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Altersheimhaftung – Beschädigung eines Kraftfahrzeugs durch einen Heimbewohner

AG Brandenburg, Az: 31 C 106/13

Urteil vom 30.10.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf insgesamt 2.179,74 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Altersheimhaftung - Beschädigung eines Kraftfahrzeugs durch einen Heimbewohner
Symbolfoto: Robert Hoetink/Bigstock

Die Klägerin verlangt von der Beklagten – als Betreiberin des Seniorenheimes in …, Am … – Schadenersatz für ihren bei einem Unfall am 20.08.2012 vor dem Haupteingang des Seniorenheims beschädigten Pkw vom Typ vom Typ Corolla Verso 2.2 mit dem amtlichen Kennzeichen: … sowie den Ersatz der Wertminderung, die Zahlung einer Unkostenpauschale und die Erstattung der Sachverständigenkosten nebst Verzugszinsen vom Tag der Fälligkeit an.

Die dem Rechtsstreit nicht beigetretene Streitverkündete – Frau … – lebt aufgrund vertraglicher Vereinbarungen als Bewohnerin in dem von der Beklagten betriebenen Seniorenheim. Sie ist aufgrund eines Schlaganfalls mit Hemiparese (Halbseitenlähmung) gesundheitlich stark beeinträchtigt und kann nur noch einen Arm und ein Bein bewegen, so dass sie bereits zum damaligen Zeitpunkt grundsätzlich zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl (ohne Motor) angewiesen war und sich selbständig nur weniger Meter mit ihrem gesunden Fuß mit dem Rollstuhl abstoßen und fortbewegen konnte.

Am 20.08.2012 war die Streitverkündete in ihrem Rollstuhl vor dem Haupteingang dieses Seniorenheimes auf dem gepflasterten Außenbereich, der grundsätzlich nicht zum Abstellen von Kraftfahrzeugen vorgesehen ist.

Die Klägerin fuhr zu dieser Zeit ihren Pkw in diesen Bereich vor dem Haupteingang des Seniorenheimes und stellte ihn dort ab, um ihre Mutter – die dort ebenso wohnt – abzuholen.

In diesem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang rollte dann die Streitverkündete mit ihrem Rollstuhl gegen den Pkw der Klägerin. Zwar wurde die Streitverkündete hierdurch nicht verletzt, jedoch blieb zwischen den Parteien streitig, ob der Pkw der Klägerin durch den Rollstuhl – und wenn ja in welchem Umfang – beschädigt wurde.

Die Klägerin behauptet, dass sie ihr Fahrzeug vor dem Eingang der Seniorenresidenz abgestellt habe, um ihre Mutter aus dem Seniorenheim abzuholen. Als sie ihr Kraftfahrzeug verlassen wollte, sei ein Rollstuhl mit der Streitverkündeten vom Eingangsbereich weg auf ihr Kraftfahrzeug zugerollt und dann mit ihrem – klägerischen – Pkw kollidiert, wodurch dieser im Bereich des Stoßfängers auf der linken Seite und am Scheinwerfer beschädigt worden sei.

Diese Kollision habe sie selbst auch nicht mehr verhindern können, da sie erst durch ihren Ehemann – dem Zeugen … -, welcher schon ausgestiegen war, auf den Rollstuhl der Streitverkündeten hingewiesen worden sei.

Zu diesem Zeitpunkt des Wegrollens des Rollstuhls der Streitverkündeten habe sich aber ein Angestellter der Beklagten nicht vor Ort befunden, der sich um die Streitverkündete gekümmert hätte. Vielmehr habe sie dann die Streitverkündete mit dem Rollstuhl zurück zum Eingangsbereich des Hauses gebracht, wo nach kurzer Zeit eine Mitarbeiterin der Beklagten die Streitverkündete in Empfang genommen habe.

Insofern würde sie auch ausdrücklich bestreiten, dass sich in unmittelbarer Nähe des Unfallortes eine Betreuungskraft der Beklagten befunden habe. Als sie nämlich die Streitverkündete zum Eingangsbereich zurückgebracht habe, habe sich nur eine Mitarbeiterin der Beklagten im Fahrstuhl befunden, welche damit beschäftigt gewesen sei, den „Transfer“ der Rollstuhlfahrer durchzuführen. Zwar habe sich auch noch eine weitere Person, die für die Wäsche verantwortlich war, mit einer großen gefüllten Gitterbox vor dem Fahrstuhl befunden, jedoch habe diese zweite Person ihr gegenüber auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich die Pflegekraft gerade im Fahrstuhl befinden würde. Hierauf hin habe sie – die Klägerin – dann dieser Pflegekraft auch die Streitverkündete mit erklärenden Worten zu dem Unfall übergeben und diese Pflegekraft gebeten, nach Verletzungen bei der Streitverkündeten zu schauen.

Da die Pflegekraft sich somit im Fahrstuhl im Erdgeschoss des Hauses befunden habe, sei diese auch nicht in unmittelbarer Nähe der Streitverkündeten im Außenbereich des Objekts zum Zeitpunkt des Unfalls gewesen.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass sich dort zwei weitere Pflegekräfte befunden haben sollen, welche die Fachaufsicht für die Ebene im Erdgeschoss oblag, so würde sie dies im Übrigen mit Nichtwissen bestreiten.

Im Übrigen sei die Streitverkündete wohl auch auf Grund ihres Schlaganfalls nicht in der Lage gewesen, die Bremsen des Rollstuhls selbständig zu lösen. Insofern sei zwar grundsätzlich zu befürworten, wenn die Bewohner des Seniorenheimes aus ihrem Zimmer gebracht werden, um in Kontakt mit anderen Bewohnern treten zu können, jedoch müsse die Beklagte hierbei ihrer Meinung nach gewährleisten, dass die Bewohner des Seniorenheimes keine Gefahr für sich selbst oder Dritte darstellen.

Wenn die Streitverkündete somit von den Pflegern der Beklagten aus ihrem Zimmer in einem Rollstuhl herausgebracht wird, müsse die Beklagte somit auch dafür Sorge tragen, dass die Streitverkündete sich und andere Personen nicht durch ein wegrollen des Rollstuhles verletzen könne.

Soweit die Beklagte vortragen würde, dass der Unfall nur dahingehend hätte verhindert werden können, wenn ihre Mitarbeiter die Streitverkündete fortlaufend und ununterbrochen überwacht hätten, so sei dies ihrer – der Klägerin – Ansicht im Übrigen falsch. Vielmehr wäre hier ausreichend gewesen, den Rollstuhl mit der Streitverkündeten nur an einer Stelle abzustellen, die ohne jedes Gefälle vorhanden ist, wobei hierbei dann die Bremsen des Rollstuhls hätten angezogen werden müssen, da ansonsten ein Anstoßen ausgereicht hätte, um den Rollstuhl auf ebener Fläche in Bewegung zu setzen, ohne dass die Streitverkündete hiergegen etwas habe tun können.

Hierbei würde es sich aber um eine Maßnahme handeln, die ohne größeren Aufwand und ohne Weiteres für die Mitarbeiter der Beklagten realisierbar gewesen sei.

Die Mitarbeiter der Beklagten können aber wohl hier an diesem Tag die Bremsen des Rollstuhls nicht angezogen haben, da es in einem solchen Fall nicht zu dem Unfall gekommen wäre. Die Streitverkündete sei nämlich nicht dazu in der Lage gewesen, ihren Rollstuhl zu bewegen, wenn dieser mit den Bremsen festgestellt worden wäre. Die Streitverkündete sei nämlich nicht dazu in der Lage, die beiden Bremsen am Rollstuhl mit der einen gesunden Hand zu lösen und damit diesen Rollstuhl in Bewegung zu setzen.

Da sich der Rollstuhl der Streitverkündeten dann jedoch auf das klägerische Fahrzeug selbständig zubewegt habe, müsse dieser Rollstuhl wohl ohne angezogene Bremsen abgestellt worden sein.

Im Übrigen würde sie ausdrücklich bestreiten, dass die Streitverkündete vor dem Unfallereignis regelmäßig allein in ihrem Rollstuhl durch die Seniorenresidenz sich bewegt habe und dieses tagesformabhängig gewesen sei.

An ihrem Kraftfahrzeug sei durch diese Kollision des Rollstuhls ein Schaden in Höhe von 1.285,99 Euro netto entstanden, wobei darüber hinaus auch eine Wertminderung in Höhe von 100,00 Euro anzurechnen sei. Zur Ermittlung der Schadenshöhe habe sie zudem einen Sachverständigen mit der Einholung eines Gutachtens beauftragt, wodurch ihr Kosten in Höhe von 443,28 Euro in Rechnung gestellt worden seien. Diese Sachverständigenkosten habe sie auch bereits bezahlt.

Ihrer Ansicht nach würde die Beklagte als Betreiberin der Seniorenresidenz für den an ihrem Fahrzeug entstandenen Schaden haften.

Die Streitverkündete müsse nämlich ihrer Ansicht nach durch einen der Angestellten der Beklagten von ihrem Zimmer in der zweiten Etage zur dem Eingangsbereich der Seniorenresidenz gebracht worden sein. Dort sei die Streitverkündete dann jedoch mit ihrem Rollstuhl ohne Beaufsichtigung abgestellt worden, wobei der Rollstuhl wohl auch nicht gegen ein Wegrollen ordnungsgemäß abgesichert worden sei.

Die Vermeidung derartiger Unfälle würde jedoch ihrer Meinung nach gerade in der Aufsichtspflicht der Beklagten liegen, welcher die Beklagte ihrer Ansicht nach aber zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei.

Mit Schreiben vom 20.09.2012 sei die Beklagte dann von ihr auch aufgefordert worden, unter Fristsetzung bis zum 26.09.2012 den entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Versicherer der Beklagten habe dies dann jedoch mit Schreiben mit der Begründung abgelehnt, das eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch das Personal der Beklagten hier nicht vorliegen würde.

Im Übrigen habe sie hier auch ein Feststellungsinteresse hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 2.), da nach der noch durchzuführenden Vornahme der Reparatur ihres Pkws ihr dann auch die anfallende Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt werden würde. Darüber hinaus sei dann auch ein Nutzungsausfall für die Dauer der Reparatur ihres Kraftfahrzeuges durch die Beklagte zu ersetzen.

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Sie bestreitet zudem, dass sie ihr Kraftfahrzeug im Bereich der Feuerwehrzufahrt abgestellt habe. Des Weiteren habe sie ihr Kraftfahrzeug auch nicht geparkt, da zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Rollstuhl ihr Pkw lediglich angehalten habe, sie selbst aber noch nicht ausgestiegen gewesen sei. Das Anhalten ihres Pkws habe somit nur dazu gedient, ihrer Mutter einen weiten Weg zu ersparen.

Ihr Ehemann – der Zeuge… – habe darüber hinaus die Kollision nicht mehr verhindern können, da er sich auf der Beifahrerseite an der hinteren Fondtür ihres Pkws befunden habe. Um diese Kollision dann noch zu verhindern, hätte er somit von der hinteren rechten Fondtür um das Auto herum zu der vorderen linken Ecke laufen müssen. Vom Zeitpunkt des Erkennens, dass die Streitverkündete mit ihrem Rollstuhl auf den klägerischen Pkw zurollte bis zur Kollision sei dann aber die Zeit derart kurz gewesen, dass es auch ihrem Ehemann nicht mehr möglich gewesen sei, den Rollstuhl mit der Streitverkündeten rechtzeitig aufzuhalten.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.864,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 27.09.2012 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte ihr – der Klägerin – jeden weitergehenden Schaden als Zukunftsschäden aus dem vorliegenden Verkehrsunfall zu ersetzen hat

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von ihr – der Klägerin – eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 BGB seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen;

4. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie 229,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass sie zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin bestreiten würde. Die Klägerin habe nämlich ihrer Meinung nach nicht den Nachweis dafür erbracht, dass sie Eigentümerin des streitgegenständlichen Fahrzeuges sei.

Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin, dass sie das Fahrzeug vor dem Eingang der Seniorenresidenz abgestellt habe, zwar korrekt, jedoch müsse sie – die Beklagte – insoweit anmerken, dass sich vor dem Eingang der Bereich der Feuerwehrzufahrt befindet und damit dort ein Parkverbot bestehen würde. Dieser Bereich – in dem die Klägerin das Fahrzeug abgestellt habe – sei auch deutlich als Bereich der Feuerwehrzufahrt mittels entsprechender Beschilderung gekennzeichnet – Anlage B 1 (Blatt 92 der Akte) -. Auch würde insofern eine bereits zum 12.06.2007 ergangene Dienstanweisung bestehen – Anlage B 2 (Blatt 93 der Akte) -, die darauf hinweisen würde, dass das Parken auf den Feuerwehrzufahrten und – Sammelstellen verboten sei. Aus diesem Grunde habe die Klägerin ihren Pkw dort auch widerrechtlich abgestellt.

Mit Nichtwissen müsse sie zudem bestreiten, dass durch die Klägerin die Verursachung der angeblichen Schäden an dem Pkw nicht mehr hätten verhindert können, da die Klägerin erst durch ihren Ehemann auf den rollenden Rollstuhl der Streitverkündeten hingewiesen worden sei. Auch sei für sie gänzlich unerklärlich, aus welchen Gründen der Ehemann der Klägerin, der sich bereits nach den Angaben der Klägerin außerhalb des Fahrzeuges befunden habe, nicht verhindert hätte, dass dieser Rollstuhl mit dem klägerischen Fahrzeug kollidierte.

Die Behauptung der Klägerin, dass sich zu dem Zeitpunkt der Kollision ein Mitarbeiter von ihr – der Beklagten – nicht vor Ort befunden habe, sie zudem nicht zutreffend. Zutreffend sei vielmehr, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Betreuungskraft befunden hätte, welche gerade den Transfer mehrerer Bewohner vom Speiseraum zum Fahrstuhl im Erdgeschoss durchgeführt habe. Ferner hätten sich dort zwei weitere Pflegekräfte befunden, denen die Fachaufsicht für diese Ebene im Erdgeschoss oblag.

Im Übrigen würde es hier hinsichtlich einer Haftung ihrer Person an einer Aufsichtspflichtverletzung fehlen, welcher ihr gegenüber der Streitverkündeten oblegen hätte.

Ein besonderer Aufnahmevertrag, der sie zur besonderen Beaufsichtigung der Streitverkündeten verpflichtet hätte, sei mit der Streitverkündeten nämlich nicht abgeschlossen worden. Die allgemeinen vertraglichen Beziehungen, die mit einer solchen Aufnahme zustande gekommen sind, würden ihrer Meinung nach aber nicht ausreichen, um eine vertragliche Aufsichtspflicht zu begründen.

Auch aus der Unterwerfung unter die Heimordnung könne eine solche Übernahme der Aufsichtspflicht nicht gefolgert werden.

Aus der Art der hier streitgegenständlichen Senioreneinrichtung – welche keine geschlossene Einrichtung zur Unterbringung psychisch kranker Menschen sei – könne im Übrigen auch eine von der Beklagten über die Einhaltung der Hausordnung hinausgehende Aufsicht über die jeweiligen Heimbewohner nicht begründet werden.

Die allgemeine Rechtspflicht ihrer Person, Tätigkeiten und Handlungsabläufe so zu regeln, dass Schädigungen dritter Personen vermieden werden, sei vorliegend von ihr zudem auch nicht verletzt worden. Zwar würde die allgemeine Verkehrssicherungspflicht hier durch eine allgemeine Pflicht der Aufsicht ergänzt, die die für die Erfüllung verantwortlichen Personen anzuwenden haben, wenn sie die Ausführungen der Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Verkehrs Dritten überlassen, jedoch gelte diese allgemeine Aufsichtspflicht nicht unbeschränkt.

So sei insofern anerkannt, dass sich die Aufsichtspflicht nur auf ein schädigendes Verhalten des zu Betreuenden beziehen würde, welches aus dem Bereich dieses Betreuungsverhältnisses hervorgeht und von hier aus andere bedroht. Dies würde aber bedeuten, dass gewisse Aufsichtspflichten für sie nur dann bestanden hätten, wenn ihr – der Beklagten – bekannt gewesen wäre, dass von der Streitverkündeten gewisse Gefahren auf Außenstehende ausgehen können. Darunter würden aber nur solche Gefahren fallen, die ihren Ursprung gerade in dem Betreuungsverhältnis zu der Streitverkündeten hätten, wozu beispielsweise die Pflegebedürftigkeit gehören würde.

Vorliegend sei die Streitverkündete zwar pflegebedürftig und auch aus diesem Grunde Bewohnerin der Seniorenresidenz. Auch sei die Streitverkündete aufgrund des erlittenen Schlaganfalls in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt, jedoch sei allein deswegen eine Verkehrsgefährlichkeit der Streitverkündeten hier ausdrücklich zu verneinen, da diese Pflegebedürftigkeit hier eine Verkehrsgefährdung in diesem Sinne nicht erkennbar erscheinen lassen würde.

Der Unfall der Streitverkündeten würde dementsprechend hier nicht auf einer Pflichtverletzung ihrer Mitarbeiter beruhen. Die Streitverkündete würde sich vielmehr regelmäßig allein in ihrem Rollstuhl durch die Seniorenresidenz bewegen. Dies sei tagesformabhängig und würde im Durchschnitt ca. dreimal wöchentlich erfolgen.

Insofern würde sie auch ausdrücklich die Behauptung der Klägerin bestreiten, dass die Streitverkündete nicht in der Lage gewesen sei, sich selbständig mit dem Rollstuhl zu bewegen.

Im Übrigen könne die Klägerin wohl nicht ernsthaft behaupten, dass ihr – der Beklagten – anzulasten sei oder dies sogar eine Pflichtverletzung darstellen würde, dass sich die Streitverkündete am Unfalltag im Eingangsbereich befunden habe. Der bloße Aufenthalt der Streitverkündeten im Eingangsbereich des Erdgeschosses sei nämlich zulässig.

Wie sich im Übrigen hieraus ergeben würde, habe es für sie – die Beklagte – auch keinen Anlass gegeben, die Streitverkündete ununterbrochen zu beaufsichtigen oder unverzüglich nach Verbringen in das Erdgeschoss die Wegrollsicherung des Rollstuhls zu betätigen.

Eine Aufsichtspflichtverletzung ihrer Mitarbeiter sei angesichts der somit nur eingeschränkt bestehenden Aufsichtspflicht gegenüber der Streitverkündeten hier somit nicht gegeben, zumal die Streitverkündete vorliegend im Eingangsbereich des Erdgeschosses nur einige Zeit ohne eine eigens für sie anwesende Pflegekraft gewesen sei.

Mangels konkreter, von der Streitverkündeten ausgehender Gefahren habe es ihr – der Beklagten – auch nicht oblegen eine permanente Überwachung der Streitverkündeten zu organisieren. Damit habe auf ihrer Seite aber auch eine Aufsichtspflicht dergestalt, die Streitverkündete lückenlos zu beaufsichtigen, nicht bestanden.

Über dies wäre dies auch weder möglich noch zumutbar gewesen. Eine Verhinderung des Unfalls durch ihre – der Beklagten – Mitarbeiter wäre nämlich nur dadurch ggf. erreicht worden, dass die Streitverkündete während der Fortbewegung im Rollstuhl fortlaufend und ununterbrochen überwacht worden wäre. Eine solche Überwachung, sei es durch Kameras und/oder das Pflegepersonal hätte allerdings den Rahmen üblicher und mit einem vernünftigen personellen Einsatz realisierbarer Maßnahmen sowie auch die gesetzlich zusätzlichen Grenzen deutlich überschritten und sei somit als nicht zumutbar anzusehen.

Auch die Zuweisung eines Pflegers zur alleinigen Betreuung der Streitverkündeten während der gesamten Zeit, welche diese im Rollstuhl verbringt, würde die Anforderungen an den personellen Aufwand überschreiten, den sie hier vernünftigerweise erbringen müsse.

Die Eingangstür habe sie im Übrigen auch nicht verschließen können, da – unabhängig von der Frage der gesetzlichen Zulässigkeit – im Falle eines Brandes diese Tür als Fluchtausgang benutzt werden müsse.

Aufgrund der regelmäßig angespannten personellen Versorgung von Pflegeheimen würde das generelle Erfordernis, körperlich eingeschränkten Bewohnern – sofern sie wie die hiesige Streitverkündete noch die Möglichkeit zur freien Bewegung haben – durchgängig einen „Aufpasser“ zur Seite zu stellen, nur dazu führen, dass deren Eigenständigkeit – welche zu fördern gerade Ziel einer Seniorenresidenz sei – unterlassen werden müsste. Dies wiederum würde aber dem Auftrag widersprechen, dass die Selbständigkeit und die Selbstverantwortung der Bewohner ihrer Seniorenresidenz zu wahren und zu fördern sind, wobei bei Pflegebedürftigen eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde gewährleistet werden müsse und den Bewohnern des Seniorenheimes eine angemessene Lebensgestaltung zu ermöglichen sei.

Im Übrigen sei die Behauptung der Klägerin auch unrichtig und würde von ihr – der Beklagten – insofern bestritten, dass es der Streitverkündeten nicht möglich gewesen sein soll, eine Bremse des Rollstuhls selbständig zu lösen. Zutreffend sei vielmehr, dass die Streitverkündete den Rollstuhl stets mit dem rechten Bein vorwärts bewegen würde und mit diesem Bein auch zusätzlich zu der mit der rechten Hand vorgenommenen Handbremsung den Rollstuhl rechts gebremst habe. Ebenso sei es der Streitverkündeten auch möglich gewesen, mit der rechten Hand die Bremse des Rollstuhls zu lösen. Auch seien diese Bremsen nicht schwergängig.

Kernfrage sei hier aber nicht, ob die Bremsen des Rollstuhls angezogen waren oder nicht, sondern ob dies überhaupt erforderlich war bzw. ob ihre Mitarbeiter dafür sorgen mussten.

Selbst für den Fall, dass die Bremsen des Rollstuhls der Streitverkündeten nicht angezogen gewesen sein sollten, würde sich eine darauf resultierende Aufsichtspflichtverletzung auf ihrer Seite hier aber nicht begründen lassen. Die Streitverkündete sei nämlich bis zum Unfallereignis nicht stets durch eine von ihren – der Beklagten – Mitarbeitern betätigten Wegrollsicherung gesichert worden. Dies sei auch nicht erforderlich gewesen, da sich die Streitverkündete selbständig einige Meter fortbewegt habe und ansonsten genau daran durch ein feststellen der Bremsen gehindert worden wäre. Dies stünde aber im Übrigen genau dem bereits dargestellten und ihr – der Beklagten – obliegenden Auftrag entgegen, Selbstverantwortung und Selbständigkeit ihrer Heimbewohner zu fördern. Eine permanente Wegrollsicherung – die hier nicht erforderlich gewesen sei, weil sich die Streitverkündete in dem dargestellten Umfang selbständig bewegen und auch habe bremsen können – sei damit nicht zu vereinbaren, noch wäre dies rechtlich hier zulässig gewesen.

Eine längerfristige Hinderung an selbständiger Fortbewegung durch das Pflegepersonal sei nämlich angesichts der Tatsache, dass die Streitverkündete ihre, wenn auch eingeschränkte, Mobilität selbstbestimmt durchführen möchte und genau dieses auch soll, gesetzlich nicht tragbar.

So lange die Streitverkündete sich mit dieser Mobilität nicht aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen bzw. seelischen Störung in die Gefahr der Zufügung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens begeben würde, würde es für sie – die Beklagte – nach den gesetzlichen Maßstäben auch keinen Grund und ebenso kein Recht für eine in die zentralen Grundrecht der Streitverkündeten auf Freiheit und Selbstbestimmung eingreifende freiheitsentziehende Maßnahme bestehen.

Lediglich in dringenden Fällen würden nämlich die Bremsen der Rollstühle auf der linken Seite kurzfristig durch das Pflegepersonal angezogen. Ansonsten sei der Bremsvorgang aber durch die Streitverkündete selbständig rechts durchgeführt worden.

Diese Praxis habe sich auch bewährt, da es zuvor nicht vorgekommen sei, dass die Streitverkündete unkontrolliert weggerollt sei.

Für sie – die Beklagte – sei somit hier nicht ersichtlich, dass sich aus dem Umstand, dass von ihrer Seite die Bremsen gegebenenfalls nicht permanent bei dem Rollstuhl der Streitverkündeten angezogen sind, eine Gefahr dergestalt entwickeln könne, dass sich die Streitverkündete dann unkontrolliert fortbewegen würde. Mangels entsprechender Anhaltspunkte habe sie – die Beklagte – somit hier auch nicht entsprechende besondere Vorkehrungen treffen müssen. Die Mobilisierung der Streitverkündeten habe nämlich bis zum Unfallereignis problemlos funktioniert und es habe keinerlei Anzeichen für eine – wie auch immer geartete – Gefahr gegeben.

Aus diesem Grunde sei für sie hier auch nicht eine Pflicht erkennbar, unmittelbar nach dem Gelangen in das Erdgeschoss oder nach Verbringung dorthin, die Wegrollsicherung des Rollstuhls der Streitverkündeten stets und immer zu betätigen.

Außerdem würde allein der Umstand, dass die Bremsen des Rollstuhls nicht ständig angezogen sind, auch nicht dazu führen, dass sich dieser Rollstuhl in Bewegung setzen würde.

Zudem würde sie ausdrücklich bestreiten, dass der Rollstuhl der Streitverkündeten auf einem Gefälle abgestellt worden war.

Sofern eine permanente Betreuung und Beaufsichtigung aus gesundheitlichen und medizinischen Gründen somit – wie hier bei der Streitverkündeten – nicht notwendig sei, würde dies auch den Grundsätzen einer menschenwürdigen Unterbringung widersprechen.

Somit bleibe hier festzuhalten, dass die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der behaupteten Pflichtverletzung auf ihrer – der Beklagten – Seite vorliegend nicht geführt habe.

Vorliegend sei es im Übrigen um den normalen und alltäglichen Gefahrenbereich gegangen. Entscheidend bei der Beweislastumkehr sei aber, dass es dabei nur darum gehen könne, ob in der konkreten Unfallsituation eine Sicherungspflicht bestanden habe, die gerade die Schädigung ausschließen solle. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Eine Umkehr der Beweislast sei somit vorliegend ausgeschlossen, da sich die Streitverkündete im Unfallzeitpunkt nicht in einer konkreten Gefahrensituation befunden habe, welche wiederum eine gesteigerte Obhutspflicht auf ihrer – der Beklagten – Seite ausgelöst und im Schadensfall zu einer Umkehr der Beweislast geführt hätte.

Im Übrigen würde sie auch ausdrücklich bestreiten, dass die geltend gemachten Schäden überhaupt durch den Rollstuhl der Streitverkündeten verursacht worden sind. Das Schadensbild würde nämlich nicht zu der behaupteten Schadenverursachung passen, da sich die Beschädigungen an dem Fahrzeug in einer Höhe befinden, die nicht mit der Höhe des Rollstuhls in Einklang zu bringen sei.

Auch sei hier ein merkantiler Minderwert schon dem Grunde nach abzulehnen.

Der Feststellungsantrag zu Ziffer 2.) sei im Übrigen ebenso unbegründet, da der Klägerin schon ein Anspruch auf Ersatz der hier geltend gemachten Reparaturkosten nicht zustehen würde.

Das Gericht hat nach Maßgabe der Beweisbeschlüsse vom 10.12.2013, 16.05.2014 und 26.08.2014 Beweis erhoben. Hinsichtlich der uneidlich gebliebenen Aussagen der Zeugen H.-J. W., M. F., A. H., A. W., B. N., P. B., R. N. und I. S. wird auf den Inhalt der jeweiligen Sitzungsniederschriften verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf die unter Angabe der Blattzahl der Akte angeführten Schriftstücke ergänzend Bezug genommen. Zudem wird auf die zwischen den Prozessparteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird darüber hinaus auch auf die Sitzungsniederschriften und die richterlichen Hinweise Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 23 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 32 ZPO.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegenüber der hiesigen Beklagten nicht zu (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, §§ 276, 278, 280, 823, 831 BGB unter Beachtung der Grundsätze des StVG und der §§ 286 und 287 ZPO).

Hier kann schon das von den Beklagten bestrittene Vorbringen der Klägerin, dass der Rollstuhl der Streitverkündeten – Frau G. H. – den im Eigentum der Klägerin stehenden Pkw vom Typ Corolla Verso 2.2 mit dem amtlichen Kennzeichen: … am 20.08.2012 aufgrund einer Kollision beschädigt hat, nicht als richtig unterstellt werden, auch wenn die Klägerin ihre Eigentümerstellung an diesem Pkw nunmehr bewiesen hat.

Dies konnte nämlich hier sogar dahingestellt bleiben, da ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gegenüber der hiesigen Beklagten aus § 823 BGB selbst bei einer nachgewiesenen Kausalität nach Überzeugung des Gerichts nicht besteht.

Die Klägerseite hat hier nämlich schon nicht zu beweisen vermocht, dass der Unfall für die Klägerin im Sinne des StVG unabwendbar war. Anders als zur Verneinung eines schuldhaften Verkehrsverstoßes reicht es hier nämlich nicht aus, dass ein Kraftfahrer den gewöhnlichen Sorgfaltsanforderungen genügt hat. Denn unabwendbar in diesem Sinne ist nur ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht mehr abgewendet werden kann (BGH, BGHZ Band 117, Seiten 337 ff.; OLG Köln, NZV 1992, Seite 233; KG Berlin, VersR 1981, Seite 885; OLG Karlsruhe, VersR 1983, Seite 252; OLG Brandenburg, VRS Band 106, Seiten 18 ff.). Dazu gehört sachgemäßes geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus, gemessen am Verhalten eines „Idealfahrers“.

Zu dieser äußersten Sorgfalt eines Kraftfahrers gehört insbesondere die Berücksichtigung aller möglichen Gefahrenmomente (OLG Stuttgart, VersR 1983, Seite 252; OLG Brandenburg, VRS Band 106, Seiten 18 ff.). Erforderlich sind besonders sorgfältige Handlungen (OLG Oldenburg, VersR 1980, Seite 340; OLG Brandenburg, VRS Band 106, Seiten 18 ff.), wobei die Klägerin auch erhebliche fremde Fehler dritter Personen mit hätte berücksichtigen müssen (KG Berlin, Betrieb 1974, Seite 1569 OLG Brandenburg, VRS Band 106, Seiten 18 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 25.11.1996, Az.: 6 U 79/96, u. a. in: NJWE-VHR 1997, Seite 108).

Diesen Anforderungen hat die Klägerin aber hier nicht entsprochen, da sie ihren Pkw direkt vor dem Haupteingang des Seniorenheimes in der Feuerwehrzufahrt abgestellt hatte, obwohl ihr klar gewesen sein muss, dass gebrechliche, teilweise an Demenz und Alzheimer erkrankte und auch ansonsten teilweise behinderte alte Menschen dort ein und aus gehen wollen und auch evtl. die Feuerwehr dort einen Einsatz ausführen muss und hierbei dann – unbeabsichtigt – auch die älteren Heimbewohner oder die Feuerwehrleute ggf. gegen ihren Pkw geraten und diesen beschädigen können, so dass die allgemeine Betriebsgefahr des klägerischen Pkws hier der Klägerin schon mit 20% anzulasten wäre.

Das erkennende Gericht ist im vorliegenden Fall im Übrigen aber auch der Auffassung, dass die Klägerin der Beklagten zu Unrecht eine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorwirft.

Grundsätzlich ist die Klägerin nämlich auch dafür beweispflichtig, dass ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten zu dem Schaden geführt hat, das heißt, die Klägerin trägt die Beweislast für die Kausalität zwischen der behaupteten Pflichtverletzung der Beklagten und dem eingetretenen Schaden (OLG München, Beschluss vom 06.12.2010, Az.: 1 U 2858/10, u. a. in: „juris“), denn allein der Umstand, dass eine Heimbewohnerin im Bereich des Seniorenheims mit ihrem Rollstuhl gegen ein abgestelltes Kraftfahrzeug rollt, indiziert weder eine schuldhafte Pflichtverletzung des Pflegepersonals noch, dass der allgemeine Zustand des Außengeländes des Heimes ursächlich hierfür war (OLG München, Beschluss vom 06.12.2010, Az.: 1 U 2858/10, u. a. in: „juris“; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2010, Az.: I-24 U 16/10, u. a. in: PflR 2011, Seiten 25 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2008, Az.: I-24 U 45/07, u. a. in: OLG-Report 2009, Seiten 535 ff.; KG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: 12 U 145/06, u. a. in: KG-Report 2008, Seiten 505 f.; OLG Naumburg, Urteil vom 31.01.2007, Az.: 6 U 98/06, u. a. in: OLG-Report 2008, Seiten 200 f.; OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2005, Az.: 24 U 13/05, u. a. in: OLG-Report 2006, Seiten 569 f. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.05.2005, Az.: 14 U 168/04, u. a. in: OLG-Report 2005, Seiten 904 f.).

Da Mängel der Sicherung der Örtlichkeit durch die Beklagte – die sie ggf. haftbar machen würde (BGH, Urteil vom 12.12.2012, Az.: XII ZR 6/12, u. a. in: NJW-RR 2013, Seiten 333 ff.; OLG Koblenz, Beschluss vom 11.08.2014, Az.: 5 U 788/14, u. a. in: ArztR 2014, Seite 256) – hier nicht ersichtlich sind, insbesondere die Klägerin hier nicht den Nachweis dafür erbracht hat, dass das Gefälle im Außenbereich vor dem Haupteingang tatsächlich – entgegen den Standards für Pflegeeinrichtungen – mehr als 6% beträgt, ist eine diesbezügliche Pflichtverletzung der Beklagten hier auch nicht erwiesen. Vielmehr hat die Zeugin B… N… sogar ausgesagt, dass die ersten 10 Meter bis 15 Meter – d. h. wo die Feuerwehrzufahrt ist -, es draußen im Gelände relativ ebenerdig sei und erst danach, wenn man in Richtung zum Wiesengrund geht, es dann abschüssig wird. Dies sei aber erst 10 Meter bis 15 Meter vom Haus entfernt, mithin nicht in dem Bereich der Feuerwehrzufahrt, wo sich der hiesige Unfall ereignet hat.

Zwar geht es auch hinsichtlich der Frage der Geeignetheit eines Rollstuhls um Risiken aus dem Betrieb des Altenheims der Beklagten, die von der Beklagten und dem dort tätigen Personal voll beherrscht werden müssen (KG Berlin, Urteil vom 20.01.2005, Az.: 20 U 401/01, u. a. in: VersR 2006, Seiten 1366 ff.). Die Beklagte hat jedoch hier den Beweis erbracht, dass der für die Mobilisierung der Streitverkündeten vorgesehene Rollstuhl grundsätzlich dafür geeignet war, dass mit ihm auch eine unruhige Heimbewohnerin gefahrlos am selbstständigen wegrollen gehindert werden kann.

Ob der Rollstuhl für diesen Zweck geeignet war, betrifft zwar eine Frage der Gewähr einwandfreier Voraussetzungen für eine sachgemäße und gefahrlose pflegerische Betreuung. Die Zeugin P… B… hat insofern aber ausgesagt, dass an dem Rollstuhl der Streitverkündeten zwei Bremsen vorhanden sind und dass – wenn diese Bremsen angezogen sind – die Streitverkündete diese Bremsen nicht selbständig allein lösen könne, da sie dazu körperlich nicht in der Lage sei. Insoweit trägt sogar die Klägerseite hier mit Schreiben vom 08.07.2013 (Blatt 58 der Akte) vor, dass sich der Rollstuhl nur in Bewegung gesetzt haben kann, wenn die Bremsen nicht angezogen waren.

Wenn diese Bremsen bei diesem Rollstuhl angezogen sind, bewegt sich somit dieser Rollstuhl unstreitig auch nicht.

Zudem hat die Zeugin P… B… insofern auch ausgesagt, dass sich dieser Rollstuhl bei angezogenen Bremsen selbst dann nicht bewegt, wenn ein gewisses Gefälle vorhanden ist, so dass das Gericht hier dann aber auch davon ausgehen muss, dass der Rollstuhl der Streitverkündeten grundsätzlich geeignet war auch eine unruhige Bewohnerin am selbstständigen wegrollen zu hindern.

Zudem verpflichtet die Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich nur dazu die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (BGH, Urteil vom 15.07.2003, Az.: VI ZR 155/02, u. a. in: NJW-RR 2003, Seiten 1459 ff.; AG Ludwigshafen, Urteil vom 30.08.2012, Az.: 2k C 39/12). Der Verkehrssicherungspflichtige ist dabei aber nicht gehalten, für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind.

Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (BGH, Urteil vom 16.05.2006, Az.: VI ZR 189/05, u. a. in: NJW 2006, Seiten 2326 f.; BGH, Urteil vom 15.07.2003, Az.: VI ZR 155/02, u. a. in: NJW-RR 2003, Seiten 1459 ff.; AG Ludwigshafen, Urteil vom 30.08.2012, Az.: 2k C 39/12). Die Maßnahmen müssen nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sein, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH, NJW 1978, Seite 1629).

In dem Außenbereich direkt vor dem Haupteingang des Altenpflegeheims durften aber aufgrund der dortigen Feuerwehrzufahrt unstreitig Kraftfahrzeuge nicht geparkt werden. Im Übrigen befindet sich hier unweit des Haupteinganges auch ein gesonderter Parkplatz, wo auch der Pkw der Klägerin hätte abgestellt werden können, so dass vorliegend gerade nicht davon auszugehen ist, dass die Sicherung dieser Örtlichkeit vor dem Haupteingang durch die Beklagte mangelhaft war, da sie nicht verpflichtet war Kraftfahrzeuge von dritten Personen in diesem örtlichen Bereich vor dem Haupteingang vor Schäden zu bewahren. Allenfalls Fußgänger – und nicht Kraftfahrzeuge – sind hier nämlich in diesem örtlichen Bereich vor Schäden zu bewahren. Hier behauptet aber noch nicht einmal die Beklagtenseite selbst, dass etwaige Fußgänger der im Rollstuhl (ohne Motor) anrollenden Streitverkündeten nicht noch ohne weiteres hätten ausweichen können.

Aus diesem Grunde könnte sich eine Einstandspflicht der Beklagten hier nur daraus ergeben, dass man die Streitverkündete am 20.08.2012 einen gewissen Zeitraum unbegleitet vor dem Haupteingang des Seniorenheims in ihrem Rollstuhl beließ. Darin allein lag jedoch nach Überzeugung des Gerichts noch kein Fehlverhalten der Mitarbeiter der Beklagten.

Freilich konnte sich die Streitverkündete entsprechend der Aussage der Zeugin P… B… etwas mit dem rechten – d. h. dem gesunden – Bein abstoßen mit dem Rollstuhl. Auch hat die Zeugin A… W… ausgesagt, dass die Streitverkündete sich mit ihrem gesunden Fuß mit dem Rollstuhl wegschieben konnte und hat der Zeuge A… H… bekundet, dass seine Frau damals manchmal auch ein paar Meter mit dem Rollstuhl vorwärts gekommen sei, da sie sich mit einem Bein abstoßen konnte dann ein paar Meter mit dem Rollstuhl gerollt sei.

Dessen ungeachtet fehlt es hier aber an einer Verletzung der Pflichten, die der Heimleitung und dem Pflegepersonal oblagen. Bei einem Heimvertrag, wie er mit der Aufnahme der Streitverkündeten zustande kam, werden zwar grundsätzlich auch Obhutspflichten und inhaltsgleiche allgemeine Verkehrssicherungspflichten begründet. Dies zunächst vor allem aber zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Heimbewohner, welche so vor Schädigungen geschützt werden sollen (BGH, Urteil vom 28.04.2005, Az.: III ZR 399/04, u. a. in: NJW 2005, Seiten 1937 ff.; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2013, Az.: 3 U 240/13, u. a. in: NJW-RR 2014, Seiten 458 ff.; OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2012, Az.: I-24 U 78/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 716 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2011, Az.: I-19 U 86/11, u. a. in: MDR 2012, Seiten 153 f.; OLG Köln, Beschluss vom 05.05.2010, Az.: I-5 W 10/10, u. a. in: MedR 2011, Seiten 290 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2010, Az.: I-24 U 141/09, u. a. in: NJW-RR 2010, Seiten 1533 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: I-24 U 166/07, u. a. in: VersR 2008, Seiten 1079 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2006, I-8 U 163/04, u. a. in: GesR 2006, Seiten 214 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2005, Az.: 24 U 13/05, u. a. in: OLG-Report 2006, Seiten 569 ff.; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, Seiten 867 ff.).

Daneben soll diese Pflicht zwar grundsätzlich auch Dritte vor Schäden bewahren, die ggf. durch die Heimbewohner verursacht werden könnten, jedoch ist diese Pflicht immer beschränkt auf das Erforderliche und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare (OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2013, Az.: 3 U 240/13, u. a. in: NJW-RR 2014, Seiten 458 ff.).

Neben der Sicherung des Pflegestandards und einer dem korrespondierenden Qualität des Wohnens und der Betreuung ist Ziel der Pflege zugleich auch die Wahrung der Würde, der Verantwortung und die Förderung der Selbstständigkeit der Heimbewohner (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz). Welchen konkreten Inhalt die Verpflichtung hat, einerseits die Menschenwürde und das Freiheitsrecht eines älteren, ggf. kranken und auf fremde Hilfe angewiesenen, in einem Heim untergebrachten Menschen zu achten und andererseits sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit sowie das Leben und das Eigentum dritter Personen zu schützen, entzieht sich nach der Rechtsprechung schematischer Betrachtung und entscheidet sich auf Grund sorgfältiger Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BGH, Urteil vom 28.04.2005, Az.: III ZR 399/04, u. a. in: NJW 2005, Seiten 1937 ff.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.01.2008, Az.: 4 U 318/07, u. a. in: FamRZ 2008, Seiten 2197 ff.).

Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass beim Wohnen in einem Heim die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen und die Selbständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und zu fördern sind. Denn die Beklagte schuldet die Erbringung ihrer pflegerischen Leistung unter Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse des jeweiligen Heimbewohners vor vermeidbaren Beeinträchtigungen, wozu die Förderung der Selbständigkeit und der Mobilität des Heimbewohners im jeweils angemessenen Maße gehört (BGH, Urteil vom 28.04.2005, Az.: III ZR 399/04, u. a. in: NJW 2005, Seiten 1937 ff.; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2013, Az.: 3 U 240/13, u. a. in: NJW-RR 2014, Seiten 458 ff.; OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.; Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2012, Az.: I-24 U 78/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 716 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2011, Az.: I-19 U 86/11, u. a. in: MDR 2012, Seiten 153 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2010, Az.: I-24 U 16/10, u. a. in: GesR 2010, Seiten 689 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2010, Az.: I-24 U 141/09, u. a. in: NJW-RR 2010, Seiten 1533 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2008, Az.: I-24 U 165/07, u. a. in: BtPrax 2009, Seiten 250 ff.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.01.2008, Az.: 4 U 318/07, u. a. in: FamRZ 2008, Seiten 2197 ff. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.05.2005, Az.: 14 U 168/04, u. a. in: OLG-Report 2005, Seiten 904 f.; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, Seiten 867 ff.).

Andererseits schließt es aber auch ein zunächst pflegerisch beherrschbarer Zustand des jeweiligen Heimbewohners nicht aus, dass sich dieser ggf. zu einer konkreten Gefahrenlage zuspitzt, in welcher gesteigerte Obhutspflichten bestehen, die eine vorbeugende und sichernde Reaktion des pflegerischen Personals erfordern (OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2012, Az.: I-24 U 78/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 716 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2011, Az.: I-19 U 86/11, u. a. in: MDR 2012, Seiten 153 f.; OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2005, Az.: 24 U 13/05, u. a. in: OLG-Report 2006, Seiten 569 f.; KG Berlin, Urteil vom 20.01.2005, Az.: 20 U 401/01, u. a. in: VersR 2006, Seiten 1366 ff.).

Welchen konkreten Inhalt die Verpflichtung hat, einerseits die Menschenwürde und das Freiheitsrecht eines alten und kranken Menschen zu achten und andererseits sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit sowie das Leben und die körperliche Unversehrtheit sowie das Eigentum Dritter zu schützen, kann nicht generell, sondern nur aufgrund einer sorgfältigen Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden. Dabei verbleibt hinsichtlich der zu treffenden Entscheidungen sowohl für das Pflegepersonal eines Altenheims, als auch für Betreuer, Vorsorgebevollmächtigte und Familienangehörige häufig ein erheblicher Beurteilungsspielraum.

Wird aber eine Entscheidung im Rahmen des Vertretbaren getroffen, kann sie dann nicht im Nachhinein mit dem Stempel der Pflichtwidrigkeit versehen werden, wenn es zu einem Unfall kommt, den sicher jeder Heimträger und sein Pflegepersonal vermeiden möchten (OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2013, Az.: 3 U 240/13, u. a. in: NJW-RR 2014, Seiten 458 ff.; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, Seiten 867 ff.).

Umfang und Ausmaß der dem Altersheim obliegenden Pflege und Betreuung richten sich in erster Linie nach dem Gesundheitszustand des jeweiligen Heimbewohners. Für die konkrete Ausprägung dieser Pflicht ist es maßgebend, ob im Einzelfall wegen der Verfassung dieses Heimbewohners aus der Sicht ex ante damit gerechnet werden musste, dass der Heimbewohner ohne eine besondere Sicherung dritte Personen oder sich selbst schädigen würde (OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.).

Für die Feststellung, ob der Heimbewohner eine Gefahr für sich selbst und/oder für dritte Personen darstellt, welche eine besondere Sicherungspflicht auslöst, kommt es somit stets auf die konkrete Verfassung des Heimbewohners an, namentlich: auf seinen Gesundheitszustand, seine körperliche, seelische und geistige Verfassung vor dem jeweiligen Ereignis. Diese Frage kann aber nicht allgemein und abstrakt, sondern nur in einer gebotenen Einzelfallabwägung beantwortet werden (OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.).

Daraus folgt rechtlich die Unterscheidung zwischen zwei Bereichen: Der normale, alltägliche Gefahrenbereich im Heim fällt grundsätzlich in die Risikosphäre des Bewohners; in einer konkreten Gefahrensituation des Heimbewohners hingegen, die gesteigerte Obhutspflichten auslöste und deren Beherrschung gerade einer speziell dafür eingesetzten Pflegekraft anvertraut war; greift ggf. eine Beweislastumkehr ein (BGH, Urteil vom 28.04.2005, Az.: III ZR 399/04, u. a. in: NJW 2005, Seiten 1937 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2011, Az.: I-19 U 86/11, u. a. in: MDR 2012, Seiten 153 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2008, Az.: I-24 U 45/07, u. a. in: OLG-Report 2009, Seiten 535 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2005, Az.: 24 U 13/05, u. a. in: OLG-Report 2006, Seiten 569 f.).

Der Schaden der Klägerin ist hier insofern aber nach Überzeugung des Gerichts noch im „normalen“, alltäglichen Gefahrenbereich verursacht worden, da sich das Unfallereignis auf der Freifläche direkt vor dem Haupteingang des Seniorenheims – und damit in dem vom Heimträger voll beherrschten Gefahrenbereich – ereignete. Ein kurzes Hinausgehen vor der Tür um die frische Luft zu genießen, ggf. eine Zigarette zu rauchen oder nur um die Natur zu genießen sowie Spazierfahrten mit dem Rollstuhl im Freien gehören nämlich wohl grundsätzlich zum normalen Alltagsgeschehen von Heimbewohnern.

Auch hier war es nicht so, dass die Streitverkündete in diesem begrenzten Außenbereich des Altenheimes vor dem Haupteingang einer besonderen Betreuung und Fürsorge bedurfte, da dieser Bereich grundsätzlich für Kraftfahrzeuge nicht vorgesehen ist. Auf einer von Kraftfahrzeugen befahrenen Straße oder einem Parkplatz wäre dies zwar ggf. anders zu bewerten, da in einer solchen – hier aber nicht gegebenen – Situation die Mitarbeiter der Beklagten eine gesteigerte, erfolgsbezogene Obhutspflicht getroffen hätte (Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2012, Az.: I-24 U 78/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 716 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2008, Az.: I-24 U 165/07, u. a. in: BtPrax 2009, Seiten 250 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2005, Az.: 24 U 13/05, u. a. in: OLG-Report 2006, Seiten 569 f.).

Dieser Fall liegt hier aber gerade nicht vor, da dieser Außenbereich vor dem Haupteingang des Seniorenheimes den Fußgängern vorbehalten ist und Kraftfahrzeuge dort grundsätzlich nicht in der Feuerwehrzufahrt vor dem Haupteingang sein dürfen.

Entscheidend ist hierbei auch, ob es schon vor diesem Ereignis konkrete Hinweise auf eine Gefährdung Dritter und/oder der Streitverkündeten gab, wenn die Streitverkündete sich in diesem Außenbereich des Seniorenheims vor dem Haupteingang aufhielt.

Die Zeugin A… W… hat insofern aber ausgesagt, dass ihr vor dem Zeitpunkt des hiesigen Unfalls kein Vorkommnis dergestalt bekannt wurden, dass die Streitverkündete mit ihrem Rollstuhl irgendwo gegengestoßen sei und einen Schaden verursacht habe. Zudem schätzte die Zeugin W… ein, dass im August 2012 bei der Streitverkündeten eine Pflegekraft oder eine andere Person nicht immer dabei sein mussten, wenn sie mit dem Rollstuhl unterwegs war, zumal die Streitverkündete meist nicht sehr weit mit ihrem Rollstuhl kam, da sie nur kurze Strecken – ca. 5 Meter – selbständig fahren konnte.

Der Zeuge A… H… hat zudem ausgesagt, dass seine Frau – die Streitverkündete – damals meist nur im Kreis mit ihrem Rollstuhl fahren konnte und sie nur manchmal auch ein zwei bis drei Meter vorwärts gekommen sei mit dem Rollstuhl. Im Übrigen sei er aber im Sommer 2012 mit seiner Frau auch öfters rausgefahren mit dem Rollstuhl.

Die Zeugin B… D… N… hat insoweit im Übrigen bekundet, dass sich die Streitverkündete zwar mit dem Rollstuhl teilweise bewegen konnte, jedoch habe dies von ihrer jeweiligen Tagesform abgehangen und sei sie nicht mehr als 10 Meter bis 15 Meter mit dem Rollstuhl damals gerollt. Wenn sie aber mit ihr spazieren gingen, seien immer Betreuungskräfte mit dabei gewesen, so dass die Streitverkündete also z.B. nicht alleine mit dem Rollstuhl in den Park gefahren sei, jedoch sei die Streitverkündete durchaus damals noch in der Lage gewesen sich allein in dem Haus des Seniorenwohnheims mit ihrem Rollstuhl ein paar Meter zu bewegen.

Die Zeugin P… B… hat zudem ausgesagt, dass schon vor dem hiesigen Ereignis vom 20.08.2012 sich die Streitverkündete mit ihrem Rollstuhl nur abstoßen konnte aber nicht richtig fortbewegen. Zwar sei die Streitverkündete nicht im Park draußen allein umhergefahren, jedoch im Haus selbst schon. Auch habe sich die Streitverkündete damals noch artikulieren können, d. h. sie habe – wenn irgendetwas war – nach der Schwester gerufen oder „Hallo“ gerufen. Im Übrigen sei der gesunde Fuß der Streitverkündeten von dem Pflegepersonal nicht auf die Fußstütze des Rollstuhls gesetzt wurde, damit die Streitverkündete noch Fußkontakt zum Boden habe. Nur der gelähmte Fuß der Streitverkündeten sei somit auf die Fußstütze des Rollstuhls damals von dem Pflegepersonal gesetzt worden. Dessen ungeachtet hätte die Streitverkündete aber damals schon nicht die kurze Strecke vom Speisesaal bis zum Fahrstuhl alleine mit ihrem Rollstuhl fahren können, da diese Strecke einfach für sie zu weit gewesen sei.

Das erkennende Gericht ist hier aber unter Zugrundelegung dessen nach einzelfallbezogener Abwägung der aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ersichtlichen Umständen zu der Auffassung gelangt, dass es vorliegend insofern keine hinreichenden Gefahrenanzeichen für eine akute Gefahr für ein wegrollen der Streitverkündeten mit ihrem Rollstuhl im Außengelände über mehrere Meter hinweg gab, die die Mitarbeiter der Beklagten hätte Anlass geben müssen, weitere Maßnahmen zur Überwachung und Sicherung der Streitverkündeten selbst zu ergreifen (OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.).

Von diesen Grundsätzen ausgehend ist hier nämlich entscheidend, dass das vorherige Verhalten der Streitverkündeten als Bewohnerin dieses Seniorenheims dem Personal der Beklagten nicht den Eindruck vermittelt hat, dass dieses Verhalten für eine abstrakte oder konkrete Gefährdung dritter Personen einen akuten Anhalt gab, welcher für die Notwendigkeit einer engmaschigen Überwachung gesprochen hätte (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.12.2013, Az.: 5 U 1030/13, u. a. in: „juris“).

Insoweit gab es hier also nur ein sehr geringes Risiko, welches dann aber auch eine von der Klägerin erhobene Forderung nach einer ständigen Überwachung der Streitverkündeten nicht rechtfertigen konnte (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.08.2014, Az.: 5 U 788/14, u. a. in: ArztR 2014, Seite 256; OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 488/11, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 1419 f.).

Gegen eine akute Gefahrenlage sprach zudem, dass es unstreitig zuvor auch nicht zu schadensträchtigen Vorfällen gekommen war, die die Streitverkündete verursacht hätte. Auch dass die Streitverkündete hier eine Tendenz zum wegrollen mit ihrem Rollstuhl über eine längere Wegstrecke gezeigt hätte (vgl. hierzu: OLG Jena, Urteil vom 23.03.2011, Az.: 2 U 567/10, u. a. in: PflR 2011, Seiten 302 ff.) ist vorliegend nicht ersichtlich, so dass die Mitarbeiter der Beklagten auch insofern hier nicht verpflichtet waren weitere Maßnahmen gegen ein Wegrollen der Streitverkündeten zu treffen, zumal der Bereich vor dem Haupteingang ebenerdig ist und grundsätzlich nicht von Kraftfahrzeugen befahren werden darf. Angesichts dessen war es vielmehr wohl vertretbar, dass man davon absah, die Streitverkündete ständig im Außenbereich vor dem Haupteingang des Seniorenheims zu überwachen.

Das war – unter Abwägung einerseits der Gebote einer Schadensprävention und andererseits der persönlichen Würde und Freiheit der Streitverkündeten – hier noch situationsangemessen, zumal es während des gesamten Aufenthaltes der Streitverkündeten im Seniorenheim nach den Aussagen der o. g. Zeugen keine derartigen Probleme mit der Streitverkündeten zuvor gegeben hatte.

Insofern war es zu diesem Zeitpunkt für die Pflegekräfte der Beklagten also noch nicht ersichtlich, dass die Streitverkündete versuchen würde mit ihrem Rollstuhl wegzurollen und sich somit selbst bzw. Dritte in Gefahr bringen könnte (OLG Köln, Beschluss vom 05.05.2010, Az.: I-5 W 10/10, u. a. in: MedR 2011, Seiten 290 f.).

Im Streitfall kommt es somit entscheidend darauf an, ob es unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Streitverkündeten zum Zeitpunkt des Unfalls vertretbar erschien, ihren noch vorhandenen Bewegungsdrang in der Weise ausleben zu lassen, dass sie sich mit dem Rollstuhl im Seniorenheim und dem Freigelände direkt vor dem Haupteingang zumindest für ein paar Minuten ohne Aufsicht frei bewegte, oder ob sich die Streitverkündete beim unbeaufsichtigten Aufenthalt für ein paar Minuten vor dem Haupteingang des Seniorenheimes für die Beklagte und deren Mitarbeiter erkennbar in einer konkreten Gefahrenlage befunden hat, die gesteigerte Obhutspflichten auslöste.

Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, ob die Streitverkündete trotz ihrer halbseitigen Lähmung noch in der Lage war, sich im Freigelände direkt vor dem Haupteingang ohne fremde Hilfe im Rollstuhl zumindest ein paar Minuten aufzuhalten, und wie gefährlich die Fläche vor dem Haupteingang des Seniorenheimes war (OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.01.2008, Az.: 4 U 318/07, u. a. in: FamRZ 2008, Seiten 2197 ff. = BtPrax 2008, Seiten 133 ff.).

Entsprechend den Aussagen der o.g. Zeugen war es aber nach Überzeugung des Gerichts durchaus vertretbar, dass die Streitverkündete für wenige Minuten vor dem Haupteingang des Seniorenheims auf ebener Fläche in einem Bereich, der grundsätzlich nicht mit Kraftfahrzeugen befahren werden darf, ohne eine ständige Beaufsichtigung in ihrem Rollstuhl zu belassen.

Nach dem Zustand, wie er sich anhand der Aussagen der vernommenen Zeugen ergibt, war der Streitverkündeten das von ihr in Anspruch genommene Recht (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG), sich in dem Heim und dem mit dem Rollstuhl zugänglichen Außenbereich des Heimes einige Minuten aufzuhalten, nämlich zu belassen. Auch wenn das Pflegepersonal um die Gewohnheit der Streitverkündeten wusste, sich mit einem Fuß abzustoßen und so mit dem Rollstuhl einige Meter zu rollen bestand hier doch für diese kurze Zeitspanne keine konkrete Gefahrensituation, die gesteigerte Obhutspflichten auslöste und in der eine besondere Überwachung durch das Pflegepersonal erforderlich war (OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.01.2008, Az.: 4 U 318/07, u. a. in: FamRZ 2008, Seiten 2197 ff. = BtPrax 2008, Seiten 133 ff.).

Deshalb konnten die Mitarbeiter der Beklagten es hier auch nach Überzeugung des erkennenden Gerichts für vertretbar erachten, die Streitverkündete einige Minuten vor dem Haupteingang des Seniorenheimes ohne ständige Aufsicht zu lassen (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.08.2014, Az.: 5 U 788/14, u. a. in: ArztR 2014, Seite 256), zumal letztlich auch eine Kontrolle in geringen Zeitabständen – wenn überhaupt möglich und zumutbar in einem „normalen“ Altersheim – letztlich wohl auch nicht geeignet gewesen wäre, hier noch zu verhindern, dass die Streitverkündete in einem unbewachten Augenblick plötzlich mit ihrem Rollstuhl los gerollt wäre (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.12.2013, Az.: 5 U 1030/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2010, Az.: I-24 U 141/09, u. a. in: NJW-RR 2010, Seiten 1533 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2008, Az.: I-24 U 45/07, u. a. in: OLG-Report 2009, Seiten 535 ff.; OLG München, MedR 1998, Seite 366).

Wie die Klägerseite nämlich selbst vorträgt, hat sich der Unfall innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums zugetragen, so dass dieser Unfall nur dann – wenn überhaupt – noch hätte verhindert werden können, wenn die Streitverkündete entweder ständig, gleichsam ununterbrochen beaufsichtigt oder wenn sie vollständig mit dem Rollstuhl fixiert worden wäre. Weder die eine noch die andere Maßnahme wäre mit Blick auf die der Beklagten erkennbaren Risiken sowie der Interessen und Bedürfnisse der Streitverkündeten, ihre Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zu wahren und zu fördern, aber hier verhältnismäßig gewesen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2008, Az.: I-24 U 45/07, u. a. in: OLG-Report 2009, Seiten 535 ff.).

Insoweit ist in der herrschenden Rechtsprechung aber anerkannt, dass im Pflege- und Krankenhausbereich – sieht man von bestimmten Einzelfällen ab – in derartigen Fällen eine dauerhafte Überwachung der Bewohner/Patienten personell nicht geleistet werden kann bzw. muss. Die Pflichten der Altenpfleger des Seniorenheims sind durch diejenigen Maßnahmen begrenzt, die mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind. Maßstab ist hierbei das objektiv Erforderliche sowie das für den Heimbewohner und das Pflegepersonal in einem Altenheim zumutbare. Eine ständige Überwachung durch das Pflegepersonal hätte den Rahmen üblicher und mit einem vernünftigen personellen Einsatz realisierbarer Maßnahmen aber hier deutlich überschritten (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.08.2014, Az.: 5 U 788/14, u. a. in: ArztR 2014, Seite 256; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2013, Az.: 3 U 240/13, u. a. in: NJW-RR 2014, Seiten 458 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2010, Az.: I-24 U 16/10, u. a. in: PflR 2011, 25 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2010, Az.: I-24 U 141/09, u. a. in: NJW-RR 2010, Seiten 1533 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.11.2008, Az.: I-24 U 165/07, u. a. in: BtPrax 2009, Seiten 250 ff. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: I-24 U 166/07, u. a. in: VersR 2008, Seiten 1079 f.; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.05.2005, Az.: 14 U 168/04, u. a. in: OLG-Report 2005, Seiten 904 f.; OLG Schleswig, Urteil vom 17.12.2003, Az.: 9 U 120/02, u. a. in: OLG-Report 2004, Seiten 85 f.; OLG München, Urteil vom 25.07.2003, Az.: 27 U 237/03, u. a. in: VersR 2004, Seiten 618 f.; OLG Hamm, Urteil vom 30.04.2002, Az.: 24 U 87/01, u. a. in: VersR 2003, Seiten 73 f.; AG Paderborn, PflR 2012, Seiten 608 ff.).

Der Allgemeinzustand der Streitverkündeten war nach den Aussagen der Zeugen zwar reduziert und eingeschränkt. Das erforderte aber – entgegen der Behauptung der Klägerin – hier noch keine besonderen Aufsichtsmaßnahmen. Denn die Zeugen haben glaubhaft bekundet, dass die Streitverkündete nur ca. 2 Meter bis 5 Meter bzw. sogar 10 Meter mit ihrem Rollstuhl sich bewegen konnte und somit nicht über den gepflasterten und für den allgemeinen Fahrzeugverkehr gesperrten Bereich vor dem Haupteingang des Seniorenheimes hätte gelangen können.

Es kann dem Pflegepersonal in einem Pflegeheim in Abwägung des Obhutsgedankens und des Schutzes der Menschenwürde der Pfleglinge nämlich kein Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung gemacht werden, wenn es eine betagte, an den Rollstuhl gebundene Heimbewohnerin, die sich mit ihrem Rollstuhl nur 2 Meter bis 5 Meter bzw. 10 Meter vorwärts bewegen kann, nur wenige Minuten während unbeaufsichtigt lässt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass mit unvernünftigen Verhaltensweisen der Streitverkündeten während des Aufenthalts vor dem Haupteingang des Seniorenheimes zu rechnen war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.05.2002, Az.: I-13 U 2/02, u. a. in: ZfSch 2003, Seiten 278 f.).

Eine lückenlose Beaufsichtigung solcher Heimbewohner würde eine erhebliche Überdehnung der Pflichten des Pflegepersonals bedeuten und würde somit auch über das der Beklagten hier Zumutbare hinaus gehen (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.08.2014, Az.: 5 U 788/14, u. a. in: ArztR 2014, Seite 256; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.2013, Az.: 3 U 240/13, u. a. in: NJW-RR 2014, Seiten 458 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2010, Az.: I-24 U 16/10, u. a. in: PflR 2011, 25 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2010, Az.: I-24 U 141/09, u. a. in: NJW-RR 2010, Seiten 1533 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.11.2008, Az.: I-24 U 165/07, u. a. in: BtPrax 2009, Seiten 250 ff. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: I-24 U 166/07, u. a. in: VersR 2008, Seiten 1079 f.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.01.2008, Az.: 4 U 318/17, u. a. in: FamRZ 2008, Seiten 2197 ff.; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.05.2005, Az.: 14 U 168/04, u. a. in: OLG-Report 2005, Seiten 904 f.; OLG Schleswig, Urteil vom 17.12.2003, Az.: 9 U 120/02, u. a. in: OLG-Report 2004, Seiten 85 f.; OLG München, Urteil vom 25.07.2003, Az.: 27 U 237/03, u. a. in: VersR 2004, Seiten 618 f.; OLG Hamm, Urteil vom 30.04.2002, Az.: 24 U 87/01, u. a. in: VersR 2003, Seiten 73 f.; AG Paderborn, PflR 2012, Seiten 608 ff.).

Insofern lässt sich daraus auch kein Organisationsverschulden der Beklagten herleiten. Ob der Beklagten 20.08.2012 engmaschigere Kontrollen möglich gewesen wären, als sie tatsächlich durchgeführt wurden, kann somit hier dahinstehen. Denn es ist nicht zu ersehen, dass diesbezügliche Versäumnisse schadenskausal geworden wären. Die Kollision des Rollstuhls der Streitverkündeten mit dem Pkw der Klägerin hätte sich nämlich wohl nur dann ggf. vermeiden lassen, wenn sich eine Aufsichtsperson lückenlos vor Ort befunden hätte (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.08.2014, Az.: 5 U 788/14, u. a. in: ArztR 2014, Seite 256). Dies war hier aber bei der Streitverkündeten gerade nicht notwendig.

Da hier im Übrigen selbst die Klägerin sowie die Zeugen H.-J. W. und M. U. F. – obwohl sie unmittelbar dabei waren als sich der Rollstuhl der Streitverkündeten in Richtung des klägerischen Pkws bewegte – diese Kollision nach ihrem eigenen Vortrag nicht mehr verhindern konnten, erscheint es zudem auch mehr als fraglich, ob insofern dann überhaupt eine lückenlos vor Ort befindliche Mitarbeiterin der Beklagten – die sich dann auch noch um andere Heimbewohnern hätte kümmern müssen – dieses Schadensereignis dann doch noch ggf. hätte verhindern können, zumal eine lückenlose Kontrolle – wie bereits dargelegt – hier bei der Streitverkündeten gerade nicht zuvor als erforderlich angesehen werden musste.

Insofern ist es also vorliegend ohne Weiteres denkbar, dass es auch bei einer ständigen Überwachung der Streitverkündeten durch die Pflegekräfte der Beklagten zu der hiesigen Kollision gekommen wäre (LG Bochum, Urteil vom 26.03.2014, Az.: I-4 O 218/13, u. a. in: RDG 2014, Seiten 189 f.).

Ob die Mitarbeiter der Beklagten im Übrigen sogar ggf. angesichts dieser Umstände, der Örtlichkeiten im fraglichen Außenbereich und dem kurzen Zeitablauf davon ausgehen durften, dass sich die Streitverkündete für diesen kurzen Zeitraum selbst in zumutbarer Weise um ihren Rollstuhl kümmert (BGH, NJW 1993, Seite 654; LG Berlin, Beschluss vom 07.06.2011, Az.: 57 S 110/11, u. a. in: NZV 2012, Seiten 184 ff.), konnte hier somit sogar dahingestellt bleiben.

Die Beklagte war im Übrigen ohne betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht zu einer Fixierung der Streitverkündeten – sei es auch „nur“ durch das betätigen beider Bremsen des Rollstuhls – berechtigt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2006, Az.: I-8 U 163/04, u. a. in: PflR 2006, Seiten 587 ff. OLG Koblenz, Urteil vom 21.03.2002, Az.: 5 U 1648/01, u. a. in: NJW-RR 2002, Seiten 867 f.).

Diese Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft schließt zwar auch ggf. die Befugnis ein, einen psychisch Kranken, der infolge seines Krankheitszustands und der damit verbundenen fehlenden Einsichtsfähigkeit die Schwere seiner Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen nicht zu beurteilen vermag oder trotz einer solchen Erkenntnis sich infolge der Krankheit nicht zu einer Behandlung entschließen kann, zwangsweise zu fixieren, wenn sich dies als unumgänglich erweist, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Kranken abzuwenden. Dass dies nicht ausnahmslos gilt, weil schon im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei weniger gewichtigen Fällen eine derart einschneidende Maßnahme unterbleiben muss und somit auch dem Kranken in gewissen Grenzen die „Freiheit zur Krankheit“ belassen bleibt, drängt sich auf.

Das BbgPsychKG und das BGB erlauben zwar insoweit die Unterbringung, aber ohnehin nur, wenn das Leben oder die Gesundheit des Betroffenen ernsthaft gefährdet sind oder eine unmittelbare erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht. Mit diesen tatbestandlichen Voraussetzungen wahrt der Gesetzgeber insofern den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, NJW 1982, Seiten 691 ff.).

Inhalt und Reichweite dieser freiheitsbeschränkenden Normen des BbgPsychKG sind dementsprechend so zu bestimmen, dass sie der Bedeutung der Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 GG gerecht werden (BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ 1998, Seiten 116 ff.). Die Freiheit der Person ist ein so hohes Rechtsgut, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.), d.h. wenn überwiegende Belange dies zwingend gebieten (BVerfG, NJW 1984, Seite 1806; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).

Der demgemäß streng zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; BayVerfGH, BayVerfGHE Band 45, Seiten 125 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.) ist zentrales Auslegungskriterium für eine zwangsweise Fixierung eines Menschen (BVerfG, BVerfGE Band 70, Seiten 297 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.) und verlangt eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles, bei der die von diesem Menschen ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Fixierung verbundenen Eingriffs in ihre persönliche Freiheit ins Verhältnis zu setzen sind (BVerfG, BVerfGE Band 70, Seiten 297 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ Band 19, Seiten 98 ff.).

In Anbetracht des hohen Ranges der Freiheit der Person erfordert dies als Voraussetzung einer freiheitsentziehenden Maßnahme – wie der Fixierung eines im Rollstuhl sitzenden Menschen, der die (eine) Bremse des Rollstuhls aufgrund einer Hemiparese (Halbseitenlähmung) nicht selbstständig lösen kann – einen die Freiheitsentziehung rechtfertigenden Schweregrad der Persönlichkeitsstörung dieses Menschen; mithin eine sorgfältige Prüfung, ob dieser Störung Krankheitswert im Sinne des Gesetzes zukommt (BVerfG, NJW 1984, Seite 1806; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).

Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss dabei auch die Schutzwürdigkeit der von dem kranken Menschen gefährdeten Rechtsgüter der Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit entsprechen (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ 1989, Seiten 17 ff.). Die gefährdeten Rechtsgüter müssen dabei von erheblichem Gewicht und die den geschützten Rechtsgütern drohende Gefahr erheblich sein. Letzteres erfordert zudem, dass mit einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter zum einen zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit und zum anderen jederzeit gerechnet werden muss (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ 1998, Seiten 116 ff.).

Schließlich darf eine solche freiheitsentziehende Maßnahme nur dann durch ein Gericht angeordnet werden, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung bzw. das Leben und die Gesundheit dieses Menschen nicht durch weniger einschneidende Mittel abgewendet werden kann (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).

Dass Veranlassung bestand, die im Rollstuhl sitzende Streitverkündete auch nur vorübergehend ohne gerichtliche Genehmigung hier vollständig mittels der beiden Bremsen des Rollstuhls zu fixieren und sie damit ihrer Freiheit zu berauben, ist aber hier nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

Insofern war die hiesige Beklagte als Trägerin des Altenheims grundsätzlich auch nicht berechtigt, die Bewegungsfreiheit der Streitverkündeten im Heim und dem zugehörigen Freigelände nach eigenem Gutdünken durch technische und/oder administrative Vorkehrungen zu beschränken (OLG Schleswig, Urteil vom 17.12.2003, Az.: 9 U 120/02, u. a. in: OLG-Report 2004, Seiten 85 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 21.03.2002, Az.: 5 U 1648/01, u. a. in: NJW-RR 2002, Seiten 867 f.; LG Frankfurt/Main, Urteil vom 12.11.2004, Az.: 2-1 S 178/03, u. a. in: NJW 2005, Seiten 1952 f.), so dass die Mitarbeiter der Beklagten – ohne gerichtliche Genehmigung – hier auch nicht die Streitverkündete mittels der beiden Bremsen des Rollstuhls ständig fixieren durften, da der Streitverkündete weiterhin das Recht zusteht, sich ein paar Meter mit ihrem Rollstuhl zu bewegen wenn sie es will.

Aus all´ diesen Gründen ist die hiesige Klage somit dann aber auch schon dem Grunde nach abzuweisen, so dass sich zur Höhe des vermeintlichen Schadens jedwede Ausführungen erübrigen.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Zudem ist noch der Wert des Streitgegenstandes des Rechtsstreits durch das Gericht festzusetzen gewesen. Dieser ergibt sich aus dem geltend gemachten Zahlungsanspruch in Höhe von 1.864,27 Euro zuzüglich 80% der Zukunftsschäden entsprechend dem Feststellungsantrag.

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