Verkehrsunfall in Dresden: Fußgängerin erhält Schadensersatz, Lkw-Fahrer haftet überwiegend
Das OLG Dresden hat in seinem Beschluss vom 05.01.2015 (Az.: 7 U 568/14) entschieden, dass bei einem Verkehrsunfall mit einem Fußgänger, der bei „Grün“ die Fahrbahn überquert, der Fahrzeugführer eine erhöhte Haftung trägt. Trotz des nicht eindeutigen Verhaltens der Fußgängerin entschied das Gericht, dass der überwiegende Teil der Schuld beim Lkw-Fahrer liegt, da dieser den Vorrang des Fußgängers missachtete und sich nicht ausreichend vergewisserte.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 568/14 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Erhöhte Haftung des Lkw-Fahrers: Trotz grüner Ampel für Fußgänger und Fahrzeugführer liegt die Hauptverantwortung beim Lkw-Fahrer.
- Missachtung des Fußgängervorrangs: Der Lkw-Fahrer missachtete den Vorrang des Fußgängers beim Abbiegen.
- Unzureichende Vergewisserung: Der Fahrer vergewisserte sich nicht ausreichend, ob der Fußgängerüberweg frei war.
- Grobe Fahrlässigkeit: Das Gericht bewertete das Verhalten des Lkw-Fahrers als grob fahrlässig.
- Vertrauensgrundsatz für Fußgänger: Die Fußgängerin durfte darauf vertrauen, dass der Lkw ihren Vorrang beachtet.
- Kein Mitverschulden der Fußgängerin: Trotz gewisser Unachtsamkeit der Fußgängerin überwiegt die Schuld des Lkw-Fahrers.
- Relevanz der Sichtverhältnisse: Die Sichtverhältnisse am Unfallort spielten eine wesentliche Rolle in der Beurteilung.
- Ablehnung der Berufung: Die Berufung der Beklagten wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Übersicht:
Fußgänger bei Grün: Haftungsfragen und Verkehrsregeln
Bei einem Verkehrsunfall mit einem Fußgänger, der die Fahrbahn bei Grün überquert, kann es zu einer komplexen Haftungsfrage kommen. Grundsätzlich hat ein Fußgänger bei Grün das Recht, die Straße zu überqueren, und darf dabei darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer seinen Vorrang achten. Allerdings müssen auch abbiegende Autofahrer auf Fußgänger achten, selbst bei Grün. In einigen Fällen kann es jedoch zu einer Mithaftung des Fußgängers kommen, wenn dieser seine Aufmerksamkeit nicht ausreichend auf den Verkehr gerichtet hat oder die Straße bei Grün überquert, obwohl er erkennen konnte, dass ein Fahrzeug die Geschwindigkeit nicht rechtzeitig reduzieren konnte.
Insbesondere bei Kreuzungen, an denen sich Stau bildet, müssen Fußgänger vor dem Losgehen sicherstellen, dass die Autos anhalten und ihnen den Vorrang gewähren. Bei Unfällen zwischen Fußgängern und Radlern kann es ebenfalls zu einer Mithaftung des Fußgängers kommen, wenn dieser die Rechte von Radlern auf dem Radweg der gegenüberliegenden Seite nicht beachtet hat. Es ist wichtig, dass Fußgänger und Autofahrer gleichermaßen aufmerksam sind und die Verkehrsregeln einhalten, um solche Unfälle zu vermeiden.
Ein konkretes Urteil zu diesem Thema könnte die rechtlichen Herausforderungen und Verantwortlichkeiten in einem solchen Fall genauer beleuchten und dabei helfen, das Verständnis für die komplexen Haftungsfragen zu vertiefen.
Verkehrsunfall in Dresden: Fußgängerin verklagt Lkw-Fahrer
Bei einem Verkehrsunfall in Dresden, bei dem eine Fußgängerin die Fahrbahn bei grüner Ampel überquerte, kam es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung. Die Fußgängerin wurde von einem Lkw erfasst, der ebenfalls bei Grün nach links abbog. Dieser Fall führte zu einer Klage gegen den Lkw-Fahrer und zwei weitere Beklagte, wobei die Klägerin materiellen und immateriellen Schadensersatz forderte.
Kern des Falles: Vorrang des Fußgängers missachtet
Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) befasste sich mit dem Fall unter dem Aktenzeichen 7 U 568/14. Der Kern des Falles drehte sich um die Frage der Haftung und des Mitverschuldens bei einem Verkehrsunfall unter diesen spezifischen Umständen. Die Klägerin argumentierte, dass der Lkw-Fahrer den Vorrang des Fußgängers missachtet und nicht ausreichend aufgepasst habe. Im Gegenzug behaupteten die Beklagten, dass die Klägerin den Unfall mitverursacht habe, da sie unachtsam gewesen sei und den Lkw nicht wahrgenommen habe.
Detailanalyse des Unfallhergangs
Die Analyse des Unfallhergangs spielte eine wesentliche Rolle in der Entscheidung des Gerichts. Laut eines DEKRA-Gutachtens war die Sicht des Lkw-Fahrers durch bauliche Gegebenheiten eingeschränkt, wodurch die Fußgängerin zunächst nicht sichtbar war. Das Gericht stellte fest, dass der Lkw-Fahrer, trotz der grünen Ampel, verpflichtet gewesen wäre, sich zu vergewissern, ob der Fußgängerüberweg frei ist. Diese Pflicht zur erhöhten Aufmerksamkeit ergab sich insbesondere aus der unzureichenden Einsehbarkeit des Bereichs.
Urteil des OLG Dresden: Alleinhaftung des Lkw-Fahrers
Das OLG Dresden wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Alleinhaftung des Lkw-Fahrers. Das Gericht berücksichtigte dabei, dass die Fußgängerin aufgrund der Verkehrssituation und des grünen Lichtsignals für Fußgänger keinen Anlass hatte, ihr Verhalten anzupassen. Zudem wurde festgestellt, dass selbst ein potenzielles Mitverschulden der Klägerin hinter der groben Fahrlässigkeit des Beklagten zurücktritt. Das Gericht berief sich auf § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO, welcher den Vorrang des Fußgängers auch bei grünen Ampeln für beide Parteien klarstellt.
Das Urteil betont die Wichtigkeit der sorgfältigen Beachtung von Fußgängern im Straßenverkehr, insbesondere in Situationen, in denen die Sichtverhältnisse eingeschränkt sind. Es unterstreicht die Verantwortung von Fahrzeugführern, sich in solchen Fällen zu vergewissern, dass kein Fußgänger gefährdet wird.
✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
Wie wird im deutschen Verkehrsrecht der Vorrang des Fußgängers definiert und angewendet?
Im deutschen Verkehrsrecht wird der Vorrang von Fußgängern in verschiedenen Situationen definiert und angewendet. Fußgänger haben insbesondere an Kreuzungen und Einmündungen Vorrang vor abbiegenden Fahrzeugen. Dies ist in Paragraf 9 Absatz 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgelegt, der besagt, dass auf zu Fuß Gehende besondere Rücksicht zu nehmen ist und wenn nötig zu warten ist.
Beim Überqueren einer Straße haben Fußgänger gegenüber abbiegenden Fahrzeugen Vorrang, unabhängig davon, ob sie in dieselbe Richtung unterwegs sind oder entgegenkommen. Dies gilt auch, wenn ein Fahrzeug aus einem Kreisverkehr ausfährt oder in eine Einbahnstraße einbiegt. Die Regel „Rechts vor Links“ gilt für Fußgänger nicht in gleicher Weise wie für Fahrzeuge; hier greift stattdessen die allgemeine Rücksichtnahmepflicht.
Fußgänger müssen vorhandene Gehwege benutzen und dürfen die Straße nur überqueren, wenn sie sich zügig und auf dem kürzesten Weg bewegen. Zebrastreifen und Ampeln müssen von Fußgängern genutzt werden, wenn diese in der Nähe sind. An Zebrastreifen haben Fußgänger Vorrang vor allen anderen Verkehrsteilnehmern, ausgenommen Schienenverkehr.
In Fußgängerzonen genießen Fußgänger gemäß StVO Vorrang. Fahrzeuge dürfen nur dann einfahren, wenn die Beschilderung dies ausdrücklich erlaubt, und müssen dann besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen und gegebenenfalls warten.
Es ist zu betonen, dass Fußgänger trotz ihres Vorrangs in bestimmten Situationen nicht berechtigt sind, diesen rücksichtslos durchzusetzen. Sie müssen sich durch beiläufigen Blick nach den Seiten über die Verkehrslage informieren und dürfen das Abbiegen von Fahrzeugen nicht unnötig erschweren. Verstöße gegen die Verkehrsregeln können auch für Fußgänger rechtliche Folgen haben, wie Bußgelder oder Punkte in Flensburg.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Fußgänger im deutschen Verkehrsrecht in vielen Situationen Vorrang haben, jedoch auch eine allgemeine Rücksichtnahmepflicht besteht und sie sich an bestimmte Regeln halten müssen.
Wie wird ein Mitverschulden bei Verkehrsunfällen rechtlich gehandhabt?
Ein Mitverschulden bei Verkehrsunfällen wird im deutschen Recht nach § 9 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) behandelt. Nach diesen Vorschriften wird das Mitverschulden als eine rechtshindernde Einwendung gegen Schadensersatzansprüche verstanden. Das bedeutet, dass bei der Entstehung eines Schadens das Verschulden des Geschädigten berücksichtigt wird und dies zu einer Minderung des Schadensersatzanspruchs führen kann.
Die Rechtsfolgen eines Mitverschuldens sind in § 254 BGB geregelt. Wenn bei einem Verkehrsunfall sowohl der Schädiger als auch der Geschädigte ein Verschulden trifft, wird der Umfang der Ersatzpflicht nach den Umständen, insbesondere danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, abgewogen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Geschädigter nicht angeschnallt war und dadurch die Verletzungen schwerwiegender ausfallen als bei angelegtem Sicherheitsgurt. In einem solchen Fall kann dem Geschädigten ein Mitverschulden angerechnet werden, was zu einer Minderung seiner Schadensersatzansprüche führt.
Die Quote des Mitverschuldens wird im Einzelfall durch das Gericht festgelegt und hängt von den spezifischen Umständen des Unfalls ab. So kann beispielsweise einem nicht angeschnallten Geschädigten eine Mitverschuldensquote von 30% zugesprochen werden, wenn festgestellt wird, dass die Verletzungen bei angelegtem Gurt verhindert oder gemildert worden wären.
Es ist auch zu beachten, dass die Haftung nach § 7 II StVG ausgeschlossen ist, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wurde, ein von außen kommendes, unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet werden kann.
Zusammenfassend wird ein Mitverschulden bei Verkehrsunfällen rechtlich so gehandhabt, dass es zu einer Minderung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten führen kann, wobei die genaue Quote des Mitverschuldens von den Gerichten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgelegt wird.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 7 U 568/14 – Beschluss vom 05.01.2015
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten zu 1, des Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Beklagte zu 1, der Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 haben Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen.
3. Der Termin vom 07.01.2015 wird deshalb aufgehoben; die Parteien sind abzuladen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1, des Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
1. Die Klägerin verlangt von den Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die Beklagten haben unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin bezüglich des Feststellungsantrags ihre Haftung zu 60% anerkannt, worauf das Landgericht das am 22.01.2013 an Verkündungs statt zugestellte Teilanerkenntnisurteil (GA 22) erließ. Im Übrigen hat es Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen R. und W. sowie durch Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte, in der sich u.a. ein unfallanalytisches Gutachten der DEKRA vom 19.05.2010 befindet (Beiakte GA 110).
Das Landgericht hat mit „Teil- und Grundurteil“ vom 27.03.2014, den Beklagten zugestellt am 03.04.2014, auch dem (noch nicht anerkannten) Feststellungsbegehren sowie der Klage im Übrigen dem Grunde nach ohne Berücksichtigung jedweden Mitverschuldens stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, dass ein leichtfertiges Verhalten der Klägerin aufgrund des überragenden Vertrauensschutzes in der gegebenen Verkehrssituation hinter die Betriebsgefahr des Lkw sowie die Missachtung des Vorrangs des Fußgängerverkehrs durch den Beklagten zu 1 vollständig zurücktrete.
Hiergegen richtet sich die am 14.04.2014 eingegangene und (nach entsprechender Fristverlängerung durch den Vorsitzenden) am 03.07.2014 begründete Berufung der Beklagten, mit der sie eine vollständige Klageabweisung im noch streitigen Teil erstreben.
Entgegen dem Landgericht treffe den Beklagten zu 1 schon kein Verschuldensvorwurf. Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht hierbei von einem Verstoß gegen § 26 StVO ausgegangen, obschon die Vorschrift nur bei einem (hier nicht gegebenen) Zebrastreifen Geltung beanspruche. Darüber hinaus sei die Klägerin für den Beklagten zu 1 erwiesenermaßen nicht wahrnehmbar gewesen. Zum einen habe von dem Beklagten nicht verlangt werden können, sich beim Abbiegen nach links auch durch das Fenster der Fahrertür zu vergewissern, ob Fußgänger den Überweg benutzten; zum anderen wäre, eine solche Verpflichtung einmal unterstellt, der Unfall zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu vermeiden gewesen, weil er bereits stattgefunden hatte. Deshalb komme zu Lasten der Beklagten allenfalls eine Haftung aus Betriebsgefahr in Betracht. Ferner gehe das Landgericht fälschlich von einem lediglich leichten Beschleunigen der Klägerin bei der Überquerung der Fahrbahn aus. Zudem hätten die Zeuginnen bestätigt, dass die Klägerin weder nach rechts noch nach links geschaut habe, ihr Blick vielmehr nach unten gerichtet gewesen sei. Sie habe die Straße mithin „blind“ überquert. Außerdem sei die Klägerin, die ja nach den Feststellungen des beigezogenen DEKRA-Gutachtens gegen die Radabdeckung des linken Rades der zweiten Lkw-Achse gelaufen sei, „aktiv“ in die Flanke des Lkw „hineingelaufen“. Die Klägerin hätte ohne weiteres das vor ihr befindliche Beklagtenfahrzeug wahrnehmen können und müssen. Damit aber habe die Klägerin sich jedem Verkehrsteilnehmer ohne weiteres aufdrängende Verhaltensanforderungen außer acht gelassen. Sie habe trotz des zu Boden gerichteten Blickes ihr Tempo sogar noch verschärft.
Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Entgegen der Berufung sei von einem unfallmitursächlichen Verschulden des Beklagten zu 1 auszugehen. Der Beklagte zu 1 habe sich nicht ausreichend vergewissert. Die Klägerin habe auch darauf vertrauen dürfen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer pflichtgemäß verhalten. Selbst wenn die Klägerin den Lkw rechtzeitig wahrgenommen hätte, hätte sie nicht damit rechnen müssen, dass der Lkw ihren Vorrang missachtet. Der Klägerin sei deshalb auch kein Mitverschuldensvorwurf zu machen, jedenfalls trete dieser – mit dem Landgericht – hinter die durch das Verschulden des Beklagten zu 1 erhöhte Betriebsgefahr zurück.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
2. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und auch begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache ist sie allerdings nicht begründet, weil nach der festen Überzeugung des Senats das Landgericht zutreffend von einer Alleinhaftung der Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18, 11 StVG, 115 VVG ausgegangen ist.
a) Das Landgericht ist zutreffend von den Voraussetzungen, unter denen ein Teilend- und Grundurteil erlassen werden konnte, ausgegangen. Die Berufung stellt auch nicht in Frage, dass die Voraussetzungen der §§ 256, 301, 304 ZPO im vorliegenden Fall gegeben sind. Auch sonst finden sich insoweit keine von Amts wegen zu beanstandenden Rechtsfehler des Landgerichts. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Landgerichts zum Vorliegen des Feststellungsinteresses sowie der Begründetheit des Feststellungsantrags (vgl. dort Ziff. 3, S. 10/11) zu eigen. Ferner steht fest, dass der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der sonstigen Einwendungen der Beklagten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 304 Rn 6), so dass auch der Erlass eines Grundurteils keinen Bedenken begegnet, zumal dies der abschließenden Klärung des zentralen Mitverschuldenseinwands dient. Durch die gleichzeitige Verbescheidung des Feststellungsantrags (im Wege des Teil-Endurteils, § 301 ZPO) ist schließlich auch das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil (vgl. ders. a.a.O. § 301 Rn 7 m.w.N.) beachtet worden.
b) Entgegen der Berufung ist über die (für die Beklagten zu 2 und 3) ohnedies nach § 7 Abs. 1 StVG allein haftungsbegründende Betriebsgefahr hinaus in die nach §§ 9 StVG, 254 BGB durchzuführende Abwägung sehr wohl ein unfall(mit)ursächlicher, erheblicher Verschuldensbeitrag des Beklagten zu 1 einzustellen, so dass sich dieser (die Beklagten zu 2 und 3 haften ohnedies verschuldensunabhängig, vgl. oben) im Übrigen auch nicht von der gegen ihn streitenden Verschuldensvermutung (§ 18 StVG) entlasten kann.
Der Beklagte zu 1 hat nämlich den Vorrang des Fußgängers gem. § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO (vgl. nur König, a.a.O., § 37 Rn 35) missachtet, der auch dann gilt, wenn – wie hier – der Fahrzeugführer bei grün (hier: nach links) abbiegt und der Fußgänger seinerseits bei grün den Übergang überschreitet.
Nach den auch von der Berufung in Bezug genommenen Feststellungen des DEKRA-Gutachtens war für den nach links abbiegenden Lkw-Führer, also den Beklagten zu 1, eine Erkennbarkeit der Fußgängerin im Moment des Anfahrens von der Haltelinie wegen der baulichen Gegebenheiten noch nicht gegeben: eine dort wartende oder gerade die Fahrbahn betretende Fußgängerin wird aus Sicht des Lkw-Fahrers von der Gebäudeecke „verdeckt“. Umso mehr war der Beklagte zu 1 aber hier gehalten, sich im Zuge des Abbiegens (aller)spätestens bei Annäherung an den Fußgängerüberweg ausreichend zu vergewissern, ob er den zuvor nicht erkennbaren oder aber erst später den Übergang benutzenden Fußgängern den ihnen gebührenden Vorrang einräumen musste. Nach den insoweit von der Berufung auch nicht angegriffenen Feststellungen des DEKRA-Gutachtens (vgl. dort S. 11), überdies veranschaulicht durch die vom Landgericht in seine Beweiswürdigung einbezogenen Lichtbilder, hätte der Beklagte zu 1 die Klägerin jedenfalls bei einem Blick auch durch das Fenster der Fahrertür erkennen können. Entgegen der Berufung konnte dies von dem Beklagten zu 1 aufgrund der hier zur Entscheidung stehenden konkreten Situation durchaus verlangt werden. Der Beklagte zu 1 konnte und durfte keinesfalls darauf vertrauen, dass der Überweg für ihn frei war. Das DEKRA-Gutachten kommt für diesen Fall auch zur Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens durch den Beklagten zu 1.
Richtig ist zwar, dass die vom Landgericht ebenfalls zitierte Norm des § 26 StVO mangels Zebrastreifens hier nicht einschlägig ist (vgl. nur Hentschel/König/Dauer, StVO, 42. Aufl., § 26 Rn 9); vielmehr gilt hier gemäß § 37 Abs. 1 StVO nur das jeweilige Farbzeichen der Lichtzeichenanlage. Auch die Berufung stellt aber nicht in Abrede, dass der Beklagte zu 1 grundsätzlich verpflichtet war, den Vorrang der Klägerin zu beachten. Der Senat bewertet diese Nachlässigkeit des Beklagten zu 1 angesichts der hier konkret gegebenen Umstände und des für jedermann ohne weiteres erkennbaren Gefährdungspotentials als grob fahrlässig, weil wegen der unzureichenden Einsehbarkeit des Bereichs (vgl. oben) es jedem Lkw-Fahrer hätte einleuchten müssen, dass dort (bevorrechtigte) Fußgänger im Zuge des Linksabbiegevorgangs den Übergang benutzen können. Entscheidend ist auch nicht, dass, wie der Beklagte zu 1 mehrfach betonte, er die Klägerin nicht gesehen hat, sondern ob er sie hätte sehen können und sich darauf einstellen müssen.
Zutreffend geht die Berufung (wie übrigens auch schon das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung) im weiteren davon aus, dass Fußgänger auch bei für sie geltendem „grün“ auf querende Kfz zu achten haben (vgl. nur König, a.a.O., § 25 StVO Rn 44; vgl. auch ausführlich BGH, Urt. v. 20.04.1966 – III ZR 184/64), andernfalls sie sich einen Mitverschuldensvorwurf (§§ 9 StVG, 254 BGB) anspruchsmindernd entgegen halten lassen müssen. Allerdings ist die von der Berufung explizit herangezogene Entscheidung des BGH (a.a.O.) im vorliegenden Fall schon nicht einschlägig. Geht es dort nämlich um die grundsätzliche Pflicht eines Fußgängers sich bei Betreten der Fahrbahn trotz „grün“ zusätzlich durch einen beiläufigen Blick nach den Seiten zu vergewissern, ob er dies auch gefahrlos tun kann (BGH, a.a.O.), musste sich die Klägerin nach den Ausführungen des DEKRA-Gutachtens und in Einklang mit den Aussagen und Schilderungen der Zeuginnen bereits auf dem Übergang befunden haben. Eine Einschränkung des auch für die Klägerin grundsätzlich geltenden Vertrauensgrundsatzes (vgl. BGH, a.a.O.) ist im vorliegenden Fall auch deshalb nicht veranlasst, weil nach dem vom Senat gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen sich der Lkw der Beklagten zu 2 nicht mit einer derart hohen Geschwindigkeit näherte, dass die Klägerin bereits deshalb davon ausgehen musste, der Lkw werde ihren Vorrang nicht achten. Damit, dass der Beklagte zu 1 nicht den gebotenen (vgl. oben) und auch keineswegs unzumutbaren Blick nach links durch das Fahrerfenster tätigen würde, musste die Klägerin ebenso wenig rechnen. Selbst wenn – weiter unterstellt – der Lkw die einzige „Lärmquelle“ gewesen sein sollte, musste die Klägerin aufgrund der zudem moderaten Geschwindigkeit (ca. 20 km/h) ebenfalls nicht zwangsläufig davon ausgehen, der Lkw würde sie übersehen bzw. überhaupt nicht anhalten. Zwar war auch für sie erkennbar, dass (aus ihrer Blickrichtung) der von hinten rechts kommende Linksabbieger sie (beim Anfahren) noch nicht sehen konnte, als sie die Fußgängerüberquerung betrat. Andererseits durfte sie ohne weitere, konkrete Anhaltspunkte (etwa sehr hohe Geschwindigkeit, starke Beschleunigung, erkennbare Zeichen des Abgelenktseins des Fahrers, etc.) darauf vertrauen, dass ein Linksabbieger nicht ohne ausreichende Vergewisserung einfach den Fußgängerübergang, noch dazu bei für die Fußgänger „grün“ zeigender Ampel, passieren würde. Ohne solche weiteren, konkreten Anhaltspunkte muss ein Fußgänger auch nicht etwa ständig, auch nach sicherem Betreten des Übergangs (nach den Feststellungen des DEKRA-Gutachtens ca. 2 m), sich nach allen Seiten vergewissern und entgegen dem auch für ihn geltenden Vertrauensgrundsatz stets vorsorglich anhalten, wenn sich ein Pkw oder Rad nähert. Dies würde ihn nicht zuletzt erst der Gefahr aussetzen, den Übergang noch während des Wechsels auf „rot“ benutzen zu müssen und hätte negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss. Hinzu kommt hier, dass aus Sicht der Klägerin die Pkw links von ihr bereits standen, sie also auch nicht mit sonstigen „Nachzüglern“ (vgl. BGH, a.a.O.) zu rechnen brauchte.
Nach den vom Senat gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen kann entgegen der Berufung auch keine Rede davon sein, dass die Klägerin sozusagen „blind“ in den bereits vor ihr befindlichen Lkw „gelaufen“ wäre. Dafür geben weder die Feststellungen des DEKRA-Gutachtens noch die Aussagen der Zeuginnen ausreichend belastbare Anhaltspunkte her. Die Klägerin ging, zumal in ihrem Vertrauen noch gestützt durch die links von ihr haltenden Pkw, nach ihrer eigenen Schilderung „ganz normal“ geradeaus über den Übergang. Soweit sie selbst einräumt, nicht nach rechts oder links geschaut zu haben, hat sich dies nicht unfallursächlich ausgewirkt, weil sie (vgl. oben) dies mangels anderer erkennbarer Umstände nur beim Betreten der Fahrbahn, nicht auch zwingend noch während des Überquerens, zu tun brauchte. Beim Betreten des Überwegs bestand aber – unstreitig – noch kein Grund vorsorglich von der Überquerung der Straße abzusehen. Zwar spricht die Zeugin R. (auf deren Aussage die Berufung maßgeblich abstellt) davon, dass nach ihrer Beobachtung die Klägerin eher „in“ den Lkw gelaufen sei, doch hat die Zeugin W., die eines der am Übergang haltenden Fahrzeuge steuerte, demgegenüber betont, dass die Klägerin den Überweg „ganz normal“ überquert hat. Genauere Angaben dazu, ob die Klägerin eher „in den Lkw gelaufen“ ist, vermochte sie nicht zu machen. Es gilt auch zu berücksichtigen, dass es sich insoweit eher um subjektiv geprägte „Eindrücke“ von Zeugen handelt als um wirklich belastbare, objektive Geschehensabläufe. Deshalb steht hier letztendlich nicht mit der gebotenen Sicherheit (§ 286 ZPO) fest, dass die Klägerin entgegen § 1 Abs. 2 StVO „blind“ in den Lkw gelaufen ist, ebenso wenig, dass (ohnehin nur eine Vermutung des Beklagten zu 1) die Klägerin im „Rücken“ des Beklagten zu 1 in den von diesem gesteuerten Lkw gelaufen ist, und auch nicht, dass sie rechtzeitig, d.h. bezogen auf einen konkreten Reaktionsaufforderungspunkt, leichterdings hätte stehen bleiben können und müssen. Dass die Klägerin durchweg mit gesenktem Blick die Fahrbahn überquert hätte, lässt sich aus der Beweisaufnahme ebenso wenig sicher herleiten. Jedenfalls gehen die an einem solchen unfallmitursächlichen Mitverschulden der Klägerin verbleibenden Zweifel aufgrund der Beweislastverteilung hier wie auch sonst bei Unfällen zwischen Fußgängern und Kfz zu Lasten der Beklagten. Ernsthaft möglich, insbesondere auch durchaus in Einklang mit der Schilderung des Beklagten zu 1 selbst, erscheint dem Senat nach allem, dass die Klägerin von dem Beklagten-Lkw „blind“ erfasst wurde ohne Möglichkeit rechtzeitig ausweichend zu reagieren.
Selbst wenn man, wie wohl letztlich auch das Landgericht, zugunsten der Beklagten von einem ausreichenden Nachweis eines kausalen Mitverschuldens der Klägerin ausgehen wollte, ergäbe sich – wiederum mit dem Landgericht – im Ergebnis der Abwägung hier eine alleinige Verantwortlichkeit der Beklagten. Ein – unterstellt – (allenfalls!) leichtes Mitverschulden des Fußgängers beim Überqueren der für ihn „grün“ zeigenden Fußgängerampel tritt jedenfalls hinter die schon wegen der Sichteinschränkungen (vgl. oben) deutlich erhöhte Betriebsgefahr des Lkw sowie das grobe Verschulden des Beklagten zu 1 (Verstoß gegen die Beachtung des Fußgängervorrangs, vgl. oben) vollständig zurück (vgl. auch KG, Urt. v. 9.4.1981 – 12 U 4629/80, VerkMitt. 1981, 75).
Der Senat rät deshalb dringend kostensparend zur Rücknahme der Berufung.