Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Erstattungsansprüche bei Betrug: Haftung und Verbraucherrechte im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann haftet die Bank bei unberechtigten Abbuchungen nach PIN-Weitergabe?
- Welche Sorgfaltspflichten hat ein Karteninhaber bei der PIN-Nutzung?
- Welche Maßnahmen muss man nach einem erkannten Kartenbetrug sofort ergreifen?
- Wie erkennt man manipulierte Kartenlesegeräte?
- Welche Rechte hat man bei einer Rückbuchungsforderung gegenüber der Bank?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Itzehoe
- Datum: 01.03.2024
- Aktenzeichen: 9 S 25/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Bankrecht, Vertragsrecht
Beteiligte Parteien:
- Der Kontoinhaber als Kläger
- Eine Direktbank als Beklagte
- Die Ehefrau des Klägers als Zeugin
- Zwei vorgebliche Elektrohandwerker als unbeteiligte Dritte
Um was ging es?
- Sachverhalt:
- Der Kläger hatte ein Girokonto bei der beklagten Bank
- Nach einem Stromausfall wurde ein Elektrikernotdienst bestellt
- Zwei Männer erschienen und verlangten nach gescheiterter Auftragserteilung eine Anfahrtspauschale von 49€
- Die Ehefrau des Klägers nutzte mit dessen Erlaubnis seine Visa-Debitkarte zur Zahlung
- Die Zahlung erfolgte über ein Kartenlesegerät der Handwerker
- Kern des Rechtsstreits: Streit um täuschungsbedingt erfolgte Zahlungsanweisungen mittels Kartenzahlung
Was wurde entschieden?
- Entscheidung:
- Die Berufung der Beklagten war erfolgreich
- Die Klage wurde abgewiesen
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger
- Begründung: k.A.
- Folgen:
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
- Der Streitwert wurde auf 4.000 € festgesetzt
Erstattungsansprüche bei Betrug: Haftung und Verbraucherrechte im Fokus
Erstattungsansprüche bei Betrug und täuschungsbedingte Zahlungsanweisungen stellen Banken und Kunden vor besondere Herausforderungen. Wenn Betrüger durch manipulierte Kartenterminals oder gefälschte Displays unrechtmäßige Abbuchungen erwirken, stellt sich die Frage nach der Haftung. Besonders komplex wird die rechtliche Situation, wenn Verbraucherrechte bei Betrug mit der Weitergabe von PIN und Bankkarte an Ehepartner oder Familienangehörige kollidieren.
Die rechtlichen Schritte bei Betrug und die Aussichten auf Rückbuchung von Zahlungsanweisungen hängen dabei stark von den konkreten Umständen ab. Entscheidend ist vor allem, ob Bankkunden ihre Sorgfaltspflichten eingehalten haben. Ein aktueller Fall zeigt exemplarisch, welche Folgen die Weitergabe von Kartendaten an Ehepartner haben kann.
Der Fall vor Gericht
Kartenbetrug bei manipuliertem Terminal: Bank muss Schaden nicht ersetzen

Ein Kunde, der seine Bankkarte samt PIN seiner Ehefrau überlässt, haftet für betrügerische Abbuchungen in Höhe von 4.000 Euro. Dies entschied das Landgericht Itzehoe in einem aktuellen Urteil und wies damit die Klage des Kontoinhabers auf Erstattung der unberechtigten Zahlungen ab.
Betrügerischer Elektrikernotdienst nutzt manipuliertes Kartenlesegerät
Nach einem Stromausfall bestellte der Kläger über seinen Vermieter einen vermeintlichen Elektrikernotdienst. Als zwei Männer bei seiner Ehefrau erschienen, kam kein Auftrag für Elektrikerarbeiten zustande. Die Handwerker verlangten jedoch eine Anfahrtspauschale von 49 Euro und bestanden auf Kartenzahlung. Da die Karte der Ehefrau nicht funktionierte, teilte ihr der Kläger telefonisch seine PIN mit, damit sie mit seiner Karte zahlen konnte.
Die Betrüger nutzten ein manipuliertes Kartenlesegerät mit schwarzem Display. Ein zweites, nicht verbundenes Gerät zeigte der Ehefrau einen Betrag von 49 Euro an. Tatsächlich autorisierte sie durch die PIN-Eingabe jedoch zwei Zahlungen über 2.500 Euro und 1.500 Euro an unbekannte Dritte. Als der Kläger die Abbuchungen am nächsten Morgen bemerkte, erstattete er Strafanzeige und forderte seine Bank auf, die Buchungen zu stoppen.
Grob fahrlässiger Verstoß gegen Sicherheitspflichten
Das Gericht sah in der Weitergabe der PIN an die Ehefrau einen grob fahrlässigen Verstoß gegen die Pflicht, personalisierte Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Nach den Bedingungen für die Visa-Debitkarte muss der Karteninhaber dafür sorgen, dass keine andere Person Kenntnis von seiner PIN erlangt – auch nicht Personen, zu denen ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht.
Bank kann sich auf Schadensersatzanspruch berufen
Selbst wenn die durch Täuschung erlangten Zahlungen als nicht autorisiert einzustufen wären, steht der Bank ein Schadensersatzanspruch in voller Höhe zu. Der Einwand des Klägers, er selbst wäre der Täuschung ebenso erlegen, greift nicht durch. Das Gericht betont, es könne nicht als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden, dass ein anderer den Täuschungen gleichermaßen zum Opfer gefallen wäre. Ob man angesichts der Ungereimtheiten Verdacht schöpfe, hänge von persönlichen Einzelheiten ab.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Bankkunden bei der Weitergabe von Karte und PIN an Familienmitglieder ein erhebliches Risiko eingehen. Selbst wenn die Weitergabe an sich nicht direkt zum Schaden führt, kann sie als Pflichtverletzung gewertet werden. Bei Betrug durch manipulierte Kartenlesegeräte haftet der Kontoinhaber, wenn Grobe Fahrlässigkeit vorliegt – etwa wenn Zahlungen ohne ausreichende Überprüfung der angezeigten Beträge freigegeben werden. Die Entscheidung stärkt die Position der Banken bei Kartenmissbrauch durch Dritte.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie Ihre Bankkarte und PIN an Familienmitglieder weitergeben, können Sie im Betrugsfall den gesamten Schaden selbst tragen müssen – auch wenn es sich um vertrauenswürdige Personen handelt. Bei Kartenzahlungen müssen Sie besonders vorsichtig sein und immer den tatsächlich angezeigten Betrag am Kartenlesegerät genau prüfen. Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Zusagen oder separate Displays. Im Zweifelsfall sollten Sie auf Barzahlung bestehen oder die Zahlung komplett verweigern, besonders bei mobilen Kartenlesegeräten und Haustürgeschäften.
Benötigen Sie Hilfe?
Unsicherheiten nach einem Urteil über Haftung bei PIN-Weitergabe?
Das Urteil des Landgerichts Itzehoe hat viele Betroffene verunsichert. Die Frage, wann grobe Fahrlässigkeit vorliegt und wie man sich vor den finanziellen Folgen schützen kann, beschäftigt viele Karteninhaber.
Wir helfen Ihnen, Ihre individuelle Situation zu bewerten und die möglichen Auswirkungen des Urteils auf Ihre zukünftigen Transaktionen zu verstehen. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Fragen zu klären und gemeinsam mit unseren erfahrenen Anwälten eine maßgeschneiderte Lösung für Ihre persönliche Situation zu finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann haftet die Bank bei unberechtigten Abbuchungen nach PIN-Weitergabe?
Bei unberechtigten Abbuchungen nach PIN-Weitergabe muss die Bank grundsätzlich den abgebuchten Betrag unverzüglich erstatten und das Konto wieder auf den ursprünglichen Stand bringen. Diese Erstattungspflicht gilt jedoch nicht uneingeschränkt.
Grundsätzliche Haftung der Bank
Die Bank trägt die Beweislast für die Autorisierung der Überweisung durch den Kunden. Allein die Verwendung der richtigen PIN reicht nicht aus, um dem Bankkunden die Möglichkeit zu nehmen, einen Missbrauch geltend zu machen.
Haftungsausschluss bei grober Fahrlässigkeit
Grob fahrlässiges Verhalten führt zum Verlust des Erstattungsanspruchs. Als grob fahrlässig gilt insbesondere:
- Die gemeinsame Aufbewahrung von Bankkarte und PIN
- Die ungeschützte Weitergabe der PIN an fremde Dritte
- Die Eingabe von Zugangsdaten auf gefälschten Bankwebseiten
Ausnahmen bei PIN-Weitergabe
Die Weitergabe der PIN an Ehepartner oder enge Familienangehörige wird von der Rechtsprechung nicht automatisch als grob fahrlässig eingestuft. Wenn Sie Ihre PIN an Ihren Ehepartner weitergeben, führt dies nicht zwangsläufig zu einem erhöhten Risiko für Phishing-Angriffe.
Prüfungspflicht der Bank
Die Bank muss Transaktionen automatisch auf Unregelmäßigkeiten prüfen und bei auffälligen Abbuchungen eingreifen. Mehrere ungewöhnliche Abbuchungen in kurzer Zeit, die vom normalen Zahlungsverhalten abweichen, müssen von der Bank hinterfragt werden.
Bei Verletzung dieser Prüfungspflicht haftet die Bank auch dann, wenn der Kunde die PIN weitergegeben hat. Die Haftung der Bank ist dabei auf maximal 12.500 Euro begrenzt, außer bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Bank.
Welche Sorgfaltspflichten hat ein Karteninhaber bei der PIN-Nutzung?
Als Karteninhaber müssen Sie Ihre PIN besonders sorgfältig schützen, da Sie bei Verletzung der Sorgfaltspflichten für Schäden durch Kartenmissbrauch haften können.
Grundlegende Sorgfaltspflichten
Die PIN darf keinesfalls auf der Karte vermerkt oder zusammen mit dieser aufbewahrt werden. Sie müssen aktiv dafür sorgen, dass keine andere Person Kenntnis von Ihrer PIN erlangt. Bei der PIN-Eingabe an Geldautomaten oder Kassenterminals müssen Sie darauf achten, dass die Eingabe nicht von Dritten ausgespäht werden kann.
Aufbewahrung und Schutz
Getrennte Aufbewahrung: Bewahren Sie Karte und PIN grundsätzlich getrennt voneinander auf. Die Aufbewahrung im gleichen Raum ist zulässig, solange die PIN sicher versteckt ist.
Besondere Vorsicht: Die Karte darf nicht unbeaufsichtigt gelassen werden, insbesondere nicht im Kraftfahrzeug. Schützen Sie die Karte stets vor unbefugtem Zugriff.
Weitergabe und Haftung
Die Weitergabe der PIN an Dritte kann als grob fahrlässig ausgelegt werden. Eine Ausnahme bildet die Bevollmächtigung einer Vertrauensperson – etwa bei schwerer Krankheit. In diesem Fall ist die Weitergabe zwar zulässig, Sie tragen aber weiterhin das Risiko für eventuelle Schäden.
Haftungsrisiken: Bei grober Fahrlässigkeit, wie dem Notieren der PIN auf der Karte oder der leichtfertigen Weitergabe, haften Sie unbegrenzt für entstehende Schäden. Bei sorgfältigem Umgang ist Ihre Haftung auf maximal 50 Euro begrenzt.
Verlust und Missbrauch
Stellen Sie einen Verlust oder Diebstahl der Karte fest oder vermuten Sie einen Missbrauch, müssen Sie unverzüglich die Sperrhotline kontaktieren. Nach der Verlustmeldung gehen alle weiteren Schäden zu Lasten der Bank – außer Sie haben in betrügerischer Absicht gehandelt.
Welche Maßnahmen muss man nach einem erkannten Kartenbetrug sofort ergreifen?
Sofortige Kartensperrung
Wenn Sie einen Kartenbetrug bemerken, müssen Sie unverzüglich Ihre Karte sperren lassen. Dafür stehen Ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
- Der zentrale Sperr-Notruf unter der Nummer 116 116 (aus dem Ausland: +49 116 116)
- Ein direkter Anruf bei Ihrer Bank
Dokumentation und Beweissicherung
Sammeln und sichern Sie alle relevanten Unterlagen. Dazu gehören:
- Kontoauszüge mit verdächtigen Transaktionen
- Screenshots von ungewöhnlichen Abbuchungen
- Datum und Uhrzeit der Kartensperrung
Meldung an die Bank
Informieren Sie Ihre Bank umgehend über den Betrugsfall. Die Bank muss nach § 675u BGB nicht autorisierte Zahlungsvorgänge rückgängig machen. Wichtig ist dabei:
- Die Meldung muss innerhalb von 13 Monaten nach der unautorisierten Abbuchung erfolgen
- Lassen Sie sich die Meldung schriftlich bestätigen
Polizeiliche Anzeige
Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei. Die Anzeige ist wichtig, weil:
- Sie als offizieller Nachweis des Betrugs dient
- Sie für mögliche Versicherungsansprüche benötigt wird
- Sie zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter erforderlich ist
Die gesetzliche Haftungsbegrenzung von maximal 50 Euro gilt nur bis zum Zeitpunkt der Verlustmeldung. Für alle Schäden nach der Sperrung haftet ausschließlich die Bank.
Wie erkennt man manipulierte Kartenlesegeräte?
Manipulierte Kartenlesegeräte können durch verschiedene Auffälligkeiten erkannt werden. Betrüger installieren häufig zusätzliche Komponenten, die auf den ersten Blick zum Original-Gerät zu gehören scheinen.
Verdächtige Anzeichen am Kartenleser
Lockere oder hervorstehende Bauteile sind ein erstes Warnsignal. Ein manipuliertes Kartenlesegerät kann sich beim leichten Wackeln oder Berühren bewegen. Die Betrüger bringen oft eine vollständige Frontplatte oder einen zusätzlichen Kartenschlitz an, der optisch dem Originalmodell angepasst ist.
Auffälligkeiten bei der PIN-Eingabe
Die Tastatur kann durch einen sogenannten Skimmer manipuliert sein – ein zweites Tastenfeld, das über der originalen Tastatur angebracht wird. Besonders gefährlich sind auch versteckte Kameras, die in Form von:
- Gefälschten Rauchmeldern an der Decke
- Kleinen Kameraleisten über der Tastatur
- Manipulierten Prospekthaltern
Technische Manipulationen
Deep-Insert-Skimming ist eine besonders raffinierte Methode, bei der eine kleine Wanze in den Kartenschlitz eingeführt wird. Diese Art der Manipulation ist mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Auch Kartenlesegeräte in Geschäften sind zunehmend betroffen, da diese oft weniger gut geschützt sind als Geldautomaten.
Rechtliche Konsequenzen
Bei Verdacht auf Manipulation greift der § 675v BGB. Dieser regelt die Haftung bei missbräuchlichen Zahlungsvorgängen. Die Bank haftet grundsätzlich für den entstandenen Schaden, sofern der Karteninhaber nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Eine Teilhaftung von maximal 50 Euro kann jedoch bis zum Zeitpunkt der Verlustmeldung entstehen.
Welche Rechte hat man bei einer Rückbuchungsforderung gegenüber der Bank?
Bei unberechtigten Abbuchungen von Ihrem Konto haben Sie als Bankkunde weitreichende Rechte. Wenn Sie eine nicht autorisierte Abbuchung auf Ihrem Konto entdecken, können Sie diese kostenfrei über Ihre Bank zurückbuchen lassen.
Fristen für Rückbuchungen
Bei SEPA-Basis-Lastschriften haben Sie ein bedingungsloses Recht auf Rückbuchung innerhalb von 8 Wochen nach der Abbuchung. Bei nicht autorisierten Zahlungen verlängert sich diese Frist auf 13 Monate.
Vorgehensweise bei Rückbuchungen
Wenn Sie eine unberechtigte Abbuchung feststellen, sollten Sie:
- Die Abbuchung umgehend reklamieren, entweder direkt im Online-Banking oder schriftlich bei Ihrer Bank
- Den entsprechenden Kontoumsatz mit der Bitte um Wiedergutschrift bei Ihrer Bank melden
- Bei Verdacht auf Betrug sofort die Karte sperren lassen und Anzeige bei der Polizei erstatten
Besondere Schutzrechte bei Betrug
Die Bank trägt die Beweislast für die Autorisierung der Überweisung durch den Kunden. Selbst wenn die korrekten Zugangsdaten verwendet wurden, haben Sie als Kunde das Recht, einen Missbrauch geltend zu machen.
Bei Phishing-Fällen oder anderen betrügerischen Aktivitäten gilt: Die Bank muss nachweisen, dass Sie die Transaktion autorisiert haben. Die bloße Verwendung der richtigen PIN und TAN reicht dafür nicht aus. Nach aktueller Rechtsprechung sind Banken verpflichtet, Transaktionen automatisch auf Unregelmäßigkeiten zu prüfen und diese gegebenenfalls zu stoppen.
Haftungsfragen bei PIN-Weitergabe
Auch wenn Sie Ihre PIN weitergegeben haben, bedeutet dies nicht automatisch den Verlust Ihrer Rechte. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat entschieden, dass selbst bei einer PIN-Weitergabe an den Ehepartner der Erstattungsanspruch gegenüber der Bank bestehen bleibt. Die Bank muss in solchen Fällen nachweisen, dass die strittigen Transaktionen tatsächlich durch Sie autorisiert wurden.
Bei grob fahrlässigem Verhalten, wie der Weitergabe von TANs an Dritte oder der Reaktion auf offensichtliche Phishing-Versuche, kann Ihre Haftung allerdings unbegrenzt sein. Ein Beispiel für grobe Fahrlässigkeit ist, wenn Sie auf Anrufe reagieren, bei denen angebliche Bankmitarbeiter TANs zur Absicherung des Kontos anfordern.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Täuschungsbedingte Zahlungsanweisung
Eine täuschungsbedingte Zahlungsanweisung bezeichnet einen Zahlungsauftrag, der aufgrund von vorsätzlicher Irreführung oder Manipulation erteilt wird. Dabei wird der Kontoinhaber durch gezielte Täuschung – beispielsweise mittels manipuliert dargestellter Geräteanzeigen – dazu veranlasst, einen Zahlungsbefehl zu erteilen, den er in Wirklichkeit nicht intendiert hat. Dieses unbefugte Vorgehen führt dazu, dass die Transaktion rechtlich als unautorisiert eingestuft wird und somit besondere Erstattungs- oder Rückforderungsansprüche ausgelöst werden können. In der juristischen Bewertung stützen sich Gerichte oft auf Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie auf das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), um den Ausnahmefall zu beurteilen.
Beispiel: Wird durch ein gefälschtes Display ein falscher Betrag angezeigt und autorisiert, handelt es sich um eine täuschungsbedingte Zahlungsanweisung.
Erstattungsansprüche bei Betrug
Erstattungsansprüche bei Betrug beziehen sich auf das rechtliche Anrecht, bereits belastete Beträge zurückzufordern, wenn die Zahlung unter betrügerischen Voraussetzungen erfolgte. Dabei steht oft die Frage im Mittelpunkt, ob die Bank oder der Kontoinhaber in angemessener Weise seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat, was sich erheblich auf die Haftungsfrage auswirkt. Rechtsgrundlagen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) dienen als Orientierung, um die Voraussetzungen für eine Rückerstattung zu überprüfen. Wird bewiesen, dass durch gewagte Täuschung unrechtmäßig Beträge abgebucht wurden, kann der Geschädigte – oft die Bank – unter bestimmten Voraussetzungen auf Rückzahlung bestehen.
Beispiel: Entdeckt ein Kunde nach einer gefälschten Abbuchung den Betrug, kann er rechtlich die Rückerstattung der unberechtigten Zahlung verlangen.
Grobe Fahrlässigkeit
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand in besonders schwerwiegender Weise gegen die erforderliche Sorgfalt verstößt und somit bewusst grundlegende Sicherheitsvorkehrungen außer Acht lässt. In rechtlichen Auseinandersetzungen, etwa bei unautorisierten Abbuchungen, wird geprüft, ob der Kontoinhaber durch sein Verhalten – wie die unbedachte Weitergabe der persönlichen PIN – einen maßgeblichen Mitverantwortungsbeitrag geleistet hat. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sowie handelsrechtliche Grundsätze definieren die Kriterien, anhand derer ein derartiger Verstoß gewürdigt wird. Wird grobe Fahrlässigkeit festgestellt, kann dies zu einer Haftungsbegrenzung oder zum Ausschluss von Erstattungsansprüchen führen.
Beispiel: Gibt ein Kontoinhaber seine PIN unwissentlich an eine nahestehende Person weiter und erfolgt dadurch ein Missbrauch, kann dies als grob fahrlässig bewertet werden.
Schadensersatzanspruch
Ein Schadensersatzanspruch ist das rechtliche Recht, bei erlittenem Schaden Ersatz für den finanziellen Verlust zu verlangen. Im vorliegenden Fall beruft sich die Bank darauf, dass ein unautorisierter Zahlungsvorgang – der trotz des Betrugsversuchs entstanden ist – nicht zur Erstattung verpflichtet, wenn ein Mitverschulden des Kunden vorliegt. Die Anspruchsgrundlagen finden sich unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das bei Pflichtverletzungen Schadenersatz regelt. Dies bedeutet, dass derjenige, der fahrlässig oder vorsätzlich den Schaden mitverursacht hat, gegebenenfalls zur Kasse gebeten werden kann.
Beispiel: Übersieht ein Kontoinhaber seine Sicherheitsvorschriften und wird dadurch Opfer eines Betrugs, kann die Bank einen Schadensersatzanspruch geltend machen.
Sorgfaltspflichten
Sorgfaltspflichten bezeichnen die gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen, durch die sicherzustellen ist, dass sensible Informationen sowie Sicherheitsmerkmale – wie persönliche PINs – vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Im Kontext des Zahlungsverkehrs obliegt es dem Karteninhaber, seine Daten mit größter Vorsicht zu behandeln, um Missbrauch vorzubeugen. Diese Pflichten werden durch Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in den Vertragsbedingungen der Bank definiert. Wird gegen diese Sorgfaltsanforderungen verstoßen, etwa durch die Weitergabe der PIN an Dritte, können daraus Haftungsfolgen resultieren, die auch den Ausschluss von Erstattungsansprüchen mit sich bringen.
Beispiel: Gibt ein Kunde trotz Bekanntheit der Risiken seine PIN unüberlegt an eine vertraute Person weiter, verletzt er seine Sorgfaltspflichten.
Rückbuchung von Zahlungsanweisungen
Die Rückbuchung von Zahlungsanweisungen ist der Vorgang, bei dem eine bereits ausgeführte Zahlung rückgängig gemacht wird, sodass der abgebuchte Betrag wieder dem Konto gutgeschrieben wird. Diese Maßnahme kommt insbesondere zum Einsatz, wenn festgestellt wird, dass eine Zahlungsanweisung unautorisiert oder infolge von Betrug erteilt wurde. Gesetzliche Grundlagen, beispielsweise im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), regeln, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang eine Rückbuchung erfolgen kann. Dabei wird auch beurteilt, ob der Kontoinhaber seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist.
Beispiel: Stellt ein Kontoinhaber fest, dass durch einen manipulierten Kartenleser ein Betrag unrechtmäßig abgebucht wurde, kann er die Rückbuchung der Zahlung verlangen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 675c BGB: Dieser Paragraph regelt den Anspruch des Bankkunden auf Rückzahlung unautorisierter Zahlungsvorgänge. Wenn ein Kunde nachweist, dass eine Abbuchung nicht von ihm autorisiert wurde, hat er Anspruch auf die Rückerstattung des Betrages. Die Bank ist verpflichtet, den Betrag zurückzuerstatten, sofern keine Entlastungsgründe vorliegen.
Im vorliegenden Fall konnte der Kläger nachweisen, dass die beiden Abbuchungen von unbefugten Dritten vorgenommen wurden. Daher begründet § 675c BGB seinen Anspruch auf Rückerstattung der unautorisierten Beträge von 2.500 € und 1.500 €.
- § 675w Abs. 3 BGB: Diese Vorschrift behandelt den Schadensersatzanspruch der Bank gegenüber dem Kunden, wenn dieser gegen seine Pflichten verstoßen hat, z.B. durch Weitergabe von Karte und PIN. Die Bank kann Schadensersatz verlangen, wenn der Kunde fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat und dadurch ein Schaden entstanden ist.
Die Beklagte argumentierte, dass der Kläger durch die Weitergabe seiner PIN einen Pflichtverstoß begangen habe. Jedoch entschied das Gericht, dass dieser Verstoß nicht kausal für den entstandenen Schaden war, da das konkrete Risiko dadurch nicht erhöht wurde.
- § 675u BGB: Dieser Paragraph verpflichtet die Bank, Vorkehrungen zur Absicherung von Zahlungstransaktionen zu treffen und den Kunden über mögliche Risiken aufzuklären. Die Bank muss sicherstellen, dass Zahlungsvorgänge ordnungsgemäß durchgeführt werden und Missbrauch verhindert wird.
Im Fall des Klägers wurde festgestellt, dass das Kartenlesegerät manipuliert war, was gegen die Verpflichtungen der Bank nach § 675u BGB verstößt. Dies führte zur Entstehung der unautorisierten Zahlungen.
- § 670 BGB: Diese Vorschrift regelt die Rückforderung von Leistungen, die ohne rechtlichen Grund erbracht wurden. Wenn jemand eine Leistung ohne Berechtigung erhalten hat, kann der Leistende die Rückgabe verlangen.
Der Kläger konnte aufgrund der unautorisierten Abbuchungen einen Rückforderungsanspruch gemäß § 670 BGB geltend machen, da die Zahlungen ohne seine Zustimmung erfolgt waren.
- § 675v Abs. 3 Nr. 2a BGB: Diese Bestimmung erweitert die Haftung der Bank, insbesondere wenn dem Kunden ein Schäden durch technisches Versagen der Bank entstehen. Die Bank haftet, wenn sie die technischen Systeme nicht ausreichend gesichert hat.
Die Beklagte berief sich auf § 675v Abs. 3 Nr. 2a BGB, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Das Gericht wies diesen Anspruch jedoch zurück, da die Manipulation des Kartenlesegeräts nicht auf ein technisch bedingtes Versagen der Bank zurückzuführen war.
Das vorliegende Urteil
LG Itzehoe – Az.: 9 S 25/23 – Urteil vom 01.03.2024
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