgeschädigte ihr beschädigtes Fahrzeug zu dem Preis verkaufen dürfen, den ein Sachverständiger durch korrekte Wertermittlung auf dem regionalen Markt ermittelt hat. Sie müssen weder eigene Marktforschung betreiben noch auf höhere Angebote der Versicherung warten. Das Gericht betonte das Recht der Geschädigten, die Schadensbehebung selbstständig in die Hand zu nehmen.
Keine Wartefrist für Versicherungsprüfung erforderlich
Die Versicherung argumentierte erfolglos, ihr hätte eine vierwöchige Prüfungsfrist eingeräumt werden müssen. Das Gericht stellte klar, dass Unfallgeschädigte nicht verpflichtet sind, mit dem Verkauf ihres beschädigten Fahrzeugs zu warten, bis die Versicherung das Gutachten geprüft hat. Auch müssen sie der Versicherung nicht vorab mitteilen, wie sie den Schaden regulieren möchten.
Schadensregulierung nach korrektem Gutachten
Das Gericht bestätigte die Korrektheit des eingeholten Gutachtens, das den Restwert anhand von drei konkreten Vergleichsangeboten ermittelte. Die Einwände der Versicherung gegen die Regionalität der Angebote wies das Gericht zurück. Geschädigte müssen nur im ihnen bekannten und zugänglichen lokalen Markt nach Angeboten suchen. Sie sind nicht verpflichtet, überregional oder in Restwertbörsen nach höheren Angeboten zu suchen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Unfallgeschädigten bei der Verwertung ihres beschädigten Fahrzeugs. Es bestätigt, dass Geschädigte ihr Fahrzeug zum Preis verkaufen dürfen, den ein von ihnen beauftragter Sachverständiger durch korrekte Wertermittlung festgestellt hat. Eine Verpflichtung, auf höhere Restwertangebote der gegnerischen Versicherung zu warten, besteht nicht. Auch verletzt der zeitnahe Verkauf des Unfallfahrzeugs nicht die Schadenminderungspflicht, selbst wenn die Versicherung noch keine Gelegenheit zur Prüfung hatte.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Unfallgeschädigter können Sie Ihr beschädigtes Fahrzeug direkt zum Preis verkaufen, den Ihr Sachverständiger ermittelt hat. Sie müssen nicht auf eventuelle höhere Angebote der gegnerischen Versicherung warten oder dieser eine bestimmte Prüfzeit einräumen. Wenn Sie also nach einem Unfall ein Gutachten einholen und daraufhin Ihr Fahrzeug zum gutachterlich ermittelten Restwert verkaufen, kann die Versicherung Sie nicht auf einen möglicherweise höheren Restwert verweisen. Dies gibt Ihnen als Geschädigtem mehr Handlungsfreiheit und Rechtssicherheit bei der Schadensabwicklung.
Ihr Recht nach einem Verkehrsunfall
Das Urteil des Landgerichts Traunstein unterstreicht die Rechte von Unfallgeschädigten und gibt Ihnen mehr Handlungsfreiheit bei der Schadensregulierung. Sie sind nicht verpflichtet, auf höhere Restwertangebote der Versicherung zu warten. Gerade in der emotional belastenden Situation nach einem Unfall ist es wichtig, dass Sie Ihre Rechte kennen und optimal vertreten werden. Wir helfen Ihnen dabei, die Schadensabwicklung fair und effizient zu gestalten.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie schnell darf ich mein Unfallfahrzeug nach einem Gutachten verkaufen?
Sie dürfen Ihr Unfallfahrzeug grundsätzlich sofort nach Erstellung des Gutachtens verkaufen. Es gibt keine gesetzliche Pflicht, auf ein Restwertangebot der gegnerischen Versicherung zu warten oder diese vorab über den Verkauf zu informieren. Dabei gelten jedoch einige wichtige Grundsätze und Voraussetzungen.
Rechtliche Grundlagen und Ihre Rechte
- Dispositionsfreiheit: Als Geschädigter haben Sie das Recht, frei über Ihr Eigentum zu verfügen. Das bedeutet, Sie können Ihr Fahrzeug jederzeit veräußern, auch unmittelbar nach Erhalt des Gutachtens.
- Verlass auf das Gutachten: Sie dürfen sich auf den im Gutachten ermittelten Restwert verlassen. Dieser Wert dient als Grundlage für den Verkaufspreis. Ein Verkauf zu diesem Wert erfüllt Ihre sogenannte Schadensminderungspflicht.
- Keine Wartepflicht: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Sie nicht verpflichtet, auf ein möglicherweise höheres Angebot der gegnerischen Versicherung zu warten. Die Versicherung trägt das Risiko, wenn sie ein solches Angebot nicht rechtzeitig unterbreitet.
Voraussetzungen für einen rechtssicheren Verkauf
- Gutachten einholen: Beauftragen Sie einen unabhängigen Sachverständigen mit der Erstellung eines Unfallgutachtens. Dieses sollte den Restwert Ihres Fahrzeugs klar ausweisen.
- Dokumentation: Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen (z. B. Gutachten, Kaufvertrag) sorgfältig auf. Diese können im Streitfall als Nachweis dienen.
- Marktgerechter Preis: Verkaufen Sie das Fahrzeug zu einem angemessenen Preis, der dem im Gutachten ermittelten Restwert entspricht. Ein deutlich niedrigerer Verkaufspreis könnte von der Versicherung beanstandet werden.
Wichtige Hinweise
- Restwertermittlung durch die Versicherung: Sollte die gegnerische Versicherung vor dem Verkauf ein höheres Restwertangebot vorlegen, sind Sie verpflichtet, dieses Angebot zu berücksichtigen, sofern es für Sie zumutbar ist und sich innerhalb Ihres regionalen Marktes befindet.
- Schadensminderungspflicht: Als Geschädigter sind Sie verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten. Dies bedeutet, dass ein Verkauf unterhalb des Gutachtenswerts problematisch sein könnte.
Beispiel aus der Praxis
Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug wurde bei einem Unfall beschädigt und der Sachverständige hat in seinem Gutachten einen Restwert von 5.000 € ermittelt. In diesem Fall können Sie das Fahrzeug sofort für diesen Betrag verkaufen, ohne auf die gegnerische Versicherung zu warten. Sollten Sie jedoch ein Angebot über 6.000 € von der Versicherung erhalten, bevor der Verkauf abgeschlossen ist, müssten Sie dieses Angebot berücksichtigen.
Fazit für Unfallgeschädigte
Ein schneller Verkauf Ihres Unfallfahrzeugs ist rechtlich möglich und oft sinnvoll, um Standkosten oder Nutzungsausfallkosten zu vermeiden. Achten Sie darauf, sich an den im Gutachten ermittelten Restwert zu halten und dokumentieren Sie den Verkaufsprozess sorgfältig.
Muss ich das höhere Restwertangebot der Versicherung akzeptieren?
Grundsätzlich müssen Sie ein höheres Restwertangebot der Versicherung nur unter bestimmten Voraussetzungen akzeptieren.
Situation vor dem Verkauf des Unfallfahrzeugs
Wenn Sie Ihr Unfallfahrzeug noch nicht verkauft haben und die Versicherung Ihnen ein höheres Restwertangebot unterbreitet, müssen Sie dieses nur dann berücksichtigen, wenn es für Sie ohne weiteres und zumutbar annahmefähig ist.
Das Angebot muss dafür folgende Bedingungen erfüllen:
- Es muss aus Ihrer Region stammen
- Die kostenlose Abholung muss verbindlich zugesagt sein
- Die Barzahlung bei Übergabe muss garantiert sein
- Alle Verkaufsbedingungen müssen klar geregelt sein
Situation nach erfolgtem Verkauf
Wenn Sie Ihr Fahrzeug bereits zum Restwert aus dem Sachverständigengutachten verkauft haben, muss die Versicherung diesen Verkaufspreis akzeptieren. Sie müssen nicht auf ein mögliches höheres Angebot der Versicherung warten.
Besonderheiten bei der Fahrzeugverwertung
Sie dürfen sich auf den vom Sachverständigen ermittelten Restwert verlassen, wenn dieser ordnungsgemäß ermittelt wurde. Dies bedeutet, dass der Gutachter mindestens drei Angebote vom regionalen Markt eingeholt hat.
Sie sind nicht verpflichtet:
- Eine überregionale Marktforschung durchzuführen
- Angebote von weit entfernten Händlern zu akzeptieren
- Sondermärkte für Restwertaufkäufer im Internet zu nutzen
Wenn Sie allerdings vor dem Verkauf Kenntnis von einem höheren Restwertangebot erhalten, das die genannten Bedingungen erfüllt, müssen Sie dieses berücksichtigen. Ein Verkauf zu einem niedrigeren Preis würde dann gegen Ihre Schadenminderungspflicht verstoßen.
Welche Anforderungen muss ein Gutachten für den Restwert erfüllen?
Ein Restwertgutachten muss drei konkrete Angebote aus dem regionalen Markt enthalten und diese im Gutachten explizit benennen. Der Sachverständige darf bei der Ermittlung ausschließlich Angebote berücksichtigen, die für Sie als Eigentümer des Fahrzeugs in zumutbarer Weise wahrgenommen werden können.
Räumliche Anforderungen
Der Gutachter muss sich bei der Wertermittlung auf den allgemeinen regionalen Markt beschränken. Angebote von überregionalen Restwerthändlern oder aus Internetbörsen dürfen nicht in die Bewertung einfließen. Wenn der Sachverständige dennoch Angebote aus Internetrestwertbörsen oder dem überregionalen Markt berücksichtigt, können Sie sich nicht mehr auf die Richtigkeit des ermittelten Restwerts verlassen.
Dokumentation und Nachvollziehbarkeit
Das Gutachten muss eine korrekte Wertermittlung erkennen lassen. Der Sachverständige muss den Zustand des Fahrzeugs dokumentieren und dabei Faktoren wie Baujahr, Fahrzeugtyp, Ausstattung und Kilometerleistung berücksichtigen.
Zeitliche Aspekte
Sie können Ihr Fahrzeug unmittelbar zum ermittelten Restwert verkaufen, ohne eine Prüffrist abwarten zu müssen. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Sie das Fahrzeug sogar vor Übersendung des Gutachtens an die Versicherung veräußern dürfen, wenn der Restwert ordnungsgemäß nach den genannten Vorgaben ermittelt wurde.
Unzulässige Praktiken
Der Sachverständige ist nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet zu berücksichtigen. Wenn Sie Ihr Fahrzeug weiterverkaufen möchten, dürfen Sie keine Teile ausbauen oder sonstige Veränderungen vornehmen – das Fahrzeug muss in dem Zustand verkauft werden, wie es für die Restwertermittlung präsentiert wurde.
Muss ich überregional nach Kaufangeboten für mein Unfallfahrzeug suchen?
Nein, Sie sind nicht verpflichtet, überregional nach Kaufangeboten für Ihr Unfallfahrzeug zu suchen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass Sie als Geschädigter Ihr Fahrzeug zu dem im Gutachten festgestellten Restwert verkaufen dürfen, ohne auf höhere Angebote der gegnerischen Versicherung warten zu müssen.
Rechtliche Grundlagen
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen Sie Ihr beschädigtes Fahrzeug frei veräußern, ohne auf Angebote der gegnerischen Versicherung zu warten. Dies bedeutet, dass Sie keine bundesweite Suche nach dem höchsten Restwertangebot durchführen müssen.
Beispiel: Nach einem Unfall beschließt Lisa, ihr Fahrzeug an ein bekanntes Autohaus in ihrer Region zu verkaufen, anstatt es in einer Online-Plattform anzubieten. Sie kann dies tun, ohne sich um höhere Angebote aus anderen Regionen zu kümmern.
Schadensminderungspflicht
Es ist wichtig zu beachten, dass Sie als Geschädigter Herr des Restitutionsverfahrens sind. Sie müssen sich nicht an Restwertangeboten der Versicherung orientieren, die über das Internet recherchiert wurden. Stattdessen dürfen Sie sich auf ein Sachverständigengutachten und den regionalen Markt stützen.
Wichtig: Sollte die Versicherung des Unfallverursachers jedoch vor dem Verkauf Ihres Fahrzeugs ein höheres Restwertangebot vorlegen, müssen Sie dieses berücksichtigen. Es empfiehlt sich daher, den Verkauf zügig abzuwickeln, um Standkosten zu vermeiden und Ihr Recht auf freie Verwertung zu wahren.
Handlungsschritte
- Sachverständigengutachten einholen: Lassen Sie den Restwert Ihres Unfallfahrzeugs durch einen unabhängigen Kfz-Sachverständigen ermitteln.
- Verkauf an lokalen Händler: Sie können Ihr Fahrzeug an einen lokalen Händler oder Ihre vertraute Vertragswerkstatt verkaufen, ohne auf Angebote der Versicherung zu warten.
- Berücksichtigung höherer Angebote: Falls die Versicherung vor dem Verkauf ein höheres Angebot macht, sollten Sie dies berücksichtigen.
- Verkauf abschließen: Verkaufen Sie Ihr Fahrzeug zum ermittelten Restwert, um Ihre Schadensminderungspflicht zu erfüllen.
Durch diese Schritte können Sie sicherstellen, dass Sie Ihre Rechte als Geschädigter wahrnehmen und den Verkauf Ihres Unfallfahrzeugs effizient und rechtssicher abwickeln.
Welche Informationen muss ich der Versicherung vor dem Verkauf mitteilen?
Als Unfallgeschädigter sind Sie nicht verpflichtet, der Versicherung vor dem Verkauf Ihres beschädigten Fahrzeugs irgendwelche Informationen mitzuteilen. Sie haben das Recht, Ihr Unfallfahrzeug jederzeit zu veräußern, ohne auf ein Restwertangebot der gegnerischen Versicherung warten zu müssen.
Ihre Rechte als Geschädigter
Sie dürfen Ihr beschädigtes Fahrzeug zu dem im Sachverständigengutachten ermittelten Restwert verkaufen, ohne der Versicherung vorab das Gutachten zu übermitteln oder eine Wartezeit einzuräumen. Diese Verwertungsfreiheit umfasst nicht nur die Entscheidung über den Verkauf an sich, sondern auch über den Zeitpunkt der Veräußerung.
Vorsichtsmaßnahmen
Obwohl keine rechtliche Pflicht besteht, kann es in Ihrem Interesse sein, bestimmte Schritte zu unternehmen:
- Dokumentieren Sie den Zustand des Fahrzeugs vor dem Verkauf, idealerweise durch Fotos oder ein Sachverständigengutachten.
- Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen auf, einschließlich des Kaufvertrags und etwaiger Gutachten.
Nach dem Verkauf
Nach der Veräußerung Ihres Unfallfahrzeugs sollten Sie die Versicherung und die Zulassungsstelle umgehend über den Verkauf informieren. Dies schützt Sie davor, für eventuelle Schäden oder Verkehrsverstöße des neuen Besitzers haftbar gemacht zu werden.
Beachtung der Schadenminderungspflicht
Trotz Ihrer Freiheiten beim Verkauf sollten Sie bedenken, dass Sie als Geschädigter eine Schadenminderungspflicht haben. Verkaufen Sie Ihr Fahrzeug zu einem angemessenen Preis, der sich am Restwert des Sachverständigengutachtens orientiert. Ein Verkauf deutlich unter diesem Wert könnte dazu führen, dass die Versicherung ihre Leistung entsprechend kürzt.
Wenn Sie diese Punkte berücksichtigen, können Sie Ihr beschädigtes Fahrzeug verkaufen, ohne der Versicherung vorab Informationen mitteilen zu müssen, und gleichzeitig Ihre Interessen im Rahmen der Schadensregulierung wahren.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Restwert
Der Restwert ist der Preis, den ein beschädigtes Fahrzeug nach einem Unfall noch auf dem Gebrauchtwagenmarkt erzielen kann. Er wird in der Regel durch einen Sachverständigen anhand konkreter Vergleichsangebote aus dem regionalen Markt ermittelt. Dieser Wert ist wichtig für die Schadensregulierung durch die Versicherung. Gemäß § 249 BGB muss die Versicherung den Unterschied zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert ausgleichen. Beispiel: Hat ein Auto vor dem Unfall einen Wert von 30.000 Euro und nach dem Unfall einen Restwert von 8.000 Euro, muss die Versicherung 22.000 Euro zahlen.
Wiederbeschaffungswert
Der Wiederbeschaffungswert bezeichnet den Betrag, den der Geschädigte aufwenden muss, um ein gleichwertiges Fahrzeug zu erwerben, wie es vor dem Unfall war. Er entspricht dem Marktwert des unbeschädigten Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt. Die Ermittlung erfolgt durch einen Sachverständigen unter Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Zustand und Ausstattung (§ 249 BGB). Beispiel: Ein drei Jahre alter VW Golf mit 50.000 km hat einen Wiederbeschaffungswert von 15.000 Euro, wenn vergleichbare Fahrzeuge zu diesem Preis auf dem Markt angeboten werden.
Sachverständigengutachten
Ein Sachverständigengutachten ist eine unabhängige, fachliche Beurteilung eines Unfallschadens durch einen qualifizierten Experten. Es dokumentiert den Schadenumfang, ermittelt Wiederbeschaffungswert und Restwert und dient als Grundlage für die Schadensregulierung. Nach § 249 BGB haben Geschädigte das Recht, einen Sachverständigen ihrer Wahl zu beauftragen, dessen Kosten die gegnerische Versicherung tragen muss. Beispiel: Nach einem Unfall beauftragt der Geschädigte einen Gutachter, der den Schaden dokumentiert und die relevanten Werte ermittelt.
Schadensregulierung
Die Schadensregulierung beschreibt den Prozess der Schadenabwicklung nach einem Unfall durch die Versicherung. Sie umfasst die Prüfung der Ansprüche und die Erstattung der Kosten für Reparatur oder Wiederbeschaffung. Gemäß §§ 249 ff. BGB hat der Geschädigte Anspruch auf Wiederherstellung des Zustands vor dem Unfall. Die Versicherung muss alle erforderlichen Kosten übernehmen. Beispiel: Nach einem Unfall erstattet die Versicherung die Reparaturkosten oder zahlt bei einem Totalschaden den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz):
Im Straßenverkehrsgesetz ist geregelt, dass der Halter eines Fahrzeugs bei einem Unfall verschuldensunabhängig für die Schäden haftet, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs entstehen. Dies bedeutet, dass der Unfallgeschädigte Ansprüche gegenüber der Versicherung des unfallverursachenden Halters geltend machen kann.
Im vorliegenden Fall haftet die Versicherung der Beklagten unstreitig für die Schäden am Fahrzeug der Klägerin, da es sich um einen Unfall handelte, bei dem das Fahrzeug der Beklagten in Betrieb war. Die Haftung ergibt sich somit unmittelbar aus § 7 Abs. 1 StVG. - § 249 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch):
Diese Norm legt fest, dass der Geschädigte einen Anspruch auf Geldersatz zur Wiederherstellung des Zustands hat, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Dabei muss der Geschädigte das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten, das bedeutet, er darf nur die Kosten geltend machen, die für eine wirtschaftliche Schadensbehebung notwendig sind.
Die Klägerin durfte gemäß diesem Grundsatz ihr Fahrzeug zu dem Restwert verkaufen, der in dem von ihr beauftragten Gutachten korrekt und regional ermittelt wurde. Sie war nicht verpflichtet, auf ein höheres Angebot der Versicherung zu warten, da sie den Schaden wirtschaftlich angemessen reguliert hat. - § 254 Abs. 2 BGB (Schadensminderungspflicht):
Nach dieser Regelung muss der Geschädigte Maßnahmen treffen, um den Schaden möglichst gering zu halten. Der Schädiger kann die Ersatzpflicht mindern, wenn der Geschädigte gegen diese Pflicht verstößt. Allerdings wird die Schadensminderungspflicht nicht verletzt, wenn der Geschädigte den Schaden auf der Grundlage eines ordnungsgemäß erstellten Gutachtens reguliert.
Die Klägerin hat die Schadensminderungspflicht nicht verletzt, da sie ihr Fahrzeug zu dem in ihrem Gutachten festgestellten Restwert verkauft hat. Sie war nicht verpflichtet, das Fahrzeug länger zu halten oder ein höheres Angebot der Versicherung abzuwarten. - § 115 VVG i.V.m. § 1 PflVG (Versicherungsvertragsgesetz und Pflichtversicherungsgesetz):
Diese Bestimmungen verpflichten den Haftpflichtversicherer, für Schäden aufzukommen, die durch ein bei ihm versichertes Fahrzeug verursacht wurden. Dies stellt sicher, dass der Geschädigte Ersatz erhält, wenn der Halter oder Fahrer eines versicherten Fahrzeugs einen Unfall verursacht.
Die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ist daher verpflichtet, den vollen Schaden der Klägerin zu regulieren. Die Klägerin hat Anspruch auf die Differenz zwischen dem regulierten Betrag und dem tatsächlich entstandenen Schaden. - Prüffrist gemäß Rechtsprechung (OLG München, 4 Wochen):
Die Rechtsprechung billigt Versicherungen grundsätzlich eine Prüffrist von vier Wochen zu, um die Schadenshöhe und den Anspruch des Geschädigten zu prüfen. Allerdings dient diese Frist nicht dazu, der Versicherung die Möglichkeit zu geben, ein höheres Restwertangebot einzubringen.
Im konkreten Fall musste die Klägerin die Prüffrist nicht abwarten, da sie bereits am 04.04.2019 ihr Fahrzeug zum festgestellten Restwert veräußerte. Die Beklagte hat die Frist nicht genutzt, um konkrete Restwertangebote vorzulegen, und die Klägerin war nicht verpflichtet, weiter zuzuwarten.
Das vorliegende Urteil
LG Traunstein – Az.: 6 O 2862/19 – Urteil vom 23.03.2020
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