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Corona-bedingte Gewerbeschließung muss Miete voll bezahlt werden?

OLG Köln – Az.: 22 U 79/21 – Urteil vom 24.11.2021

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.04.2021 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Köln, 15 O 325/20,unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.940,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.07.2020 zu zahlen.

Die Hilfswiderklage wird als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte, für die erste Instanz jedoch mit Ausnahme der durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Hamburg entstandenen Mehrkosten, die der Klägerin auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Für das Nachverfahren wird die Sache an das Landgericht Köln zurückverwiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Urkundenprozess auf Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020 in Anspruch. Die Beklagte begehrt hilfswiderklagend die Rückzahlung eines Teils der Miete für März 2020.

Die Beklagte mietete mit Mietvertrag vom 8./10.07.2013 (Anlage K1, Bl. 15 ff.) von dem vormaligen Eigentümer, Herrn A, der auch der Geschäftsführer der Klägerin ist, noch zu erstellende Räumlichkeiten mit einer Fläche von insgesamt ca. 2.601 m² in der Immobilie B-straße 121 – 123 in C, bestehend aus Ladenflächen im Unter-, Erd-, erstem und zweitem Obergeschoss sowie Büro- und Sozialräume mit Lager im dritten Obergeschoss zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien, Kosmetik, Schmuck, Schuhe, Lederwaren, Heimtextilien, Haushaltswaren, Sportartikel, Accessoires sowie dem mieterüblichen Randsortiment für zunächst zehn Jahre mit einem dreimaligen Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrags um jeweils fünf Jahre. Nach § 2 des Mietvertrags sollte das Mietverhältnis am 15.09.2014 oder 15.03.2015 mit der tatsächlichen Übergabe des Mietgegenstandes erfolgen. Als Mietzins vereinbarten die damaligen Vertragsparteien eine Netto-Jahresmiete von 8,3% des jährlichen Netto-Umsatzes der Beklagten, mindestens jedoch jährlich netto 312.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer, zahlbar jeweils im Voraus, spätestens am 5. Werktag eines Monats in zwölf gleichen monatlichen Raten von 26.000, Euro netto (30.940,00 Euro brutto) zuzüglich einer monatlichen Betriebskostenpauschale von 1.666,67 Euro netto (1.983,34 Euro brutto). Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird auf die Anlage K 1 (Bl. 15 ff. GA) verwiesen. Das Mietobjekt wurde der Beklagten am 19.03.2015 übergeben.

Aufgrund notariellen Grundstückskaufvertrags vom 10.09.2013 (Anlage K 3, Bl. 87 ff. GA) erwarb die Klägerin von Herrn A das das vorgenannte Mietobjekt betreffende Grundstück in der B-straße 121-123 in C. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 08.01.2014 (Anlage K 4, Bl. 93 ff. GA). Die Klägerin hat erstmals in der Berufungsinstanz ein an Herrn A adressiertes Schreiben vom 24.09.2013 (Anlage BB 1, Bl. 282 GA) vorgelegt, in dem die Klägerin durch ihren Geschäftsführer gegenüber Herrn A die Übernahme sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem mit der Beklagten geschlossenen Mietvertrag vom 08./10.07.2013 bestätigt. Die Beklagte leistete die Mietzahlungen auf Veranlassung des Vermieters A an die Klägerin.

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie ordnete das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung vom 18.03.2020 an, alle Verkaufsstellen des Einzelhandels zu schließen. Mit Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierung mit dem Corona Virus SARS-CoV-2 vom 22.03.2020 (CoronaSchV) untersagte die Landesregierung NRW den Betrieb von nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienenden Verkaufsstellen des Einzelhandels (§ 5 Abs. 4 CoronaSchV v. 22.03.2020). Die Verordnung trat am 22.03.2020 in Kraft und sollte bis zum 19.04.2020 gelten. In der Folgezeit durften aufgrund der Änderung der CoronaSchV vom 16.04.2020, die am 20.04.2020 in Kraft trat, Einzelhandelsgeschäfte, die nicht der Grundversorgung dienten und deren reguläre Verkaufsfläche 800 m2 nicht überstiegen, eingeschränkt wieder betrieben werden (§ 5 Abs. 2 CoronaSchV). Solche mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche durften erst ab dem 11.05.2020 wieder betrieben werden, allerdings mit einer Beschränkung der Anzahl von gleichzeitig im Geschäftslokal anwesenden Kunden auf insgesamt eine Person pro 10 m² der Verkaufsfläche (§ 11 Abs. 1 CoronaSchVO in der ab dem 11.05.2020 gültigen Fassung). Ab dem 15.06.2020 mussten beim Betrieb von Handelseinrichtungen Mindestabstände von 1,5 m zwischen Personen, eine Pflicht zum Tragen von Mund-und-Nase-Bedeckungen sowie eine Beschränkung der zulässigen anwesenden Anzahl von Kunden auf eine Person pro 7 m² der Verkaufsfläche beachtet werden (§ 11 CoronaSchV in der ab dem 15.06.2020 gültigen Fassung). Die Filiale der Beklagten in dem streitgegenständlichen Mietobjekt war vom 18.03. bis 26.04.2020 geschlossen und öffnete am 27.04.2020 mit einer Teilfläche von 548 m² und einer Zugangsbeschränkung auf 50 Personen.

Die Beklagte zahlte der Klägerin daraufhin im April 2020 zwar die Nebenkostenpauschale zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 1.983,34 Euro, nicht hingegen, was sie zuvor mit Schreiben vom 18.03.2020 angekündigt hatte, die Bruttomiete für April 2020 in Höhe von 30.940,00 Euro. Das Angebot der Klägerin mit Schreiben vom 08.04.2020 (Anlage K 2, Bl. 22 GA), die Miete für den Monat April 2020 zu stunden und in sechs gleichen Teilbeträgen ab dem 01.01.2021 nachzuzahlen, nahm die Beklagte nicht an. Die Klägerin erwirkte daraufhin wegen der Miete April 2020 unter dem 04.06.2020 einen Urkunden-Mahnbescheid, der der Beklagten am 09.06.2020 zugestellt wurde. Nach deren fristgerecht eingelegten Widerspruch wurde das Verfahren auf Antrag der Klägerin zunächst an das Landgericht Hamburg und sodann an das örtlich zuständige Landgericht Köln verwiesen. Die Mietzahlungen für die folgenden Monate erbrachte die Beklagte vollständig.

Corna-bedingte Gewerbeschließung muss Miete voll bezahlt werden?
(Symbolfoto: Andrew Angelov/Shutterstock.com)

Die Parteien haben im Wesentlichen darüber gestritten, ob die Klägerin durch Eintritt in den Mietvertrag aktivlegitimiert sei und sie die geltend gemachte Miete im Hinblick auf die coronabedingte Betriebsschließung überhaupt verlangen könne oder diese entsprechend der Ansicht der Beklagten wegen rechtlicher Unmöglichkeit, mangelbedingter Minderung oder wegen einer von ihr einredeweise geltend gemachten Vertragsanpassung nach § 313 BGB nicht bzw. nicht in der geltend gemachten Höhe geschuldet sei. Insoweit hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, im Vergleich zu den Vorjahresumsätzen im März 2020 bis Juni 2020 erhebliche Umsatzeinbußen in der Filiale erlitten zu haben (März 2020: – 57,8%; April 2020: -99,0%; Mai 2020: – 17,7%, Juni 2020: – 21,5%), dass ab dem 18.03.2020 sowie im April 2020 lediglich für Teile des Personals der Filiale, und zwar für 17 von 21 Mitarbeitern, Kurzarbeit angeordnet werden konnte und sie keine staatlichen Zuschüsse oder Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen oder erhalten hat. Sie hat ferner behauptet, die Anzahl der durch Zählgeräte erfassten Kunden habe sich aufgrund der coronabedingten Vorgaben im Vergleich zum Vorjahr reduziert (März 2020: – 54,0%; April 2020: -93,4%; Mai 2020: – 32,6%, Juni 2020: – 28,8%). Die mit einem Vorlauf von ca. 6 Monaten produzierte Frühjahrsware habe sie abnehmen und bezahlen müssen, diese hätte aber infolge der Schließung nicht verkauft werden können und ließe sich auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vertreiben. Die Kurzarbeit im März 2020 habe auf die tatsächlichen Personalkosten von 45.528,00 Euro im März 2020 keine Auswirkungen gehabt, da keine Erstattungen unmittelbar im gleichen Monat erfolgt seien, lediglich im April habe sich eine geringe Ersparnis von 14.871, – Euro ergeben.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Klageforderung für berechtigt hält, hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem erststelligen Teilanspruch der Beklagten auf Rückzahlung von Miete für den Zeitraum vom 18.03.2020 bis 31.03.2020 in Höhe von 17.523,46 Euro (14/31 der Monatsmiete, Bl. 56 GA) und hilfsweise für den Monat April in Höhe von 1.105,38 Euro (4/30 der Miete – 80%, Bl. 56, 51 GA) erklärt. Ferner hat sie hilfsweise für den Fall, dass die Klägerin als Vermieterin in das Mietverhältnis des Herrn A mit der Beklagten zu dem streitbefangenen Mietobjekt eingetreten ist, widerklagend die Rückzahlung der anteiligen Miete für den Zeitraum vom 18.03.2020 bis 31.03.2020 in Höhe von 17.523,46 Euro nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB begehrt.

Mit Endurteil vom 15.04.2021 (Bl. 217 ff. GA), auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der dort gestellten Anträge und der Würdigung des Streitstoffs durch die Zivilkammer gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 30.940 Euro nach § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 des Mietvertrags vom 08.07.2013. Die Aufrechnung der Beklagten gehe ins Leere. Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da sie durch den Erwerb der Immobilie nach §§ 578, 566 Abs. 1 BGB in das streitgegenständliche Mietverhältnis eingetreten sei. Die Beklagte könne die streitgegenständliche Miete nicht nach § 536 Abs. 1 BGB mindern. Die durch hoheitliche Maßnahme bewirkten Gebrauchsbeschränkungen stellten keinen Sachmangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB dar, da diese dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren dienten und dementsprechend nicht – wie dies beim Mietmangel erforderlich wäre – unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache anknüpfe, sondern allein an dem Betrieb der Räumlichkeiten durch die Beklagte, der untersagt sei. Dieser Umstand sei jedoch dem Risikobereich des Mieters und damit der Beklagten zuzuordnen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten liege auch kein Fall der Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB vor. Der Vermieter müsse dem Mieter lediglich eine Gebrauchsmöglichkeit verschaffen, was die Klägerin vorliegend getan habe. Das Verwendungsrisiko der Mietsache habe der Gesetzgeber durch § 537 BGB hingegen grundsätzlich dem Mieter zugewiesen.

Schließlich komme auch keine Vertragsanpassung wegen der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht. Der Beklagten sei unter Abwägung aller Umstände einschließlich der Risikoverteilung zumutbar, an der vertraglichen Mietzahlungspflicht festzuhalten. Entscheidend sei insoweit, dass sie als Mieterin grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trage, welches auch das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, umfasse. Für eine andere Risikoverteilung fehle es im Vertrag an jeglichen Anhaltspunkten. Das Maß der Unzumutbarkeit sei damit letztlich nur bei substantiierter Darlegung einer Existenzgefährdung des Mieters erreicht. Dass die streitgegenständliche Schließung zu existenziell bedeutenden Folgen für die Beklagte geführt habe, sei jedoch nicht dargetan. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte die vereinbarte Miete mit Ausnahme des Monats April 2020 unverändert fortzahle. In Art. 240 § 7 EGBGB habe der Gesetzgeber auch nicht klargestellt, dass regelmäßig von einer Unzumutbarkeit auszugehen sei.

Da die entsprechende Mietzahlungspflicht der Beklagten bestehe, bleibe die hilfsweise erklärte Aufrechnung mangels Bestehens einer Aufrechnungslage ohne Erfolg.

Die zulässige Hilfswiderklage habe ebenfalls keinen Erfolg. Die zulässige innerprozessuale Bedingung, dass die Klägerin in das streitgegenständliche Mietverhältnis eingetreten sei, sei zwar eingetreten. Der Beklagten stehe jedoch kein Anspruch auf Zahlung von 17.523,46 Euro nach § 812 Absatz 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zu, da die Zahlungspflicht trotz behördlicher Schließungsverfügungen in unveränderter Höhe fortbestanden habe, so dass die Zahlung der Miete nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sei.

Hiergegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung und die Hilfswiderklage weiterverfolgt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Das Landgericht habe fehlerhaft die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Die Voraussetzungen des § 566 Abs. 1 BGB hätten mangels Sachherrschaft ihrerseits über die Mietsache zum maßgeblichen Zeitpunkt der Umschreibung des Eigentums im Grundbuch am 08.01.2014 angesichts der erst am 19.03.2015 erfolgten Übergabe der Mietsache nicht vorgelegen. Soweit die Klägerin nunmehr ein auf den 24.09.2013 datiertes Schreiben vorlege, bestreite sie, dass es ein Übernahmeschreiben gemäß der Anlage BB 1 gegeben habe und dieses am 24.09.2013 durch Herrn A erstellt und der Klägerin zugestellt worden sei. Der Vortrag sei nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Überdies würden die Voraussetzungen des § 567a BGB durch diese einseitige Erklärung ohnehin nicht erfüllt. Sie bestreite deren Annahme durch die Klägerin.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch die von ihr vorrangig geltend gemachte Minderung der Mieten für März und April 2020 nach § 536 BGB verneint. Es liege ein Mangel vor. Diese Auffassung werde auch in der Literatur (Säcker/Schubert, BB 2020,2563; Selk, NZM 2021, 369) sowie in der Rechtsprechung in einzelnen Entscheidungen geteilt (AG Pinneberg, Urteil vom 17.11.2020, 81 C 18/20; LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20). Die behördlichen Schließungsanordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hätten die Verbreitung des Corona-Virus auf die einzelnen Bundesländer verhindern sollen. Die Lage der Mietsache in dem Epidemiegebiet stelle einen objektbezogenen Umstand und dar und habe daher einen unmittelbaren Bezug zur Beschaffenheit des Mietobjekts, die in die Sphäre des Vermieters falle. Da die Parteien im Mietvertrag einen konkreten Mietzweck vereinbart hätten, der die Nutzung der Mietfläche zum Betrieb eines Einzelhandels mit Publikumsverkehr an der Haupteinkaufsstraße der Innenstadt voraussetze, komme eine Zuordnung zum Verwendungsrisiko des Mieters nicht in Betracht. Dass eine unverschuldete hoheitliche Betriebsschließung nicht in das unternehmerische Verwendungsrisiko falle, ergebe sich auch nach höchstrichterlicher Bewertung des BAG (Urteil vom 13.10.2021, 5 AZR 211/21).

Die gesetzlichen Schließungsanordnungen nach den Coronaschutzverordnungen griffen ferner in die Art der Nutzung von Gebäuden im gesamten Bundesland und damit auch in die Art der baurechtlich zulässigen Nutzung ein. Denn die Maßnahmen der Gefahrenabwehr aus dem Infektionsschutzgesetz gälten gegenüber jedermann und nicht ausschließlich gegenüber den Einzelhandelsunternehmen. Der Infektionsschutz überlagere in der Gefahrenabwehr das Baurecht und dränge dessen Regelungen zurück. Verstöße gegen die mietvertraglich vereinbarten Gewährleistungspflichten seien während der Mietzeit aber allein das Risiko des Vermieters.

Schließlich könne auch nicht auf das BGH-Urteil zum Nichtraucherschutz bzw. Rauchverbot in Gaststätten abgestellt werden, um dem Mieter ein Verwendungsrisiko zuzuordnen, denn anders als in der ergangenen BGH-Entscheidung, bei der der vereinbarte Verwendungszweck des Gaststättenbetriebs grundsätzlich habe weiterhin verfolgt werden können und sich lediglich die Bedingungen, also das „wie“ verändert hätten, gehe es im Pandemiefall mit behördlicher Nutzungsuntersagung um das „Ob“, also ob überhaupt Einnahmen aus dem Betrieb einer Verkaufsstätte möglich seien, weil das Geschäft geschlossen gehalten werden müsse. Dies habe mit einem typischen unternehmerischen Risiko nichts zu tun, da der Verwendungszweck mit einer Nutzung der Mietsache insgesamt nicht mehr gegeben sei.

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Zumindest müsse eine Anpassung des Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB erfolgen. Der Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB stehe auch nicht die Berücksichtigung des normativen Tatbestandselements entgegen. Insoweit nimmt die Beklagte auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe (Urteil vom 10.02.2021, 7 U 109/20), Dresden (Urteil vom 24.02.2021, 5 U 1782/20) und des Kammergerichts (Urteil vom 01.04.2021, 8 U 1099/20) Bezug. Mangels entgegenstehender vertraglicher Regelungen zum Pandemiefall bleibe es bei der gesetzlichen Vermutung, dass das Pandemierisiko mit einhergehender behördlicher Schließungsverfügung nicht von der Beklagten als Mieterin zu tragen sei. Eine Anpassung des Vertrags erfordere nicht das Vorliegen einer existenzgefährdenden Lage. Maßgeblich sei, dass es sich um ein Dauerschuldverhältnis handele, in dem eine Störung der Geschäftsgrundlage zu einer Äquivalenzstörung führe. Das Kammergericht gehe sogar von einer Vermutung einer Existenzbedrohung aus, wenn eine Schließung einen Monat oder länger andauere. Die Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB sei daher für den jeweiligen Zeitraum der zu zahlenden Miete zu beurteilen und vorzunehmen, hier für den Monat April 2020. Die Anpassung erfolge entsprechend der Entscheidungen des OLG Dresden und des Kammergerichts unter Teilung der Nettokaltmiete, welche dadurch um 50% reduziert sei. Diese Anpassung erfolge ohne Beweisaufnahme und ohne besondere Umstände des Einzelfalls der Mietsache oder des Mietvertrags. Auf die Frage von etwaigen staatlichen Hilfen oder einer anderweitigen Nutzung, welche im Rahmen der behördlich verfügten Pandemiebekämpfung noch zulässig gewesen wäre, komme es insoweit nicht an.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 15.04.2021, Az. 15 O 325/20, die Klage abzuweisen,

2. hilfswiderklagend für den Fall des Eintritts der Klägerin in das Mietverhältnis, die Klägerin zu verurteilen, an sie 17.523,46 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. das Verfahren zur Durchführung des Nachverfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen.

2. das Verfahren zur Durchführung des Nachverfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens nach Maßgabe der Berufungserwiderung. Sie macht erstmals in der Berufungsinstanz geltend, sie sei gemäß § 566 Abs. 1, 567a BGB als Erwerberin anstelle von Herrn A in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eingetreten, indem sie diesem gegenüber mit der Erklärung vom 24.09.2013 sämtliche Pflichten aus dem Mietverhältnis übernommen habe.

Die erhobene Eventualwiderklage der Beklagten sei aufgrund der im Urkundenprozess geltend gemachten Forderung nach § 595 ZPO nicht statthaft und damit schon unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig nebst Anlagen zu der Verfahrensakte gereichten Schriftsätze und auf den übrigen Inhalt der Verfahrensakte verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat aus den mit den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.11.2021 eingehend erörterten Gründen nur insoweit Erfolg, als der Beklagten im Wege des Vorbehaltsurteils gemäß § 599 Abs. 1 ZPO die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten und die Hilfswiderklage als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen ist. Ferner waren der Klägerin die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten aufzuerlegen. Der Klage hat das Landgericht hingegen im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

1. Auch wenn das Landgericht ein End- und kein Vorbehaltsurteil erlassen hat, ist zunächst klarstellend festzuhalten, dass das vorliegende Verfahren im Urkundenverfahren geführt wird, da die Klägerin das Verfahren mit der Beantragung und dem Erlass eines Urkundenmahnbescheids eingeleitet hat, § 703a Abs. 1 ZPO. Nach Widerspruchserhebung durch die Beklagte ist die Streitsache nach Abgabe an das von der Klägerin angegebene Landgericht Hamburg sodann ohne Weiteres im Urkundenprozess anhängig geworden, § 703a Abs. 2 Nr. 1 ZPO. In der Anspruchsbegründung hat die Klägerin dementsprechend ausdrücklich zur Statthaftigkeit des Urkundenverfahrens Stellung genommen. In der Folgezeit hat sie vom Urkundenverfahren auch nicht wieder Abstand genommen, § 696 ZPO. Denn dies hätte als Prozesshandlung einer eindeutigen entsprechenden Erklärung bedurft (Greger in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 596 Rn. 1). Eine solche findet sich jedoch weder in den Schriftsätzen der Klägerin noch im Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht. Im Gegenteil – wie sich aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 18.02.2021, dort Seite 7 (Bl. 155 GA) ergibt -, ist nicht nur die Klägerin, sondern auch die Beklagte davon ausgegangen, dass es sich um ein Urkundenverfahren handelt.

2. Die Klage ist auch im Urkundenprozess zulässig. Mietzinsforderungen können im Urkundenprozess eingeklagt und wie hier durch Vorlage des Mietvertrags belegt werden. Die Klägerin hat auch sämtliche anspruchsbegründende Tatsachen, nämlich ihre Aktivlegitimation sowie die Zahlungsverpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Mietzinses für April 2020 in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe, soweit diese nicht ohnehin unstreitig sind, durch die vorgelegten Urkunden (Mietvertrag, Übernahmeerklärung) belegt, § 592 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei war die Vorlage von Kopien ausreichend. Dies gilt auch in Bezug auf die Übernahmeerklärung der Klägerin vom 24.09.2013 (Anlage BB 1). Insoweit wird auf die nachstehenden Ausführungen unter 3.a Bezug genommen. Dass die Übernahmeerklärung nicht bereits der Klage beigefügt wurde, ist unschädlich, da nach § 593 Abs. 2 ZPO eine Vorlage auch noch in einem späteren Schriftsatz, selbst noch in der Berufungsinstanz möglich ist (Braun/Heiß in: MünchKommZPO, 6. Aufl., § 593 Rn. 6).

Der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses steht nicht entgegen, dass die Beklagte die nachträgliche Mangelhaftigkeit der Mietsache einwendet und der Anspruch auf die Miete in diesem Fall gemäß § 536 Abs. 1 BGB ganz oder teilweise erloschen wäre. Denn die Mängelfreiheit der Mietsache gehört nicht zu den zur Begründung des Anspruchs auf Miete erforderlichen Tatsachen, vielmehr begründet die nach Übergabe mangelbedingt eingetretene Mietminderung eine materiell-rechtliche Einwendung des Mieters gegen die Forderung auf Mietzahlung, die dieser darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Vorbehaltsurteil vom 01.06.2005 – VIII ZR 216/04 -, NJW 2005, 2701; Beschluss vom 16.10.2013 – XII ZR 64/12 -, BeckRS 2013, 19782).

Die einredeweise Geltendmachung einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB durch die Beklagte führt entgegen deren Ansicht ebenfalls nicht zur fehlenden Statthaftigkeit des Urkundenprozesses. Zwar spricht nach Art. 240 § 7 EGBGB eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich durch die coronabedingten Anordnungen zur Schließung und Beschränkung des Publikumsverkehrs auf den Ladenflächen ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat (reales Merkmal des § 313 BGB). Die weiteren Merkmale des § 313 Abs. 1 bleiben jedoch unberührt und sind im Streitfall durch die Partei, die sich auf die Regelung beruft, darzulegen und zu beweisen (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, Seite 20), und zwar im Urkundenprozess mit den dort zulässigen Beweismitteln. Damit ist es entgegen der Ansicht der Beklagten (Bl. 155 GA), an ihr, die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung darzulegen und zu beweisen.

3. Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der unstreitig noch offenen Miete für April 2020 in Höhe von 30.940,00 Euro brutto gemäß § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 des Mietvertrags vom 08./10.07.2013 zu.

a) Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist, den Anspruch geltend zu machen, da sie in den zwischen dem vorherigen Eigentümer, Herrn A, und der Beklagten geschlossenen Mietvertrag vom 08./10.07.2013 eingetreten ist. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus §§ 578 Abs. 2, 566 Abs. 1 BGB. Insoweit beanstandet die Beklagte zu Recht, dass die vom Landgericht bejahten Voraussetzungen des § 566 Abs. 1 BGB, welcher gemäß § 578 Abs. 2 BGB auf gewerblich genutzte Mieträume entsprechend anwendbar ist, nicht vorliegen. Denn danach tritt der Erwerber an Stelle des Vermieters nur dann in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn der vermietete Wohnraum nach Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert wird. Zum Zeitpunkt des Eigentumswechsels muss der Mieter daher schon im Besitz der Mietsache sein, das bloße Bestehen eines Mietvertrags reicht hingegen nicht (BGH, Hinweisbeschluss vom 05.04.2016 – VIII ZR 31/15 -, NJW-RR 2016, 982 Rn. 4; Urteil vom 04.09.2019 – XII ZR 52/18 -, NJW 2020, 683 Rn. 29). Vorliegend erfolgte die Eigentumsübertragung jedoch schon vor der Überlassung des Mietobjekts an die Beklagte. Die Klägerin wurde am 08.01.2014 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen, die tatsächliche Übergabe der Mieträume an die Beklagte fand hingegen erst am 19.03.2015 statt.

Das Mietverhältnis ist jedoch gemäß §§ 567a, 566 Abs. 1 BGB auf die Klägerin übergegangen, da diese nach ihrem erstmaligen Vortrag in der Berufungsinstanz am 24.09.2013 und damit vor der Überlassung der vermieteten Räumlichkeiten an die Beklagte gegenüber dem bisherigen Vermieter die Erfüllung der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Pflichten übernommen hat. Der von der Beklagten bestrittene Vortrag ist in der Berufungsinstanz zuzulassen, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Zwar war die Frage der Aktivlegitimation bereits erstinstanzlich streitig, allerdings ist das Landgericht der Ansicht der Klägerin gefolgt, dass diese gemäß § 566 BGB in den Mietvertrag mit der Beklagten eingetreten sei, obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2021 mitgeteilt hatte, dass das Mietobjekt am 19.03.2015 übergeben worden sei. Damit hat es diesen Gesichtspunkt erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten, denn ein Hinweis an die Klägerin, dass deren bisheriger Vortrag nunmehr unzureichend ist, ist ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht erfolgt. Richtigerweise hätte es die Klägerin, die diesen Gesichtspunkt ebenfalls für unerheblich gehalten hat, aber darauf hinweisen müssen, dass ihr bisheriger Vortrag nunmehr unzureichend ist. Dadurch hat es die Klägerin davon abgehalten, diesbezüglich (weiter) vorzutragen. Dass ihr Vorbringen unzureichend war, musste die Klägerin auch nicht aufgrund des vorherigen Vorbringens der Beklagten erkennen. Die Beklagte hatte zunächst nur darauf hingewiesen, dass der Mietvertrag nicht mit der Klägerin geschlossen worden sei (Bl. 39 GA) und nach näherer Darlegung der Klägerin zum Grundstückserwerb und dem daraus von ihr gefolgerten Eintritt in den Mietvertrag gemäß §§ 578 Abs. 1, 566 Abs. 1 BGB nur ganz allgemein den Übergang des Mietvertrags auf die Klägerin gemäß § 566 Abs. 1 BGB bestritten, ohne dies näher zu konkretisieren (Bl. 119 GA). Ihre fehlende vorherige Sachherrschaft hat sie erst in der Berufungsbegründung geltend gemacht. Im Übrigen würde eine etwaige Nachlässigkeit der Partei die Zulassung neuen Vortrags gem. § 531 Abs. 1 Nr. 1 ZPO – anders als im Fall der Nr. 3 – auch nicht ausschließen (BGH, Beschluss vom 26.01.2021 – VI ZR 1304/20 -, NJW-RR 2021, 249 Rn. 12).

Die Klägerin hat ihre Behauptung auch durch Vorlage einer Privaturkunde nachgewiesen, nämlich durch das von ihrem Geschäftsführer verfasste Schreiben vom 24.09.2013 (Anlage BB1, Bl. 282 GA), nach welchem die Klägerin sich gegenüber dem früheren Eigentümer bereit erklärt hat, die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zu übernehmen. Insoweit war hier die Vorlage einer Kopie des Schreibens ausreichend. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte die inhaltliche Richtigkeit des Schreibens vom 24.09.2013, insbesondere die Abfassung bereits im Jahr 2013 bestritten hat. Nach § 595 Abs. 3 ZPO kann der Urkundenbeweis nur durch Vorlegung der Urkunden angetreten werden. Dies setzt jedoch entgegen der von der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.11.2021 vertretenen Ansicht nicht zwingend die Vorlage eines Originals voraus, vielmehr reicht die Vorlage einer Kopie grundsätzlich aus (Voit in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 592 Rn. 27 und § 593 Rn. 4: Greger in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 592 Rn. 15). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Echtheit und die Übereinstimmung mit dem Original nicht bestritten ist (OLG München, Urteil vom 21.11.2019 – 23 U 4170/18 -, BeckRS 2019, 31002 Rn. 37; Kratz in: BeckOK ZPO, 42. Ed. 01.09.2021, § 592 Rn. 27; Voit in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 592 Rn. 12; Feskorn in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 420 ZPO, Rn. 3; Geldmacher in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., Kapitel 4. Rn. 19). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Echtheit der Urkunde nicht bestritten, da sie nicht in Abrede gestellt hat, dass die Unterschrift auf dem Schreiben von Herrn A stammt und der über seiner Unterschrift stammende Text ihm zuzuordnen ist. Sie beanstandet auch keine Abweichungen zwischen Original und Kopie, sondern bestreitet, dass es damals ein Übernahmeschreiben gemäß der Anlage BB 1 gegeben habe und dieses am 24.09.2013 durch Herrn A erstellt worden sei. Insoweit bezieht sich ihr schriftsätzliches Bestreiten auf die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde. Diesem im Rahmen der rechtlichen Erörterung der Sache im Termin vom 03.11.2021 vertretenen Verständnis des Senats ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Ob die in der Urkunde enthaltenen Angaben zutreffen, unterliegt – da sich die Vermutung des § 416 ZPO, wonach der Text einer echten Privaturkunde von dem Unterzeichner stammt, nicht auf dessen inhaltliche Richtigkeit erstreckt und mangels Beteiligung der Beklagten an der Errichtung der Urkunde auch nicht die Vermutung für deren Vollständigkeit und Richtigkeit spricht (vgl. Festkorn in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., Vor § 415 Rn. 7 m.w.N.) – jedoch dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung, § 286 Abs. 1 ZPO (Huber in; Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 416 Rn. 4; Festkorn in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 416 Rn. 7, 10; Kratz in: BeckOK ZPO, 42. Ed. 01.09.2021, § 592 Rn. 33). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte unstreitig von dem Vermieter seinerzeit aufgefordert worden ist, die Miete an die Klägerin zu zahlen. Auch hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, dass sie nunmehr Vermieterin ist. Insbesondere hat sie nicht etwa die Beklagte auf Herausgabe der Räumlichkeiten in Anspruch genommen. Im Schreiben vom 08.04.2020 an die Beklagte hat sie unter Bezugnahme auf den „mit uns bestehenden Mietvertrag“ eine Nachtragsvereinbarung zum Mietvertrag mit einer Stundungsregelung angeboten. Auch die Beklagte hat die Klägerin offensichtlich als Vermieterin angesehen. So hat sich diese mit ihrer Ankündigung, die Miete für April nicht zahlen zu wollen, nicht etwa an Herrn A in seiner Eigenschaft als ursprünglichen Vermieter gewandt, sondern sie hat die Klägerin angeschrieben. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass eine Erfüllungsübernahme nachgewiesen ist und der Mietvertrag damit mit der Klägerin zustande gekommen ist.

Grundsätzlich reicht zwar eine einseitige Erfüllungsübernahme nicht aus, vielmehr ist eine Vereinbarung zwischen dem Erwerber und dem bisherigen Vermieter erforderlich (Burbulla in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 567a Rn. 9; Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 567a Rn. 8; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 567a Rn. 6). Allerdings ist die Übernahmeerklärung formlos möglich und kann daher auch konkludent erklärt werden (Burbulla, a.a.O., § 567a Rn. 10; Streyl, a.a.O., § 567a Rn. 5; Blank/Börstinghaus, a.a.O., § 567a Rn. 8). Der Umstand, dass die Mieten nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (Bl. 39 GA) auf Veranlassung des bisherigen Vermieters an die Klägerin gezahlt wurden, lässt insoweit den Schluss zu, dass die Übernahme der mietvertraglichen Pflichten durch die Klägerin im Einverständnis des bisherigen Vermieters erfolgt ist, denn ansonsten wäre eine Überleitung der Mietzahlungen nicht nachvollziehbar. Einer Anzeige der Erfüllungsübernahme gegenüber dem Mieter bedarf es nicht (Burbulla, a.a.O., § 567a Rn. 10; Streyl, a.a.O., § 567a Rn. 5).

b) Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Miete für April 2020 nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war. Eine Minderung scheidet schon aus Rechtsgründen aus, da die coronabedingten Schließungsanordnungen und weiteren Beschränkungen des Geschäftsbetriebs der Beklagten keinen Sachmangel darstellen.

aa) Ein Mangel der Mietsache, der gemäß § 536 BGB bei Aufhebung oder erheblicher Minderung ihrer Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch eine Mietminderung begründet, liegt vor, wenn ihr tatsächlicher vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht, welcher sich in erster Linie nach den (auch konkludenten) Beschaffenheitsvereinbarungen der Vertragsparteien bestimmt und auch Umstände umfassen kann, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 152/12 -, MDR 2013, 262, Rn. 8). Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkungen können nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache in Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 189/09 -, NZM 2011, 727 Rn. 9 m.w.N.).

bb) Dies ist vorliegend zu verneinen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffende Begründung des Landgerichts Bezug genommen, der der Senat uneingeschränkt folgt.

(1) Die Schließungsanordnungen und die ab dem 20.04.2020 zu beachtenden Flächen- und Kundenzahlbeschränkungen sowie Hygiene- und Infektionsschutzstandards knüpfen nicht an die konkrete körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache selbst, sondern an den Gewerbebetrieb des jeweiligen Mieters an. Die Maßnahmen stellen auf die konkrete Nutzungsart sowie den Umstand ab, dass in den betroffenen Flächen unkontrollierbarer Publikumsverkehr stattfindet, welcher zur Eindämmung der Corona-Pandemie zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren sowie zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems unterbunden oder beschränkt werden soll. Da dies nichts mit der Mietsache als solcher zu tun hat, begründet eine daran anknüpfende behördliche Beschränkung, die unabhängig von der konkreten Mietsache alle nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienenden Betriebe betrifft, keinen Mietmangel, für den der Vermieter verantwortlich ist. Dies entspricht soweit ersichtlich auch der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021 – 7 U 109/20 -, NZM 2021, 224 Rn. 13 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 18/21 -; Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 147/20 – zu Pachtvertrag; KG, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -, BeckRS 2021, 8005 Rn. 37; Senat, Hinweisbeschluss vom 31.05.2021 – 22 U 205/20 -; OLG Schleswig, Urteil vom 16.06.2021 – 12 U 148/20 -, BeckRS 2021, 18921 Rn. 31 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2021 – 30 U 114/21 -; i.E. auch OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 -, allerdings eine Zuordnung zum Verwendungsrisiko des Mieters ablehnend; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Streyl NZM 2020, 817, 818 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Heilmann NZM 2020, 497; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Rieger, NJOZ 2021, 193, 194 f.; a.A.: LG München I, Urteil vom 22.09.2020 – 4495/20 -; AG Pinneberg, Urteil vom 17.11.2020 – 81 C 18/20 -; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020 – 23 O 753/20 – BeckRS 2020, 37736 Rn. 21 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2567 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 407 ff.; Selk, NZM 2021, 369 ff.). Der Vermieter ist nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, die Mietsache in einem gebrauchstauglichen Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehen Nutzung ermöglicht, das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko trägt hingegen der Mieter allein (BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 189/09 -, NZM 2011, 727 Rn. 9 m.w.N.; Urteil vom 16.02.2000 – XII ZR 279/97 -, NZM 2000, 492, 494; Sittner, NJW 2020, 1169).

(2) Entgegen der Ansicht der Berufung kann ein Objektbezug auch nicht aus der Lage des Mietobjekts hergeleitet werden, da die Schließungsanordnung und weiteren Beschränkungen für den Einzelhandel im März/April 2020 nach der einschlägigen Allgemeinverfügung und der Coronaschutzverordnung flächendeckend für das gesamte Bundesland Nordrhein-Westfalen galten und es entsprechende Anordnungen auch in anderen Bundesländern gab. Die Lage der Mietsache ist danach kein Differenzierungsmerkmal, was gerade das streitgegenständliche Mietobjekt von anderen unterscheidet und einen konkreten Objektbezug herstellt (vgl. auch OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Frankfurt, Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 18/21 -; Blank/Börstinghaus in: Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 749; a.A: Selk, NZM 2021, 369 ff., 376 f.). Dies gilt entgegen der erstinstanzlich vertretenen Ansicht der Beklagten (Bl. 125 GA) auch, soweit die behördlichen Beschränkungen ab dem 21.04.2020 von der Größe der Geschäftsfläche abhängig gemacht wurden. Die Maßnahmen knüpfen auch diesbezüglich allein daran an, dass die Geschäftstätigkeit des Betriebsinhabers zu Publikumsverkehr mit einer unkontrollierbaren Vielfalt von Personen führt. Damit zielen die Maßnahmen allein auf die Art und Weise der Betriebsführung ab (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -). Das Mietobjekt ist nach Beschaffenheit und Lage für den vereinbarten Zweck grundsätzlich weiterhin geeignet gewesen. Gegenteiliges folgt entgegen der Ansicht der Beklagten (Bl. 156 f. GA) auch nicht daraus, dass in der Gesetzesbegründung zu Art. 240 § 7 EGBGB von einer Aufhebung oder Einschränkung der „Verwendbarkeit“ der Mietsache für den Betrieb des Mieters durch die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie die Rede ist (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, Seite 20). Abgesehen davon, dass diese Ausführungen im Rahmen der Anwendbarkeit des § 313 Abs. 1 BGB erfolgen, hat der Gesetzgeber gleichzeitig auch festgehalten, dass die Maßnahmen regelmäßig (auch) nicht der Sphäre des Vermieters zuzuordnen sind (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, a.a.O.). Der Gesetzgeber geht danach gerade nicht von einem vom Vermieter grundsätzlich zu tragendem Risiko in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts für den vereinbarten Mietzweck aus. Die Annahme eines Mangels, für den der Vermieter einzustehen hätte, kommt daher auch nach der Gesetzesbegründung nicht in Betracht.

(3) Das Vorliegen eines Sachmangels lässt sich auch nicht damit begründen, dass die streitgegenständlichen Räumlichkeiten nach dem Inhalt des Mietvertrags zu einem konkreten Nutzungszweck, nämlich zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien, Kosmetik, Schmuck, Schuhe, Lederwaren, Heimtextilien, Haushaltswaren, Sportartikel, Accessoires sowie dem mieterüblichen Randsortiment, vermietet worden sind. Denn die Mieträume als solche sind zu diesem Zweck grundsätzlich auch nach den hoheitlichen Anordnungen weiterhin in gleicher Weise geeignet gewesen. Untersagt worden ist lediglich der Betrieb des Einzelhandelsgeschäfts, und zwar – wie ausgeführt – unabhängig von der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache. Dieser Umstand fällt jedoch grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters, der das Verwendungsrisiko trägt (vgl. Sittner, NJW 2020, 1169, 1171). Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht der Argumentation in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen des Landgerichts München I vom 22.09.2020 – 4495/20 -, des Amtsgerichts Pinneberg vom 17.11.2020 – 81 C 18/20 – (Urteil abgeändert durch Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 30.07.2021 – 9 S 97/20 -, das einen Mangel verneint, BeckRS 2021, 21429 Rn. 34 ff.) und des Landgerichts Kempten vom 07.12.2020 – 23 O 753/20 – (BeckRS 2020, 37736), wonach der vereinbarte Mietzweck durch die behördliche Schließung unmittelbar beeinträchtigt worden sei, zu folgen. Denn dass die behördliche Einschränkung die vertragsgemäß vorausgesetzte Nutzungsmöglichkeit selbst betrifft, lässt nach den vorstehenden Maßstäben für sich gesehen nicht den Schluss darauf zu, dass dies unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit der Mietsache zusammenhängt. Maßgebend ist ein Objektbezug des Mangels, der vorliegend, wie ausgeführt, zu verneinen ist. Die Beklagte hätte den Betrieb ihres Einzelhandelsgeschäfts auch in anderen Räumlichkeiten nicht ausüben können.

(4) Vor diesem Hintergrund geht auch der Verweis der Beklagten auf einen Eingriff der Maßnahmen in die Art der baurechtlichen Nutzung fehl. Die Nutzung des Mietobjekts zu dem im Mietvertrag angegebenen Zweck des Betriebs eines Einzelhandelsgeschäfts ist aus baurechtlicher Sicht auch nach den hoheitlichen Anordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie erlaubt gewesen. Die Beklagte konnte „lediglich“ den Betrieb des Einzelhandels zur Vermeidung von Publikumsverkehr nicht ausüben bzw. nicht uneingeschränkt ausüben, um weitere Ansteckungen zu verhindern bzw. einzudämmen. Dies hat jedoch nichts mit der baurechtlichen Zulässigkeit der Art der Nutzung zu tun, weil die Maßnahmen nicht an die Substanz oder Beschaffenheit der Mietsache anknüpfen.

(5) Ohne Erfolg wendet sich die Berufung auch gegen die Heranziehung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2011 – XII ZR 189/09 – (NZM 2011, 727 ff.) zur Abgrenzung der Folgen der behördlichen Anordnungen als objekt- oder als betriebsbezogen. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall kam der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass das dort in Rede stehende Rauchverbot aufgrund des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz in den streitgegenständlichen angemieteten Gaststättenräumen sich auf die Art und Weise der Betriebsführung des Mieters bezieht und nicht objektbezogen ist (BGH, a.a.O., Rn. 10 ff.). Dass dort der Mieter den Geschäftsbetrieb fortführen konnte, während dies angesichts der Schließungsanordnung vorliegend nicht der Fall ist, steht einer Vergleichbarkeit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen, denn maßgebliches Kriterium zur Frage, ob ein Mangel vorliegt, ist nicht das Ausmaß der Nutzbarkeit der Mieträume, sondern ob ein Objektbezug vorliegt, der in die Risikosphäre des Vermieters fällt. Insoweit sind das der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Rauchverbot und die coronabedingten behördlichen Schließungsanordnungen und sonstigen Beschränkungen jedoch vergleichbar, weil sie beide nicht an dem Mietobjekt selbst anknüpfen, sondern zum Zwecke des Gesundheitsschutzes erfolgten, das Rauchverbot in Bezug auf Gäste und Personal, die hier in Rede stehenden Anordnungen zur Abwehr erheblicher Gesundheitsgefahren der Bevölkerung aufgrund des pandemischen Infektionsgeschehens (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; Streyl, NZM 817, 823).

(6) Auch die von der Beklagten erstinstanzlich (Bl. 47 GA) angeführte Rechtsprechung des Reichsgerichts (Urteil vom 09.11.1915 – Rep. III 145/15 -, RGZ 91, 54 ff.), bei der es um ein polizeiliches Verbot von öffentlichen Tanzveranstaltungen während des ersten Weltkrieges ging, führt nicht zur Annahme eines Sachmangels. Soweit das Reichsgericht dort für einen Mangel hat ausreichen lassen, wenn es sich bei dem Verbot „um irgendwelche Beziehungen (z.B. die örtliche Lage) der Mietsache handelt“, erfordert ein Mangel nach heutiger Rechtslage einen Objektbezug der Nutzungseinschränkung, der – wie ausgeführt – nicht vorliegt. Vor diesem Hintergrund vermag auch der Verweis der Beklagten (Bl. 123 GA) auf die Entscheidung des Landgerichts München I (Urteil vom 22.09.2020 – 3 O 4495/20 -) und die dort zitierten weiteren Entscheidungen des Reichsgerichts (LG München I, a.a.O. Rn. 22 ff.) eine andere Bewertung nicht zu rechtfertigen.

(7) Schließlich ist die Annahme eines Sachmangels auch nicht aufgrund des von der Beklagten angeführten Urteils des BAG vom 13.10.2021 – 5 AZR 211/21 – (vgl. Pressemitteilung FD-ArbR 2021, 442723) veranlasst, wonach ein Betriebsinhaber wegen der hoheitlichen Betriebsschließung hinsichtlich der ihm angebotenen Arbeitsleistung des geringfügig Beschäftigten nicht in Annahmeverzug kommt, da die behördlich angeordnete Betriebsschließung nicht in das Betriebsrisiko des Unternehmers falle. Es sei vielmehr Sache des Staates, ggf. für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt sei – zu sorgen. Die zum Arbeitsrecht ergangene Entscheidung des BAG ist schon nicht einschlägig. Aber selbst wenn man mit der Beklagten von einer Übertragbarkeit der Entscheidung ins Mietrecht ausgehen wollte, resultiert daraus nicht zwangsläufig, dass die Betriebsuntersagung in den Verantwortungsbereich der Klägerin fällt. Vor diesem Hintergrund scheidet ein Mangel aus.

c) Zutreffend hat das Landgericht einen Wegfall der Mietzahlungspflicht wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährungspflicht der Klägerin nach §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB verneint. Entgegen der erstinstanzlich vertretenen Ansicht der Beklagten sind die Vorschriften vorliegend nach Überlassung der Mietsache nicht mehr anwendbar und werden von den speziellen Regelungen des Gewährleistungsrechts nach §§ 536 ff. BGB verdrängt (BGH, Urteil vom 04.05.2005 – XII ZR 254/01 -, NJW 2005, 2152, 2154; OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 -; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; KG, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -, BeckRS 2021, 8005 Rn. 37), da die Beklagte die Gebrauchsuntauglichkeit der Mietsache infolge der behördlichen Verbote rügt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Verweis der Beklagten auf § 134 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt nichtig ist. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag nicht infolge der Anordnung in der Allgemeinverfügung sowie in der Coronaschutzverordnung nichtig geworden. Auch war nicht die Zurverfügungstellung des Mietobjekts durch den Vermieter verboten worden, sondern die aktive Ausübung des Betriebs durch die Beklagte.

Unabhängig davon liegt aber auch ein Fall der Unmöglichkeit für die Klägerin, der Beklagten gemäß § 535 Abs. 1 S. 1 BGB den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren und gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten, nicht vor (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021 – 7 U 109/20 -, NZM 2021, 224 Rn. 16 f.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 18/21 -; OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2021 – 30 U 114/21 -). Die Klägerin war lediglich verpflichtet, der Beklagten die Möglichkeit des Gebrauchs zu dem vereinbarten Vertragszweck zu gewähren. Die Eignung des Mietobjekts für diese Zwecke ist aber durch die Anordnung der coronabedingten Maßnahmen nicht entfallen, sondern war weiterhin prinzipiell möglich, da sie nicht objektbezogen wirkten. Die Beklagte hat die Räumlichkeiten auch weiterhin zumindest für die Lagerung ihrer Ware genutzt, so dass die Klägerin ihrer Pflicht nachgekommen ist. Den dahingehenden zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ist die Beklagte in der Berufung auch nicht mehr entgegengetreten.

d) Auch soweit die Beklagte einredeweise einen Anspruch auf Anpassung des Mietzinses für April 2020 gemäß § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage geltend macht, steht dies dem Klageanspruch vorliegend nicht entgegen. Der Senat geht zwar davon aus, dass eine Anpassung des Mietvertrags nach § 313 Abs. 1 BGB infolge der coronabedingten Einschränkungen grundsätzlich in Betracht kommen kann. Danach kann eine Partei eine Vertragsanpassung verlangen, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben (sog. reales Merkmal) und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten (sog. hypothetisches Element). Eine Vertragsanpassung kommt nur in Betracht, wenn der Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (sog. normatives Merkmal). Gemäß § 313 Abs. 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. In dem hier vorliegenden Urkundenverfahren kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte wegen einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags die Herabsetzung des Mietzinses verlangen könnte.

aa) § 313 BGB ist vorliegend anwendbar, insbesondere entfaltet das in Art. 240 § 2 EGBGB normierte besondere Kündigungsschutzrecht keine Sperrwirkung. Dies hat der Gesetzgeber anlässlich der Einführung des Art. 240 § 7 EGBGB ausdrücklich klargestellt (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, S. 14) und steht in zweiter Instanz zwischen den Parteien auch nicht mehr in Streit. Nach den vorstehenden Ausführungen wird die Anwendbarkeit auch nicht durch vorrangig geltende Vorschriften der Gewährleistung oder Unmöglichkeit ausgeschlossen.

bb) Im Falle von zeitlich nicht völlig zu vernachlässigenden Schließungsanordnungen sowie von pandemiebedingten, deutlich spürbaren hoheitlich verordneten Gebrauchsbeschränkungen, ist nach Auffassung des Senats regelmäßig davon auszugehen, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags im Sinne von § 313 BGB geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben (Senat, Hinweisbeschluss vom 31.05.2021 – 22 U 205/20 -; ebenso OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 -; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 18/21 -; KG, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -, BeckRS 2021, 8005 Rn. 42; OLG Köln, Urteil vom 14.05.2021 – 1 U 9/21 -; OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2021 – 30 U 114/21 -).

Es entspricht schon allgemeiner Lebenserfahrung, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss die gemeinsame Vorstellung hatten, dass es während der Vertragslaufzeit nicht zu einer Pandemie kommen wird, die sich ganz erheblich und weltweit auf den Handel und die sonstige Geschäftstätigkeit auswirkt, und dass ein geregelter Geschäftsbetrieb überhaupt möglich ist/bleibt (vgl. Häublein/ Müller, NZM; 2020, 481 ff., 487 ff.; Streyl, NZM 2020, 817, 821 ff.). Gegenteilige Anhaltspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Schließungsanordnungen im März und April 2020 im Umfang von annähernd fünf Wochen sowie die ab dem 20.04.2020 geltende Beschränkung der Verkaufsfläche und der Anzahl der Personen auf einer bestimmten Fläche stellen eine schwerwiegende Änderung der Umstände dar (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 20; OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 18/21 -; KG, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -, BeckRS 2021, 8005 Rn. 42; Senat, Hinweisbeschluss vom 31.05.2021 – 22 U 205/20 -). Dies entspricht auch der Wertung in Artikel 240 § 7 Abs. 1 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht vom 22.12.2020 (BGBl. I 2020, Seite 3328). Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt und damit erstmals während des in Nordrhein-Westfalen bestehenden zweiten Lockdowns eingeführt wurde, bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich auch den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 ff.; Römermann, NJW 2021, 265 ff.; Herlitz, NJ 2021, 56 ff.). Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, sofern vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.

cc) Es ist weiter davon auszugehen, dass die Parteien den Vertrag mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände aufgrund der COVID-19-Pandemie und der im März und April 2020 angeordneten Maßnahmen vorausgesehen hätten. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich vorliegend aufgrund der vertraglich vereinbarten Umsatzmiete nichts Gegenteiliges. Richtig ist zwar, dass sich aufgrund vertraglicher Reglungen ein anderer Wille der Parteien ergeben kann (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, S. 21). Ein dahingehender Wille folgt jedoch nicht aus der in § 3 des Mietvertrags vereinbarten Mindestmiete mit zusätzlicher Umsatzbeteiligung, wenn der sich aus 8,3% des jährlichen Nettoumsatzes ergebende Betrag über der Jahresmindestmiete von 312.000 Euro netto liegt. Auch wenn die Regelung zeigt, dass die Vertragsparteien dabei ersichtlich von der Möglichkeit mehr oder weniger stark schwankender Umsätze ausgegangen sind, lässt sich aus ihr lediglich der Wille der Parteien auf eine finanzielle Beteiligung der Klägerin ab einem besonderen wirtschaftlichen Erfolg der Beklagten herleiten. Dafür, dass sie mit der zusätzlichen Vereinbarung der Mindestmiete auch den nunmehr eingetretenen Pandemiefall indirekt mitregeln wollten, ist hingegen nichts ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie mit der Vereinbarung der Mindestmiete nur deutlich gemacht haben, dass es insoweit bei dem der Beklagten als Mieterin zugeordneten allgemeinen Verwendungsrisiko verbleibt. Typischerweise hätten redliche Parteien daher auch in Bezug auf die hier vereinbarte Mindestmiete eine abweichende Regelung vereinbart, wenn sie den Fall einer Pandemie und die damit verbundenen Schließungsanordnungen und weiteren Beschränkungen hinsichtlich der Ladenfläche und Kundenanzahl bedacht hätten (so auch Häublein/ Müller, NZM; 2020, 481 ff., 489; Streyl, NZM 2020, 817, 824).

Soweit die Klägerin für ihre gegenteilige Auffassung auf die auch vom Gesetzgeber in diesem Zusammenhang in Bezug genommene (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, S. 21) Entscheidung des Landgerichts Heidelberg (Urteil vom 30.07.2020 – 5 O 66/20 -) verweist, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Zwar lag dem dort entschiedenen Fall eine entsprechende Mietzahlungsgestaltung zugrunde. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang jedoch lediglich die Frage der Übertragung des grundsätzlich vom Mieter zu tragenden Verwendungsrisikos auf den Vermieter erörtert, was es verneint hat (LG Heidelberg, a.a.O., Rn. 55). Nicht entschieden hat es hingegen, dass durch die Vereinbarung der Mindestmiete mit zusätzlicher Umsatzmiete, die grundsätzliche Möglichkeit der Vertragsanpassung infolge der Risikozuweisung an den Mieter gänzlich ausgeschlossen wäre, vielmehr hat es einen dahingehenden Anspruch lediglich an der fehlenden Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag scheitern lassen, insbesondere vor dem Hintergrund der Vereinbarung eines sechsmonatigen Festhaltens am Vertrag im Falle einer erheblichen Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objekts (LG Heidelberg, a.a.O., Rn. 60).

dd) Der Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte das Verwendungsrisiko trägt. Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage ist zwar grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (BGH, Urteil vom 23.10.2019 – XII ZR 125/18 -, NJW 2020, 331 Rn. 37). So liegt der Fall hier jedoch nicht.

Bei den konkreten Auswirkungen der Corona-Pandemie ist nicht von einem Umstand auszugehen, der nach der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung eindeutig nur der Beklagten allein zugeordnet und daher von vornherein unbeachtlich ist. Wenn auch das grundsätzliche Verwendungsrisiko im Sinne der allgemeinen wirtschaftlichen Verwendbarkeit und Rentabilität vom Mieter zu tragen ist, gilt diese Überlegung nicht grenzenlos. Ohnehin gehört die Grundannahme des Ausbleibens einer Pandemie zur sogenannten „großen Geschäftsgrundlage“ (vgl. Senat, Hinweisbeschluss vom 31.05.2021 – 22 U 205/20 -; OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 -; KG Berlin, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -; OLG Köln, Urteil vom 14.05.2021 – 1 U 9/21 -). Dieser liegt die Erwartung der Parteien zugrunde, dass die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Vertrags nicht durch eine Systemkrise wie Krieg, Revolution, Hyperinflation oder Naturkatastrophen erschüttert wird (vgl. Finkenauer in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 17; Lorenz in: BeckOK BGB, 59. Edition Stand 01.08.2021, § 313 Rn. 7). Das mit der Störung der „großen Geschäftsgrundlage“ verbundene Risiko kann jedoch regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (Senat, Hinweisbeschluss vom 31.05.2021 – 22 U 205/20 -; vgl. auch KG Berlin, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -; OLG Köln, Urteil vom 14.05.2021 – 1 U 9/21 -). Auch der Gesetzgeber geht im Rahmen des § 313 BGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemnie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (vgl. BT-Drs. 19/25322 vom 16.12.2020, Seite 21).

ee) Allerdings kommt auch dann, wenn eine nachträgliche Änderung von gemeinsam zugrunde gelegten Umständen vorliegt, eine Anpassung des Vertrags nur in Betracht, wenn das Festhalten am unveränderten Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnis führen würde und der betroffenen Partei daher nicht zuzumuten ist. Dies lässt sich in dem hier vorliegenden Urkundenverfahren jedoch nicht feststellen.

(1) Die Prüfung dieser Voraussetzung erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung sowie auch der Vorteile, die der betroffenen Partei neben den Nachteilen aus den eingetretenen Veränderungen erwachsen sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.1994 – XI ZR 189/93 -, NJW 1995, 47, 48; Urteil vom 01.02.2012 − VIII ZR 307/10 -, NJW 2012, 1718 Rn. 30; Urteil vom 24.02.2015 – XI ZR 193/14 -, NJW 2015, 2328 Rn. 46; Urteil vom 11.12.2019 – VIII ZR 234/18 -; OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; KG, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -, BeckRS 2021, 8005 Rn. 45; Senat, Hinweisbeschluss vom 31.05.2021 – 22 U 205/20 -; OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2021 – 30 U 114/21 -, Rn. 60, vgl. auch BT-Drs. Vom 16.12.2020, S. 21). Es muss eine derart gewichtige Störung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung des Austauschvertrags vorliegen, dass die Grenze des vertraglich übernommenen Risikos überschritten wird und die benachteiligte Vertragspartei in der getroffenen Vereinbarung ihr Interesse nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen kann (BGH, Urteil vom 11.03.1993 – I ZR 27/91 -; OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2021 – 30 U 114/21 -). Ob dies eine Existenzgefährdung des Mieters erfordert, ist in der Rechtsprechung zur Anpassung von Mieten aufgrund der Covid-19-Pandemie umstritten (bejahend: KG Berlin, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -, welches eine solche angesichts der Dauer der angeordneten Schließung von einem Monat oder länger jedoch als indiziert ansieht; LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020 – 5 O 66/20 -, COVuR 2020, 541 Rn. 45; LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020 – HK O 17/20 -, COVuR 2020, 693, 696 Rn. 69; LG Wiesbaden, Urteil vom 05.11.2020 – 9 O 852/20 -, BeckRS 2020, 32449, Rn. 20 LG Münster, Vorbehaltsurteil vom 19.02.2021 – 023 O 18/20 -, BeckRS 2021, 2999 Rn. 82; verneinend: OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 -; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021 – 7 U 109/20 -, NZM 2021, 224 Rn. 22, das u.U. eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens ausreichen lässt).

Nach Auffassung des Senats ist die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag nicht erst beim Nachweis einer Existenzgefährdung anzunehmen. Denn dass der Bundesgerichtshof zwingend eine Existenzgefährdung voraussetzt, insbesondere die Formulierung „existenziell bedeutsame Folgen“ als Synonym für eine Existenzgefährdung verwendet hat, lässt sich den zitierten Entscheidungen nicht entnehmen. Vielmehr hat er in seiner Entscheidung vom 11.10.1994 – XI ZR 189/93 – darauf abgestellt, ob das Unternehmen bei Festhalten am Vertrag erfolgreich weitergeführt werden kann bzw. dieses existenz- und konkurrenzfähig ist (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 23, 25). Dem entspricht auch eine – allerdings zu § 906 Abs. 2 BGB ergangene – Entscheidung, in der er eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens für ausreichend erachtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 15.04. 1959 – V ZR 3/58 – NJW 1959, 1867, 1869), weshalb auch Beeinträchtigungen unterhalb einer Existenzgefährdung als ausreichend anzusehen sind.

(2) Eine solche ist jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten konkret darzulegen. Soweit sie für ihre gegenteilige Ansicht auf die Rechtsprechung des OLG Dresden verweist, wonach sich die Unzumutbarkeit bereits daraus ergeben soll, dass es sich bei einem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, in dem eine Störung der Geschäftsgrundlage zu einer Äquivalenzstörung führt und bereits deswegen die Kaltmiete vor dem Hintergrund, dass keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage in Form der Pandemie und der staatlichen Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung gesetzt hat, aus Gründen der Billigkeit paritätisch zu teilen ist (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 -), ist dem nicht zu folgen (ebenso OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -: Urteil vom 17.09.2021 – 2 U 18/21 -; vgl. auch OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021 – 7 U 109/20 -, NZM 20251, 224 Rn. 27). Eine solche Handhabung steht nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach, wie ausgeführt, eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom OLG Dresden zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Aufteilung von Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt infolge des Reaktorunfalls in Tschernobyl (BGH, Urteil vom 23.11.1989 – VII ZR 60/89 -, NJW 1990, 572, 573) sowie des OLG Karlsruhe zur Risikoverteilung bei Ausfall eines Auftritts von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung aufgrund des Golfkriegs (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992 – 15 U 297/91 -, NJW 1992, 3176, 3177 f.). Diese Entscheidungen sind bereits nicht einschlägig, da es zu keiner Vertragsdurchführung mehr gekommen ist, während vorliegend die Klägerin ihre Leistungspflichten erfüllt hat. Darüber hinaus entspricht die Erforderlichkeit der Einzelfallabwägung im Fall der Covid-19-Pandemie auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. Vom 16.12.2020, S. 21). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber verschiedene Maßnahmen ergriffen hat, um die wirtschaftlichen Folgen der pandemiebedingten Betriebsschließungen für die Unternehmen abzumildern. Dabei hatten mittels des Corona-Soforthilfe-Programms nur kleine bzw. mit der Überbrückungshilfe I nur kleine und mittlere Unternehmen Anspruch auf Unterstützung. Die Beklagte fällt als Konzern aufgrund ihrer Größe nicht unter diese Unterstützungsmaßnahmen. Darüber hinaus konnten Leistungen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Überwindung von Liquiditätsengpässen und Stärkung der Kapitalbasis von solchen Unternehmen in Anspruch genommen werden, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte (§ 16 Abs. 1 WStFG). Dies zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber größere Unternehmen als nicht so schnell in ihrer wirtschaftlichen Existenz und ihrem wirtschaftlichen Fortkommen als gefährdet bzw. als förderungswürdig ansah, weshalb sich auch vor diesem Hintergrund eine schematische Bejahung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag verbietet. Dementsprechend kann auch nicht schon aus der Dauer der Betriebsuntersagung von rund einem Monat auf eine existenzgefährdende Lage geschlossen werden (a.A. KG Berlin, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 -). Denn gerade der begrenzte Zeitraum kann auch als Argument für ein fehlendes Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle herangezogen werden (vgl. LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020 – HK O 17/20 -, COVuR 2020, 693 Rn. 63 ff., 68; AG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2020 – 45 C 245/20 – NJOZ 2021, 112 Rn. 40).

(3) Ob die Interessenabwägung hier letztlich zu einer Unzumutbarkeit des Festhaltens der Beklagten an dem unveränderten Vertrag führt, lässt sich vorliegend jedoch nicht feststellen, da es diesbezüglich an ausreichendem Vortrag der Beklagten fehlt und sie den ihr obliegenden Beweis für die von ihr hierzu vorgetragenen Tatsachen, soweit sie streitig sind, nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten hat und diesen mit solchen Beweismitteln auch nicht vollständig führen kann (§ 598 ZPO). Denn hierfür wäre eine Klärung des wechselseitigen, teils streitigen Vorbringens zu den Gesamtumständen, welche die konkrete Situation der Beklagten sowie auch die der Klägerin betreffen, erforderlich. Eine Berücksichtigung von Einwendungen, die eine Anwendbarkeit von § 313 BGB begründen würden, muss daher im Nachverfahren erfolgen (vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 -).

Die Beklagte hat zwar einen erheblichen Umsatzrückgang, der ein Indiz für eine starke Beeinträchtigung sein kann (vgl. vgl. BT-Drs. Vom 16.12.2020, S. 21), im Vergleich zu dem entsprechenden Vorjahreszeitraum dargelegt. Danach ergeben sich Umsatzeinbußen für März 2020 von – 57,8%, für April 2020 von -99,0%, für Mai 2020 von – 17,7% und für Juni 2020 von – 21,5%. Diese Angaben hat die Klägerin nicht bestritten, weshalb es nicht darauf ankommt, dass diese nicht durch Urkunden i.S.v. § 595 Abs. 2, Abs. 3 ZPO belegt sind (die vorgelegte Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers Kasimir, Anlage B 1, Bl. 147 f. GA, stellt allenfalls ein Indiz und keine Urkunde dar, vgl. Blank/Börstinghaus in: Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 728). Ferner hat sie dargelegt, dass sich die Anzahl der durch Zählgeräte erfassten Kunden aufgrund der coronabedingten Vorgaben im Vergleich zum Vorjahr im März 2020 um 54,0%, im April 2020 um 93,4%, im Mai 2020 um 32,6% und im Juni 2020 um 28,8%, reduziert hat (vgl. Bl. 44 GA). Diese Angaben sind jedoch streitig (vgl. Bl. 84 GA) und von der Beklagten nicht durch die Vorlage von Urkunden oder Parteivernehmung nachgewiesen, § 595 Abs. 2 BGB.

Allein die Umsatz- und Kundenzahlen lassen aber ohnehin nicht den Schluss darauf zu, dass der Beklagten ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar wäre. Denn anhand dieser Zahlen lässt sich die geforderte umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nicht vornehmen, da diese eine umfassende Bewertung der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Mieters voraussetzt, wobei nach vorläufiger Auffassung des Senats nicht auf den Konzern, sondern im Hinblick auf die Anpassung des konkreten Vertragsverhältnisses auf die von der Beklagten in den gemieteten Räumen betriebenen Filiale abzustellen sein dürfte (ebenso LG München, Urteil vom 12.02.2021 – 31 O 115116/20 -; AG Dortmund, Urteil vom 27.04.2021 – 425 C 7880/20 -, BeckRS 2021, 8596 Rn. 39; a.A. OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 – 32 U 6358/20 -). Für die Umstände, auf die die Anwendung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt werden soll, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft (BGH, Urteil vom 08.11.2002 – V ZR 398/01-, NJW 2003, 510), im Streitfall mithin die Beklagte.

Es fehlen Angaben zur Kostensituation der Filiale im März/April 2020 (und den Folgemonaten), insbesondere den Personalkosten und Verbindlichkeiten einerseits, sowie den vorhandenen Vermögenswerten, insbesondere den Warenbeständen andererseits. Zu letzteren hat die Beklagte zwar behauptet, diese seien nicht mehr absetzbar gewesen (Bl. 54, 161 GA, von der Klägerin bestritten, Bl. 198 GA). Dies ist jedoch angesichts des Zeitraums der Schließung von (nur) ca. 5 Wochen nicht nachvollziehbar. Es fehlt auch insoweit an einem Nachweis durch Urkunden. Ferner fehlt es an einer Darlegung zu den erhaltenen oder beanspruchbaren, aber zurechenbar dennoch nicht beantragten staatlichen Hilfszahlungen. Die Beklagte hat zwar behauptet, dass lediglich für Teile des Personals der Filiale, und zwar – unstreitig – für 17 von 21 Mitarbeitern, habe Kurzarbeit angeordnet werden können, woraus sich im April 2020 eine geringe Ersparnis von 14.871 Euro ergeben habe (im Einzelnen Bl. 161 GA), weitere Ersparnisse habe sie nicht gehabt, insbesondere keine staatlichen Zuschüsse oder Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen oder erhalten (Bl. 162 GA). Abgesehen davon, dass die Höhe des Kurzarbeitergeldes streitig ist (vgl. Bl. 198 GA) und die Beklagte diese nicht mittels Vorlage einer Urkunde nachgewiesen hat – die als Beweis angebotene Vorlage einer Bestätigung der Wirtschaftsprüfer oder eines Sachverständigengutachtens (Bl. 162 GA) stellt keine Urkundenvorlage dar -, fehlt es auch an einer Darlegung zur Situation im März 2020 – insofern für die Aufrechnungserklärung von Bedeutung -. Dass die Zahlung von Kurzarbeitergeld nicht im März, sondern später erfolgte, ist insoweit unerheblich. Maßgeblich ist, dass eine Entlastung von den Kosten stattgefunden hat. Ferner hat die Beklagte nicht dargelegt, inwiefern sie Hilfen aus dem Währungsstabilisierungsfonds hätte beantragen können. Dass sie dies bei grundsätzlich bestehender Möglichkeit unterlassen hat, kann sie nicht entlasten.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer Vertragsanpassung nicht zwingend eine Reduzierung der Miete, sondern möglicherweise auch eine bloße Stundung in Betracht kommen kann. Dies erscheint insbesondere angesichts der begrenzten Dauer der Betriebsschließung nicht ausgeschlossen. Eine solche hatte die Klägerin auch angeboten, die Beklagte jedoch abgelehnt. Angesichts der abgelaufenen Zeit käme eine solche aber voraussichtlich jetzt auch nicht mehr in Betracht, zumal ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Beklagten eine nunmehrige Nachzahlung nicht möglich wäre.

Auch wenn die Beklagte zu den Voraussetzungen für eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB somit nicht ausreichend vorgetragen hat, ist ihre diesbezügliche Einrede nicht endgültig abzuweisen, sondern ihr die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten (BGH, Urteil vom 10.02.2004 – XI ZR 36/03 -, NJW 2004, 1159, 1160; Kratz in BeckOK ZPO, 41. Edition, Stand 01.07.2021, § 598 Rn. 6; ders., a.a.O. § 599 Rn. 2).

4. Auch von einem Erlöschen der Mietzinsforderung durch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch nach § 812 BGB bezüglich der März April-Mieten gemäß § 389 BGB ist im Urkundenverfahren nicht auszugehen. Zwar greift die Bedingung und ist die Aufrechnung zulässig. Ein Aufrechnungsverbot besteht nicht. Jedoch gilt das vorstehend Gesagte. Ein Minderungsanspruch besteht nicht. Hinsichtlich einer etwaigen Anpassung nach § 313 BGB fehlt es an einer ausreichenden Darlegung und – zumindest im Urkundenprozess – an dem Nachweis einer Gegenforderung. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Die Aufrechnung ist daher im Urkundenprozess unstatthaft und der Beklagten die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

5. Der Anspruch der Klägerin auf Rechtshängigkeitszinsen ergibt sich aus §§ 288 Abs. 2, 291 ZPO.

6. Hinsichtlich der Hilfswiderklage hat die Berufung lediglich insoweit Erfolg, als die Widerklage nicht gänzlich abzuweisen war, sondern lediglich als im Urkundenverfahren nicht statthaft. Dies ergibt sich aus §§ 595 Abs. 1, 597 Abs. 2 ZPO, denn § 595 Abs. 1 ZPO schließt eine Widerklage im Urkundenprozess aus.

7. Da das Landgericht von einem gewöhnlichen streitigen Verfahren ausgegangen zu sein scheint, hat es verabsäumt, der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten, weswegen dies nunmehr erstmals im Berufungsurteil auszusprechen ist. Denn nach § 599 Abs. 1 ZPO ist der beklagten Partei, welche dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, in den Fällen, in denen sie verurteilt wird, die Ausführung ihrer Rechte vorzubehalten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der erforderliche Widerspruch ergibt sich daraus, dass sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Wehr gesetzt hat, wofür schon ihr Klageabweisungsantrag ausreichte. Einer Begründung bedarf der Widerspruch nicht (Braun/Heiß in: MünchKomm, ZPO, 6. Aufl., § 599 Rn. 3; Voit in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 599 Rn. 3; Greger in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 599 Rn. 2). Der Vorbehalt ist aufzunehmen, ohne dass es eines Antrags bedarf, es handelt sich vielmehr um eine amtswegig zu beachtende Einschränkung (Greger in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 599 Rn. 5), weswegen das Landgericht den Vorbehalt in die Urteilsformel hätte aufnehmen müssen. Die Beklagte hat den fehlenden Vorbehalt zwar mit der Berufung nicht angegriffen. Da in der Einlegung eines Rechtsmittels mit dem Ziel der Klageabweisung jedoch ein Widerspruch nach § 599 ZPO liegt, hat nunmehr in der Berufungsinstanz ein Vorbehaltsurteil zu ergehen (Voit in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 599 Rn. 8). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte es unterlassen hat, gemäß § 599 Abs. 2 ZPO eine entsprechende Ergänzung des erstinstanzlichen Urteils nach § 321 ZPO zu beantragen, vielmehr kann alternativ auch der Rechtsmittelweg beschritten werden, um einen Vorbehalt zu erreichen (vgl. Voit in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 599 Rn. 8; Greger in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 599 Rn. 13 m.w.N.).

8. Nach Auffassung des Senats war es sachgerecht, die Sache zur Durchführung des Nachverfahrens auf Antrag beider Parteien an das Landgericht zurückzuverweisen, um die Klärung der maßgeblichen Fragen in einem erstinstanzlichen Prozess zu ermöglichen, zumal die Erforderlichkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme hinsichtlich des Vorliegens der tatsächlichen Voraussetzungen für eine Anpassung der Mieten für März und April 2020 naheliegt. Dass die Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO analog möglich ist, wenn das Landgericht die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen hat und das Berufungsgericht diese Auffassung nicht teilt und erstmals ein Vorbehaltsurteil erlässt, ist anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.1987 – IX ZR 208/86 -, NJW-RR 1988, 61, 63; OLG München Urteil vom 21.11.2019 – 23 U 4170/18 -, BeckRS 2019, 31002 Rn. 72; OLG München, Urteil vom 29.01.2014 – 13 U 3932/13 -, BeckRS 2014, 2553; Rimmelspacher in: MünchKommZPO, 6. Aufl., § 538 Rn. 71; Ball in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 538 Rn. 32; Voit in: Musielak/Voit, 18. Aufl., § 600 Rn. 5; Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 538 ZPO Rn. 53; Greger in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 600 Rn. 9; offengelassen: BGH, Vorbehaltsurteil vom 01.06.2005 – VIII ZR 216/04 -, NJW, 2005, 2701, 2703). Dies gilt dann aber erst recht, wenn das Landgericht – wie hier – verfahrensfehlerhaft das Vorliegen eines Urkundenverfahrens übersehen hat.

9. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund der Ausführungen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom12.11.2021 war aus den unter Ziffer II. 3.a ausgeführten Gründen nicht veranlasst, § 156 ZPO.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus §§ 91, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO, für die zweite Instanz aus § 97 ZPO. Insoweit war die erstinstanzliche Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass die durch die zunächst erfolgte Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Hamburg (vgl. Bl. 59 GA) entstandenen Mehrkosten gemäß § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO der Klägerin aufzuerlegen sind (vgl. auch OLG Rostock Beschluss vom 08.02.2021 – 2 U 6/19 -, BeckRS 2021, 1795 Rn. 10).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO.

4. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf insgesamt 48.463,36 Euro (Klage 30.940,00 + Widerklage 17.523,46 Euro) festgesetzt.

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