Amtsgericht Düsseldorf
Az: 41 C 7785/07
Urteil vom 18.12.2007
Das Amtsgericht Düsseldorf hat auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2007 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Beklagten aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Klägerin aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin erlitt mit ihrem Pkw Typ X, amtliches Kennzeichen X, am 12.12.2006 gegen 13.20 Uhr auf der Xstraße in X einen Unfall, an dem als weiteres Fahrzeug der vom Beklagten zu 2. gesteuerte Pkw Typ X, amtliches Kennzeichen X, beteiligt war, dessen Halter der Beklagte zu 3. und dessen Haftpflichtversicherer die Beklagte zu 1. ist. Der Unfallhergang ist zwischen Parteien streitig.
Am Fahrzeug der Klägerin entstand Sachschaden. Diesen bezifferte ein von der Klägerin beauftragter Gutachter auf einen Betrag in Höhe von 3.783,18 EUR. Für die Reparatur der Schäden durch das Autohaus X wandte die Klägerin den ihr mit Rechnung vom 30.05.2007 (Anlage K 4, BI. 18ff. GA) berechneten Betrag in Höhe von 3.686,98 EUR brutto auf. Der Wert des Fahrzeugs wurde darüber hinaus um weiter 200,00 EUR gemindert. Für die Begutachtung des Geschädigten Fahrzeugs wandte die Klägerin 519,10 EUR auf. Aufgrund des Unfalls erlitt die freiberuflich tätige Klägerin einen Verdienstausfall in Höhe von – nunmehr unstreitig – 51,00 EUR. Zunächst zahlte die Beklagte zu 1. an die Klägerin auf den Unfallschaden einen Betrag in Höhe von 1.568,14 EUR Mit Anwaltsschreiben vom 31.05.2007 (Anlage K 5, BI. 22f. GA), forderte die Klägerin die Beklagte zu 1. vergeblich auf, einen weiteren Betrag in Höhe von 3.392,27 EUR bis zum 07.06.2007 auf. Am 22.06.2002 zahlte die Beklagte zu 1. an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 1.789,55 EUR, nämlich 1.430,05 EUR auf den Schaden und weitere 359,50 als Erstattung für außergerichtliche Anwaltsgebühren. Die Beklagte zu 1. zahlte an die Klägerin somit im Hinblick auf den Unfall einen Betrag in Höhe von insgesamt 3.375,69 EUR.
Die Klägerin behauptet, sie habe auf der Xstraße in Fahrtrichtung stadtauswärts die Linksabbiegerspur befahren. Der Beklagte zu 2. habe die rechts daneben befindliche Spur befahren, die mit einer Schraffierung markiert und nur für den Straßenbahnverkehr freigegeben sei. Als die Klägerin sich mit ihrem Fahrzeug auf gleicher Höhe befunden habe, habe der Beklagte zu 2. das von ihm gesteuerte Fahrzeug nach links gelenkt, ohne vorher ein Blinkzeichen gegeben zu haben. Die Klägerin macht neben den genannten Schadensposten eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 108,00 EUR, nämlich 27,00 EUR für insgesamt 4 Tage geltend. Ferner verlangt sie Ersatz für ihren Verdienstausfall. Schließlich macht die Klägerin Ersatz vorprozessualer Anwaltsgebühren in Höhe von 223,07 EUR geltend. Die Beklagte meint, sie könne Ersatz des vom Gutachter bezifferten Schadens in Höhe von 3.783,18 EUR verlangen. Dass die Reparatur tatsächlich weniger gekostet habe, könne den Beklagten nicht zugute kommen.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Klage in Höhe von 1789,55 EUR zurückgenommen hat, nunmehr die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 1.278,06 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2007 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 2. habe auf der Xstraße nach links in eine Tiefgarage einbiegen wollen. Dies habe er durch den linken Fahrtrichtungsanzeiger angekündigt. Wegen des Anhängers, der von dem vom Beklagten zu 2. gelenkten Pkw gezogen wurde, habe der Beklagte zu 2. vor dem Abbiegen einen Schlenker nach rechts gemacht und dann den Abbiegevorgang eingeleitet, wobei er den Fahrtrichtungsanzeiger nach links betätigt habe. Dabei habe die Klägerin versucht, den vom Beklagten zu 2. gelenkten Pkw zu überholen. Die Beklagten meinen, Ersatz für die Sachschäden am klägerischen Pkw sei nur in Höhe der tatsächlich entstandenen Sachschäden in Höhe von 3.676,98 EUR geschuldet.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20.11.2007 durch Vernehmung des Zeugen X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2007 (BI. 66ff. GA).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Nachdem die Beklagte zu 1. mit Tilgungswirkung für alle gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten insgesamt 3.375,69 EUR an die Klägerin bezahlt hat, hat diese keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagten mehr.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.278,06 EUR. aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVersG. Ursprünglich hatte die Klägerin gegen die Beklagte zu 1. aus dieser Anspruchsgrundlage einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3.036,65 EUR. Die Beklagte zu 1. haftet für die der Klägerin durch den Unfall entstandenen Schäden nach der gemäß § 17 Abs 1 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren der beteiligten Kraftfahrzeuge mit einer Quote von zwei Dritteln. Die Haftung der Klägerin beträgt quotal ein Drittel und ist nicht gemäß § 17 As. 3 StVG ausgeschlossen. Der Unfall war für die Klägerin kein unabwendbares Ereignis.
Der Unfall ereignete sich in der Weise, dass der Beklagte zu 2., dessen Pkw einen Anhänger zog, nach links in eine Einfahrt abbiegen wollte, deshalb zum Abbiegen mit einer leichten Lenkbewegung („Schlenker“) nach rechts zum Abbiegen ausholte und zugleich den Fahrtrichtungsanzeiger nach links setzte. Sodann setzte die Klägerin zum Überholen an und kollidierte mit dem in diesem Augenblick nach links lenkenden Pkw der Beklagten. Der Klägerin ist der ihr obliegende Beweis, dass der Beklagte zu 2. den Fahrtrichtungsanzeiger nicht setzte und dass er über längere Zeit rechts von der Klägerin fuhr, nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht gelungen.
Der Zeuge X hat bekundet, der Beklagte zu 2. habe das Abbiegemanöver in der Weise ausgeführt, dass er zunächst einen kleinen Schlenker nach rechts fuhr um für den Abbiegradius auszuholen. Dass wisse er, der Zeuge, deshalb, weil er selber das gleiche Manöver mit dem gleichen Gespann zuvor auch schon gefahren sei. Außerdem habe der Beklagte zu 2. den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt. Er, der Zeuge, habe den Beklagten zu 2. sofort nach dem Blinker gefragt und auch außen am Fahrzeug der Beklagten gesehen, dass der Blinker eingeschaltet war.
Das Gericht hält nach seinem persönlichen Eindruck vom Zeugen X diesen für glaubwürdig und seine Bekundungen für glaubhaft. Der Zeuge vermochte seine Aussage auch auf Nachfragen des Gerichts und der Prozessbeteiligten ruhig und konstant darzulegen. Für seine Angabe, er habe den Beklagten zu 2. sofort nach der Kollision nach dem Blinker gefragt, und dieser habe gesagt, ja, den Blinker habe er gesetzt, konnte der Zeuge im Sinne eines logischen Stützkriteriums angeben, er, der Zeuge habe sich darüber gewundert, wie es zu dem Unfall kommen konnte und habe deshalb sofort nach dem Blinker gefragt. Auch habe er dasselbe Abbiegemanöver zuvor selber gefahren. Deswegen, auch dies ein logisches Stützkriterium, wisse er, dass der Beklagte zu 2. den besagten „Schlenker“, nicht aber dauerhaft rechts von der Klägerin gefahren sei. Das Gericht hält dies für nachvollziehbar. Weil der Zeuge die Örtlichkeit und die Manövrierfähigkeit des Gespanns aus eigener Anschauung kannte, erscheint seine sofortige Frage nach dem Blinker sinnvoll und seine genaue Angabe zum Fahrverhalten des Beklagten zu 2. glaubhaft. Auch hat der Zeuge bei seinen Angaben keine Belastungstendenzen zu Ungunsten der Klägerin erkennen lassen.
Er hat sich nicht darauf versteift, den eingeschalteten Blinker auch am Anhänger gesehen haben zu wollen, sondern sich auf seine Wahrnehmung hinsichtlich der Blinker am Pkw beschränkt. Ein eigenes Interesse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits ist nicht erkennbar.
Demnach war der Unfall für die Klägerin kein unabwendbares Ereignis. Sie hätte angesichts dessen, dass der Beklagte zu 2. mit dem Fahrtrichtungsanzeiger seinen Abbiegewillen angekündigt hatte, als „Idealfahrerin“ von einer Vorbeifahrt an dem Gespann absehen müssen. Damit hätte sie das Risiko einer Kollision vermieden. Somit waren die wechselseitigen Betriebsgefahren der beteiligten Kraftfahrzeuge gemäß § 17 Abs. 3 StVG gegeneinander abzuwägen. Diese Abwägung ergibt eine erhöhte Betriebsgefahr des Pkws der Beklagten, welcher als Gespann einen Anhänger zog (vgl. OLG Köln, VRS 1990, 339). Da das Gespann der Beklagten zudem in einem die Betriebsgefahr zusätzlich erhöhenden Abbiegemanöver begriffen war, war die Haftungsquote der mit zwei Dritteln, die der Klägerin mit einem Drittel anzusetzen.
Die Klägerin hat ersatzfähige Schäden in Höhe von insgesamt 4.554,98 EUR erlitten, so dass sich die Haftung der Beklagten zu 1. ursprünglich auf 3.036,65 EUR belief (= 4.554,98 EUR x 2/3). Hinsichtlich der Sachschäden an ihrem Pkw kann die Beklagte nur Ersatz der tatsächlich aufgewandten Reparaturkosten in unstreitiger – Höhe von 3.676,98 EUR verlangen. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass aufgrund besonderer Bemühungen die tatsächlich aufgewandten Kosten hinter der geschätzten Summe von 3.783,18 EUR zurückblieben, so dass den Beklagten diese Differenz zugute kommt. Hinzu treten die unstreitigen Schadensposten der merkantilen Wertminderung am Pkw der Klägerin in Höhe von 200,00 EUR, die von der Klägerin aufgewandten Gutachterkosten in Höhe von 519,00 EUR, der Nutzungsausfall in Höhe von 108,00 EUR sowie der Verdienstausfallschaden in Höhe von 51,00 EUR, so dass sich die Gesamtschadenssumme von 4.554,98 EUR (= 3.676,98 EUR + 200,00 EUR + 519,00 EUR + 108,00 EUR + 51,00 EUR) ergibt, auf welche die Beklagte zu 1. in Höhe von zwei Dritteln, also in Höhe von 3.036,65 EUR haftet.
Diesen Anspruch der Klägerin hat die Beklagte zu 1. durch Zahlung in Höhe von insgesamt 3.375,69 EUR erfüllt, § 362 BGB. Von dieser Leistung der Beklagten ist ein Teilbetrag in Höhe von 359,50 EUR für die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten nicht in Abzug zu bringen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1. auf Erstattung der Anwaltskosten als Verzugsschaden aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sich die Beklagte zu 1. bereits in Verzug befand, als sie, die Klägerin, ihren Anwalt mandatierte. Das erste Anwaltsschreiben der Klägerin (Anlage K 3, BI. 17 GA), datiert vom 14.02.2007. Die Klägerin hat nicht dargetan, ob und wenn ja wann sie bereits zuvor die Beklagte zu 1. vergeblich zur Zahlung aufgefordert hatte. Die Mandatierung eines Anwalts wirkte daher lediglich verzugsbegründend und ist daher keine Verzugsfolge, so dass die Kosten der Anwaltsmandatierung keinen zurechenbaren und ersatzfähigen Verzugsschaden darstellen.
Somit steht der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen die Beklagten zu 1. insgesamt nicht zu.
II.
Auch gegen den Beklagte zu 2. hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.278,06 EUR. aus §§ 18 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit 17 StVG. Ursprünglich hatte die Klägerin gegen den Beklagte zu2. aus dieser Anspruchsgrundlage ebenfalls einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3.036,65 EUR. Auch der Beklagte zu 2. haftet nach den oben dargelegten Ausführungen der Klägerin zu zwei Dritteln auf deren Schäden, weil auch insoweit die Betriebsgefahr der beteiligten Kraftfahrzeuge nach den genannten Gesichtspunkten abzuwägen ist. Da der Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1. haftet, entfaltet deren Zahlung Tilgungswirkung auch zugunsten des Beklagten zu 2., § 422 Abs. 1 BGB.
III.
Auch gegen den Beklagten zu 3., welcher der Klägerin als Fahrzeughalter nach §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 BGB auf deren Schäden zu zwei Dritteln haftet, hat die Klägerin nach den Zahlungen durch die Beklagte zu 1. und aufgrund der Tilgungswirkung zugunsten des Beklagten zu 3. gemäß § 422 Abs. 1 BGB keinen Zahlungsanspruch mehr.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Die Klage war bei Einreichung der Klageschrift in der Hauptforderung in Höhe von 1.450,51 EUR begründet. Auf die – wie oben dargelegt – geschuldete Zahlung in Höhe von 3.036,65 EUR hatte die Beklagte zu 1. mit Tilgungswirkung für die als Gesamtschuldner haftenden Beklagten zu 2. und 3. bereits vor Einreichung der Klage einen Betrag in Höhe von 1.586,14 EUR geleistet, so dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch einen Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner in Höhe von 1.450,51 EUR (= 3.036,65 EUR – 1.586,14 EUR) hatte. Mit der Klage wurde eine Hauptforderung in Höhe von 2.844,14 EUR geltend gemacht (3.067,14 EUR Klagesumme abzüglich als Nebenforderung geltend gemachter außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 223,07 EUR), so dass die Klage hinsichtlich der Hauptforderung in Höhe von 1.393,63 EUR unbegründet war. Hinsichtlich des begründeten Teils der Hauptforderung ist der Anlass zur Klage vor der Zustellung der Klageschrift am 25.07.2007, nämlich durch die Zahlung der Beklagten zu 1. am 26.06.2007, weggefallen, so dass insoweit, also etwa zur Hälfte der mit der Klage geltend gemachten Hauptforderung, die Voraussetzungen einer Kostentragungen der Beklagten trotz Klagerücknahme gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO vorliegen. Im übrigen, also wiederum etwa zur Hälft der Hauptforderung, war die Klage unbegründet, so dass die Kosten insoweit der Klägerin zur Last fallen. Gemäß § 92 Abs. 1 ZPO waren die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Nr. 8, 711 ZPO.
Streitwert: 2.844,14 EUR (Wert der mit der Klage geltend gemachten Hauptforderung gemäß den obigen Ausführungen)