LG Frankfurt/Main, Az.: 2-13 S 44/16, Beschluss vom 05.04.2017
In dem Rechtsstreit hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 05.04.2017 beschlossen:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 03.03.2016 wird durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 1.500 Euro festgesetzt
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Regelungen zur Videoüberwachung in einer Tiefgarage.
Der teilende Eigentümer hat sein Eigentum in 4 Parzellen aufgeteilt, auf welchen jeweils eigene Wohnungseigentumseinheiten – in der Form von getrennten Mehrfamilienhäusern – errichtet worden sind. Diese Häuser verbindet ein gemeinsames durchgehendes Kellergeschoß, in welchem sich eine Tiefgarage mit Stellplätzen befindet, welche den jeweiligen Wohnungseigentümern zugeordnet sind.
Die Kläger, die Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft … sind, haben an einem Tiefgaragenplatz Sondereigentum. Die sie betreffende Gemeinschaftsordnung sieht vor, dass über Angelegenheiten welche den Betrieb und die Unterhaltung der Tiefgarage i.w.S. betreffen, alle Miteigentümer der 4 Parzellen durch Mehrheitsbeschluss entscheiden.
Mit der Klage fechten die Kläger zwei Negativbeschlüsse einer so bezeichneten „Wohnungseigentümerversammlung“ von 4 Wohnungseigentümergemeinschaften über die Tiefgarage an, auf welcher Anträge der Kläger abgelehnt worden sind. Die Anfechtungsklage richtet sich lediglich gegen die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Kläger angehören.
Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da sie nicht gegen sämtliche übrigen Eigentümer – auch der anderen Wohnungseigentumsgemeinschaften – gerichtet sei.
II.
Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.
Die Berufung kann keinen Erfolg haben.
Bei den angefochtenen „Beschlüssen“ handelt es sich nicht um Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung, die der Anfechtungsklage nach § 46 WEG zugänglich sind. Denn eine Wohnungseigentümergemeinschaft „Tiefgarage“ existiert nicht. Soweit die Eigentümer indes beabsichtigten, eine Wohnungseigentümerversammlung dieser Gemeinschaft abzuhalten, wofür das so bezeichnete Protokoll mit den entsprechend gefassten Beschlüssen spricht, handelt es sich um ein Scheinwohnungseigentumsgemeinschaft, die mangels Existenz auch keine Beschlüsse fassen kann. Ob derartige Scheinbeschlüsse der Anfechtung analog § 46 WEG unterliegen und ob es sich insoweit um Wohnungseigentumssachen iSv § 43 Nr. 4 WEG handelte, für die lediglich eine Zuständigkeit der Kammer (§ 72 Abs. 2 GVG) bestünde, kann dahinstehen, denn in jedem Falle müsste die Anfechtung dann gegenüber allen anderen Scheinmiteigentümern erfolgen. Dies ist nicht geschehen, so dass eine derartige Klage – worauf das Amtsgericht abgestellt hat – jedenfalls aus diesem Grund unzulässig wäre (§ 46 Abs. 1 WEG).
Für die Annahme der Kläger, es habe – inzident – eine Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft, welcher die Kläger angehören, stattgefunden, deren Beschlüsse sie anfechten könnten, ist nichts ersichtlich. Soweit die Kläger meinen, aus dem Protokoll ergebe sich, dass eine zusammengefasste Versammlung der jeweiligen Eigentümergemeinschaften stattgefunden hat, so trifft dies nicht zu.
Das Protokoll weist ausdrücklich auf eine einzige gemeinsame Wohnungseigentumsversammlung sämtlicher „Wohnungseigentumsgemeinschaften“ über die Tiefgarage hin, auch wird unter TOP 2 ausdrücklich darauf verwiesen, dass ein Stimmrecht für alle Miteigentümer nach den Miteigentumsanteilen besteht, entsprechend wurde abgestimmt und ein gemeinsamer Zähler von 40.000 Miteigentumsanteilen (entsprechend den 4 x 10.000 Miteigentumsanteilen für jede WEG) angesetzt. Bei dieser Sachlage ist es ausgeschlossen, anzunehmen, es habe – im Rahmen einer Versammlung mehrere Wohnungseigentumsanlagen – eine inzidente Versammlung der Wohnungseigentumsanlage, welcher die Kläger angehören, stattgefunden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Gemeinschaftsordnung. Soweit insoweit der gemeinsame teilende Eigentümer in allen Gemeinschaftsordnungen identische Regelungen über das Verfahren für gemeinsame Angelegenheiten der Tiefgarage aufgenommen hat, kann es sich allenfalls um Verwaltungsregelungen iSv §§ 1010 Abs. 1, 746 BGB handeln. Denn soweit die Tiefgarage gemeinsam genutzt wird und – wie es die Gemeinschaftsordnung vorsieht – gemeinsame Belange betroffen sind, handelt es sich wohl um eine Bruchteilsgemeinschaft, an der Eigentümer verschiedener Wohnungseigentümergemeinschaften beteiligt sind. Dies macht Entscheidungen dieser Gemeinschaft allerdings nicht zu Wohnungseigentumssachen iSv § 43 WEG. Vielmehr sind soweit es um Regelungen des Gemeinschaftseigentums geht, die allgemeinen Zivilgerichte zuständig. Dies ist indes nicht Gegenstand der Klage, so dass auch eine Verweisung an das insoweit zuständige Berufungsgericht nicht in Betracht kommt, denn auch eine derartige Klage könnte sich nicht nur gegen die übrigen Wohnungseigentümer der WEG, welcher die Kläger angehören, richten und hätte zudem nicht die Anfechtung von Beschlüssen zum Gegenstand. Ebenfalls bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfang innerhalb der WEG der Kläger Entscheidungen über die Verwaltung der Tiefgarage beschlossen werden können.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.