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Verjährung eines Anspruchs eines Flugreisenden bei Flugverspätung

Flugreisen: Verjährung von Entschädigungsansprüchen im Fokus

Das Urteil des AG Hamburg bekräftigt den Entschädigungsanspruch von Flugreisenden bei Verspätungen über drei Stunden. Hier wurde die Beklagte, ein Luftfahrtunternehmen, zur Zahlung von 1.200,00 € plus Zinsen verurteilt. Wesentlich ist, dass die Verjährungsfrist von Ansprüchen nicht nach § 651 j BGB, sondern nach allgemeinen Vorschriften gilt, was eine dreijährige Verjährungsfrist bedeutet.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 49 C 57/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Entschädigungsanspruch: Flugreisende haben bei erheblichen Verspätungen Anspruch auf Entschädigung.
  2. Verurteilung zur Zahlung: Die Beklagte muss 1.200,00 € plus Zinsen an die Klägerin zahlen.
  3. Abtretung von Ansprüchen: Reisende können ihre Ansprüche an Dritte abtreten.
  4. Rechtzeitige Abfertigung: Das Gericht ging davon aus, dass die Reisenden sich rechtzeitig zum Abflug eingefunden hatten.
  5. Unanwendbarkeit von § 651 j BGB: Die Verjährungsfrist richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB.
  6. Dreijährige Verjährungsfrist: Ansprüche verjähren gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB nach drei Jahren.
  7. Keine Anrechnung auf andere Ansprüche: Entschädigungen gemäß der Verordnung (EG) 261/2004 werden nicht auf andere Ansprüche angerechnet.
  8. Gleichbehandlung aller Reisenden: Die Verordnung zielt auf die Gleichbehandlung aller Flugreisenden ab, unabhängig von der Art ihrer Buchung.

Rechte von Flugreisenden bei Verspätungen

Flugverspätung Ausgleichsanspruch
(Symbolfoto: Boris023 /Shutterstock.com)

In der heutigen Zeit, in der Flugreisen eine alltägliche Angelegenheit geworden sind, kommt es häufig zu Unannehmlichkeiten wie Flugverspätungen. Diese Situationen werfen wichtige Fragen hinsichtlich der Rechte von Flugreisenden und der daraus resultierenden Ansprüche gegenüber Fluggesellschaften auf. Besonders relevant wird das Thema, wenn es um die Verjährung solcher Ansprüche geht.

Die rechtliche Auseinandersetzung mit solchen Fällen offenbart oft eine komplexe Verzahnung verschiedener Rechtsbereiche, von Verbraucherschutz über Vertragsrecht bis hin zum internationalen Recht. Im Zentrum stehen dabei die Ansprüche der Flugreisenden und die Pflichten der Luftfahrtunternehmen. Unser Fokus richtet sich nun auf ein konkretes Urteil, welches Licht in die oft undurchsichtige Materie bringt und einen Präzedenzfall darstellen könnte. Lassen Sie uns gemeinsam die Details dieses Falles ergründen und verstehen, wie solche Urteile die Rechtslage für Flugreisende und Fluggesellschaften prägen.

Flugverspätung und Rechtsansprüche: Ein Fall vor dem AG Hamburg

Das Amtsgericht Hamburg hat in einem bemerkenswerten Fall, Aktenzeichen 49 C 57/22, am 26. Oktober 2022 ein Urteil gefällt, das für Flugreisende und Luftfahrtunternehmen gleichermaßen von Bedeutung ist. Im Kern dreht sich der Fall um Ansprüche wegen einer Flugverspätung. Zwei Reisende, Frau I. und Frau M., waren auf einem Flug von Hamburg nach Hurghada gebucht, der mit einer erheblichen Verspätung von 16 Stunden ankam. Diese erhebliche Verspätung führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, bei der die Klägerin, an welche die Ansprüche der Reisenden abgetreten wurden, vom ausführenden Luftfahrtunternehmen eine Entschädigung forderte.

Die juristische Auseinandersetzung um Flugentschädigungsansprüche

Die Klägerin verlangte von der beklagten Fluggesellschaft die Zahlung von Entschädigungsansprüchen in Höhe von 1.200,00 € zuzüglich Zinsen. Sie argumentierte, dass den Reisenden aufgrund der erheblichen Flugverspätung ein Anspruch gemäß Art. 7, 5 der Verordnung (EG) 261/2004 zustehe. Diese EU-Verordnung sieht bei Flugentfernungen über 3.500 km und Verspätungen von mehr als drei Stunden Entschädigungen vor. Die Beklagte ihrerseits bestritt die Ansprüche und brachte vor, dass die Klägerin zunächst beweisen müsse, dass keine Zahlungen seitens des Pauschalreiseunternehmens erfolgt seien und dass die Flugreisenden sich rechtzeitig eingefunden hätten.

Kernpunkte des Urteils des AG Hamburg

Das Gericht gab der Klage in vollem Umfang statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der geforderten Summe. Es stellte fest, dass die Ansprüche nicht verjährt sind, da die allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB anwendbar sind, welche eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorsehen. Interessant ist hierbei, dass § 651 j BGB, der eine kürzere Verjährungsfrist bei Pauschalreisen vorsieht, nicht angewendet wurde. Das Gericht betonte, dass die Ansprüche unabhängig von bestehenden oder nicht bestehenden rechtlichen Beziehungen zwischen Fluggast und Luftfahrtunternehmen bestehen.

Die Bedeutung des Urteils für Flugreisende und Luftfahrtunternehmen

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der EU-Fluggastrechteverordnung und klärt wichtige Fragen zur Verjährung von Entschädigungsansprüchen. Es zeigt auf, dass die Rechte der Fluggäste auch dann gewahrt bleiben, wenn sie ihre Ansprüche an Dritte abtreten. Für Luftfahrtunternehmen bedeutet dieses Urteil, dass sie sich nicht einfach auf die Unkenntnis der Sachlage oder die interne Abwicklung von Pauschalreisen berufen können, um Entschädigungszahlungen zu umgehen. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg dient somit als wichtiger Orientierungspunkt für zukünftige Fälle von Flugverspätungen und deren rechtliche Bewertung.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet „Verjährung“ im Kontext eines Anspruchs eines Flugreisenden bei Flugverspätung?

„Verjährung“ bezieht sich auf den Zeitraum, in dem ein Rechtsanspruch geltend gemacht werden kann. Im Kontext eines Anspruchs eines Flugreisenden bei Flugverspätung in Deutschland beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 261/2004) haben Passagiere das Recht auf Entschädigung, wenn ihr Flug verspätet ist. Die Höhe der Entschädigung hängt von der Länge der Verspätung und der Flugstrecke ab. Bei einer Verspätung von drei Stunden oder mehr können Passagiere eine Entschädigung von bis zu 600 Euro verlangen.

Die Fluggesellschaft ist verpflichtet, die Passagiere über ihre Rechte aufzuklären. Wenn die Verjährungsfrist für einen Entschädigungsanspruch fast abgelaufen ist, sollten Passagiere ihre Rechte gegenüber der Fluggesellschaft durchsetzen. Es gibt verschiedene Dienste, die Passagieren dabei helfen können, ihre Ansprüche geltend zu machen.

Die Verjährungsfrist ist ein wichtiger Aspekt der Fluggastrechte. Sie stellt sicher, dass Passagiere ihre Ansprüche innerhalb eines bestimmten Zeitraums geltend machen können. Nach Ablauf dieser Frist können keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden. Daher ist es für Passagiere wichtig, ihre Rechte und die entsprechenden Fristen zu kennen.

Wie wird der Anspruch eines Flugreisenden bei Flugverspätungen rechtlich definiert?

Der Anspruch eines Flugreisenden bei Flugverspätungen wird in Deutschland durch die EU-Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004 geregelt. Diese Verordnung legt fest, dass Passagiere unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf Entschädigung, Betreuungs- und Unterstützungsleistungen haben.

Bei einer Flugverspätung von mindestens drei Stunden haben Passagiere Anspruch auf eine Entschädigung von der Fluggesellschaft. Die Höhe der Entschädigung variiert je nach Flugstrecke und kann zwischen 250 und 600 Euro liegen.

Wenn die Verspätung fünf Stunden oder mehr beträgt, haben Passagiere das Recht, die Reise abzubrechen. In diesem Fall muss die Fluggesellschaft die Ticketkosten erstatten.

Zusätzlich zu diesen Entschädigungen haben Passagiere unter bestimmten Umständen Anspruch auf Verpflegung. Bei einer Verspätung von vier Stunden oder mehr auf Langstreckenflügen haben Passagiere Anspruch auf Getränke und Snacks. Wenn der Abflug erst am nächsten Tag erfolgt, haben Passagiere Anspruch auf eine Hotelübernachtung inklusive Hin- und Rückfahrt zum Flughafen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass Passagiere Anspruch auf Entschädigung haben, wenn sie aufgrund einer Verspätung einen Anschlussflug verpassen. Voraussetzung ist, dass beide Flüge bei derselben Fluggesellschaft gebucht wurden und die Verspätung am Endziel mehr als drei Stunden beträgt.

Die Geltendmachung der Ansprüche richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Zivilprozessrecht. Der Fluggast hat die Wahl, an welchem Ort er die Klage erhebt. Auch wenn eine Fluggesellschaft mit Sitz außerhalb der EU den fraglichen Flug durchführt, bestimmt sich der Gerichtsstand nach dem Erfüllungsort, also dem Abflugs- oder Ankunftsort.

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Flugverspätungen zu einem Anspruch auf Entschädigung führen. Die Fluggesellschaft ist nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, wenn sie nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die auch bei allen zumutbaren Maßnahmen nicht hätten vermieden werden können.

Welche Rolle spielt das ausführende Luftfahrtunternehmen bei Flugverspätungen und den daraus resultierenden Ansprüchen?

Das ausführende Luftfahrtunternehmen spielt eine entscheidende Rolle bei Flugverspätungen und den daraus resultierenden Ansprüchen. Es ist das Unternehmen, das den konkreten Flug durchgeführt hat und gegen das Passagiere ihre Ansprüche geltend machen müssen. Dies muss nicht unbedingt die Fluggesellschaft sein, mit der der Passagier den Beförderungsvertrag abgeschlossen hat.

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Wenn ein Flug mit mindestens 3 Stunden Verspätung am Zielflughafen ankommt, muss die Fluggesellschaft nach EU-Recht womöglich – je nach Flugdistanz – zwischen 250 € und 600 € Entschädigung zahlen. Zusätzlich hat der Passagier ein Anrecht auf Serviceleistungen, angefangen von gratis Essensgutscheinen bis hin zur kostenlosen Übernachtung im Hotel. Bei mehr als 5 Stunden Flugverspätung hat der Passagier sogar ein Anrecht auf Erstattung des Flugticketpreises, wenn er den Flug nicht mehr antreten möchte.

Ob ein Anspruch auf Entschädigung besteht oder nicht, hängt davon ab, ob die Airline die Flugverspätung hätte verhindern können oder ob außergewöhnliche Umstände vorlagen. Bei außergewöhnlichen Umständen (z.B. Vogelschlag) kann die Airline für den Schaden nicht haftbar gemacht werden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass die EU-Fluggastrechte für Flüge innerhalb der EU gelten, die von einem Luftfahrtunternehmen aus der EU oder einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden. Sie gelten auch für Flüge aus einem Nicht-EU-Land in die EU, die von einer Fluggesellschaft aus der EU durchgeführt werden, und für Flüge aus der EU in ein Nicht-EU-Land, die von einer Fluggesellschaft aus der EU oder einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden.

Die Fluggesellschaft ist auch verpflichtet, jedem betroffenen Passagier einen schriftlichen Hinweis auszuhändigen, in dem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erklärt werden. Dies gilt auch für alle Passagiere, die von einer Verspätung von mindestens zwei Stunden betroffen sind.

Wie beeinflusst die Flugdistanz die Entschädigungsansprüche bei Flugverspätungen?

Die Flugdistanz spielt eine entscheidende Rolle bei der Berechnung der Entschädigungsansprüche bei Flugverspätungen. Gemäß der EU-Fluggastrechte-Verordnung sind die Entschädigungsbeträge gestaffelt und hängen von der Länge der Flugstrecke ab.

  • Für Flugstrecken bis zu 1500 Kilometern beträgt die Entschädigung 250 Euro.
  • Bei Flugstrecken von 1500 bis 3500 Kilometern erhöht sich die Entschädigung auf 400 Euro.
  • Für Flugstrecken über 3500 Kilometern können Passagiere eine Entschädigung von bis zu 600 Euro einfordern.

Diese Entschädigungen gelten, wenn der Flug mindestens drei Stunden Verspätung hat. Bei einer Verspätung von bis zu vier Stunden auf einer Strecke von mehr als 3500 Kilometern beträgt die Entschädigung 300 Euro.

Es ist zu erwähnen, dass die für die Höhe der Entschädigung relevante Entfernung sich nach der sogenannten Großkreisentfernung (umgangssprachlich „Luftlinie“) berechnet, nicht nach der tatsächlich geflogenen Strecke.

Außergewöhnliche Umstände wie Unwetter, Streiks oder Naturkatastrophen können jedoch dazu führen, dass die Fluggesellschaft keine Entschädigung zahlen muss. In solchen Fällen muss die Fluggesellschaft nachweisen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um die Beeinträchtigung für den Fluggast so gering wie möglich zu halten.

Inwiefern sind die Regelungen der Verordnung (EG) 261/2004 für Flugverspätungen relevant?

Die Verordnung (EG) 261/2004 ist für Flugverspätungen relevant, da sie die Rechte der Fluggäste in der Europäischen Union stärkt und klare Regeln für Entschädigungen und Unterstützungsleistungen bei Flugverspätungen, Annullierungen und Nichtbeförderungen festlegt.

Gemäß dieser Verordnung haben Passagiere Anspruch auf eine Entschädigung, wenn ihr Flug mehr als drei Stunden verspätet am Endziel ankommt. Die Höhe der Entschädigung variiert je nach Flugdistanz und kann bis zu 600 Euro betragen. Es ist jedoch zu beachten, dass Fluggesellschaften nicht zur Zahlung von Entschädigungen verpflichtet sind, wenn sie nachweisen können, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die auch bei allen angemessenen Maßnahmen nicht hätten vermieden werden können.

Die Verordnung gilt für Flüge, die in einem EU-Mitgliedsstaat starten, sowie für Flüge, die von einer Fluggesellschaft mit Sitz in der EU durchgeführt werden und in einem EU-Staat landen. Die Rechte der Passagiere gelten unabhängig davon, ob sie eine Pauschalreise gebucht haben, bei einer Billig-Airline gebucht haben, auf Geschäftsreise sind oder mit kostenlosen oder reduzierten Tickets aus einem Kundenbindungs- oder Werbeprogramm fliegen.

Neben finanziellen Entschädigungen haben Passagiere auch das Recht auf angemessene Betreuung während sie am Flughafen warten müssen. Dies kann beispielsweise Mahlzeiten, Erfrischungen, zwei kostenlose Telefonate, Telex- oder Faxnachrichten oder E-Mails sowie gegebenenfalls eine Hotelunterkunft und den Transport zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung umfassen.

Die Verordnung (EG) 261/2004 ist ein wichtiges Instrument zum Schutz der Rechte von Fluggästen in der EU und bietet klare Richtlinien für Entschädigungen und Unterstützungsleistungen bei Flugverspätungen.

Was sind die Kriterien für die Anwendung von § 651 j BGB im Vergleich zu den allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB?

Die Kriterien für die Anwendung von § 651j BGB im Vergleich zu den allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB betreffen hauptsächlich den Kontext und die Dauer der Verjährungsfristen.

§ 651j BGB ist spezifisch für Reiseverträge und bezieht sich auf die Verjährung von Ansprüchen des Reisenden. Gemäß § 651j BGB verjähren die in § 651i Absatz 3 bezeichneten Ansprüche des Reisenden in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Reise nach dem Vertrag enden sollte.

Im Gegensatz dazu regeln die §§ 195 und 199 BGB die allgemeinen Verjährungsfristen und deren Beginn. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Zusammengefasst, § 651j BGB findet Anwendung in spezifischen Fällen von Reiseverträgen und hat eine kürzere Verjährungsfrist von zwei Jahren, während die §§ 195 und 199 BGB allgemeine Verjährungsregelungen mit einer Frist von drei Jahren darstellen.

Wie wird die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung und deren Einfluss auf Zinsansprüche bei Flugverspätungen gehandhabt?

Die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung ist ein wichtiger Schritt im Prozess der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen bei Flugverspätungen. Sie dient dazu, die Fluggesellschaft offiziell über den Anspruch zu informieren und ihr die Möglichkeit zu geben, den Anspruch zu begleichen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.

Die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung kann auch den Beginn des Verzugs markieren. Nach deutschem Recht tritt der Schuldner in Verzug, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt der Zahlungsaufforderung zahlt. Sobald der Schuldner in Verzug ist, kann der Gläubiger Verzugszinsen verlangen.

Die Höhe der Verzugszinsen wird in der Regel gesetzlich festgelegt und kann auf den ausstehenden Betrag angewendet werden, bis die Zahlung erfolgt. In einigen Fällen können diese Zinsen auch Teil der Entschädigung sein, die von der Fluggesellschaft gezahlt wird.

Es ist jedoch zu beachten, dass die genauen Bedingungen und Auswirkungen einer vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung von verschiedenen Faktoren abhängen können, einschließlich der spezifischen Umstände des Falles und der geltenden rechtlichen Bestimmungen. Daher ist es ratsam, bei der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen bei Flugverspätungen rechtlichen Rat einzuholen.


Das vorliegende Urteil

AG Hamburg – Az.: 49 C 57/22 – Urteil vom 26.10.2022

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.200,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2022 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.200,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Mit der Klage macht die Klägerin aus abgetretenem Recht Ansprüche wegen einer Flugverspätung geltend.

Die Reisenden Frau I. und Frau M. waren auf den Flug … am 10.02.2019 von Hamburg nach Hurghada gebucht. Der Flug sollte planmäßig am 10.02.2019 um 7.15 Uhr Ortszeit starten und um 13.00 Uhr Ortszeit am gleichen Tag landen. Der Flug erreichte Hurghada letztlich erst am Folgetag um 5.00 Uhr Ortszeit und damit mit einer Verspätung von 16 Stunden.

Die Beklagte war ausführendes Luftfahrtunternehmen, die Distanz zwischen Abflugs- und Ankunftsort beträgt 3.530 km.

Die Flugreisenden traten die ihnen zustehenden Ansprüche an die Klägerin ab.

Die Klägerin zeigte der Beklagten mit Schreiben vom 20.01.2022 die Abtretung an und forderte sie unter Fristsetzung zum 03.02.2022 zur Zahlung der Ausgleichsansprüche auf.

Die Klägerin behauptet, die Flugreisenden hätten sich rechtzeitig zum Abflug eingefunden und die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr aus abgetretenem Recht ein Entschädigungsanspruch in Höhe von jeweils 600,00 € für alle drei Reisenden zustehe.

Die Klägerin stellt den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2022 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin zunächst darlegen müsse, dass von Seiten des buchenden Pauschalreiseunternehmens keinerlei Zahlungen an die Zedenten erfolgt sei. Ferner müsse die Klägerin darlegen, dass sich die Flugreisenden rechtzeitig zur Abfertigung eingefunden hätten. Darüber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass die Ansprüche der Klägerin verjährt seien, da insoweit die Verjährungsfrist des § 651 j BGB anzuwenden sei, da es sich bei den zu Grunde liegenden Buchungen um Pauschalreisen gehandelt habe, wobei letzteres unstreitig ist.

Die Beklagte beruft sich insoweit auf die Einrede der Verjährung.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollen Umfanges begründet.

Ein Anspruch der Klägerin folgt aus den Art. 7, 5 der Verordnung (EG) 261/2004 unter Berücksichtigung der Flugentfernung zwischen dem Abflugort Hamburg und dem Zielort Hurghada. Bei Flugentfernungen von mehr als 3.500 km steht den Flugreisenden hiernach bei einer Flugannullierung ein Entschädigungsanspruch von jeweils 600,00 € zu. Dies ist entsprechend auf Verspätungen von mehr als 3 Stunden anzuwenden, vorliegend handelte es sich um eine Verspätung von 16 Stunden.

Die Verordnung ist auch auf die Beklagte als ausführendes Luftfahrtunternehmen anzuwenden, obwohl es sich nicht um ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft handelt, da es sich um einen Flug gehandelt hat, der aus der Gemeinschaft angetreten worden ist. Es ist vorliegend davon auszugehen, dass sich die Flugreisenden rechtzeitig zur Abfertigung des Fluges eingefunden haben. Das Bestreiten der Beklagten erfolgt insoweit ins Blaue hinein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Bordkarte gerichtsbekannterweise dazu benötigt wird, um zur Sicherheitsschleuse am Flughafen Hamburg zu gelangen. Insoweit besteht für die Beklagte die Möglichkeit, entsprechende Kenntnis zu erlangen, da sie sich die entsprechende Tätigkeit zurechnen lassen muss. Zudem werden gerade bei Pauschalreisen üblicherweise Gepäckstücke aufgegeben, so dass die Beklagte auch hierzu spezifiziert hätte vortragen müssen. Vor diesem Hintergrund ist das Bestreiten der Beklagten irrelevant, da ins Blaue hinein.

Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte sich auf ihre Unkenntnis berufen kann, da sie selbst erst die Grundlage dieser Unkenntnis setzt, in dem sie die Möglichkeit gibt, sich langfristig online einchecken zu können.

Ebenso wenig vermag die Beklagte mit der Behauptung durchzudringen, die Klägerin müsse darlegen, dass den Reisenden keine Rückerstattung des Pauschalreiseunternehmens zu gute gekommen sei. Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) 261/2004 ist eine Anrechnung der nach der Verordnung gewährten Ausgleichsleistung auf Schadensersatzansprüche möglich. Vorliegend würde es jedoch nicht um Schadensersatzansprüche, sondern letztlich um Minderung des Reisepreises gehen, so dass schon nach dem Wortlaut der genannten Regelung eine Anrechnung nicht in Betracht kommen würde. Hinzukommt, dass die Beklagte auch dies erkennbar ins Blaue hinein bestreitet. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für entsprechende Leistungen des Pauschalreiseunternehmens an die Zedenten.

Ebenso wenig vermag sich die Beklagte mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung zu berufen. § 651 j BGB ist vorliegend nicht anwendbar. Vielmehr richtet sich die Verjährung nach den allgemeinen Vorschriften, d. h. der Anspruch verjährt nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB binnen 3 Jahren ab dem 01. Januar nach Entstehen des Anspruches, d. h. zum 31.12.2022.

§ 651 j BGB ist vorliegend nicht anwendbar, da es sich entgegen der Annahme des Beklagtenvertreters nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter handelt. Vielmehr werden in der Verordnung gesetzliche Ansprüche unabhängig von bestehenden oder nicht bestehenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Anspruchsparteien, hier dem Fluggast und dort dem Fluggastunternehmen, geregelt.

Soweit sich die Beklagte auf Art. 3 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung (EG) 261/2004 beruft, so besagt dieser, dass das Luftfahrtunternehmen, mit dem der Reisende einen Vertrag abschließt sich die Tätigkeit des ausführenden Luftfahrtunternehmens zurechnen lassen muss. Insoweit geht es hierbei um das Rechtsverhältnis im Rahmen der bestehenden vertraglichen Beziehung zwischen den Reisenden und dem Unternehmen, bei dem der Reisende die Reise gebucht hat. Um das Rechtsverhältnis des ausführenden Luftfahrtunternehmens zum Reisenden geht es insoweit erkennbar nicht. Insoweit geht die Verordnung zwar davon aus, dass eine wie auch immer geartete vertragliche Beziehung des Reisenden mit einem beliebigen Unternehmen besteht, Adressat des pauschalen Ausgleichsanspruches aus Art. 7 der Verordnung ist jedoch das Unternehmen, das den Flug ausführt und zwar unabhängig davon, wie dies rechtlich zum Vertragspartner des Reisenden steht. Es gibt insoweit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber entsprechende Überlegungen bei Erlass der Verordnung angestellt hat.

Im Übrigen hat die Verordnung erkennbar die Gleichbehandlung aller Reisenden, soweit sie nicht unter die wenigen Ausnahmefälle des Art. 3 Abs. 3 fallen, zum Ziel, wie sich auch aus der Sonderregelung für Annullierungen aus anderen Gründen bei Pauschalreisenden in der Vorbemerkung 16 zur Verordnung im Umkehrschluss ergibt. Eine Schlechterstellung gegenüber anderen Flugreisenden ist dort nicht vorgesehen. Dem widerspräche eine Ungleichbehandlung der Reisenden, je nachdem ob sie eine Pauschalreise oder eine Flugbuchung direkt bei einem Luftfahrtunternehmen bzw. über ein entsprechendes Internetportal gebucht haben. Hierauf kommt es letztlich nicht an.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass eine entsprechende Ungleichbehandlung der beim Luftfahrtunternehmen buchenden gegenüber Pauschalreisenden festzustellen sei, da Pauschalreisende bei Insolvenz deutlich besser geschützt seien, so entspringt diese rechtliche Differenzierung nicht den Regelungen der Verordnung, sondern des Pauschalreiserechtes. Mit der Gleichbehandlung der Flugreisenden nach den Regeln der Verordnung hat dies erkennbar nichts zu tun. Insbesondere kann hierauf keine Ungleichbehandlung rechtfertigend gestützt werden.

Der Zinsanspruch folgt aus der vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung und der dortigen Fristsetzung in Verbindung mit den §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung aus den §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus der Klagforderung in der Hauptsache.

 

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