AG Gelsenkirchen – Az.: 409 C 116/18 – Urteil vom 08.07.2018
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 80,24 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2017 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Streitwert: 80,24 €.
Tatbestand
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat nämlich aus § 115 VVG einen Anspruch auf 80,24 € restliche Sachverständigenkosten.
Dies beruht zunächst darauf, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherer unstreitig zu 100 % für die der Klägerin entstandenen Schäden aufgrund des Verkehrsunfalls vom … einzustehen hat.
Zu den erforderlichen Aufwendungen gemäß §§ 249 ff. BGB nach einem Verkehrsunfall gehören auch die Kosten für die außergerichtliche Begutachtung der an dem Fahrzeug aufgetretenen Schäden. Im Hinblick darauf, dass ein Geschädigter grundsätzlich keine Vorkenntnisse darüber hat, in welcher Höhe Kosten für die Begutachtung üblicherweise anfallen und auch nicht gehalten ist, vor Erteilung eines Auftrages zur Begutachtung intensive Überprüfungen des Marktes dahingehend anzustellen, welcher Sachverständige am günstigsten seine Tätigkeiten verrichtet, ist für den Fall, dass der Geschädigte aufgrund der Preisvereinbarung mit dem Sachverständigen eine Rechnung erhalten hat und diese ausgeglichen hat, eine Indizwirkung dahingehend vorhanden, dass die Kosten für die Begutachtung angemessen der Höhe nach sind. Auch wenn hier die Klägerin – wie häufig der Fall – gegenüber dem Sachverständigen an Erfüllung statt eine Abtretungserklärung abgegeben hat, entfällt die Indizwirkung nicht ausnahmsweise. Dies beruht darauf, dass die Klägerin, wie von ihr nachgewiesen durch Beleg vom 30.04.2018, Bl. 55, dennoch sämtliche Ansprüche des Sachverständigen selbst befriedigt hat. Das Gericht folgt auch nicht der Auffassung der Beklagten, dass hier die Klägerin sich trotz Zahlung nicht auf die Indizwirkung berufen kann, weil ihr zu dem Zeitpunkt die Einwendungen der Beklagten, insbesondere hinsichtlich der Höhe der Nebenkosten, bereits bekannt waren. Eine solche Kenntnis ist zwar aufgrund der Chronologie zu bejahen, da der Klägerin mit Schreiben vom 16.01.2008 die Bedenken der Beklagten mitgeteilt wurden und die vollständige Erfüllung am 30.04.2018 bewirkt wurde. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung der Klägerseite an, dass es nicht darauf ankommt, ob die Erfüllung erfolgt ist, bevor oder nach dem der Unfallschädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung erstmals die Höhe der Sachverständigenkosten angreift. Eine solche Einschränkung lässt sich nach Auffassung des Gerichts dem maßgeblichen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 nämlich nicht entnehmen.
Ist mithin im Hinblick auf die Indizwirkung der Erfüllung der Rechnung des Sachverständigen eine Überprüfung der Angemessenheit insbesondere der in Rechnung gestellten Nebenkosten nicht angezeigt, hat die Klägerin einen Anspruch auf die bislang noch nicht von der Beklagten erstatteten Sachverständigenkosten i.H.v. 80,24 €.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.