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Verkehrsunfall – Vorfahrtsverletzung des Einbiegenden – Anscheinsbeweis

Vorfahrtsregeln im Fokus: Wer trägt die Schuld am Unfall in der Konrad-Adenauer-Straße?

Bei der Analyse von Verkehrsunfällen im Straßenverkehr sind häufig Fragen der Vorfahrt und der korrekten Einordnung in den Verkehrsfluss zentral. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Anscheinsbeweis, der in bestimmten Situationen eine entscheidende Rolle spielen kann. Dieser Beweis kann insbesondere dann relevant werden, wenn ein Fahrzeug aus einer untergeordneten Straße auf eine bevorrechtigte Straße einbiegt. Das Versicherungsrecht bietet hierbei den Rahmen für die Klärung von Schadensersatzansprüchen, die aus solchen Unfällen resultieren. Es ist essentiell, sich bei solchen Fragestellungen an erfahrene Rechtsanwälte, wie beispielsweise die Rechtsanwälte Kotz, zu wenden, um eine fundierte rechtliche Einschätzung und Vertretung zu erhalten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 C 337/17   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Der Zeuge L. hat die Vorfahrt missachtet und ist daher für den Unfall verantwortlich. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Rechtsanwaltsgebühren.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verkehrsunfall an der Einmündung zur Konrad-Adenauer-Straße zwischen Klägerin und Beklagten.
  2. Zeuge L. hat an der Einmündung angehalten und den bevorrechtigten Verkehr beobachtet.
  3. Die Beklagte zu 2. hat einen verkehrswidrigen Spurwechsel vollzogen und kollidierte mit dem Fahrzeug der Klägerin.
  4. Zeuge L. hat das Vorfahrtsrecht der Beklagten zu 2. nicht verletzt.
  5. Die Klägerin fordert Schadensersatz und Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren.
  6. Das Gericht entschied, dass der Zeuge L. die Vorfahrt hätte gewähren müssen.
  7. Der Anscheinsbeweis spricht gegen den einbiegenden Verkehrsteilnehmer.
  8. Die besondere Gefährlichkeit des Einbiegens wurde in der Kollision realisiert, und der Zeuge L. hat den bevorrechtigten Verkehr nicht ausreichend beachtet.

Unfall an der Konrad-Adenauer-Straße: Was wirklich geschah

Ein Verkehrsunfall ereignete sich an der Einmündung zur Konrad-Adenauer-Straße, bei dem die Klägerin behauptete, dass der Zeuge L. an der Einmündung angehalten und den bevorrechtigten Verkehr beobachtet habe. Die rechte der beiden Fahrspuren der Konrad-Adenauer-Straße war frei, woraufhin er den Abbiegevorgang eingeleitet habe. Aufgrund von Warnbarken auf der rechten Seite der Straße konnte er jedoch nicht wie gewohnt abbiegen und musste anhalten, um andere Verkehrsteilnehmer vorbeifahren zu lassen. Die Beklagte zu 2. soll verkehrswidrig einen Spurwechsel vollzogen haben, der durch eine durchgezogene Linie untersagt war, und dabei das stehende Fahrzeug der Klägerin übersehen und kollidiert sein.

Rechtliche Auseinandersetzung: Wer hatte Vorfahrt?

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Frage, wer die Vorfahrt verletzt hat und wer für den entstandenen Schaden verantwortlich ist. Die Klägerin behauptet, dass der Zeuge L. das Vorfahrtsrecht der Beklagten zu 2. nicht verletzt habe und dass sie einen Anspruch auf Schadensersatz und Rechtsanwaltsgebühren habe. Die Beklagten argumentieren jedoch, dass der Zeuge L. die Vorfahrt der Beklagten zu 2. missachtet habe, indem er auf die Fahrbahn der Konrad-Adenauer-Straße eingefahren sei.

Entscheidung des Amtsgerichts Solingen

Das Amtsgericht Solingen entschied, dass die Klage abgewiesen wird. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den Anscheinsbeweis, der besagt, dass wenn ein Unfall in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang nach dem Einbiegen aus einer untergeordneten Straße auf die bevorrechtigte Straße passiert, der Beweis des ersten Anscheins gegen den einbiegenden Verkehrsteilnehmer spricht. Das Gericht fand, dass der Zeuge L. die Vorfahrt hätte gewähren müssen und dass die besondere Gefährlichkeit des Einbiegevorgangs in der Kollision realisiert wurde.

Konsequenzen und Bedeutung des Urteils

Zusätzlich wurde festgestellt, dass der Anscheinsbeweis nicht durch den Spurwechsel der Beklagten zu 2. erschüttert wurde. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Zeuge L. den bevorrechtigten Verkehr nicht ausreichend beachtet habe und daher für den Unfall verantwortlich sei. Die Auswirkungen dieses Urteils könnten weitreichend sein, insbesondere in Bezug auf die Interpretation des Anscheinsbeweises bei Verkehrsunfällen. Es unterstreicht die Bedeutung der Beachtung der Vorfahrtsregeln und die potenziellen rechtlichen Konsequenzen bei deren Missachtung. Das Fazit des Urteils ist, dass der Zeuge L. die Vorfahrt missachtet hat und daher für den Unfall verantwortlich ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Rechtsanwaltsgebühren. Das Urteil betont die Bedeutung der Einhaltung der Vorfahrtsregeln und die potenziellen rechtlichen Konsequenzen bei deren Missachtung.

Amtsgericht Solingen – Az.: 14 C 337/17 – Urteil vom 30.01.2018

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was besagt § 8 StVO in Bezug auf die Vorfahrt?

§ 8 der Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt die Vorfahrt an Kreuzungen und Einmündungen. Grundsätzlich gilt die Regel „rechts vor links„, das bedeutet, dass der Verkehrsteilnehmer, der von rechts kommt, Vorfahrt hat. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel:

1. Wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) .
2. Für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen.

In Kreisverkehren gilt eine besondere Regelung: Wenn an der Einmündung in einen Kreisverkehr das Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter dem Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angeordnet ist, hat der Verkehr auf der Kreisfahrbahn Vorfahrt. Bei der Einfahrt in einen solchen Kreisverkehr ist die Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers unzulässig.

Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden.


Das vorliegende Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich zwischen dem Fahrzeug der Klägerin, PKW Ford Focus, amtliches Kennzeichen SG, das im Unfallzeitpunkt von dem Zeugen L. gefahren wurde, und dem Fahrzeug der Beklagten zu 1., PKW VW Tiguan, amtliches Kennzeichen SG-, das im Zeitpunkt des Unfalls von der Beklagten zu 2. gefahren wurde und das bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversichert ist, am 14.09.2016 auf der Konrad-Adenauer-Straße ungefähr in Höhe des Einmündungsbereiches zur Klemens-Horn-Straße in Solingen ereignete. Die Konrad-Adenauer-Straße ist gegenüber der Klemens-Horn-Straße die bevorrechtigte Straße.

Der Zeuge L. befuhr mit dem klägerischen Fahrzeug die Klemens-Horn-Straße und beabsichtigte, von dieser nach rechts in die Konrad-Adenauer-Straße einzubiegen. Die Beklagte zu 2. befuhr die Konrad-Adenauer-Straße in Richtung Stadtmitte. Im Einmündungsbereich zur Klemens-Horn-Straße kam es zum Verkehrsunfall.

Aufgrund dieses Verkehrsunfalls entstand der Klägerin ein Schaden i.H.v. 1.725,00 €, der sich aus dem Wiederbeschaffungsaufwand i.H.v. 1.700,00 € und der Auslagenpauschale i.H.v. 25,00 € zusammensetzt.

Die Klägerin forderte die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 18.07.2017 zum Ausgleich des ihr entstandenen Schadens auf.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge L. habe zunächst an der Einmündung zur Konrad-Adenauer-Straße angehalten und den bevorrechtigten Verkehr beobachtet. Die rechte der beiden Fahrspuren der Konrad-Adenauer-Straße sei frei gewesen, woraufhin er den Abbiegevorgang eingeleitet habe. Da jedoch auf der rechten Seite der Konrad-Adenauer-Straße Warnbarken aufgestellt gewesen seien, habe er nicht wie gewohnt abbiegen können, sondern habe zunächst anhalten müssen, um die dortigen Verkehrsteilnehmer vorbeifahren zu lassen.

Die Beklagte zu 2. habe verkehrswidrig einen Spurwechsel vollzogen. Ein solcher sei durch eine durchgezogene Linie untersagt gewesen. Hierbei habe sie zudem das stehende Fahrzeug der Klägerin nicht beachtet und sei mit dem hinteren Rad und dem Kotflügel gegen das stehende Fahrzeug der Klägerin gefahren.

Der Zeuge L. habe das Vorfahrtsrecht der Beklagten zu 2. nicht verletzt. Denn es habe zwei Fahrbahnen Richtung Stadtmitte gegeben, die im Unfallbereich durch eine durchgezogene Linie voneinander getrennt gewesen sein. Der Zeuge Lindner habe sich demgemäß darauf verlassen dürfen, dass die Beklagte zu 2. keinen Spurwechsel vornehmen würde und habe daher weiterfahren und berechtigterweise davon ausgehen dürfen, dass er die Beklagte zu 2. weder gefährden noch beeinträchtigen würde.

Sie, die Klägerin, habe einen Anspruch auf Ausgleich des ihr entstanden Schadens und zudem einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie

a) 1.725,00 € nebst Zinsen mit 5 Punkten über dem Basissatz seit Klagezustellung sowie

b) außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 255,85 € nebst Zinsen mit 5 Punkten über dem Basissatz seit Klagezustellung

zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass sich der Verkehrsunfall ausschließlich aufgrund eines Verkehrsverstoßes des Zeugen L. ereignet habe. Denn dieser sei unter Missachtung der Vorfahrt der Beklagten zu 2. auf die Fahrbahn der Konrad-Adenauer-Straße eingefahren. Dies gelte umso mehr, da, was zwischen Parteien unstreitig ist, der Zeuge Lindner sein Fahrzeug auf der Hauptstraße bis zum Stillstand abgebremst habe, was für den nachfolgenden Verkehr in keiner Weise vorhersehbar gewesen sein. Er habe damit gegen die ihm aus § 8 StVO obliegenden Pflichten verstoßen.

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Mit Schriftsatz vom 12.01.2018 rügen die Beklagten die Aktivlegitimation der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 09.01.2018, Bl. 49 dA, durch Vernehmung des Zeugen L. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2018, Bl. 49 ff. dA, Bezug genommen.

Die Akte der Staatsanwaltschaft Wuppertal, Az. 923 JS-OWi 325/17 – 21 OWi 44/17, wurde beigezogen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist.

Denn die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner keinen Anspruch auf Zahlung von 1.725,00 € gemäß den §§ 17, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG.

Die grundsätzliche gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten für den Unfallschaden folgt aus den §§ 17, 18 StVG, 115 VVG, weil an dem Kfz der Klägerin beim Betrieb des von der Beklagten zu 2. gesteuerten Fahrzeugs, dessen Halter der Beklagte zu 1. ist und das bei der Beklagten zu 3. pflichtversichert ist, ein Schaden verursacht wurde.

Der Unfall hat sich jedoch auch beim Betrieb des Kfz der Klägerin ereignet, so dass diese selbst grundsätzlich für die Unfallfolgen einzustehen hat.

Gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG hängt der Umfang des von den Beklagten zu leistenden Schadensersatzes von den Umständen und insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist.

Die gemäß §§ 17 Abs. 1, 7, 18 StVG vorzunehmende Abwägung ergibt, dass der Zeuge L. den Unfall allein schuldhaft verursacht hat. Dies ist der Klägerin zuzurechnen, so dass die Klägerin keinerlei Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten hat.

Denn nach der Parteianhörung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass lediglich dem Zeugen L. ein Verschulden an der Unfallverursachung vorzuwerfen ist und das Verschulden so schwer wiegt, dass auch die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs dahinter vollumfänglich zurücktritt.

Dem Zeugen L. ist ein Verstoß gegen § 8 StVO vorzuwerfen. Denn die Beklagte zu 2. befuhr die gegenüber der Klemens-Horn-Straße bevorrechtigte Straße, so dass der Zeuge L. der Beklagten zu 2. die Vorfahrt hätte gewähren müssen.

Ereignet sich die Kollision in zeitlichem und räumlichen Zusammenhang nach dem Einbiegen aus einer untergeordneten Straße auf die bevorrechtigte Straße, spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den einbiegenden, die Vorfahrt missachten Verkehrsteilnehmer. Der Annahme eines solchen Anscheinsbeweis steht nicht entgegen, so wie es die Klägerin in der Klageschrift vorgetragen hat, dass der Zeuge L. gegebenenfalls schon aus der Klemens-Horn-Straße auf die Konrad-Adenauer-Straße aufgefahren ist und sich damit ebenfalls auf der bevorrechtigten Straße im Zeitpunkt der Kollision befunden hat. Denn die Wartepflicht des § 8 StVO StVO gilt nicht nur vor dem Abbiegevorgang aus der untergeordneten Straße, sondern die Verpflichtung besteht darüber hinaus bis zur vollständigen Einordnung des Wartepflichtigen auf die bevorrechtigte Straße, mithin bis dieser die auf der Vorfahrtstraße allgemein eingehaltene Geschwindigkeit erreicht hat bzw. sich bereits in stabiler Geradeausfahrt befunden hat. Bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrags gilt mithin die Pflicht des § 8 StVO weiter. Denn die Klägerin trägt vor, dass der Zeuge L. gerade noch nicht nach rechts auf die Konrad-Adenauer-Straße eingebogen war, sondern er auf der rechten Spur zum Stillstand gekommen ist, da er wegen aufgestellter Warnbarken den Rechtsabbiegevorgang gerade nicht durchführen konnte.

Der Anscheinsbeweis ist auch nicht dadurch erschüttert, dass die Beklagte zu 2. vor der Kollision die Fahrspur wechselte. Denn die Regelungen des § 7 Abs. 5 StVO gelten nur dem Schutz des gleichgerichteten fließenden Verkehrs, nicht aber des Gegenverkehrs oder des kreuzenden bzw. einmündenden Verkehr, so dass auch vorliegend die besondere Typizität des Unfallereignisses aufgrund Einbiegens aus einer untergeordneten Straße gegeben ist. Dass sich die besondere Gefährlichkeit des Einbiegevorgangs auf eine bevorrechtigte Straße in der vorliegenden Kollision realisiert hat, ergibt sich auch bei Zugrundelegung der Aussage des Zeugen L. Denn der Aussage lässt sich entnehmen, dass er den bevorrechtigten Verkehr gerade nicht in hinreichendem Maße beachtet hat. Denn auf ausdrückliche Nachfrage, nachdem der Zeuge erklärt hat, dass er niemanden von links hat kommen sehen, hat der Zeuge erklärt, dass er nicht mehr wisse, ob er auf den bevorrechtigten Verkehr geachtet habe, jedoch keiner da gewesen sei. Allein diese Aussage zugrundegelegt, wäre von einer Unachtsamkeit auszugehen im Hinblick darauf, dass der Zeuge L. die anderen Verkehrsteilnehmer, wie vorliegend die Beklagte zu 2., hätte sehen müssen. Auf weitere Nachfrage hat der Zeuge L. zwar dann erklärt, dass die von ihm wahrgenommenen anderen Verkehrsteilnehmer auf der anderen Spur gewesen sein. Jedoch ist, auch bei Zugrundelegung dieser Aussage, dem Zeugen L. Verschulden vorzuwerfen, da er, obwohl sich bevorrechtigter Verkehr, wenn auch auf der linken Fahrspur, genähert hat, auf die bevorrechtigte Straße aufgefahren ist.

Gegen die Beklagte zu 2. spricht hingegen kein Anscheinsbeweis, weder der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden noch ein Anscheinsbeweis wegen vollzogenen Spurwechsels. Denn dieser Anscheinsbeweis kann dann nicht zur Anwendung kommen, wenn das Auffahren bzw. der Spurwechsel im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Einbiegen aus einer untergeordneten Straße geschieht. Denn aufgrund der grundsätzlich gegebenen Vorfahrt ist die besondere Typizität des Auffahrunfalls nicht gegeben, da der Unfall auf eine Vorfahrtsverletzung des Einbiegenden zurückzuführen ist.

Soweit die Klägerin auf den von der Beklagten zu 2. vollzogenen Spurwechsel abstellt, führt ein solcher nicht zu einem Verschulden der Beklagten an der Unfallverursachung. Denn der Zeuge Lindner ist in den Schutzbereich des § 7 Abs. 5 StVO, der die Regelung enthält, dass ein Fahrstreifen nur gewechselt werden kann, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, nicht einbezogen. Denn das Vorfahrtsrecht der Beklagten zu 2. erstreckt sich über die gesamte Fahrbahnbreite. Da sich das Vorfahrtsrecht auf die gesamte Fahrbahn und nicht lediglich auf eine bestimmte Fahrspur bezieht, hätte der wartepflichtige Zeuge L. selbst dann die Vorfahrt der Beklagten zu 2. beachten müssen, wenn der Spurwechsel, wie von der Klägerin behauptet, verkehrswidrig erfolgt wäre.

Die Klägerin, die die Beweislast für ein Verschulden der Beklagten trägt, hat ein Verschulden der Beklagten nicht beweisen können. Daher ist allein von einem Verschulden des Zeugen L. auszugehen. Dieses Verschulden wiegt derart schwer, dass die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs hinter diesem vollumfänglich zurücktritt.

Denn dem Beklagtenfahrzeug ist keine erhöhte Betriebsgefahr aufgrund des Spurwechsels zuzurechnen. Denn es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte zu 2. den Spurwechsel nicht in verkehrswidriger Art und Weise vollzogen hat und damit hat sie kein gefahrerhöhendes Fahrmanöver vollzogen. Das Gericht bezieht sich diesbezüglich auf die in der Akte der Staatsanwaltschaft Wuppertal enthaltenen Lichtbilder, dort Bl. 35 dA. Auf diesen lässt sich erkennen, dass die durchgezogene Linie erst nach dem Einmündungsbereich der Klemens-Horn-Straße beginnt und somit ein Fahrspurwechsel hat durchgeführt werden dürfen.

Mangels bestehenden Hauptsacheanspruchs bestehen auch kein Zinsanspruch und kein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.725,00 EUR festgesetzt.

 

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