LG Cottbus – Az.: 1 O 124/15 – Urteil vom 01.08.2018
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.479,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.594,90 Euro seit dem 27. August 2015 bis zum 2. März 2016, aus 10.384,65 Euro seit dem 27. August 2015 sowie aus 7.094,36 Euro seit dem 17. Februar 2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 14 % und die Beklagte 86 % zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf 20.296,05 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung für die Belieferung mit Elektroenergie in Anspruch.
Am 5. Mai 2011 erreichte die Klägerin ein „Auftrag zur Lieferung von Strom für Mitglieder mit Privattarif“ mit dem Datum 30. April 2011. Darin heißt es anfänglich:
„1. Mitglied/Rechnungsadresse
Anrede Herr Titel Dr … Vorname ………… Nachnahme …………
Institution …………“.
Als „Abweichende Lieferadresse“ ist „…………..“ angegeben. Weiter wurde die E-Mail-Adresse des Geschäftsführers der Beklagten eingetragen sowie die Kontonummer der Beklagten.
In dem Formular heißt es ferner: „Einmal pro Jahr werden die Preise überprüft und Änderungen fristgerecht mitgeteilt.“ Außerdem wird der Auftrag „auf Grundlage der… sowie der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ erteilt.
Der Antrag ist unterschrieben mit „………“. Wegen des weiteren Inhalts des Antrags wird auf Blatt 4 der Gerichtsakte verwiesen.
Am 13. Mai 2011 überwies die Beklagte den Betrag für den Erwerb eines Anteilsscheins an der Klägerin in Höhe von 100,00 Euro zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr auf das Konto der Klägerin.
Die Klägerin belieferte das Objekt ………….., in dem die Beklagte eine Gastronomie betrieb, mit Elektroenergie.
Für den Zeitraum 1. Juli bis 1. August 2011 wurde von der Beklagten eine Abschlagzahlung in Höhe von 1.266,00 Euro geleistet.
In der Zeit vom 11. Oktober 2011 bis 30. Dezember 2013 stand das im Eigentum des Geschäftsführers der Beklagten stehende Grundstück, Grundbuch von ………. Blatt …., Gemarkung ………. Flur … Flurstück …, auf dem sich das Objekt „………..“ befindet, unter Zwangsverwaltung. Der Zwangsverwalter leistete Zahlungen an die Klägerin.
Am 1. Februar 2012 wurde an der Verbrauchsstelle …………., der Zähler mit der Zählernummer ……… gegen den Zähler mit der Nummer ……… ausgetauscht.
Mit Schreiben vom 10. August 2012 wandte sich die Beklagte durch ihren Geschäftsführer an die Stadtwerke ……….. und legte Widerspruch gegen eine Rechnung ein. Dabei teilte sie unter anderem Folgendes mit:
„Die Energiegenossenschaft ……….. hat ab 1. 7. 2011 Energie (Strom) geliefert und für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 10. Okt. 2011… eine Rechnung gestellt…“
Mit Schreiben an die Klägerin vom 3. September 2013 verwies der Zwangsverwalter darauf, dass der Zähler mit der Nr. ……… allein der Beklagten zuzuordnen sei.
Die Klägerin nahm seit dem 5. Mai 2011 Tarifanpassungen vor.
Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits sind die Lieferzeiträume vom 6. Oktober 2012 bis 28. Mai 2015.
Mit Rechnung vom 12. November 2013 rechnete die Klägerin den Verbrauchszeitraum vom 6. Oktober 2012 bis 26. September 2013 ab. Für den Verbrauch von 38.455 kWh ergab sich ein Zahlbetrag in Höhe von 10.492,23 Euro. Die Klägerin schrieb erhaltene Zahlungen in Höhe von 7.326,00 Euro sowie eine weitere Zahlung in Höhe von 1.087,58 Euro gut, so dass die Forderung aus dieser Rechnung noch 2.078,65 Euro beträgt.
Mit Verbrauchsrechnung vom 8. Juni 2015 berechnete die Klägerin der Beklagten den Jahresverbrauch für den Zeitraum 27. September 2013 bis 30. September 2014. Für 38.295 kWh Elektroenergie stellte sie der Beklagten den Betrag von 10.900,90 Euro in Rechnung.
Mit der Rechnung vom 4. August 2015 erfasste die Klägerin den Verbrauch in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis 28. Mai 2015 in Höhe von 24.950 kWh. Es ergibt sich ein Bruttobetrag in Höhe von 7.094,36 Euro. Der Zugang der Rechnung bei der Beklagten ist streitig.
Aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 21. Dezember 2015 – 3 O 157/15 – stand der Beklagten eine Forderung gegen die Klägerin in Höhe von 2.594,90 Euro zu. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 2. März 2016 erklärte die Klägerin die Aufrechnung mit der hier gegenständlichen Forderung.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die Rechnung vom 4. August 2015 zeitnah erhalten, und ferner, ihre Rechnungen enthielten keine Gewinnanteile.
Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.296,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. August 2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte erhebt im Hinblick auf den der Rechnung vom 12. November 2013 zuzuordnenden Betrag die Einrede der Verjährung.
Sie behauptet, nicht die Klägerin, sondern die …………GmbH als Grundversorgerin habe sie beliefert. Auch sei die Zählernummer ……… nicht die der …………
Dementsprechend sei zwischen den Parteien die Geltung von Vertragstarifen „Gemeinschaftsstrom 2013“ und „Gemeinschaftsstrom 2015“ nicht vereinbart worden.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch im Umfang des Ausspruchs aus Kaufvertrag gemäß §§ 433 Abs. 2 BGB, 343 ff. HGB zu.
Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist ein Vertrag über die Belieferung der Beklagten mit Elektroenergie zustande gekommen.
Das Angebot der Beklagten ist in dem Auftrag zur Lieferung von Strom vom 30. April 2011 zu sehen; die Annahme in der Lieferung von Elektroenergie durch die Klägerin.
Aus dem ausgefüllten Auftragsformular konnte die Klägerin entnehmen, dass sie Strom nicht an eine Privatperson ( ………. ……….), sondern ein Unternehmen liefern sollte. Dafür sprachen insbesondere die Angabe einer „Institution ……….“, die Angabe einer abweichenden Lieferadresse, nämlich „………..“ und der mitgeteilte Vorjahresverbrauch von „(kWh) 40000 HT 40000 NT“, der weit über dem durchschnittlichen Verbrauch eines Privathaushalts angesiedelt ist. Die Klägerin wollte zweifellos mit dem Handelnden abschließen. Darauf, wen sie für den Unternehmensträger hielt, kommt es nicht an (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 77. Aufl. § 164, Rn. 2).
Es spricht viel dafür, dass der Auftrag zur Lieferung von Strom vom Geschäftsführer der Beklagten selbst ausgefüllt und unterschrieben worden ist, obwohl dort ……….. „ ……….. ……….“ die Rede ist. Insbesondere ist in dem Auftrag nämlich die private E-Mail-Adresse des Geschäftsführers der Beklagten mitgeteilt worden, was unstreitig ist. Ferner wurde in das Auftragsformular die Kontonummer der Beklagten eingetragen, was ebenfalls unstreitig geblieben ist.
Jedenfalls aber hat die Beklagte den Geschäftsabschluss eines unbekannten Dritten im Sinne von § 177 Abs. 1 BGB genehmigt. Das folgt aus den von der Beklagten nicht bestrittenen Umständen, dass sie bei der Klägerin einen Genossenschaftsanteil im Nennwert von 100,00 Euro erworben und bereits am 13. Mai 2011 bezahlt sowie für den Zeitraum 1. Juli bis 1. August 2011 eine Abschlagzahlung geleistet hat. Ferner ist die Beklagte wie selbstverständlich ……….. Vertragsverhältnis mit der Klägerin ausgegangen, was sich aus dem Schreiben ihres Geschäftsführers vom 10. August 2012 an die Stadtwerke ………… erschließt. Dort wird ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin die Beklagte ab dem 1. Juli 2011 mit Energie (Strom) beliefert habe.
Zugleich ist anzunehmen, dass der Klägerin allerspätestens mit dem Schreiben vom 10. August 2012 die Beklagte als Vertragspartnerin bekannt geworden ist. Die Klägerin hat auch anschließend die Belieferung der Beklagten fortgesetzt.
Der Umstand, dass die Immobilie, Gemarkung ……. Flur … Flurstück …, zwischenzeitlich unter Zwangsverwaltung stand und in dieser Zeit Zahlungen auf Stromlieferungen von dem Zwangsverwalter vorgenommen worden sind, steht der erörterten Rechtslage nicht entgegen. Der Zwangsverwalter hat die Zahlungen, wie sich aus dem Schreiben vom 3. September 2013 ergibt, ganz offenbar in der irrtümlichen Annahme vorgenommen, die Klägerin habe den Allgemeinstrom abgerechnet, für den der Geschäftsführer der Beklagten als Grundstückseigentümer aufzukommen habe.
Soweit die Beklagte bestreitet, von der Klägerin im hier in Rede stehenden Zeitraum mit Elektroenergie beliefert worden zu sein, bleibt sie damit ungehört. Auch vor dem Hintergrund des erörterten Schreibens ihres Geschäftsführers vom 10. August 2012 ist das Bestreiten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unbeachtlich, weil es an der erforderlichen Substanz mangelt. Ihre Behauptung, sie sei von dem Unternehmen ………….GmbH mit Energie beliefert worden, ist durch nichts unterlegt. Weder hat die Beklagte Vertragsunterlagen noch irgendwelche Rechnungen vorgelegt.
Die Beklagte kann auch mit dem Vorbringen nicht durchdringen, die in den Rechnungen der Klägerin angegebene Zählernummer (………) sei ihr nicht zuzuordnen, denn die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Zähler mit der Nummer ……… im Verlauf der Geschäftsbeziehung mit der Beklagten ausgetauscht worden sei.
Die Menge der bezogenen Elektroenergie steht zwischen den Parteien außer Streit. Demzufolge ergibt sich für den Zahlungsanspruch der Klägerin zunächst Folgendes:
Lieferung 06.10.2012 – 26.09.2013: 38.455 kWh;
Summe brutto
./. Abschläge
./. weitere Zahlung
zusammen:
10.492,23 Euro
7.326,00 Euro
1.087,58 Euro
2.078,65 Euro
Lieferung 27.09.2013 – 30.09.2014 10.900,90 Euro
Lieferung 01.10.2014 – 28.05.2015: 24.950 kWh 7.094,36 Euro
Summe insgesamt 20.073,91 Euro
Die Klägerin durfte aufgrund des mit der Beklagten bestehenden Liefervertrages nach Vertragstarifen abrechnen. Die Auftragserteilung erfolgte auf der Grundlage der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. Diese hat die vertraglich ausbedungenen jährlichen Anpassungen vornehmen dürfen und – unstreitig – vorgenommen. Demgemäß kann es dahinstehen, ob die hier verlangten Entgelte Gewinnanteile enthalten oder nicht. Die Klägerin dürfte aber auch eher den tatsächlichen Verbrauch meinen.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Wegen des die soeben mitgeteilte Gesamtsumme übersteigenden Betrages in Höhe von 222,14 Euro ist die Klage unschlüssig geblieben.
Im Umfang eines weiteren Betrages in Höhe von 2.594,90 Euro ist Erfüllung durch Aufrechnung eingetreten, §§ 362 Abs. 1, 397 BGB. Die Klägerin hat mit der hier geltend gemachten Forderung durch Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 2. März 2016 gegen die Forderung der Beklagten aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 21. Dezember 2015 – 3 O 157/15 – die Aufrechnung erklärt. Das hat die Forderungen der Klägerin aus den Rechnungen vom 12. November 2013 ganz und vom 8. Juni 2015 teilweise zum Erlöschen gebracht. Auf die Frage, ob betreffend die Rechnung vom 12. November 2013 Verjährung eingetreten ist, kommt es hier nicht an. Die Forderungen der Klägerin und die Forderung der Beklagten haben sich nämlich in unverjährter Zeit gegenübergestanden, § 215 BGB. Die Forderung der Klägerin aus der Rechnung vom 12. November 2013 konnte nicht vor dem Ablauf des 31. Dezember 2016 verjähren, § 195 BGB. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin jedoch bereits die Aufrechnung erklärt.
Die Entscheidung über die zugesprochenen Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.